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Dienstag, 31. Oktober 2017, 14:30 Uhr
Hello Hemingway Regie: Fernando Pérez, Kuba 1990, Spanisch/d, 85'

Er gehört zu den Schlüsselwerken der modernen Literatur: Ernest Hemingways Kurzroman «Der alte Mann und das Meer». Der Kubaner Fernando Pérez hat das Buch filmisch gelesen, im besten Sinne des Wortes umgesetzt. Im Zentrum steht kein alter Fischer, vielmehr die Schülerin Larita, die in ärmlichen Verhältnissen in nächster Nachbarschaft zu Hemingways Villa lebt und fasziniert ist von seinem letzten Buch. Larita bereitet sich aufs Abitur vor und träumt von einem Stipendium fürs Studium in den USA. Fernando Pérez verwebt ihre Geschichte mit der Lektüre von Hemingways Buch, führt die Allegorie raffiniert auf den Boden der Realität zurück. Da wird das Meer Hemingways zum gesellschaftlichen Umfeld Laritas, da wird der Schwertfisch zum Stipendium, werden die Haie zu Menschen, die dem Mädchen Biss um Biss ein Stück ihres Traumes, ihrer Hoffnung nehmen. Immer wieder zeigt Pérez seine Schülerin auch an jenem Ozean, der als verbindendes Bild zum Buch bestehen bleibt, kulminierend in jenem Punkt, da Hemingways Text sich mit der Befindlichkeit Laritas deckt: «Er blickte über das Meer, und er wusste, wie allein er jetzt war.»

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Dienstag, 31. Oktober 2017, 16:10 Uhr
A Good Wife – Dobra zena Regie: Mirjana Karanovic, Serbien/Bosnien-Herzegowina/Kroatien 2016, OV/d, 90’

In der ersten Regiearbeit der serbischen Schauspielgrösse Mirjana Karanovic ist sie selbst als titelgebende gute Ehefrau und Mutter zu sehen. Doch eines Tages entdeckt sie ein Video, das ihren Mann bei der Ausführung von Kriegsverbrechen zeigt. Sie muss sich entscheiden, wie sie damit umgeht.
Milena, eine Frau mittleren Alters, ist vor allem eines: Ehefrau und Mutter. In einem gediegenen Viertel in Belgrad hat sie sich ihr Leben gut eingerichtet. Im Stillen macht sie sich zurecht. Pflichtbewusst bekocht und unterhält sie die Familie. Regelmässig geht sie zur Chorprobe. Sie schläft mit ihrem Mann. Hin und wieder gehen sie sogar aus und verbringen beschwingte Abende mit befreundeten Paaren. Doch ihr geordnetes Leben droht aus den Fugen zu geraten, als Milena beim Putzen auf ein Video stösst, das ihren Mann schwer belastet.  

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Dienstag, 31. Oktober 2017, 18:00 Uhr
Die Zukunft pflanzen Regie: Marie-Monique Robin, F 2012, OV/d, 96’

Die Menschenrechtserklärung von 1948 beinhaltet das Grundrecht auf Nahrung. Aber wie soll man diesem Grundrecht Geltung verschaffen angesichts klimatisch bedingter Hungerkatastrophen, der Erschöpfung von Böden und Wasserquellen, dem Verlust der Artenvielfalt und der weltweiten Landflucht von Bauern? Die Filmautorin Marie-Monique Robin besuchte Agronomen, Ökonomen und Vertreter internationaler Hilfsorganisationen, um eine Antwort auf die drängende Frage zu finden, wie wir die Weltbevölkerung in Zukunft ernähren können.  

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Dienstag, 31. Oktober 2017, 19:45 Uhr
The Handmaiden Regie: Chan-wook Park, Südkorea 2016, OV/d, 144’

Chan-wook Parks neuer Film, ein erotischer Thriller nach dem Roman von Sarah Waters, verwirrt und betört – mit sinnlicher Opulenz und nach den kunstvollen Regeln des «Rashomon»-Prinzips (zu jeder Geschichte, die wir erzählt bekommen, gibt es mindestens eine zweite Fassung, in der alles ganz anders war und die dennoch als ebenso wahr gelten darf).
1930 um Korea, von japanischen Invasoren besetzt. In diesem Klima der Unterdrückung spinnt die Taschendiebin Sookee zusammen mit dem aalglatten Hochstapler Fujiwara einen perfiden Plan: Sie wollen die japanische Erbin Hideko «beerben». Sookee verdingt sich als Dienstmädchen, und er macht seine Aufwartung als (falscher) Graf. Die japanische Adelige ist von der Schönheit der koreanischen Bediensteten fasziniert, verliebt sich. Und doch heiratet die Lady den Heiratsschwindler… Das Drama entpuppt sich als perfider Erotikthriller, fantastisch und betörend vom Koreaner Park Chan-wook inszeniert. Ein Meisterwerk der Täuschung.  

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Mittwoch, 1. November 2017, 11:45 Uhr
Where to, Miss? Regie: Manuela Bastian, Indien/D 2015, DOK, OV/d, 83’

Die junge Inderin Devki will sehnlichst ihren Führerschein machen und Taxifahrerin werden. Ausgerechnet in einer Millionenmetropole wie Delhi, in der selbst emanzipierte Frauen nachts nur in Begleitung von Männern oder in Gruppen auf die Straße gehen. Devki bewirbt sich bei der Initiative „Woman on Wheels“. Hier werden Frauen zu Taxifahrerinnen ausgebildet, damit sie finanziell unabhängig werden und andere Frauen sicher nach Hause bringen können. Doch in Devkis Familie herrscht kein Verständnis für ihre Zukunftspläne. In Indien sagt ein Sprichwort: Eine Frau gehört zuerst ihrem Vater, dann ihrem Ehemann und zuletzt ihrem Sohn. Regisseurin Manuela Bastian begleitet ihre Protagonistin durch diese drei Lebensphasen als Tochter, Ehefrau und Mutter. Sie zeigt eindrücklich, in welchen Konflikt eine Frau in Indien gerät, wenn sie aus den traditionellen Rollenvorgaben ausbrechen will: Denn während Devki versucht, sich selbst und ihren Träumen treu zu bleiben, muss sie immer mehr Angst haben, ihre Familie zu verlieren. „Where to, Miss?“ ist das bewegende Porträt einer jungen Inderin, die mutig in einer männerdominierten Gesellschaft für ihre Rechte kämpft. Ein Dokumentarfilm mit poetischen Bildern und der grandiosen Musik von Milky Chance.  

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Mittwoch, 1. November 2017, 13:30 Uhr
The Eagle Huntress Regie: Otto Bell, Mongolei, USA, UK 2016, 87’

Aisholpan ist ein 13-jähriges Mädchen aus dem Nordwesten der Mongolei, das hart dafür trainiert, die erste weibliche Adlerjägerin ihrer zwölf Generationen umfassenden kasachischen Familie zu werden. Damit würde sie einen Platz an der Spitze einer männerdominierten Tradition einnehmen, die seit Jahrtausenden klassischerweise vom Vater an den Sohn weitergegeben wird. Viele der älteren Vertreter der Adlerjagd in Kasachstan und der Mongolei beäugen das Vorhaben mit Skepsis und können sich nicht mit der Idee anfreunden, einer jungen Frau einen Platz in den Reihen ihrer alten Tradition zuzugestehen. Doch Aisholpans Vater Nurgaiv setzt andere Massstäbe an: Er ist fest davon überzeugt, dass ein Mädchen ebenso viel erreichen kann wie ein Junge, wenn sie nur die dafür notwendige Entschlossenheit aufbringt. ?Mitglieder der Zauberlaterne dürfen diese Vorstellung gratis besuchen. Wir danken dem Förderverein für dieses Sponsoring aus Anlass der 10-jährigen Mitgliedschaft des Kino Rätia bei der Zauberlaterne.  

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Mittwoch, 1. November 2017, 15:15 Uhr
Le ciel attendra Regie: Marie-Castille Mention-Schaar, F 2016, OV/d, 105’

Ein Film, wie aus den aktuellsten Schlagzeilen gebaut: Marie-Castille Mention-Schaar will mit «Le ciel attendra» auf die Gefahren der Radikalisierung junger Menschen in Europa durch den Islamischen Staat über das Internet aufmerksam machen. Vor allem die Darstellerinnen sowie die teilweise brutalen Szenen tragen ihren Teil dazu bei, dass «Le ciel attendra» nicht in ein gewöhnliches Melodrama abdriftet.
Die Teenagerin Mélanie lebt ein ganz normales Leben – bis sie eines Tages übers Internet einen Jungen kennenlernt, für den sie schnell Feuer und Flamme ist. Leider handelt es sich bei diesem um einen islamistischen Fundamentalisten, der sie auf die dunkle Seite zieht. Auch Sonia war in die Hände der Islamisten geraten und hätte beinahe ihr Leben geopfert um ihrer Familie einen Platz im Paradies zu sichern.  

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Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
éducation21 | Filme für Welt

éducation21 ist das nationale Kompetenz- und Dienstleistungszentrum für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) in der Schweiz.

Im Auftrag der Kantone, des Bundes und der Zivilgesellschaft unterstützt éducation21 die Umsetzung und Verankerung von BNE auf Ebene obligatorische Schule und Sek II. éducation21 trägt dazu bei, Kinder und Jugendliche auf ein selbständiges und selbstverantwortliches Leben in einer immer komplexer werdenden Welt vorzubereiten. Sie unterstützt die Umsetzung von BNE in den Lehrplänen der Volksschule (Lehrplan 21, plan d’étude romand, piano di studio della scuola obbligatoria ticinese).

Lehrpersonen, Schulleitungen und weitere Akteure finden bei éducation21 pädagogisch geprüfte Lernmedien, Orientierung und Beratung, Finanzhilfen für Schul- und Klassenprojekte und Angebote von schulexternen Akteuren. Auf der Ebene der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen arbeitet éducation21 mit den Pädagogischen Hochschulen und anderen Aus- und Weiterbildungsstätten für Lehrpersonen zusammen. éducation21 ist für die nationale Koordination des Schulnetz21 zuständig und arbeitet dafür mit der Stiftung RADIX zusammen.

Die privatrechtliche Stiftung ist seit 2013 operativ und hat die früheren Stiftungen Bildung und Entwicklung (SBE) und Umweltbildung Schweiz (SUB) abgelöst.

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Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Black Out Dokumentarfilm von Eva Weber, UK/Guinea 2012/2016, 28' (Kurzfassung)

Während der Prüfungszeit machen sich tausende Schüler/-innen in der Hauptstadt Guineas allabendlich zum Lernen auf den Weg zu öffentlichen beleuchteten Plätzen, Tankstellen oder dem Flughafen. Denn nur dort haben sie Licht; in vielen Haushalten gibt es keine Elektrizität und die staatliche Stromversorgung ist unstabil. Der Film zeigt nächtliche Stimmungsbilder aus Conakry und lässt lernende Jugendliche, einen Lehrer und Angestellte eines Elektrizitätswerkes zu Wort kommen.

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Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
No problem! Solaringenieurinnen für Afrika Dokumentarfilm von Yasmin Kidwai, Indien/Tanzania 2012, 28' (Kurzfassung)

Eine Gruppe von Frauen aus Liberia, Malawi, Sudan und Tansania lässt sich im indischen Rajasthan im «Barefoot College» zu Solaringenieurinnen ausbilden. Nach 6 Monaten kehren sie in ihre Dörfer zurück und bringen Solartechnik und Know-how in entlegene ländliche Gebiete, die bisher keinen Zugang zu Strom hatten. Das Süd-Süd-Entwicklungsprojekt qualifiziert Frauen und ermöglicht eine autonome, dezentrale Energieversorgung.

Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Die Gans mit den Goldenen Eiern Dokumentarfilm von Charlene Music und Peter Jordan, US/Costa Rica 2013, 35'

An der Pazifikküste Costa Ricas schreitet die touristische Entwicklung rasant voran. Luxusresorts und all-inclusive Angebote wirken sich zunehmend negativ auf die Natur und die Bevölkerung aus. Gestützt auf Interviews mit Behörden, Personen aus der Bevölkerung, Wissenschaftlern und Politiker/-innen erzählt der Film von den Nachteilen des Massentourismus und stellt diesem den sogenannten Ökotourismus als mögliches positives Szenario gegenüber.

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Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Ein Tag mit Moussa Dokumentarfilm von Maman Siradji Bakabe, F/Niger 2011, 13'

Moussa ist 12 Jahre alt und lebt mit seinen drei Brüdern und sechs Schwestern in einem Savannendorf im Osten Nigers. Er möchte einmal Tierarzt werden. Seine Eltern züchten Ziegen und Kühe. Der Vater, Oberhaupt in seiner Region, kann wie die meisten Erwachsenen weder lesen noch schreiben. Deshalb schickt er Moussa zur Schule. Die Mädchen müssen zu Hause auf die Tiere aufpassen. Deshalb gibt es in der Schule viel weniger Mädchen.

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Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Petit Carré – Ein kleines Stück Schokolade Music-Clip von Jonas, Schweiz 2015, 4'

Woher stammt Schokolade? Wie kommt es, dass sie als typisches Schweizer Produkt gilt, wo Kakaobäume doch nur in den Tropen wachsen? In seinem Musikclip zeigt der Genfer Rapper Jonas Zusammenhänge rund um Kakao und Schokolade auf. Ausgehend von Kolonialgeschichte und Dreieckshandel prangert er die Ausbeutung des Weltsüdens durch die nördlichen Länder an.

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Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Palmöl aus Indonesien Dokumentarfilm von Inge Altemeier, D/Indonesien 2010/2016, 9'

Pia und Mogi leben in einem Dorf auf der Insel Borneo. Schon von klein auf lernen sie, wie wichtig der Wald ist: sie finden darin Nahrung und Baumaterial für ihre Häuser. Doch der Urwald ist bedroht. Er wird grossflächig abgeholzt, um Palmölplantagen Platz zu machen: Palmfett ist in Europa sehr beliebt, es steckt in Fertigpizzen, Lippenstiften und vielem mehr.

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Mittwoch, 1. November 2017, 20:45 Uhr
After the Storm Regie: Hirokazu Kore-eda, Japan 2016, Japanisch/d/f, 117’

In seinem feinfühligen Drama «Our Little Sister» erzählte der japanische Regisseur Hirokazu Kore-eda 2015 von vier Schwestern nach dem Tod ihres Vaters. Nun widmet er sich in «After the Storm» einer weiteren Familiengeschichte, diesmal mit einer männlichen Hauptfigur. Einmal mehr erweist sich der Japaner dabei als genauer Beobachter, der so unspektakulär erzählt, dass seine Filme manchmal die Beliebigkeit zu streifen scheinen. Doch gerade die Beiläufigkeit, mit der er die Dinge in den Blick nimmt, lässt umso deutlicher die Feinheiten unter der Oberfläche erkennen, das unterschwellige Scheitern, die verborgenen Gefühle und die schleichende Entfremdung.
Früher war Ryota ein preisgekrönter Schriftsteller. Mittlerweile verdingt er sich jedoch mehr schlecht als recht als Privatdetektiv, der kaum den Unterhalt für seinen Sohn Shingo berappen kann und den Rest bei Wetten verzockt. Seine geschiedene Frau Kyoko hat dafür keinerlei Verständnis und auch das Verhältnis zu seiner alten Mutter Yoshiko könnte deutlich besser sein. Beide scheinen ihr Leben nach dem Tod von Ryotas Vater in den Griff bekommen zu haben, während Ryota damit zu kämpfen hat, wieder Kontrolle über seine Existenz zu bekommen und einen festen Platz im Leben seines Sohnes einzunehmen.

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Donnerstag, 2. November 2017, 11:30 Uhr
Machines Regie: Rahul Jain, Indien 2016, OV/d, 71’

Seit den 1960er Jahren hat sich das Gebiet Sachin im Westen Indiens einer beispiellosen, unregulierten Industrialisierung unterzogen, die in zahlreichen Textilfabriken zum Ausdruck kommt. Rahul Jain präsentiert mit «Machines» eine sehr intime, aufmerksame Darstellung des Rhythmus des Lebens und der Arbeit in einer gigantischen Textilfabrik in Gujarat, Indien. Förmlich gleitend durch die langen Korridore und enormen Tiefen dieser verwirrenden Struktur, entführt die Kamera den Betrachter auf eine Reise zu einem Ort der Entmenschlichung von körperlicher Arbeit und intensiver Härte. Hierbei werden sehr filigran Denkanstösse hinsichtlich anhaltender vorindustrieller Arbeitsbedingungen und die grosse Kluft zwischen der ersten Welt und Entwicklungsländern generiert. «Machines» porträtiert nur eine dieser Fabriken und stellt gleichzeitig Tausende von Arbeitern dar. Mit starker Bildsprache, unvergesslichen Bildern und sorgfältig ausgewählten Interviews mit einzelnen Arbeitern erzählt Jain eine Geschichte von Ungleichheit und Unterdrückung, Menschen und Maschinen.  

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Donnerstag, 2. November 2017, 12:50 Uhr
Taste of Cement Regie: Ziad Kalthoum, Libanon, Syrien, Vereinigte Arabische Emirate, Qatar, D 2017, OV/d, 85’

Syrische Bauarbeiter bauen in Beirut einen Wolkenkratzer, während in ihrer Heimat zur gleichen Zeit ihre eigenen Häuser unter Beschuss stehen. Der libanesische Krieg ist vorbei, aber in Syrien toben die Kämpfe weiter. Die Arbeiter werden auf der Baustelle eingeschlossen, die sie nach 19 Uhr nicht mehr verlassen dürfen, denn die libanesische Regierung hat eine nächtliche Ausgangssperre für die Flüchtlinge verhängt. Der einzige Kontakt zur Aussenwelt ist für sie das Loch, durch das sie am Morgen klettern, um einen neuen Arbeitstag zu beginnen. Von ihrer Heimat abgeschnitten, versammeln sie sich jeden Abend vor einem kleinen Fernseher, um Nachrichten aus Syrien zu erhalten. Von Angst geplagt und der grundlegendsten Menschen- und Arbeitsrechte beraubt, hoffen sie weiter auf ein anderes Leben. Nach The Immortal Sergeant stellt Ziad Khaltoum ein eindringliches, schmerzhaftes Essay darüber vor, was es bedeutet, ohne die Möglichkeit einer Rückkehr in die Heimat in einer von Kriegen zerrütteten Welt im Exil zu leben. Präzise Einstellungen, ein unorthodoxer Schnitt und eine traumähnliche Erzählstruktur kennzeichnen diese gewagte, einfallsreiche und optisch anspruchsvolle filmische Arbeit.  

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Donnerstag, 2. November 2017, 14:30 Uhr
China’s van Gog Regie: Haibo Yu, Tianqi Kiki Yu, China/NL 2016, OV/d, 80’

In dem chinesischen Dorf Dafen leben alle Einwohner von der Malerei. In kleinen, vor Schmutz strotzenden, aber vor Leben nur so brummenden Familien-Ateliers werden den ganzen Tag und einen Grossteil der Nacht lang Meisterwerke kopiert. Jeder hat sein Spezialgebiet. Xiaoyong Zhao hat sich auf die gesammelten Werke Vincent Van Goghs spezialisiert und verkauft über einen Auftraggeber in Amsterdam Sonnenblumen, Sternennacht oder das Selbstbildnis mit verbundenem Ohr in hundertfacher Ausfertigung. Bei jedem neuen Auftrag ist die gesamte Familie daran beteiligt, den idealen Pinselstrich zur Wiedergabe des Lichthofs der Sterne im Himmel über Arles oder der Emotion des starren Blicks des Künstlers zu finden. Pinselstriche, die er, so sein Traum, gerne einmal im Original sehen würde … Die unwahrscheinliche Geschichte Xiaoyong Zhaos ist auch die einer modernen Welt, in der vom Süden Chinas bis nach Amsterdam alle miteinander verbunden sind, ohne sich zu kennen. Die Enttäuschung, die Xiaoyong Zhao erlebt, als sein Traum wahr wird, kommt der gleich, die das maoistische China erlebte, als es den Kapitalismus entdeckte.  

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Donnerstag, 2. November 2017, 16:05 Uhr
Suite Habana Regie: Fernando Pérez, Kuba 2003, Spanisch/d/f, 86’

Mit dem Spielfilm "La vida es silbar" hatte der Kubaner Fernando Pérez vor vier Jahren die Herzen des Schweizer Kinopublikums erobert und uns das Pfeifen aufs Leben beigebracht. Jetzt kehrt er zurück mit «Suite Habana», einem faszinierenden Filmgedicht von der Karibikinsel, einer Ode an die kubanische Hauptstadt und an Menschen, die er dort kennengelernt hat.
In «Suite Habana», lässt uns Fernando Pérez teilhaben an 24 Stunden im Leben seiner geliebten Heimatstadt. Er betrachtet ein knappes Dutzend Menschen auf dem Gang durch ihren Alltag, inszeniert sie über eine atemberaubende Montage und lässt sie am Abend die überraschendsten Wandlungen vollziehen. Nach der Arbeit kommt der ganz besondere Rhythmus, tauchen die Figuren ein ins Nachtleben, wo sie erst richtig aufblühen.
Der Film spricht uns an in reinster Filmsprache. Pérez komponiert aus Beobachtungen, Klängen, Musik, Gesichtern, Geräuschen, Gesten, Rhythmen seine visuelle Suite und ein Stück Kino, wie man es noch selten gesehen hat. Dabei folgt seine Montage den Tageszeiten, setzt ebenso amüsante wie sinnliche, nachdenklich stimmende wie beschauliche Akzente.
Eine Liebeserklärung an die kleinen Dinge im Leben und an die Menschlichkeit. Ein wunderbares Kinoerlebnis!  

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Donnerstag, 2. November 2017, 18:15 Uhr
Banana Pancakes and the Lonely Planet Daan Veldhuizen – Laos, Demokratische Volksrepublik – 2015

Reisen ist in Mode, mehr denn je. Und Fernost ist angesagt. Zu den Boom-Ländern gehört Laos. Der niederländische Filmemacher Daan Veldhuizen betrachtet das entlegene Dorf Muang Ngoi in Indochina und lässt Jugendliche, die da leben, auf jene treffen, die als Backpacker oder Individualtouristen hierherreisen. Selten hat ein Film die unterschiedlichen Aspekte des Reisens so unaufgeregt, anregend und umfassend auf den Punkt gebracht.
Wie reisen wir, wohin und warum? Erzählen können denn nach unserer Reise nicht nur wir, erzählen können auch Menschen, die von unserem Reisen betroffen waren, die ihre eigenen Träume haben und nach der Moderne streben mögen, der wir mitunter vorübergehend entfliehen wollten.
Der niederländische Filmemacher Daan Veldhuizen hat sich in ein entlegenes Dorf in Laos begeben, um mit Einheimischen und Reisenden übers Reisen nachzudenken und übers da und anderswo Sein. Muang Ngoi ist mit seiner Lage am Fluss allein schon landschaftlich einzigartig, aber man kann das, was der Filmemacher beobachtet, übertragen in ungezählte andere Länder, und das ist eine der grossen Stärken des Films.

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Donnerstag, 2. November 2017, 20:00 Uhr
Félicité Regie: Alain Gomis, Demokratische Republik Kongo 2017, OV/d/f, 123'

Was für eine feine Liebesgeschichte! Félicité ist eine stolze, unabhängige Frau, die als Sängerin in einer Bar in Kinshasa arbeitet. Wenn sie auf die Bühne geht, scheint sie den Alltag zu vergessen, lassen sich alle vom Rhythmus der melancholischen und kraftvollen Melodien anstecken. Als Félicités Sohn nach einem Unfall im Krankenhaus liegt, versucht sie verzweifelt, das Geld für eine Operation aufzutreiben, während Tabu ihren Kühlschrank flickt.
Dieser Film ist eine Wucht, erzeugt durch seine elementar wirkenden Kräfte: Eine Frau, die Liebe, die Musik, die Stadt Kinshasa, das wunderbar Krude der Bilder. Die Sängerin und Theaterschauspielerin Véro Tshanda Beya verkörpert die starke Frauenfigur Félicité, und es kommt nicht alle Tage vor, dass das Wort verkörpert dermassen angebracht ist wie hier.
Die Geschichte, die uns Alain Gomis erzählt, ist eine denkbar einfache. Sie könnte sich überall auf der Welt abspielen, wo die Verhältnisse prekär sind: Eine Mutter setzt sich dafür ein, dass ihr mit dem Motorrad verunglückter Sohn im Spital operiert wird. Wie der in Frankreich geborene Filmemacher mit Wurzeln in Senegal und Guinea-Bissau sie erzählt, ist atemberaubend und herzergreifend. Von den ersten Einstellungen an lädt er uns ein zu einem fiebrigen Trip nach Kinshasa, in die Nacht der Grossstadt, in die von Smog und Hitze diesig flirrende Stimmung, in den Rhythmus eines Alltags und seiner Musik, in eine überraschende Liebesgeschichte.  

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Donnerstag, 2. November 2017, 22:15 Uhr
The Wound Regie: John Trengove, SA 2017, OV/d, 88’

Eine Gruppe junger Männer kommt in einer ländlichen südafrikanischen Bergregion zusammen, wo ein uraltes, traditionelles xhosaisches Initiationsritual namens Ukwalukan stattfindet; eine Beschneidungszeremonie, die sie zu Männern machen soll. Unter ihnen befindet sich auch Kwanda, ein Teenager aus Johannesburg, dessen Vater ein wohlhabender Geschäftsmann ist, der aus diesem Dorf stammt und beschlossen hat, seinen Sohn dieses Ritual durchlaufen zu lassen. Während des schmerzhaften Heilungsprozesses wird der 17-Jährige von vielen der anderen geächtet, doch bietet ihm Xolani, ein schüchterner Junge aus dem Dorf, seine Hilfe an. Dessen Freund Vitcha scheint die neuentstandene enge Bindung der beiden verdächtig, und er versucht die anderen heranwachsenden Männer gegen die beiden aufzubringen.
Bald schon entdeckt Kwanda endlich den Grund für Vitchas Grausamkeiten, denn Xolani und der verheiratete Vitcha führen eine heimliche Liebesbeziehung, was bislang ein gut gehütetes Geheimnis war. Weil nun die Gefahr droht, dass Kwanda sie zu entlarven droht, muss Xolani in Folge dieser Umstände eine fürchterliche Entscheidung treffen, und eine Kette von tragischen Ereignissen wird in Gang gesetzt.  

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Freitag, 3. November 2017, 09:00 Uhr
Rue de blamage Regie: Aldo Gugolz, CH 2016, 80’, DOK

Die «Rue de Blamage» – so wird die Baselstrasse im Volksmund genannt – ist eine lärmige Ausfallstrasse in Luzern, mit zwanzigtausend Autos pro Tag, eingezwängt zwischen Gütschberg und Bahngeleisen. Wer an dieser Strasse seine Bleibe findet, lebt nicht im Rampenlicht der Gesellschaft. Hier führt man – wie die Strasse selbst – ein Schattendasein. Daniele, der stadtbekannte Strassenmusiker, versucht trotz Drogenabhängigkeit sein Leben als Vater in den Griff zu bekommen. Amal bangt um ihre Tochter, die sie bei ihrer Flucht in Damaskus zurücklassen musste. Beim Kreuzstutz plagt sich Christoph bei seinem monumentalen Vorhaben, für den pensionierten Strassenkehrer Heinz ein würdiges Denkmal zu schaffen. Und Connie, die gelangweilte Bordellbesitzerin, kommt unverhofft zu einem neuen Fetisch. Jeden Tag inszeniert die Realität neue Wendungen und Dramen – und zwei Kilometer Asphalt spiegeln das Leben im Bauch einer Schweizer Kleinstadt wider. Filmgespräch mit Aldo Gugolz, Moderation Flurina Badel  

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Freitag, 3. November 2017, 11:10 Uhr
Insyriated Regie: Philippe Van Leeuw, Libanon/Belgien 2017, arabisch/d, 90’

Verzweifelt versucht die energische Oum Yazan in Damaskus den Familienalltag aufrechtzuerhalten, während draussen der Krieg wütet. Man trifft sich mittags am grossen Esstisch und versucht, gegen das Dröhnen der Bomben und Maschinengewehre anzusprechen. Es gibt kaum noch Wasser, jeder Gang vor die Tür ist gefährlich, weil auf den Dächern Scharfschützen positioniert sind. Der Grossvater spielt mit dem kleinen Enkel, die älteste Tochter flirtet in ihrem Zimmer mit ihrem Freund. Nebenan plant ein junges Pärchen mit Baby die Flucht. Von oben hört man bedrohliche Geräusche. Wer klopft an der Tür? Oum Yazans Ehemann, auf den sie unruhig wartet, oder fremde Männer, die wissen wollen, ob es dort noch wertvolle Gegenstände zu holen gibt?
Es braucht nur wenige Einstellungen, um den Zuschauer in den permanenten Ausnahmezustand eines Krieges hineinzuziehen. Die Wohnung, einst trautes Heim, ist zum Gefängnis geworden. Philippe Van Leeuws Kammerspiel zeigt Menschen in einer extremen Situation, die extremes Verhalten mit sich bringt. Jede Entscheidung kann existenziell sein: Ist es moralisch zu verantworten, ein Familienmitglied zu opfern, um das Überleben der anderen zu garantieren?  

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Freitag, 3. November 2017, 12:50 Uhr
Dr. Jack Regie: Benoît Lange, Pierre-Antoine Hiroz, CH/F 2016, OV/d, 90’

Wie kommt es dazu, dass ein Kind mit jüdischen Wurzeln, aufgewachsen in Manchester, zuerst Landwirt wurde und sich 40 Jahre später in den Strassen Kalkuttas als Arzt wiederfindet? Wie konnte er aus dem Nichts eine der ersten NGOs in Indien gründen, die sich heute in der bengalischen Metropole weiterentwickelt? Der Film nimmt uns mit in das Leben von Jack Preger, der mittlerweile über 84 Jahre alt ist und jeden Morgen aufsteht, um Leben zu retten. Die Kamera begleitet ihn zu seinen Einsatzorten in Krankenstationen und auf der Strasse und gibt unbekannten Personen ein Gesicht.  

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Freitag, 3. November 2017, 14:30 Uhr
Como nossos pais Regie: Laís Bodanzky, Brasilien 2017, Port/d/f, 102’

«Como nossos pais» zeigt den Alltag einer Frau, die neben ihren Verpflichtung als Mutter, Ehefrau und Tochter, auch ihre eigenen Probleme zu bewältigen hat.
Rosa ist Ende dreissig, verheiratet, hat zwei Töchter. Ihre Mutter eröffnet ihr, dass sie Krebs im Endstadium und nicht mehr lange zu leben hat. Kurz davor hat sie ihr schon ziemlich brutal ins Gesicht gesagt, dass sie nicht die leibliche Tochter ihres Vaters ist, sondern bei einem Seitensprung mit einem mittlerweile hochrangigen Politiker gezeugt wurde.
«Como nossos pais» zeigt den Versuch Rosas, all diese Rollen auszufüllen, ohne auch nur eine davon zu vernachlässigen.  

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Freitag, 3. November 2017, 16:30 Uhr
Apprentice Regie: Boo Junfeng, Singapur/Hongkong 2016, OV/d/f, 96’

Der junge Gefängniswärter Aiman lebt mit seiner Schwester zusammen ein bescheidenes Leben. Er freundet sich in seinem neuen Job mit einem älteren Kollegen an. Bald findet er heraus, dass es sich bei ihm jedoch um den Chef-Henker des Gefängnisses handelt, der schon mehrere hundert Insassen exekutiert hat. Als dessen Assistent nach einer misslungenen Hinrichtung den Dienst quittiert, soll ausgerechnet Aiman der neue Lehrling des Henkers werden. Doch ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit stellt sich zwischen Schüler und Meister.  

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Freitag, 3. November 2017, 20:15 Uhr
Honeygiver Among the Dogs Regie: Dechen Roder, Bhutan 2016, OV/d/f, 132’

Unwahrscheinlich schön sei sie und eine echte Dämonin. Was der Polizist Kinley über das Objekt seiner Ermittlungen, die mysteriöse Choden, hört, macht ihn neugierig. Von seinem Chef ist er in den bhutanischen Distrikt Bumthang geschickt worden, um das Verschwinden einer religiösen Führerin zu untersuchen. In den Augen der engstirnigen Einheimischen ist die zugezogene Choden längst als Hauptverdächtige identifiziert. Kinley, mit Handy und stoischer Ungläubigkeit gegen den spirituellen Zirkus seiner Umgebung gewappnet, begegnet ihr in einem Bus. Doch nicht er, der bemüht sachliche Undercover-Ermittler, nähert sich der Frau: Sie spricht ihn an und bringt ihn mit ihren Gleichnissen von Göttinnen und Tieren völlig aus dem Konzept. Die Maultrommel gibt den Takt für den ersten bhutanischen Film Noir vor, dessen Zutaten – geheimnisvolle Frau, zunehmend von Zweifeln gequälter Ermittler – von der bhutanischen Regisseurin Dechen Roder in ihrem Langfilmdebüt zwischen Tradition und Moderne, Religion und Rationalität kräftig durcheinandergewirbelt werden. Es ist eine eigenwillige, feministische Interpretation des Genres, nicht nur, weil in den Bergen Bhutans die Männer Rock und Kniestrümpfe tragen.  

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Freitag, 3. November 2017, 22:45 Uhr
The Train of Salt and Sugar Regie: Licínio Azevedo, Mosambik 2016, Portugiesisch/d/f, 93'

In Mosambik ist Ende der 1980er Jahre ein militärisch bewachter Zug unterwegs auf der Strecke zwischen Nampula und Malawi. Die Fahrgäste sind bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um ein paar Salzsäcke gegen Zucker einzutauschen. Licínio Azevedo erzählt in seinem auf der Piazza Grande in Locarno uraufgeführten Spielfilm Geschichten, die das Leben in und um den Zug schreibt. Eine Art Stagecoach in Afrika.
Mariamu, eine Vielreisende, ist unterwegs mit ihrer Freundin Rosa, einer Krankenschwester, die auf dem Weg in ihr neues Spital ist. Schützend dabei sind Leutnant Taiar, der die Realität nur aus seinem Militäralltag kennt, und der Soldat Salomão, mit dem Taiar nicht auskommt. Unter Gewehrkugeln und Gelächter werden Geschichten von Liebe und Krieg erzählt, während der Zug sich der nächsten Station nähert. Der Film The Train of Salt and Sugar spielt vor dem Hintergrund einer völlig zusammengebrochenen Versorgung inmitten einer Bürgerkriegssituation. Um das Überleben ihrer Familien zu sichern, haben Frauen einen informellen Handel und ein Netz im grenzüberschreitenden Güterverkehr mit dem Nachbarland Malawi aufgebaut. Bilder von kargen Landschaften und durchlöcherten Bahnhöfen überlagern sich mit den Geschichten, die die Frauen über Leben und Krieg erzählen. Politische Maximen entpuppen sich als Willkür. Licínio Azevedo hat seinen in die Landschaft hinein choreografierten Spielfilm bewusst im Genre des Westerns gehalten. Hier sind krasse Milieuschilderungen erlaubt, können Situationen hervorgehoben werden, lässt sich auch die Vorbereitung einer Handlung in Details atmosphärisch dicht zeigen. Die Figuren bewegen sich in einer Atmosphäre der Bedrohung. Mühe und Schrecken, Erleichterungen und lockere Momente sorgen auf der Reise voller technischer Pannen und Attacken für ein Wechselbad der Gefühle.  

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Samstag, 4. November 2017, 09:00 Uhr
Sami – A Tale From the North Regie: Amanda Kernell, Schweden 2017, OV/d/f, 113’

Im Schweden der 1930er Jahre besucht die angehende Rentierjägerin Elle Marja mit ihrer Schwester die Internatsschule in Lappland. Sie gehört dem Volk der Samen an, deren Alltag von Diskriminierung und Ausgrenzung geprägt ist. Elle Marja bemüht sich um die Anerkennung ihrer Lehrerin in der Hoffnung, so ihrem Traum von einem schwedischen Leben näher zu kommen. Als an der Schule erniedrigende, rassenbiologische Untersuchungen durchgeführt werden, entscheidet sie sich für einen radikalen Schritt: Das willensstarke und rebellische Mädchen bricht mit ihrer Familie und macht sich auf den Weg nach Uppsala – Doch die Identität zu wechseln erweist sich als viel schwieriger, als sich Elle Marja das vorgestellt hat.  

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Samstag, 4. November 2017, 11:10 Uhr
Rauf Regie: Soner Caner, Baris Kaya, Türkei 2016, OV/d/f, 94’

Zur Schule gehen macht Rauf nicht allzu viel Spass, deshalb schickt ihn sein Vater in eine Schreinerlehre im nächsten Dorf. Im tief verschneiten Winter in den Bergen Anatoliens ist der Weg beschwerlich, und nicht immer kann Rauf seiner Arbeit nachgehen. Am Ziel wartet jedoch eine Belohnung auf ihn, denn Rauf ist unsterblich in Zana, die Tochter des Schreiners, verliebt. Wie gerne würde er ihr etwas in ihrer Lieblingsfarbe – rosa – schenken, aber er weiss ja nicht einmal, wie die Farbe aussieht. Zana ist um einige Jahre älter als Rauf und hat ihre eigenen Träume.
Ohne den politischen Konflikt zwischen Kurden und Türken plakativ in den Vordergrund zu stellen zeichnet der Film ein sehr bewegendes Bild des kargen Lebens einer gesellschaftlichen Minderheit unter extremen Bedingungen.  

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Samstag, 4. November 2017, 12:50 Uhr
The World of Us Regie: Ga-eun Yoon, Südkorea 2016, OV/d/f, 95’

«The World of Us» ist der erste Spielfilm der südkoreanischen Regisseurin Ga-eun Yoon, der die Geschichte einer aufblühenden und zerbrechlichen Freundschaft zwischen zwei jungen Mädchen erzählt. Der Film taucht in die faszinierende Welt der Kinder ein, in der innerhalb von Sekunden neue Freundschaften entwickelt und wieder zerstört werden können. Allein im Sommer auf den Strassen unterwegs, entsteht zwischen den beiden elfjährigen Mädchen Sun und Jia eine zarte Freundschaft. Doch was einfach klingt, ist in Wahrheit eine komplexe Entwicklung voller emotionaler Höhen und Tiefen. So drohen soziale Strukturen in ihrer Schulklasse die junge Freundschaft der beiden zu zerstören. Der erste Spielfilm der koreanischen FilmemacherinGa-eun Yoon feierte 2016 auf den 66. Internationalen Filmfestspielen in Berlin seine Weltpremiere. Für Yoon war es allerdings nicht der erste Besuch auf der Berlinale. Schon 2014 gewann sie den Gläsernen Bären für ihren Kurzfilm Sprout.  

base
Samstag, 4. November 2017, 14:40 Uhr
Ultimos dias en La Habana Regie: Fernando Pérez, Kuba 2016, Spanisch/d/f, 93'

Diego und Miguel sind Mitte 40 und leben in einer heruntergekommenen Wohnung mitten in Havanna. Komfort ist hier ein Fremdwort, Lebenskunst Alltag. Miguel lernt Englisch, weil er hofft, so ein Visum für die USA zu bekommen. Diego liegt mit Aids im Bett. Während Diego versucht, seine  Lebensfreude und den Humor zu erhalten, hat Miguel sich verschlossen, geht seinen Trott. Als sich Diegos Zustand verschlechtert, bringt seine schwangere Nichte Yusi frische Luft in die Bude.
Der Kubaner Fernando Pérez ist bei uns kein Unbekannter. Mit «La vida es silbar» hat er 1999 im Kino einen Grosserfolg gelandet. Unvergessen auch «Suite Habana», seine musikalischvisuelle Liebeserklärung an seine Heimatstadt, die er auch in «Últimos días en La Habana» wieder besingt, und der Titel deutet es an: Es ist ein nostalgisch gefärbter Blick, ein sanft-ironischer Abgesang auf die Hauptstadt eines Landes, das einst viele Hoffnungen in sich bündelte. Heute bröckelt es an allen Ecken und Enden, und es grenzt an ein Wunder, mit welcher Gelassenheit die Menschen die Situation tragen.
Bleiben oder Gehen? Das war schon in exzellenten Filmen der 1960er Jahre in Kuba eine zentrale Frage. Fernando Pérez gehört zu denen, die sich fürs Bleiben entschieden haben, wobei er als renommierter Künstler immer frei reisen konnte. Seinen Filmen ist die Liebe zum eigenen Land anzumerken, gleichzeitig betrachtet er hier eine Gesellschaft, die sich kaum noch bewegt, obwohl sie sich auf immer wieder neue Situationen einstellen muss: flexibel, einfallsreich, mitunter listig. Filmgespräch mit Fernadno Pérez, Moderation Niels Walter  

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Samstag, 4. November 2017, 17:30 Uhr
Centaur Regie: Aktan Arym Kubat, Kirgisistan 2017, Kirgisisch/d/f, 89’

Der Kirgise Aktan Arym Kubat hat uns bereits mit Filmen wie «Beshkempir» oder «The Light Thief» verzückt. Hier erzählt er die Geschichte eines Mannes, der ein friedliches Leben in der Bergwelt Kirgisistans lebt und dennoch spürt, wie die Zeiten sich ändern. Pferde verleihen ihm Flügel, und weil die stolzen Tiere heute immer mehr Handelsobjekte sind, klaut er ab und zu eines – nicht um Geld zu machen, nein: um gemeinsam die Freiheit zu träumen.
Ein Pferdedieb geht um am Rande von Bischkek, hoch oben in den Bergregionen der Hauptstadt Kirgisistans. Sonst passiert nicht viel in der kleinen Gemeinde, die doch so gross ist, dass sie einmal ein Kino besass. Dort öffneten Geschichten vom Krieg in Afghanistan, indische Bollywood-Märchen oder die Filme von Tolomush Okeyev aus der ehemaligen Sowjetunion Fenster zur Welt. Der frühere Filmvorführer Centaur lebt nach wie vor hier mit seiner gehörlosen Frau und dem kleinen Sohn. Doch sein friedliches Leben scheint zunehmend von Missgunst und Intrigen anderer bestimmt.
Centaur, gespielt vom Regisseur Aktan Arym Kubat selber, glaubt, dass das Volk der Kirgisen von den Zentauren abstammt, jenen mythologischen Mischwesen aus Pferd und Mensch, und dass die Pferde «die Flügel des Menschen» seien. In ruhigen Bildern und verschmitztem Spiel erzählt der kirgisische Regisseur seine allegorische Geschichte über das Zusammenleben von Mensch, Tier und Natur zwischen Glauben und Aberglauben, Moderne und Tradition. Das hat etwas Befreiendes, wohltuend Leichtes.  

base
Samstag, 4. November 2017, 19:15 Uhr
Wajib Regie: Annemarie Jacir, Palästina 2017, Arabisch/d/f, 96’

Annemarie Jacir begibt sich auf eine humorvoll ernsthafte Fahrt durch Nazareth. Der in Rom lebende Architekt Shadi ist zu Besuch in seinem Heimatort. Er soll seinem Vater dabei helfen, die Einladungen zur Hochzeit seiner Schwester persönlich zu überbringen, wie dies in Palästina traditionell gemacht wird. Die beiden haben sich während der jahrelangen Abwesenheit von Shadi voneinander entfremdet, und so wird ihre Beziehung während der gemeinsamen Reise auf die Probe gestellt. Wir erleben die Tücken einer Vater-Sohn-Beziehung und tauchen ein in die Gegenwart Nazareths. Die Tatsache, dass das Darstellerpaar Mohammad und Saleh Bakri, zwei der bekanntesten Schauspieler im arabischen Raum, im wirklichen Leben Vater und Sohn sind, gehört zu den reizvollen Elementen von Jacirs Film.  

base
Samstag, 4. November 2017, 21:00 Uhr
The Truth Beneath Regie: Kyoung-mi Lee, Südkorea 2016, OV/d/f, 103’

Ein aufstrebender Politiker kandidiert für einen Sitz im Nationalrat. Doch 15 Tage vor den Wahlen verschwindet seine Tochter spurlos.
Die Mutter sucht auf eigene Faust nach ihr, weil der Vater, der für das Parlament kandidiert, mit seinem Wahlkampfteam lieber auf Stimmenfang geht.
Für «The Truth Beneath» hat die Filmemacherin 2016 den Preis für Beste Regie von der Korean Association of Film Critics erhalten. Die Schauspielerin Son Ye-jin wurde ebenfalls ausgezeichnet.  

base
Samstag, 4. November 2017, 23:00 Uhr
The Cinema Travellers Regie: Shirley Abraham, Amit Madheshiya, Indien 2016, OV/d, 96’ - DOC

Wenn die Erntezeit im ländlichen Indien beginnt, beginnt auch die Zeit der reisenden Kinos, und dies seit fast 70 Jahren. Die Dorfbewohner versammeln sich, um die bewegten Bilder zu bestaunen, die auf Lastwagen selbst in weit abgelegene Regionen gebracht werden. Doch seit Fernsehen und digitale Filme sich etabliert haben, kämpfen die reisenden Kinos ums Überleben.
Über fünf Jahre hinweg begleitet«‚The Cinema Travellers» die Crew eines reisenden Kinos auf ihrer schönen aber schwierigen Mission, das reisende Kino vor dem Aussterben zu bewahren. Eine Hommage an das Kino, an die Filmrolle und an die Menschen, die beides vor dem technologischen Wandel bewahren.
The Cinema Travellers hat am Festival de Cannes 2016 einen Sonderpreis errungen.  

base
Sonntag, 5. November 2017, 09:30 Uhr
Life in Progress Regie: Irene Loebell, CH/SA 2014, E/Zulu/d/f, 99’

Irene Loebell hat drei Jahre lang Teenager in ihrer südafrikanischen Heimat Katlehong begleitet. Sie alle haben grosse Träume und wollen mit dem Tanzen Geld verdienen. Doch die Apartheid macht den Einwohnern auch 20 Jahre nach der Abschaffung immer noch zu schaffen.
Jerry (39) hat die Tanzschule Taxido ins Leben gerufen, in Katlehong, einem Johannesburger Township. Er leitet sie, will die jungen Leute disziplinieren. Zu ihnen gehören Tshidiso (18), Venter (17) und die 16-jährige Seipati. Jerry ist für diese drei zu einer Art Ersatzvater geworden. Sie suchen ihren Weg, rebellieren gegen die harsche und autoritäre Art Jerrys. Tshidiso nimmt’s locker mit den Mädchen, Venter will an die Uni und Seipati wird schwanger. Die Filmerin Irene Loebell hat deren Vertrauen gewonnen, sie über zwei Jahre begleitet und ihren Weg mit viel Empathie dokumentiert. Filmgespräch mit Irene Loebell, Moderation Ruedi Küng  

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Sonntag, 5. November 2017, 12:15 Uhr
Celestial Camel Regie: Yuri Feting, Russland 2015, OV/d/f, 90’

Bair ist 12 Jahre alt und als Hirtenjunge schon fest in den familiären Arbeitsstrukturen verankert. Doch eines Tages reisst eine Kamelmutter aus seiner Herde aus und es liegt an dem Jungen, das entlaufene Tier wieder einzufangen. Somit begibt er sich auf seinem Motorrad auf eine genauso fantastische wie auch gefährliche Reise, die ihn durch die einzigartige Steppe der Mongolei führt.  

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Sonntag, 5. November 2017, 14:00 Uhr
A Plastic Ocean Regie: Craig Leeson, UK/Hongkong 2016, 102’

Eigentlich wollte sich Craig Leeson auf die Suche nach dem Blauwal begeben, der ihn schon als Kind faszinierte. Doch bei dem Vorhaben stiess er stattdessen auf tonnenweise Plastikmüll, und so änderte er seine Pläne.
«A Plastic Ocean» zeigt in eindrucksvollen Bildern, wie dramatisch das Plastikmüll-Problem in den Meeren wirklich ist – und erinnert uns daran, welch zerstörerische Folgen unsere Wegwerf-Kultur für den Planeten hat.
Über fünf Jahre hinweg recherchierte und filmte das Team an 20 verschiedenen Orten rund um die Erde. Das Ergebnis sind wunderschöne und schockierende Aufnahmen, welche die globalen Effekte der Plastikverschmutzung dokumentieren. Doch der Film zeigt auch Technologien und politische Lösungen, die das Potenzial haben, die Situation zu verbessern.  

base
Sonntag, 5. November 2017, 16:00 Uhr
Das Kongo Tribunal Regie: Milo Rau, CH/D, ...., 100’

Der Schweizer Theaterregisseur Milo Rau beschäftigt sich in «Das Kongo-Tribunal» mit den Auswirkungen des seit bald 20 Jahren andauernden Bürgerkrieges im Gebiet der Grossen Seen. Milo Rau übernimmt dafür Elemente aus dem Dokumentartheater und zeigt ein fiktives Tribunal, jedoch mit echten Beteiligten, die stellvertretend die Konflikte aufarbeiten würden. Der Film lebt von seinem erschreckenden, dokumentarischen Material und stellt nur ein Beispiel für die Ausbeutung eines ganzes Kontinents dar. Wir lernen die Menschen und ihre Geschichten kennen: Opfer und Täter, Regierung und Opposition, Militärs und Rebellen, Menschenrechtsaktivisten, lokale Bergleute und Vertreter multinationaler Minenkonzerne. Der Film zeichnet mittels eindringlicher Untersuchungen ein unverschleiertes Porträt dieses gewaltigen Wirtschaftskriegs – seiner ökonomischen und politischen Ursachen genauso wie seines konkreten Gesichts vor Ort.
Dabei entsteht ein menschlich erschütterndes, analytisch tiefgründiges Tableau der neokolonialen Weltordnung.
„Ein Wahnsinnsprojekt! Wo die Politik versagt, hilft nur die Kunst.“ (DIE ZEIT) Filmgespräch mit dem Produzenten Olivier Zobrist, Moderation Ruedi Küng  

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Sonntag, 5. November 2017, 18:45 Uhr
La novia del desierto Regie: Cecilia Atan, Valeria Pivata, Argentinien 2017, Span/d/f, 102’

Die spröde 54-jährige Teresa Godoy arbeitet als Haushaltshilfe in Buenos Aires. Seit Jahrzehnten ist ihr Alltag immer derselbe. Doch eines Tages beschliesst die Familie, für die sie arbeitet, ihr Anwesen zu verkaufen. Plötzlich braucht Teresa einen neuen Job. Den findet sie im weit entfernten San Juan. Auf dem Weg dahin verliert sie ihren Koffer versehentlich im Camper des reisenden Verkäufers El Gringo. Gemeinsam passieren sie die Wüste – und lernen sich näher kennen.
«La novia del desierto» ist ein charmanter Roadtrip aus Argentinien.  

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Sonntag, 5. November 2017, 20:15 Uhr
White Sun Regie: Deepak Rauniyar, Nepal 201, Nepali/d/f, 89'

«White Sun» ist im Heute von Nepal angesiedelt, in der Zeit nach dem Bürgerkrieg und dem schweren Erdbeben. Chandra begibt sich nach Jahren der Abwesenheit auf den Weg nach Hause, und der ist, wie wir bald zu sehen bekommen, ein langer, sein letztes Stück lässt sich nur zu Fuss bewältigen. Das kleine Dorf, aus dem Chandra stammt und das er einst verlassen hatte, um sich dem maoistischen Widerstand anzuschliessen, liegt an einem Hang hoch über einem der unzähligen Täler im Himalaya. Zurückgelassen hatte der junge Mann nicht einfach sein Dorf, er verliess für den Kampf um eine vermeintlich bessere Sache auch seine Frau und ihr uneheliches Kind, verliess den Vater, der bis in den Tod ein getreuer Royalist geblieben war und mit dem Chandra sich genauso gestritten hatte wie mit dem eigenen Bruder. Auch dieser konnte und kann noch immer noch nicht die Ansichten des Grösseren teilen. Chandra kehrt heim und wird vom Busbahnhof aus begleitet von einem Buben namens Badri, der sich ihm als Träger anbietet. Er gehört zur untersten Kaste, ist damit ein Wertloser, und gleichzeitig könnte er sein Sohn sein. Chandra wirkt nachdenklich, aber bestimmt. Die Rückkehr aus der Stadt ist nicht nur eine Heimkehr zur Familie, die ihn mit Zwiespalt empfängt, es ist auch ein Wechsel von der Stadt mit ihren Aspekten der Moderne, aufs Land und in ein Dorf, in dem Traditonen gross geschrieben werden.