Mit «Mille Mois» realisiert Faouzi Bensaïdi einen ersten eigenen Spielfilm, in dem er die Geschichte eines Jungen erzählt, der in den 80er Jahren in Marokko vaterlos aufwachsen muss in einer von Männern geprägten Gesellschaft. Die Erwachsenen erzählen dem Jungen, dass sein Vater nach Frankreich gefahren sei, um dort zu arbeiten und Geld für die Familie zu verdienen. In Tat und Wahrheit wurde er an einer Manifestation verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Es ist faszinierend, wie Faouzi Bensaïdi diese Geschichte in starke Bilder umgesetzt hat, die auch sehr viel von der Innenwelt des Jungen erzählen, währenddem sie uns eine prächtige nordafrikanische Landschaft vor Augen führen. Er ist ein visueller Künstler, der seine Handlung in Tableaus entfaltet, die von maghrebinischer Schönheit sind. «Mille mois» ist auch ein wohltuend leiser Film, der uns den Alltag des Knaben vor Augen führt, seine selbständige Suche nach Werten und Halt, den kleinen Stolz, den er als Hüter von Lehrers Stuhl hat. Es ist die Geschichte eines Jungen, der in bleierner Zeit aufwächst und mit dieser Erfahrung in sein erwachsenes Leben wird einsteigen müssen. Mit Regisseur Faouzi Bensaïdi gibt es am Samstag um 16.15 ein Filmgespräch nach der Aufführung seines neuesten Films: «Death for Sale».
Zwischen Mai 2009 und September 2012 wurden mehr als 2000 afrikanische Migrantinnen und Migranten im Mittelmeer aufgegriffen und aufgrund des Abkommens zwischen Ghaddafi und Berlusconi von der italienischen Marine-Polizei zurück nach Libyen gebracht. Dies geschah systematisch, obwohl die zurückgeführten Menschen in Libyen zahlreichen Missbräuchen ausgesetzt waren. Im UNHCR-Flüchtlingslager Shousha in Tunesien haben die Journalisten Stefano Liberti und Andrea Segre afrikanische Flüchtlinge getroffen, die im Dokumentarfilm «Mare Chiuso» von ihrem Schicksal erzählen. Es sind Zeugnisse von grossem Schmerz, aber auch von Würde, mit Präzision rekonstruiert und festgehalten. Der Film beleuchtet eine politische Strategie Italiens, für welches das Land vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in einem historischen Prozess verurteilt wurde.
Er habe nicht Armut thematisieren wollen, sagt Regisseur Marlon Rivera, sondern die Art, wie Armut auf den Philippinen im Kino dargestellt werde. Und dass die meisten philippinischen Filme, die ein internationales Publikum erreichten, immer nur von Armut handelten oder sie zumindest in einer bestimmten Weise darstellten, die unter dem Begriff des Weltkinos laufen.
Warum also damit nicht gleich die ganz grossen Preise abräumen, wenn schon all diese Filme am breiten Publikum in der Regel komplett vorbeigehen? Das ist der Plan der Protagonisten aus «The Woman in the Septic Tank», einem jungen Filmemacher, seinem Produzenten und der tagträumerischen Assistentin.
Laufend diskutieren sie ihr Drehbuch, welche kommerziellen Abwägungen es zu machen gilt und wie man am allerbesten einen Oscar gewinnen könne. Wir Zuschauer bekommen zahlreiche Varianten vorgeführt, welche Gestalt eben dieser geplante Film am Ende theoretisch annehmen würde. Vom tristen Realismusdrama in langen Einstellungen bis hin zum bunten Colorgrading-Musical ist alles vertreten. Die Idee des Films ist grossartig, und es verwundert nicht, dass er bei der Aufführung an der Berlinale ein enthusiastisches Publikum gewann, das sein Vergnügen mit schallendem Gelächter und Szenenapplaus ausdrückte.
Es ist eine ganz besondere Freundschaft: Ein kleiner afrikanischer Bub hilft einem mächtigen Löwen zurück in die Freiheit.
Lionel lebt in Locarno zusammen mit seiner Mutter und seinem Adoptivvater. In der Schweiz hat sich der Bub gut integriert und hat viele Freunde. Doch seine Wurzeln hat Lionel nie vergessen, genau so wenig wie die letzten Worte seines Grossvaters, der ihm kurz vor seinem Tod ein Geheimnis anvertraute.
So waren vor vielen Jahren Menschen und Löwen verbündete: Sie beschützen sich gegenseitig. Mit der Zeit aber vergass der Mensch den Pakt. Während eines Zoobesuches fühlt sich Lionel aber plötzlich zu einem Löwen im Käfig hingezogen. Dieser bittet Lionel, ihn zu befreien und zurück nach Afrika zu bringen. Der Bub ist fest entschlossen, zusammen mit seinen Schulkameraden sein Versprechen zu erfüllen.
«Lionel» ist für Kinder zwischen sieben und neun Jahren besonders gut geeignet. Regisseur Mohammed Soudani ist anwesend und wird sich den Fragen der Kinder stellen.
Yuki und Nina sind neun Jahre alt und beste Freundinnen. Gerade planen sie, die Sommerferien zusammen zu verbringen, Yukis Mutter muss nur noch zustimmen.
Als Yukis Mutter ihrer Tochter mitteilt, dass die Eltern sich trennen werden und Yuki mit ihrer Mutter nach Japan ziehen soll, versuchen die beiden Freundinnen die Trennung zu verhindern. Sie überlegen, ob sie einen Liebestrank beschaffen können und schreiben einen Brief der "Liebesfee" an Yukis Mutter. Schliesslich beschliessen die Freundinnen, gemeinsam fortzulaufen und sich im Wald zu verstecken. Das japanisch-französische Regie-Duo erzählt auf Augenhöhe der Mädchen. In ruhigen Einstellungen und mit einem Gespür für die kleinen Gesten des Alltags schildert «Yuki & Nina» eine Welt, die von den Bewegungen der Erwachsenen zwar schwer erschüttert wird, aber über eine eigene Magie verfügt. Mitten im Abschiedskummer gelingt Yuki und Nina, was die Eltern nicht mehr können: Sie verlieren sich im Spiel, im Wald, im Traum.
Kurzfilme «global21 – für eine nachhaltige Welt»
Wiederum präsentiert die Filmstelle der Stiftung Bildung und Entwicklung ein Programm aus Kurz- und Dokumentarfilmen, die aktuelle Themen aufgreifen und speziell für Unterricht und Bildungsarbeit geeignet sind, aber auch ein breiteres Publikum begeistern können. In In diesem Jahr stehen Themen wie die Fussballproduktion in Pakistan oder die Folgen der Verschuldung von Entwicklungsländern im Zentrum. Wir begleiten ein ausgedientes T-Shirt vom Altkleidercontainer bis in ein Dorf in Tansania und erhalten Einblick in das Leben von Müllsammlerkindern in Argentinien. Im preisgekrönten Kinderspielfilm aus Kenia schliesslich muss ein Junge sieben Aufgaben lösen, um seinen Vater zu retten.
In Sialkot in Pakistan werden fast drei Viertel aller handgenähten Fussbälle gefertigt. Der Film begegnet Menschen, für die der Ball nicht Ruhm und Reichtum, sondern schlicht das Überleben bedeutet. Die Ballindustrie ist für die Region lebenswichtig. Doch der Druck auf die Handarbeiter in Pakistan wächst. Billigbälle aus China werden immer besser… Der Film zeigt die Folgen der Globalisierung an einem ganz konkreten Beispiel.
Der afrikanische Kontinent leidet unter seiner Schuldenlast, die Folge sind Armut und soziale Ungleichheit. Der Film thematisiert die komplexen Zusammenhänge am Beispiel der demokratischen Republik Kongo. Er besteht aus zahlreichen Interviews. Eine zentrale Rolle hat der kongolesische NGO-Vertreter Victor Nzuzi, der mit seiner bildhaften Sprache die Folgen dieses im Verborgenen wirkenden Wirtschaftskolonialismus deutlich macht.
Der Film begleitet ein ausgedientes Fussball-Trikot auf seinem Weg von Hamburg bis in ein Dorf in Tansania. Was als Spende in einem Altkleidercontainer begann, geht durch viele Hände, wird nach Farbe und Qualität sortiert, verkauft, transportiert, in Ballen verschnürt, weiterverkauft, verschifft, auf dem Markt versteigert und schliesslich mit Bus und Buschtaxi an den Ort seiner zweiten Existenz gebracht.
Die 8jährige Marlen, ihr Bruder Roberto, ihre Schwester Tamara und deren Freund Polaco wohnen in einem Vorstadt-Slum von Buenos Aires. Für ihre Arbeit als Müllsammler fahren sie mit dem Zug in die Innenstadt. Den ganzen Tag hindurch sind sie auf der Suche nach Karton, Papier oder Plastikflaschen. Der Film begleitet sie an einem Tag von früh morgens bis spät in die Nacht – bis sie der Müllsammlerzug zurück nach Hause fährt.
Für den 14jährigen Abila beginnt eine abenteuerliche Reise durch den heimatlichen Slum Kibera in Nairobi, denn seinem Vater wurde «von einer Hexe die Seele geraubt». Abila muss seinen ganzen Mut und viel Tatkraft aufbringen und sieben Aufgaben lösen, um seinen Vater zu retten. Der kenianische Film wurde aus afrikanischer Erzählperspektive und mit Nachwuchsfilmern in den Slums von Nairobi gedreht und mit dem Publikumspreis am International Film Festival Göteborg 2010 ausgezeichnet.
In Japan, auf der Insel Kyushu, werden zwei Brüder nach der Scheidung ihrer Eltern getrennt. Der 12 Jahre alte Koichi zieht mit seiner Mutter zu seinen Grosseltern in den Süden der Insel. Sein kleiner Bruder Ryunosuke ist bei seinem Vater, im Norden der Insel geblieben. Koichi wünscht sich über alles, dass seine Familie wieder vereint ist. Als ein neuer Hochgeschwindigkeitszug endlich die beiden Regionen verbindet, organisieren Koichi und sein kleiner Bruder heimlich eine Reise mit ein paar Freunden. Diese führt bis zum Kreuzungspunkt der Züge, wo ein Wunder, sagen wir, geschehen könnte.
In den Sechzigerjahren erbaut, avancierte das "Cinema Jenin" schon bald zum wichtigsten Lichtspielhaus Palästinas. 27 Jahre später musste es aufgrund des ersten palästinensischen Aufstandes gegen Israel geschlossen werden. Regisseur Marcus Vetter initiierte im Jahr 2010 die Wiedereröffnung des Kinos, das sich inzwischen zu einem neuen Kulturzentrum entwickelt hat. Die Dokumentation hält den Wiederaufbau des «Cinema Jenin» von der Idee bis zur Verwirklichung fest. Die Idee zur Wiedereröffnung des Kinos entstand 2008 bei den Dreharbeiten zu Vetters Film «Das Herz von Jenin» (Weltfilmtage 2009), der u.a. mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Der Regisseur zog dazu den Protagonisten des Vorgängerfilms, Ismail Khatib, hinzu, der ihm vor Ort mit Rat und Tat zur Seite stand. Das ehrgeizige Projekt wurde ein voller Erfolg: Mit zahlreichen freiwilligen Helfern entstand ein Ort frei von Gewalt und Terror. Die Dokumentation transportiert ein Gefühl von Freiheit und Normalität, das im Zusammenhang mit Jenin schon lange auf der Strecke geblieben ist.
Zwei Brüder arbeiten an einer Brücke im Niemandsland in Argentinien, eine Aufgabe, die sie von ihrem Vater geerbt haben. Während ihre Brücke von nur wenigen Autos genutzt wird, herrscht auf der genau gegenüberliegenden Seite der Erde, der Antipode, mehr als reger Betrieb. In der Metropole Shanghai drängen sich Fahrräder, Mopeds und Autos auf eine Fähre. Ein Stück neuseeländischer Küste mit gestrandetem Wal, ein Vulkangebiet auf Hawaii, kaum bewohnte Gebiete in Spanien, Botswana, Chile und am Baikalsee sind ebenfalls Antipoden zueinander. Die für den Europäischen Filmpreis nominierte Doku ist ein Fest fürs Auge. Der russische Regisseur und Kameramann Victor Kossakowski setzt urtümliche Landschaften ins Zentrum, ihre Bewohner, oft skurrile Einsiedler, und ihr Alltag sind eher Beiwerk, sorgen für Humor. Die Übergänge zwischen den Orten sind assoziativ, manchmal begleitet vom selben Musikstück.
?Sie tragen weder Uniform noch Waffen, dafür Laptops, Videokameras und Tonbandgeräte. Sie tragen in mühsamster Kleinarbeit die Fakten für die Anklageschriften zu einigen der schwersten Verbrechen unserer Zeit zusammen: verübt in Darfur, Uganda, der Demokratischen Republik Kongo und in der Zentralafrikanischen Republik – die Ermittler des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.
«Carte blanche» ist ein Film der Kontraste. Hier der Angeklagte, beschuldigt des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, dort die Opfer dieser Verbrechen. Hier die kühle Architektur des Gerichtsgebäudes in Den Haag, dort die Ärmlichkeit der Lehmhütten in Zentralafrika. Hier die organisierte Langmut juristischer Verfahren, dort der Schrei des Mädchens, dessen Beinwunde nicht heilen will.
Zwischen diesen Polen verfolgt der Film, wie die Mitarbeiter des Gerichts arbeiten, um diese Verbrechen nachzuweisen. Dabei verfolgt er selbst eine Strategie, die jener des Gerichts gleicht: Er setzt auf Augenzeugenschaft und Beweissicherung.
Die sechsjährige Jin und ihre kleine Schwester Bin haben eine überforderte, alleinerziehende Mutter. Eines Tages lässt sie das kleine Apartment in Seoul räumen und bringt ihre Töchter zu deren Tante, die auf dem Land lebt. Die Mutter verschwindet, angeblich nur vorübergehend, um den Vater in Amerika zu suchen. Die Tante trinkt und überlässt die Mädchen sich selbst. Jin und Bin fangen Grashüpfer und grillen und verkaufen sie, im anrührenden, aber ernsthaften Versuch, sich in einer gar nicht kindgerechten Welt zurechtzufinden. Von ihrer eigenen Kindheitsgeschichte inspiriert, erzählt So Yong Kim in diesem Film vom Verrat an familiärer Geborgenheit. Gänzlich unsentimental gelingt es ihr mit Bildern mehr als mit Worten eine Welt zu erschaffen, in der die Zuschauer Zeuge eines Verbrechens werden. Obwohl niemand Gewalt ausübt – die Kinder sind nur einfach nicht mehr gewollt. Inmitten einer zu schnell industrialisierten Gesellschaft scheint die Sonne auf Wiesen voller Pampasgras zwischen den Baustellen, und das Prinzessinnenkleid der kleinen Bin tropft an der Wäscheleine. Mit einer seltsamen Wucht erlebt man, wie Kinder durch die Lügen der Erwachsenen aus ihrem Paradies vertrieben werden können.
Es klingt fast unglaublich und ist doch traurige Realität: Nahezu 50 Prozent aller Lebensmittel werden weggeworfen – ob durch den Verbraucher oder schon vorher durch die Industrie selbst. Niemandem gefällt diese Wahrheit, und doch machen alle mit. Warum? Die Dokumentation sucht nach Antworten und befragt Akteure wie die Abfallwirtschaft, Supermarkt-Direktoren, Bauern oder Köche rund um den Globus. Gleichzeitig werden Alternativen zu verschwenderischem Verhalten sowie Möglichkeiten grösserer Wertschätzung aufgezeigt.
So alarmierend die weltweite Verschwendung von Lebensmitteln auch ist, macht die Dokumentation von Valentin Thurn doch auch Hoffnung auf Veränderung, versetzt den Zuschauer geradezu in Aufbruchstimmung. Ja, es gibt bereits kreative Vorbilder auf dieser Erde, von denen wir lernen können: Ob nun ein Supermarkt-Direktor, der seine Kunden zum Kauf klimafreundlicherer Produkte animiert, oder einer Forscherin, die in Eigeninitiative Aufklärungsarbeit bei Haushalten leistet, sie alle zeigen, dass etwas bewegt werden kann. Also: handeln statt jammern. Diese Aufführung wird vom Claro Laden Thusis gesponsort.
In Pompeya, einem Viertel von Buenos Aires, lag die Tangobar "Bar El Chino", die landesweit für ihre melancholischen Sänger berühmt war. Heute sind die Barden gealtert und vergessen, ihr Ruhm Vergangenheit. Als der Besitzer 2001 unter mysteriösen Umständen starb, ruinierte seine Witwe den lebensfrohen Ort binnen Wochen. Die Sänger müssen seit der Wirtschaftskrise ums Überleben kämpfen. Sie träumen davon, noch einmal vor ihrem Publikum zu singen.
Bewegende und musikalisch famose Dokumentation über die Solisten der berühmtesten Tangobar Argentiniens. 30 Jahre lang sangen sie über Liebe, Trauer und ihre Stadt, bis sie entlassen wurden. German Kral versteht es, ihre Sehnsüchte mit einem klasse Soundtrack zu verbinden.
Yossi Hoffman ist ein angesehener und engagierter Kardiologe, der durch seinen unerbittlichen Einsatz für seine Arbeit versucht, einem tragischen Ereignis in seiner Vergangenheit zu entfliehen. Seit dem Tod seines Liebhabers Jagger (Yossi & Jagger) lebt er allein und zurückgezogen. Als der Chefarzt ihm nahelegt, eine Auszeit zu nehmen, reist Yossi in die südliche Stadt Eilat. Umgeben von Meer und Sanddünen trifft er eine Gruppe junger israelischer Offiziere. Einer von ihnen ist Tom, ein gutaussehender, selbstsicherer und lebenslustiger Mann, der seine Homosexualität offen lebt. Die Begegnung mit Tom ermöglicht Yossi aus seiner selbstgewählten Isolation herauszufinden und in eine neue Welt einzutauchen – eine Welt, die ganz anders ist, als alles, was Yossi bis jetzt geprägt hat. «Yossi» – Ha-Sippur Shel Yossi ist der Nachfolgfilm von «Yossy und Jagger» (2002)
Der Gazastreifen und Komödie, das passt zusammen wie Feuer und Wasser. Doch diese ungewohnte Kombination funktioniert, weil es der französische Schriftsteller und Journalist Sylvain Estibal unbekümmert und ohne Sympathie nur für die eine oder andere Seite angeht und das brisante Thema beherzt und ohne erhobenen Zeigefinger aufgreift, sondern witzig und mit immenser Menschlichkeit.
Einem vom Pech verfolgten Fischer Jaffar vom Gazastreifen gerät ein schwarzes Schwein ins Netz. Damit gehen die Probleme los. Borstenvieh gilt bei Moslems und Juden als unrein. Der Verkauf des lästigen Tieres an einen UN-Beamten oder der Todesschuss mit der Kalaschnikov misslingen. Und die Israelis wollen nur das Sperma zu künstlichen Befruchtung. Als die Islamisten Wind von der Sache kriegen, zwingen sie den armen Mann samt quiekender Begleitung zu einer tödlichen Mission. Der Film lebt von den Absurditäten auf beiden Seiten. Passend dazu wird das Schwein zur Friedenstaube. Da halten die Israelis das unreine Borstenvieh zum Aufspüren von Sprengstoff, damit es den heiligen Boden nicht berührt, wird es auf Brettern gehalten oder kriegt auch schon mal Socken angezogen. Der auf dem Dach stationierte israelische Soldat guckt genauso gerne Telenovelas wie Jaffars Frau, darüber entspinnt sich sogar ein Gespräch. Die Ähnlichkeiten zwischen den verfeindeten Gruppen sind grösser als die Unterschiede.
Der nepalesische Augenarzt Dr. Sanduk Ruit reist quer durchs Land, um vor allem in abgelegenen Gebieten und Bergdörfern die Menschen von Augenkrankheiten wie dem Grauen Star zu heilen, die sonst zur totalen Erblindung führen würden. Ein Leben in Dunkelheit bedeutet für die Betroffenen unter den Lebensumständen, in den Bambushäusern inmitten der rauen Natur, eine persönliche Katastrophe. Mit einem verhältnismässig kleinen Eingriff kann die Krankheit vermieden werden, doch dafür bedarf es der medizinischen Ausrüstung und der beschwerlichen Anreise eines Arztes. Filmemacher Stefano Levi hat den Arzt auf seiner nicht nur körperlich anspruchsvollen Reise in die abgelegene Berglandschaft begleitet, bei bis zu viertägigen Fussmärschen über unebenes Terrain mit der gesamten medizinischen Ausrüstung, um dort Hausbesuche abzuhalten, die in unserer fortschrittlichen Welt eine Selbstverständlichkeit sind. Ein bewegender Film über einen Arzt, geleitet von bedingungsloser Caritas, der gleichzeitig auf eine vermeidbare Krankheit aufmerksam macht.
Sebastian Heidingers Dokumentarfilm begleitet Saba Sahar – die erste Frau, die in Afghanistan eine offizielle Zulassung als Filmproduzentin erhielt. Die zielstrebige, junge Frau ist ausserdem Polizistin und Schauspielerin. Konsequent verfolgt sie ihr Anliegen, die Rolle der Frau in einem von Männern dominierten Land durch ihre aufklärerischen und zugleich unterhaltsamen Filme zu verbessern. Dabei wechseln sich dokumentarische Szenen mit Spielszenen aus Sahars Filmen ab. Mit einfachsten Mitteln und unter schwierigsten Bedingungen inszeniert, konterkarieren sie den Titel des Films: die Traumfabrik. Kein illusionistischer, sondern vielmehr ein idealistischer Traum ist es, den Sahar mit aller Verbissenheit und Konzentration verfolgt. Die stets zurückhaltende, nie intervenierende Kamera konzentriert sich in erster Linie auf Sahar und dokumentiert ihr Leben in einer kruden Alltagswirklichkeit sowie ihren Traum von Selbstbestimmung. Beiläufig entstehen dabei Bilder eines kargen, vom Krieg zerrütteten Landes, die sich (un-)angenehm von den allseits aus den Medien bekannten Bildern aus Afghanistan abheben. «Traumfabrik Kabul» ist ein sehr persönliches Porträt einer mutigen, unermüdlichen Frau und ein wichtiges kulturelles Zeitdokument.
Çamburnu ist ein kleines Bergdorf im Nordosten der Türkei. Eigentlich wäre es ein idyllisches Plätzchen Erde – wäre da nicht die Mülldeponie, die 2007 in unmittelbarer Nähe des Dorfes gebaut worden ist. Sie wurde errichtet, um das Schwarze Meer, in das früher der Müll einfach hineingekippt wurde, sauberer zu machen. Doch die neue Anlage entspricht in keiner Weise modernen Sicherheits- und Hygienestandards. So sind zum Beispiel keinerlei Vorkehrungen für den Fall starker Regenfälle getroffen worden – und dies in einer Region, in der diese durchaus häufig vorkommen. Im Dorf macht sich schon bald ein bestialischer Gestank breit, so dass die Bewohner kaum noch ihr Haus verlassen können. Auch auf die Qualität des geernteten Tees – des wichtigsten lokalen Exportproduktes – hat der Abfall verheerende Auswirkungen, und das Grundwasser droht verschmutzt zu werden. Obwohl sich die Bevölkerung, allen voran Bürgermeister Hüseyin Alioglu, seit Jahren gegen die Abfallberge zur Wehr setzt, wird sie von den Behörden konsequent abgeschmettert. Doch die Situation für Mensch und Umwelt spitzt sich zu.
Alle haben sie für Freiheit gekämpft – und alle mussten dafür einen hohen Preis bezahlen. Ali Biçer kämpfte friedlich für die Freiheit der Kurden in der Türkei. Mit 21 Jahren wurde er verhaftet und verbrachte danach die nächsten 15 Jahre seines Lebens hinter Gitter. Folterungen waren während dieser Zeit keine Seltenheit. Die Tibeterin Phuntsog Nyidron erleidet ein ähnliches Schicksal: Als sie mit anderen Nonnen die Freiheit Tibets propagierte, wurde sie von chinesischen Soldaten geschnappt und verbrachte 17 Jahre im Gefängnis.
Ebenfalls nicht leicht hatten es Rose Catherine Karrer-Nzayamo und Jorge Molina. Während die Kongolesin tagelang von Schergen des Diktators Mobutu verprügelt wurde und deshalb ihre Nieren heute nicht mehr funktionieren, wurde der Chilene nach dem Putsch von General Pinochet 1973 mit Folter konfrontiert. Alle vier leben heute in der Schweiz und erzählen von ihren schrecklichen Erlebnissen, die sie erleiden mussten, weil sie sich eigentlich nur für eine bessere Welt für sich und ihre Mitmenschen einsetzten. Anschliessend findet ein Filmgespräch mit Hans Haldimann statt, Moderation Thomas Krempke
Miguel und Lina – ein verarmtes, kinderloses Paar – ziehen vom Land nach Manila, in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen. Doch die Hauptstadt hat nicht auf Neuankömmlinge gewartet. In einer Müllhalde fristen sie ihr Dasein, als Lina plötzlich schwanger wird. Ihre Geburt wird zur Sensation: Sie gebärt einen Fisch. Isda erzählt die Geschichte eines Wunders, das die Menschen letztlich überfordert. In einer aussergewöhnlichen Mischung von magischem Realismus und dokumentarischer Genauigkeit schildert der Film den Alltag der Ärmsten in Manila. Isda ist eine moderne Fabel von Glaube, Liebe und Hoffnung. Christliche Werte und universale Themen menschlicher Existenz verbinden sich in diesem berührenden Film mit urbanen Mythen und Elementen philippinischer Volksmärchen.
Hunger, eines der schwerwiegendsten und komplexesten Probleme unserer Zeit. Laut der FAO (Food and Agricultur Organization) könnten heutzutage 12 Milliarden Menschen ernährt werden. Trotzdem leiden weltweit eine Milliarde Menschen an chronischem Hunger. Wie ist das erklärbar?
David Syz ist ehemaliger Schweizer Staatssekretär für Wirtschaft und war mitverantwortlich für die internationale Entwicklungspolitik. Auf einer Expedition durch drei Kontinente sucht er als Dokumentarfilmer nach Antworten.
Welchen Einfluss haben Subventionen in den reichen Agrarstaaten? Welche Rolle spielen Spekulanten an der Börse? Wie weit gehen die politische Verantwortung der internationalen Gemeinschaft und die jedes einzelnen Landes, um den Hunger zu bekämpfen? Haben die armen Länder eine Chance zur Selbstversorgung? Und wie sieht der tagtägliche Kampf gegen Hunger von afrikanischen Bauern aus?
«Hunger – genug ist nicht genug» ist eine weltweite Spurensuche nach Zusammenhängen und Lösungen. Und diese liegen gar nicht so weit entfernt. Vor der Aufführung wird David Syz die Weltfilmtage eröffnen und anschliessend an einem Filmgespräch teilnehmen.
Casablanca ist nicht nur ein legendärer Film aus Hollywood, es ist auch eine real existierende Stadt voller Kontraste, modern und archaisch in einem. Hier lebt Kamel als Auftragskiller in einer Art Einzimmer-Penthouse. Die Aufträge erhält er übers Internet, cool führt er sie aus. Nach jedem ausgeführten Auftrag ruft er Souad an, eine Gelegenheitsprostituierte, mit der er anschliessend ins Bett steigt. Wirklich den Kopf verdreht ihm aber Kenza, die an einer der am stärksten frequentierten Kreuzungen in Casablanca den Verkehr regelt oder besser: dirigiert, so, als würde sie ein Symphonieorchester leiten. Zunächst kennt Kamel nur Kenzas Stimme, aber er wird nicht locker lassen, bis er den Körper dazu gefunden hat. Der professionelle Hacker Hicham, der davon träumt, sich nach Europa abzusetzen, mischt sich übers Internet in die Kontakte von Kamel ein – und das schafft diesem Probleme. «WWW – What a Wonderful World» ist ein durch und durch moderner Film, burlesk im Spiel, schräg in der Bildkomposition, witzig und kühn. Mit Nezha Rahil und Faouzi Bensaïdi, einem grossartigen Liebespaar.
?Ein Hauch von arabischem Frühling als Feelgood-Movie ganz ohne Strassenschlachten und abgesetzte Diktatoren in einem staubigen Bergdorf im Nirgendwo. Dieses augenzwinkernde Kunststück gelingt Nadine Labaki in ihrem zweiten Spielfilm nach «Caramel».
Obgleich die Menschen harmonisch zusammenleben, kann der Konflikt zwischen Christen und Moslems in einem unbenannten Land wegen einer Nichtigkeit jeden Moment wieder aufbrechen. Als in der Region die Spannungen zwischen den Religionsgruppen wachsen, sind die Männer des Dorfs zu neuen gewalttätigen Auseinandersetzungen bereit. Die Frauen hingegen versuchen mit unorthodoxen Methoden, ein neues Blutvergiessen zu verhindern, und streuen statt Zimt und Koriander auch schon mal Haschisch und Schlafmittel ins Essen
Vor über 50 Jahren reisten Marcel und Catherine Cellier das erste Mal hinter den Eisernen Vorhang und sammelten während Jahren die beste Musik Osteuropas. So verhalfen sie dem rumänischen Panflötenvirtuosen Gheorghe Zamfir und dem legendären bulgarischen Frauenchor «Le Mystère des Voix Bulgares» zu Weltruhm. Auf den Spuren der Celliers findet der Film nicht nur die Protagonisten von damals wieder, sondern er macht sich auch auf, neue musikalische Schätze zu entdecken. Ein sinnliches Stück Zeitgeschichte, das von der Veränderung der Menschen und ihrer Umgebung erzählt.
Regisseur Stefan Schwietert, der spätestens seit «A Tickle in the Heart» ein Experte für fremde, und seit «Das Alphorn» auch einer für einheimische Musikkulturen ist, hat «Balkan Melodie» als mehrschichtige Spurensuche angelegt. Dabei kommt er mit viel Archivmaterial, Filmausschnitten, privatem Super-8-Material von Cellier, Radiosendungen auch immer wieder auf die politische Situation während des Kalten Krieges zu sprechen. Der Film versucht hier aufzuzeigen, welche Rolle die staatlich geförderte Volksmusik in den kommunistischen Ländern hatte, und er zeigt andererseits auch, wie sich die total veränderte Situation dort heute präsentiert.
Der junge Hertzel kehrt nach Jahren im Ausland abgebrannt nach Israel zurück und heuert als Plakatierer an. Mit dem alten Volvo seines verstorbenen Vaters tourt er durchs Land und trifft auf Gestrandete, Verlorene, Suchende – bis ihn seine Reise mit sich selbst und mit offenen Fragen aus der Vergangenheit konfrontiert.
Entstanden ist ein Roadmovie, das von Menschen erzählt, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. «Never too Late» ermöglicht einen erhellenden Einblick in die Befindlichkeiten der israelischen Gesellschaft und ein Eintauchen in Landschaften, wie sie selten zu sehen sind. Bei der Entgegennahme des „Regard d’or“ dieses Jahr am Filmfestival von Fribourg betonte Ido Fluk, sein Film sei alles andere als politisch, sondern zeige die Realität eines anderen Israel. Ein grosser Teil der Bevölkerung sei wie er: Man wünsche sich den Rückzug aus den besetzten Gebieten und wolle Frieden.
China im Jahre 1975: Die Kulturrevolution neigt sich dem Ende zu, aber der 11-jährige Wang Han ist weniger am Klassenkampf interessiert, als an einem neuen Hemd. Er soll nämlich die morgendliche Turnstunde seiner Schule anleiten und dabei möchte er so gut wie möglich aussehen. Als sein Wunsch in Erfüllung geht und er endlich das schwierig zu beschaffende Kleidungsstück in den Händen hält, weiss er noch nicht, dass es ihn gradewegs in die Arme eines flüchtigen Mörders führen wird. «11 Flowers» ist der erste Film, der im Rahmen des 2010 unterzeichneten chinesisch-französischen Koproduktionsabkommen gezeigt wird, sowie um die erste chinesische Koproduktion mit einem anderen Land.
In einer korrupten Gesellschaft versuchen drei Freunde ihre Loyalität zueinander zu bewahren. Die jungen Männer leben in Tétouan, einer verarmten marokkanischen Stadt. Soufiane, der Jüngste, füllt die Tage mit Diebereien. Allal, der Älteste, will sich im Drogenschmuggel behaupten. Malik verliebt sich in Dounia, die als Prostituierte in einem Nachtclub arbeitet. Die drei trennen sich, um ihre eigenen Wege in ein unabhängiges Leben zu finden. Aber schnell sehen sie ihre mögliche Zukunft in einem Strudel aus Gewalt, Gier, Eifersucht und Verrat untergehen. Der gemeinsame Überfall auf ein Juweliergeschäft wird für sie zum letzten Ausweg.
Faouzi Bensaïdi lässt den Energien seiner ungezwungenen jungen Hauptdarsteller viel Raum. Er verzaubert mit lakonischen und zugleich wuchtigen Kinobildern. Sie zeigen, wie ihre jeweiligen Glücksentwürfe die Freunde voneinander isolieren. Doch unter den permanent bleiernen Stadtwolken erhalten sie schliesslich wieder genügend Luft, um einander mit Grosszügigkeit und Vertrauen zu begegnen. Anschliessend findet ein Filmgespräch mit Faouzi Bensaïdi statt, Moderation Christine Stemmermann
Eindringlicher geht es nicht: «The Green Wave» schildert den demokratischen Widerstand in Iran im Sommer 2009 – und dessen Niederschlagung. Dass sich Regisseur Ali Samadi Ahadi dabei neben realen Bildern auch animierter Comics bedient, macht die Darstellung umso realistischer.
Erzählt wird die Geschichte zweier fiktiver Teilnehmer an den Demonstrationen vom Sommer 2009, angefangen mit der Mobilisierung zur Präsidentschaftswahl, als die Menschen in Iran die grosse Hoffnung hatten, den fanatischen Präsidenten Ahmadinedschad mit Stimmzetteln aus dem Amt jagen zu können. Der Film zeigt, wie die Hoffnung in Wut umschlägt, als Ahmadinedschad gegen jede Erwartung wieder zum Präsidenten erklärt wird, zeigt die Tage des Zorns und der wiederum grimmigen Hoffnung, dass der Protest ihn vertreiben könnte. Und er zeigt, wie der Widerstand gebrochen wurde. Die Entscheidung, die zahlreich vorhandenen Augenzeugenberichte und Blogeinträge von Teilnehmern an den Protesten, von Opfern der Polizeigewalt zur Grundlage einer Collage zu machen, verleiht "Green Wave" eine Eindringlichkeit, die anders kaum zu erreichen gewesen wäre. Manchmal kann das Kino eine grosse politische Kraft entwickeln: Wenn ein Film bewusst nicht im Realismus stecken bleibt, die Darstellung der Wirklichkeit dabei aber umso wahrhaftiger wirkt. «The Green Wave». ist so ein Film.
Ein Kriegsfilm ohne Krieg, ein Flüchtlingsfilm ohne Flüchtlinge: Mit «La guerre est finie» schafft der in der Schweiz lebende Mazedonier Mitko Panov etwas, das bisher noch kaum ein Spielfilm in der Schweiz geleistet hat: Er bringt uns die Menschen näher, die täglich unter uns sind, deren Schicksal wir allenfalls erahnen, aber nicht wirklich erfassen. Das wirkt nie plakativ, aber immer mit kräftigen Strichen sehr einfach und emotional nachvollziehbar gezeichnet. Der Film bringt es sogar fertig, Heimatliebe ohne Nationalismus zu vermitteln. Die Rahmanis und ihre drei Kinder flüchteten 1999 während des Kosovokrieges in die Schweiz. Nach Jahren in ihrem neuen Heimatland sehen sie sich plötzlich mit der Zwangsausweisung konfrontiert. Im verzweifelten Wunsch bleiben zu können, versucht der Familienvater, der ehemalige Musiklehrer Rasim, einen albanische Tanzclub auf die Beine zu stellen, um unterstützende Unterschriften zu sammeln. Der Film wechselt immer wieder die Zeitebenen und zeigt so, wie sich der liebevolle Lehrer und Vater in einen verängstigten, verzweifelten und entwurzelten Flüchtling verwandelt.
Harry Belafonte ist Sänger, Schauspieler seit 70 Jahren im Showbusiness. Dass er aber auch politischer Aktivist war und ist, ist hierzulande weniger bekannt. Auf seinen Beruf angesprochen, antwortet Belafonte mit "Schauspieler", zumindest wenn er zum Vergleich die Sänger seiner aktiven Zeit heranzieht. Der beste Beweis für sein Schauspielerdasein sei die grosse Anzahl der Menschen, die ihn für einen Sänger hielten, sagt er. Die Kunst des 1927 in New York zur Welt gekommenen Entertainers wird durch ein lässiges Understatement und überschwängliche Freundlichkeit gekennzeichnet. Aufgrund der Diskriminierung von Afroamerikanern in den USA der 50er und 60er Jahre und seiner Freundschafft zu Bürgerrechtler Martin Luther King und linken Intellektuellen, begann auch Belafonte sich politisch zu engagieren. So wurde er neben seiner künstlerischen Tätigkeit zu einem der populärsten Propagandisten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, und auf diesen politischen Aspekt legt der Film sein Hauptgewicht.
Shanghai ist die Boomtown Chinas, atemberaubend in mancherlei Hinsicht. Regisseur Haolun Shu nähert sich der Stadt und ihrer Entwicklung von innen heraus, indem er in seinem Spielfilm die Geschichte von Xiaoli erzählt, der in den späten 1980er Jahren an der Shimen Strasse in Shanghai aufwächst. Es ist diese Welt im Kleinen, deren Wandel der Junge mit seiner Fotokamera festhält. Die Mutter lebt in den USA, und so sind sein Grossvater sowie seine Nachbarin und beste Freundin Lanmi die wichtigsten Bezugspersonen. Lanmi arbeitet in einer Fabrik, träumt von einem besseren Leben im Ausland und gerät auf Abwege. Mit der Klassenkameradin Lili entdeckt Xiaoli das Leben ausserhalb seiner Strasse, die Studentenunruhen in Beijing und das sich wandelnde China, das sich westlichen Lebensformen öffnet. Ein berührender Film über den Wandel in China, das Erwachsenwerden und die Träume junger Menschen, wie wir sie überall auf der Welt erleben. In China besonders intensiv und rasend schnell.
Das "Time Magazine" zählt sie zu den einflussreichsten politischen Stimmen der Welt. Basierend auf ihren bewegenden Zeugnissen und klandestinen Aufnahmen ist «Forbidden Voices» eine Hommage an ihren mutigen Kampf: Der Film erzählt von drei Bloggerinnen in Kuba, Iran und China, die unter Lebensgefahr arbeiten. Yoani Sánchez, Farnaz Seifi und Zeng Jinyan lassen sich von ihren diktatorischen Regimen nicht einschüchtern. Die jungen Frauen repräsentieren eine vernetzte Generation moderner Widerstandskämpferinnen, die mit ihren Blogs, mit Facebook, Youtube und Twitter das staatliche Informationsmonopol ihrer Länder ins Wanken bringen.
Vor der Eröffnung ihrer Blogs führten die drei Frauen aus den unterschiedlichsten Kulturen und politischen Brennpunkten ein ganz normales Leben. Erst durch ihre Äusserungen im Internet wurden sie zur Bedrohung für die Machthaber ihrer Länder.
Die Schweizer Dokumentaristin Barbara Miller begleitet die modernen Rebellinnen auf ihrer entbehrungsreichen und gefährlichen Reise und zeigt, wie sie mit Hilfe der neuen sozialen Medien die Missstände in ihren Ländern anprangern, dabei politischen Druck aufbauen und weltweit Resonanz auslösen. Anschliessend findet ein Filmgespräch mit Farnaz Seifi statt, Moderation Helena Nyberg
People’s Park ist ein 75-minütiger Dokfilm, der die Zuschauer auf eine Reise durch den berühmten Stadtpark in Chengdu (Sichuan) mitnimmt. Der Film fängt die vielfältigen Stimmungen, Rhythmen und Performances ein, die auf engstem Raum, im quaderförmigen Soziotop des Parks, existieren. Dabei dokumentiert er Walzer tanzende Paare, riesige Platanen, Karaokesänger und zirpende Grillen. Als sinnliche Meditation über Zeit und Raum im Film bietet People’s Park einen Blick auf soziale Interaktion, Freizeit und Selbstdarstellung in China.
Harry Belafonte ist Sänger, Schauspieler seit 70 Jahren im Showbusiness. Dass er aber auch politischer Aktivist war und ist, ist hierzulande weniger bekannt. Auf seinen Beruf angesprochen, antwortet Belafonte mit "Schauspieler", zumindest wenn er zum Vergleich die Sänger seiner aktiven Zeit heranzieht. Der beste Beweis für sein Schauspielerdasein sei die grosse Anzahl der Menschen, die ihn für einen Sänger hielten, sagt er. Die Kunst des 1927 in New York zur Welt gekommenen Entertainers wird durch ein lässiges Understatement und überschwängliche Freundlichkeit gekennzeichnet. Aufgrund der Diskriminierung von Afroamerikanern in den USA der 50er und 60er Jahre und seiner Freundschafft zu Bürgerrechtler Martin Luther King und linken Intellektuellen, begann auch Belafonte sich politisch zu engagieren. So wurde er neben seiner künstlerischen Tätigkeit zu einem der populärsten Propagandisten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, und auf diesen politischen Aspekt legt der Film sein Hauptgewicht.
Sommer 1976, ein Tal in den Anden Ecuadors. Manuela, die nach den kommunistischen und atheistischen Ideen ihres Vaters erzogen wurde, glaubt, ihre Eltern befinden sich auf einer revolutionären Mission in Kolumbien, während sie und ihr fünfjähriger Bruder Camilo den Sommer bei ihren Grosseltern verbringen müssen. Natürlich ist in einem katholisch-konservativen Haushalt die marxistische Weltanschauung einer Neunjährigen problematisch. Die Grossmutter, die Manuelas schlechten Einfluss auf den Rest der Familie alarmierend findet, droht sie zurückzuschicken, wenn sie sich nicht taufen lässt. Regisseurin Tania Hermida war an den Weltfilmtagen 2008 mit ihrem Film «Que tan lejos» zu Gast.
«The Black Power Mixtape 1967-1975» hebt einen wahren Schatz von jahrzehntelang in den Archiven verschollen gewesenem, einzigartigem 16mm-Filmmaterial; ausschliesslich gefilmt von schwedischen Journalisten, die Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre in die USA reisten. Sie waren auf der Suche nach den Hintergründen und Tatsachen zu den Berichten über die US-amerikanische Bürgerbewegung der farbigen Bevölkerungsgruppen. Schnell fanden diese interessierten Europäer Zugang zu den Anführern des damaligen Black Power Movement – unter anderem zu Stokely Carmichael, Bobby Seale, Angela Davis und Eldridge Cleaver. Und es gelang den Reportern, diese Ikonen des Aufstands in sehr intimen, privaten Momenten zu filmen und bemerkenswert offene und ehrliche Interviews mit ihnen zu führen.
Gängige Geschichten hat die Japanerin Naomi Kawase noch nie erzählt. Sie setzt bei den Realitäten an, die sie in ihrer Heimatregion findet, und entwirft daraus zum Beispiel eine Liebesgeschichte. Diese spielt sich nicht nur um drei Menschen ab, die Natur wirkt da mindestens so prägend. Kayoko ist Textilfärberin und lebt mit dem Werber Tetsuya zusammen, der seine Leidenschaft in der Kochkunst auslebt. Der Dritte im Bunde ist Takumi. Er fertigt Holzskulpturen und lebt abgeschieden im Grünen. Man weiss nicht, wie lange das Dreiecksverhältnis andauert, aber ein dramatisches Element bringt es in Bewegung: Kayoko ist schwanger. Dies eröffnet sie ihrem Liebhaber nach einem Nachmittag voller Sinnlichkeit, als gehöre es zum Abschiedsgruss. Ein visuelles Gedicht über die Liebe, die Leiden schafft.
Bereits die ersten fünf Filmminuten in «Modest Reception» sind eine Wucht. Selten wird man so tollkühn in eine Handlung eingeführt, in keinem Augenblick weiss man, wie die Dinge stehen und was sich da wirklich abspielt. Nicht, dass die Handlung zu diesem Zeitpunkt besonders komplex wäre, aber sie überrascht. Und damit ist der Tarif fürs Kommende vorgegeben: Ein Mann und eine Frau fahren durch eine entlegene Bergregion. In ihrem Kofferraum führen sie Plastiktüten voller Geld mit, die sie unterwegs an Menschen verteilen, egal, ob diese es wollen oder nicht. Warum sie das viele Geld haben und verteilen, bleibt nebensächlich in dieser Parabel über Geld und Moral. Immer wieder verknüpfen sie ihre milde Gabe an Bedingungen, und dabei schrecken sie vor nichts zurück. Sie säen auch Zwietracht mit ihren Almosen, knüpfen grausame Bedingungen an die Vergabe, verstecken das Geld und stellen den Dieb, lassen einen Lkw-Fahrer schwören, es keinesfalls mit seinem Bruder zu teilen, halten einen Bergbauern vom Gnadenschuss an seinem sterbenden Esel ab, nötigen einen Vater, sein totes Baby zu verkaufen. «Modest Reception» ist nach «A Separation» ein weiteres Beispiel der ungeheuren Erzählkraft des aktuellen iranischen Kinos, das nicht zuletzt verdeutlicht, wie unter schwierigen Bedingungen die explosivsten und kühnsten Filme entstehen können.