(Tdh) wurde am 22. Juli 1960 durch den Journalisten Edmond Kaiser in Lausanne gegründet und ist die grösste Schweizer Kinderhilfsorganisation. Die Arbeitsgruppe Graubünden gibt es seit 25 Jahren. Mit Delegationen in mehr als 30 Ländern und mit ihrer Expertise in den Bereichen Gesundheit und Kinderschutz bietet Tdh konkrete Lösungen und gibt jährlich mehr als 1 Million Kindern und ihren Müttern eine bessere Zukunft. Diese Aktivitäten werden durch individuelle und institutionelle Geldgeber ermöglicht. Mehr als 85% der finanziellen Mittel fliessen direkt in die Projektarbeit. Die Schwerpunkte setzt Tdh in den Bereichen Gesundheit und Ernährung, Kinderschutz und Kinderrechte.
Eine Nichtregierungsorganisation (NRO bzw. NGO) ist eine Bezeichnung für einen zivilgesellschaftlich zustande gekommenen Interessenverband. Gemäss Artikel 71 der Charta der Vereinten Nationen können NGOs Konsultativstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen erlangen, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen.
Kritiker werfen den NRO vor allem vor: sich bei der Hilfe gegenseitig auf den Füssen zu stehen / lokale Einsatzkräfte bzw. staatliche Organisationen zu behindern / gegenseitigen „Futterneid“ zu pflegen / zur Verfügung gestellte Spenden nicht sinnvoll einzusetzen / nur solange präsent zu sein, solange die Kamerateams der internationalen Presse vor Ort sind usw.
Stimmen diese Vorwürfe?
Oder wird viel zu wenig über die wirklich effektive und effiziente Hilfeleistung vor Ort durch NROs berichtet?
Drei prominente und fachkundige Gäste – Thomas Harder, Peter Gygax, Philipp Gut – werden unter der Moderation von Andrea Hämmerle diese Fragestellung aus sehr unterschiedlicher Sicht diskutieren.
Der Tdh Anlass beginnt am Dienstag, 2. November um 17.45 mit einem Apéro und einer Begrüssung durch Tdh. Es folgt ein Liedvortrag von Patricia Lardi. Vor dem anschliessenden Podiumsgespräch (Teilnehmer siehe unten) hält Thomas Harder ein Referat über die Arbeit von Tdh die auch durch einen Kurzfilm dokumentiert wird.
„Hör auf zu träumen!“, sagt die Mutter zu ihrer 25-jährigen Tochter Umay, als diese mit ihrem kleinen Sohn Cem vor der Berliner Wohnungstür ihrer Eltern steht. Umay ist aus einem unglücklichen Eheleben in Istanbul ausgebrochen und will zurück in Berlin ein selbstbestimmtes Leben führen. Sie weiss, dass sie ihren Eltern und Geschwistern damit viel zumutet, hofft aber, dass die liebevolle Verbundenheit stärker ist als alle gesellschaftlichen Zwänge. Doch schon bald erkennt sie, dass ihre Familie die traditionellen Konventionen nicht einfach über Bord werfen kann und an der Herausforderung zu zerbrechen droht. Als die Familie beschliesst, Cem zu seinem Vater in die Türkei zurückzuschicken, um den Ruf der Familie wieder herzustellen, flieht Umay erneut und bricht alle Brücken hinter sich ab. Umay verliebt sich in Stipe und baut für Cem und sich ein neues Leben auf. Als sie versucht, sich wieder mit ihrer Familie zu versöhnen, erkennt sie nicht, dass es bereits zu spät dafür ist…
«Die Fremde» war einer der stärksten Beiträge der Berlinale: In Feo Aladags Regiedebüt «Die Fremde» kämpft Sibel Kekilli («Gegen die Wand») um ihr Leben. Der Film zeigt den ganzen Irrsinn eines fehlgeleiteten Ehrbegriffs.
Unter den von der Zauberlaterne programmierten «Weltfilmen» ist «Jibeuro» einer der beliebtesten bei Kindern. Der 2002 von der Regisseurin Lee Jung-hyan realisierte, generationenübergreifende Film ist an zahlreichen Festivals gezeigt worden, nachdem er in Südkorea Erfolge gefeiert hatte. Fast vier Millionen Koreaner wurden von dieser beschaulichen Fabel zu Tränen gerührt.
Der mit einem bescheidenen Budget gedrehte Film beruht auf der Konfrontation zwischen einem ungezogenen Bengel und einer alten stummen Frau, die hartnäckig gutmütig ist. Der kleine Grossstadt-Junge Sang-woo wird seiner Grossmutter anvertraut, die auf einem abgelegenen Landstück lebt, während seine Mutter ein persönliches Problem löst. Die von der harten Arbeit gebrochene Frau, die noch dazu so langsam wie eine Schildkröte ist, scheint nicht in der Lage, die Erwartungen des Jungen zu erfüllen, der nur auf seinen Game Boy und Kentucky Fried Chicken schwört. Aber schliesslich wird der Junge zutraulicher…
Wie immer bei der Zauberlaterne wird vor der Vorführung ein kleines unterhaltsames Theaterstück mit Bezug zum Film gespielt. – Eine Entdeckung für die ganze Familie!
Man blickt auf einen Wald, der von einer Autobahn zerschnitten wird und aus dem am rechten Bildrand ein grosses, wohnsiloartiges Gebäude im Baustil der Sechzigerjahre aus dem Boden ragt. Wir befinden uns im Berner Aussenquartier Bethlehem. Die doch eher ungewöhnliche Namensgebung stammt aus dem Mittelalter, als ein Deutschritterorden in der Gegend einen Prozessionsweg errichtet hatte.
Im Mittelpunkt des Films steht der FC Bethlehem. So unterschiedlich sich die Fussballerinnen in Hautfarbe, Religion, Herkunftsland und Charakter sind, so ähnlich sind sie in manchen Bereichen: Sie trainieren in derselben Mannschaft, leben in Bethlehem, sind Migrantinnen, stecken inmitten der Berufswahl und essen gerne Pizza. Agime, Alessandra, Daria, Elmaze, Marie, Natasa, Rosa, Tiziana und Yolanda denken laut nach über Themen wie das Leben im Quartier, Fussball, Berufswünsche, über Heimat, Rassismus, die Liebe, den Glauben, Freundschaft und auch mal über «Ärsche» und «Ding Dongs». Trainiert wird die Mannschaft von Gianluca De Febis, selbst ein Secondo, für den der respektvolle Umgang unter den «Modis» im Zentrum steht und dem es bei den Turnierspielen nicht auf das Resultat ankommt, sondern auf den Teamgeist.
Es ist schon fast zur Tradition geworden, dass «Filme für eine Welt» an den Weltfilmtagen Thusis einen Gastauftritt hat. Bereits zum vierten Mal präsentiert die Filmstelle der Stiftung Bildung und Entwicklung ein Programm aus neuen Kurz- und Dokumentarfilmen, die aktuelle Themen aufgreifen dazu speziell für Unterricht und Bildungsarbeit geeignet sind. In diesem Jahr geht es um Themen wie Nachhaltige Entwicklung, Kinderrechte, Demokratie und Entwicklungszusammenarbeit.
Das Verschwinden des Aralsees ist eine menschgemachte Ökokatastrophe. Das Wasser wurde mit Kanälen für den Anbau von Baumwolle abgezweigt. Seither ist der Aralsee massiv geschrumpft, die Wirtschafts- und Sozialstruktur der Gegend hat sich grundlegend verändert.
Vorfilm: «On n’a qu’une terre» von Rapper Stress.
Noch immer leben mehr als eine Milliarde Menschen von weniger als einem Dollar pro Tag. Fischerinnen am Titicacasee und ein Kleinstunternehmen in Lima zeigen, wie es möglich ist, mit einem Kredit von wenigen hundert Dollars ein würdiges Leben aufzubauen.
Der 11-jährige Sumit lebt als Strassenkind in Delhi. Er sammelt Altpapier und verdient damit seinen Lebensunterhalt. Sein Geld legt er auf der «Children’s Development Bank» an, einer einzigartigen Selbsthilfe-Einrichtung, die von Strassenkindern selber verwaltet wird.
Ein internationales Bergbauunternehmen lässt sich in einer abgelegenen Region von Guinea nieder, um Gold abzubauen. Der Film zeigt die ökonomischen, ökologischen und sozialen Veränderungen, die die Mine mit sich bringt. Ein anschauliches Beispiel für eine fehlgeschlagene Entwicklung.
Eine Welt Filmpreis NRW 2009; Jurypreis am Internationalen Menschenrechtsfilmfestival von Paris 2009, Grosser Dokumentarfilmpreis, Amazonas-Filmfestival 2008
Der Film dokumentiert die Geschichte der Green Belt Bewegung in Kenia und porträtiert deren Gründerin Wangari Maathai. Mit ihrem unermüdlichen Engagement und ihrem kämpferischen Geist prägte die Friedensnobelpreisträgerin die kenianische Politik- und Umweltgeschichte.
Bester Dokumentarfilm, International Images Film Festival for Women, Zimbabwe 2009, Publikumspreis Rencontres Int. du Documentaire de Montréal, Kanada 2008
Vor kurzem wurde Ali aus dem Gefängnis entlassen. Nun arbeitet er als Nachtwächter in Teheran. So ist es ihm immerhin möglich, für den Lebensunterhalt seine Ehefrau Sara und ihrer gemeinsamen Tochter Saba zu sorgen. Doch als Ali eines Tages von der Arbeit kommt, sind Sara und Saba verschwunden. Als alles Warten nichts nützt, wendet Ali sich an die Polizei. Doch es dauert Stunden, ehe man ihm eine Auskunft geben kann. Dann teilt man ihm mit, dass es eine Schiesserei mit Demonstranten gegeben habe. Alis Frau Sara sei zufällig in sie hineingeraten und getötet worden, Saba hingegen sei noch immer vermisst.
Die Suche nach seiner Tochter treibt Ali in tiefe Verzweiflung, zumal sie damit endet, dass man ihre Leiche findet. In einem Akt blindwütiger Rache tötet Ali daraufhin wahllos zwei Polizeioffiziere. Anschliessend flieht er in Richtung der nördlichen Wälder. Doch längst ist die Polizei dem Flüchtling auf der Spur.
Die zwei Polizeibeamten, die hinter ihm her waren, nehmen ihn fest. Ali scheint sich in sein Schicksal zu ergeben. Willig folgt er den beiden Männern, die ihn scharf bewachen. Doch dann verlaufen sie sich, überall sehen sie nur Bäume. In solch einer einsamen Landschaft sind die Grenzen zwischen Jägern und Gejagtem nur sehr schwer zu ziehen.
Zwei hoffnungslose Geschichten, ein gemeinsames Schicksal: Die junge Sayra versucht mit ihrem Vater und ihrem Onkel von Honduras aus in die USA zu gelangen. In der mexikanischen Grenzstadt Tapachula springen sie auf Güterzüge auf, welche sie bis an die amerikanische Grenze bringen sollen. Flüchtlinge sind jedoch für die zahlreichen kriminellen Banden, die in Mexiko ihr Unwesen treiben, ein leichtes Opfer.
Casper, Mitglied in der berüchtigten Mara Salvatrucha, erschiesst jeden, der bei einer anderen Gang dabei ist. Diese Opfer werden ohne Gnade an die eigenen Hunde verfüttert. Soeben hat er einen Knaben namens El Smiley eingeführt und soll nun die Flüchtligsströme im Güterbahnhof überwachen. Doch er schleicht sich lieber zu seiner geheimen Freundin Martha Marlene. Als diese aus Eifersucht ein Treffen der Mara Salvatrucha aufsucht, wird sie von Gangleader Lil› Mago erschlagen.
Voller Wut und Zorn wagt es Casper vorerst nicht, sich gegen Lil› Mago aufzulehnen. Erst als dieser bei einem Zugüberfall die schutzlose Sayra vergewaltigen will, kommen die Gefühle wieder hoch, und er ersticht den Anführer. Fortan befindet er sich auf der Flucht durch das Land mit dem Ziel, in die USA zu gelangen, denn alle Bandenmitglieder in ganz Mexiko haben nur ein Ziel: Caspar tot sehen. Derweil entwickelt Sayra Gefühle für den Todgeweihten. Preis für Beste Regie am Sundance Festval 2009
Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs im Tschad erzählt Mahamat-Saleh Haroun in beeindruckenden Bilder und Stimmungen das Schicksal eines Vaters, der als ehemaliger Schwimm-Champion von seinem Posten als Bademeister in einem Luxus-Hotel der Hauptstadt N’Djamena an anderen Posten versetzt wird. Er fühlt er sich verloren und nutzlos und meint: "Nicht ich habe mich verändert, sondern dieses Land". Sein Sohn wird von der Armee zwangsrekrutiert, die Familie ist zerrissen. Mahamat-Saleh Haroun zeigt Realitäten, die berühren. Sein Film ist ruhig und leise, begleitet vom leichten Schlagen der Wellen im Swimmingpool, der Tränen der jungen Verlobten und des langsamen Flusses, der die Toten und die letzten Hoffnung davon träg.
Bombay, Indiens Tor zum Westen, hat sich neu erfunden und in Mumbai verwandelt, in einen Magneten für die Hoffnungen von Arm und Reich. Stadtgrenzen und Einwohnerzahl lassen sich nur noch schätzen, bald dürfte die 20-Millionen-Schwelle überschritten sein. Schon jetzt ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung gezwungen in Slums zu leben.
Der grösste dieser Slums heisst Dharavi. Mit seinen rund achthunderttausend Einwohnern ist es der am dichtesten besiedelten Flecken der Erde. Früher lag Dharavi weit vor den Toren der Stadt, heute befindet es sich im Herzen einer rund herum wuchernden Metropole, flankiert von Verkehrsadern und in direkter Nachbarschaft zu Mumbais neuem Finanzdistrikt. Das ehemalige Sumpfgelände hat sich in lukrativen Baugrund verwandelt – Nährboden für ehrgeizige urbanistische Visionen.
Vor zehn Jahren ist der in den USA ausgebildete Architekt Mukesh Mehta nach Mumbai zurückgekehrt, um eine radikale Wende in der Slumsanierungspolitik seiner Heimatstadt einzuläuten. "Public Private Partnership" heisst die Formel, mit der er Milliardengewinne verspricht, falls eine Kahlschlagsanierung Dharavis in die Hände privater Unternehmen gelegt wird. Die Regierung ist überzeugt von seinen Argumenten. Hunderttausenden von Slumbewohnern aber droht die Vetreibung.
Der neue Film von Aktan Arym Kubat erzählt auf berührende Art und Weise aus dem Leben und Treiben in Zentralasien.
Svet-Ake (Mr. Light) ist zwar der Elektriker, aber für mehr als elektrisches Licht verantwortlich: Die Bewohnern seines Landstrichs schwirren wie Motten um den umgänglichen und freundlichen Mann: Egal ob es nun ein elektrischer Kurzschluss ist oder ein Beziehungskurzschluss; egal ob es die sind die die ganze Energie einer Stadt kontrollieren wollen, oder jene, die jede Energie zum Leben aufgegeben haben; Svet-Ake ist immer zur Stelle mit praktischer Hilfe und Rat. Selbst wenn er dafür das Gesetz verbiegen muss: So wird der Stromzähler einer befreundeten Pensionistin so eingestellt, dass sie statt ihrer hohen Stromrechnung eine noch höhere Gutschrift bei den Energiewerken ausbezahlt bekommt. Doch Gutherzigkeit wird in einem Land, dass mitten im politischen Umbruch steckt nicht automatisch belohnt. Wer weiterkommen will – und das will Mister Light – muss abwägen, mit wem er Geschäfte macht.
Das Fussballstadion in Kirkuk, dem kurdischen Norden Iraks, ist der Hauptschauplatz des neusten Spielfilms von Shawkat Amin Korki. Hier haben sich die verschiedensten Familien eingenistet, um darauf zu warten, dass sich ausserhalb des Stadions das Leben wieder normalisiert. Ihr improvisierter Alltag ist zur Normalität geworden. Die Gegenwart ist alles, was sie haben, jede Minute eine Preziose, denn schon die nächste kann die letzte sein. Das gilt ja eigentlich überall auf der Welt und für alles Leben, aber hier und in diesem Stadion, das zum Lebensraum einer bunten Menschengruppe geworden ist, ganz besonders intensiv und verrückt. Der Film «Kick Off» hatte seine Premiere im reichen südkoreanischen Pusan, einer Millionenstadt mit einem der wichtigsten Filmfestivals der Welt und Shopping-Malls als Veranstaltungsorten. Gerade in diesem konsumorientierten Umfeld packte die mit spärlichsten Mitteln äusserst subtil erzählte Geschichte, weil ihr Autor uns nichts vormacht. Korki hat sich für Schwarzweiss als Hauptfarbe entschieden und darin einzelne Tupfer eingebaut, die mit zum Charme seiner stillen Komödie gehören und zum Spiel, das er sich erlaubt. Es ist, als würde er uns bedeuten: Verliert nur zwei Dinge nie im Leben: Die Liebe und den Humor. Auch wenn alles zum Verzweifeln ist.
Im Jahr 2000 dienten 300’000 Kinder als Soldaten in bewaffneten Konflikten in über dreissig Ländern der Erde. Fast 120’000 dieser Kinder kämpften in verschiedenen Konflikten des Afrikanischen Kontinents.
«Ezra» ist eine fiktionale Geschichte, inspiriert vom realen Sierra Leone Konflikt. Der Film dreht sich um ein Ereignis: eine grauenhafte Attacke auf ein Dorf von mit Drogen zugedröhnten Rebellen. Die Ereignisse dieser Nacht werden rekonstruiert aus den Erinnerungen dreier Zeugen: Ezra, einem Ex-Soldaten, seiner Schwester Onitcha, die stumm ist und Cynthia, Ezra’s Kriegs-Kameradin .Was wie eine Aussöhnung schien gerät schnell zum Prozess, als Onitcha das Geheimnis lüftet, welches sie vor ihrem Bruder verborgen hielt.
In der Hauptstadt von Ghana, mitten in Accra, gibt es eine Basel Strasse. Sie geht zurück auf die Basler Missionare, die vor bald 200 Jahren an die damalige Goldküste kamen, mit dem Ziel, Heiden zu bekehren.
Im Alter von 20 Jahren trat der Bauernsohn Arnold Deuber (1867-1930) aus dem schaffhausischen Osterfingen in die Basler Mission ein, die ihm eine Ausbildung zum Pfarrer ermöglichte. Von 1893-1903 arbeitete er als Missionar an der damaligen Goldküste, dem heutigen Ghana in Westafrika. Dort lernte er auch seine Frau, Maria Noz kennen. Nach 10 Jahren in Afrika kehrten sie mit ihren Kindern wieder in die Schweiz zurück. Welche Spuren haben Katharina Deubers Urgrosseltern in Ghana hinterlassen? Dieser Frage ist die Autorin im Sommer 2007 nachgegangen, begleitet von Kameramann Paul Rigert. Aus dieser Suche ist ein Film entstanden.
Im Laufe der Dreharbeiten in Ghana wurde mit den unterschiedlichsten Leuten gesprochen, die erzählen, was die Basler Missionare an der Goldküste bewirkt haben und wo ihre Spuren im heutigen Ghana immer noch sichtbar sind.
In der Grabeskirche in Jerusalem leben sechs christliche Konfessionen Tür an Tür unter einem Dach: griechisch-orthodoxe Christen, römisch-lateinische Franziskaner, syrische Christen, armenische Christen, äthiopische Abessinier und ägyptische Kopten. Eine muslimische Familie verwahrt den Schlüssel zur Kirche und schließt die Haupttür morgens auf und abends wieder zu.
In diesem Status Quo befindet sich die Kirche seit der osmanischen Zeit. Die einzelnen Glaubensgemeinschaften wachen verbissen über die ihnen zugeteilten Anteile und beobachten eifersüchtig die Anderen. Die Abessinischen Christen, die ihren Platz in der eigentlichen Kirche verloren haben, quartierten sich kurzerhand auf dem Dach der Kapelle ein, die koptischen Christen, die den Haupteingang des Grabes nicht benutzen dürfen, bauten sich eine kleine Kapelle an der Rückseite der Grabkammer und die Griechisch-Orthodoxen verteidigen rauhbeinig den Vordereingang.
Zu hohen Festtagen kommt es manchmal zu absurden Schlachten religiöser Leidenschaft, die Prozessionen geraten sich gegenseitig in die Quere und Gläubige aus aller Welt verkeilen sich untereinander.
Aber nachts, wenn die unfreiwillige Wohngemeinschaft in der Kirche eingeschlossen ist, beten die Mönche vor dem Grab. Dann verwandelt sich die Kirche in einen mystischen Ort der Hingabe und Sehnsucht nach erfülltem Glauben.
«Women without Men» greift eine politische Episode auf, die für das kollektive Bewusstsein des iranischen Volkes weitreichende Folgen hatte: den Sturz des vom Parlament gewählten Premierministers Mossadegh durch den amerikanischen Geheimdienstes CIA im Jahr 1953. Die Amerikaner und Briten wollten damals nicht akzeptieren, dass Mossadegh die Ölquellen verstaatlichte. Für die 1957 im Iran geborene Regisseurin war dies die Ursache für den Antiamerikanismus und die islamistische Radikalisierung, die 1979 zum Sturz des Schahs führte – und zugleich den Keim für eine erneute Diktatur legte, diesmal durch die Ayatollahs.
So dokumentarisch angehaucht, wie man aufgrund dieses Hintergrunds glauben könnte, ist «Women without Men» nicht. Der Film erzählt in kunstvollen Bildern von vier Frauen, die in den Wochen des Militärputsches eine entscheidende persönliche Entwicklung durchmachen.
In der Tradition paradiesischer Vorstellungen schafft Shirin Neshat Bilder von der Versöhnung mit der Natur, die sich tief ins Gedächtnis brennen. So verzaubert, so intensiv und so spirituell hat man lange keine Naturaufnahmen mehr gesehen.
Beim Festival von Venedig 2009 bekam sie dafür den Silbernen Löwen für die beste Regie.
Jerusalem, 1948.
In der Nähe des Tores von Damaskus. Hind, eine jung Palästinenserin entdeckt eine Gruppe von 55 Kindern zwischen zwei und zwölf Jahren. Sie sind aneinander gekuscht und zittern vor Angst. Sie sind Opfer eines israelischen Angriffs.
Hind nimmt die Waisenkinder zu sich nach Hause – Dar al Tifel ist geboren. Eine Notschule für palästinensische Kinder im Herzen einer über viereinhalb Dekaden anhaltende epische Geschichte eines Konflikts.
Nadia, ein weggelaufener Teenager, teilt sich eine Zelle mit Fatima, die wegen eines Bombenattentats auf ein Kino inhaftiert wurde. Fatima freundet sich mit der aufgewühlten Nadia an und stellt sie Jafal vor. Dieser heiratet Nadia nach ihrer Entlassung. Ihr Kind heisst Miral. Nach Nadias Selbstmord bringt Jafal Miral an den einzigen Ort, wo sie dem Kreis aus Gewalt und Hass entfliehen kann – in Hinds Schule.
Mit 17 steht Miral vor dem Scheideweg – zwischen dem Kampf für die Sache ihres Volkes und Mama Hinds Glaube, dass Bildung ihre einzige Chance ist.
Hind, Nadia, Fatima, Miral: Das Leben dieser vier palästinensischen Frauen reflektiert die Geschichte eines ganzen Volkes, seinen Kampf für Anerkennung, Menschenwürde und Autonomie.
Maylinda und Nik leben in den albanischen Bergen, Vera und Marko in Belgrad. Alle vier wünschen sie sich, an einem anderen Ort ihre Träume zu verwirklichen. Das albanische Paar zieht es nach einem Hochzeitsfest in Tirana ins nahe Italien, die serbischen Verliebten möchten nach einer Hochzeit auf dem Land via Ungarn nach Wien, wo der Mann zum Vorspielen im Symphonieorchester eingeladen ist. An den Grenzen zu Europa bleiben die vier erst einmal hängen. Mit feinem Gespür für die unterschiedlichen Kulturen und unbeschönigendem Blick auf die Gegegenwart erzählt Goran Paskaljevic die doppelte Aufbruchsgeschichte. Still lässt er in den Figuren die Verletzungen der Vergangenheit anklingen, die noch nicht überwunden sind, zeigt er, was die Vorurteile des Alltags bewirken können und wie Fundamentalismen das freie Leben belasten. Maylinda, Nik, Vera und Marko wollen einfach leben und glücklich sein.
«Honeymoons» ist eine besinnliche und auf Versöhnung angelegte Geschichte aus dem Heute, ein Film, der einen Eintauchen lässt ins Leben auf dem Balkan.
Es ist die Geschichte eines jungen Paares in Sarajevo, die gewillt sind, gemeinsam eine Familie zu gründen. Durch seine Alkoholsucht verliert Amar seinen Job als Fluglotse und fühlt sich in der Orientierungslosigkeit zunehmend von den streng orthodox lebenden Muslimen, den Wahhabiten, angezogen. Luna, seine Freundin, leidet unter dem Graben, der sich immer weiter zwischen beiden auftut, und wehrt sich schliesslich ebenfalls, die orthodoxen Lebensformen anzunehmen. Wieder ein Meisterwerk von Jasmila Zbanic. Ein Film über Liebe, Religion, Vernunft und Kampf vor den Kulissen einer gebeutelten Stadt. Der Film reflektiert den Kampf zwischen zweier Gesellschaftsformen. Auf der einen Seite steht die liberale und tolerante Gesellschaftsform die Sarajewo berühmt gemacht hat und auf der anderen Seite die strenggläubigen Wahabiten, die eine konservative traditionelle islamische Lebensweise vertreten.
Yusuf, ein Dichter, kehrt nach vielen Jahren Abwesenheit zurück in seinen Heimatort. Seine Mutter ist gestorben. In ihrem heruntergekommenen Haus trifft Yusuf überraschend auf Ayla, eine junge Frau, die viele Jahre mit seiner Mutter zusammengelebt hat, ohne dass er davon wusste. Sie verlangt von ihm die Ausführung einer Opferzeremonie. Yusuf, von Schuldgefühlen geplagt und auch angezogen von der ländlichen Atmosphäre mit ihrem ganz anderen Lebensrhythmus, willigt ein. Zusammen mit Ayla macht er sich auf zu der Grabesstätte eines heiligen Mannes, wo die Zeremonie stattfinden soll.
«Yumurta» ist der erste Teil einer filmischen Trilogie von Semih Kaplanoglu. Zentrales Thema ist ein subjektiver, poetischer Begriff von Zeit und Raum, Wahrnehmung und Erinnerung, orientiert an Filmemachern wie Bresson und Tarkowski. Ein herausragendes, lang nachwirkendes Meisterwerk.
Die 20. Weltfilmtage sind in der glücklichen Lage, Kaplanoglus Trilogie zu zeigen und den Regisseur an einem Filmgespräch zu erleben (Samstag 6.11. 16.45).
Das ist Kinshasa Social Club!
Ricky hat einen Traum: Er will, dass seine Musiktruppe «Benda Bilili» die erfolgreichste Band von Kinshasa am Kongo wird.
Roger, ein Strassenkind, wünscht sich nichts sehnlichster, sich diesen Musikern aus dem Ghetto an zu schliessen, und mit ihnen in ihren umgebauten, rollenden Fauteuils auf Tournee zu gehen. Um die Gefahren der Strasse zu umschiffen, schweisst sich die Gruppe noch enger zusammen. Und nicht zuletzt ist da die Musik, aus der sie und ihr Publikum die Kraft der Hoffnung schöpfen.
In den letzen fünf Jahren hat die Band aus Kinshasa unglaubliche Erfolge auf der ganzen Welt gefeiert. «Benda Bilili», auf deutsch «Jenseits des Scheins», erzählt von Rickys Traum, der die Wirklichkeit noch übertrumpft.
Das ist eine der wohl ungewöhnlichsten Abenteuergeschichten des 20. Jahrhunderts: Die Weltreise der Industriellentochter Clärenore Stinnes, die als erste Frau die Erde mit einem Auto umrundete. Die kleine zierliche Frau gilt als „enfant terrible“ der Unternehmerfamilie Stinnes, weil sie nicht nur schmückendes Beiwerk sein möchte. Als Rennfahrer hat Fräulein Stinnes sich bereits einen Namen gemacht und 17 Autorennen gewonnen.
Am 25. Mai 1927 ist es endlich soweit. Ohne die finanzielle Unterstützung ihrer Familie bricht sie am Steuer eines „Adler Standard 6“, einem normalen Strassenauto, zu ihrer Weltreise auf. Begleitet wird Clärenore Stinnes von zwei Technikern und dem schwedischen Kameramann Carl-Axel Söderström. Bald schon fällt einer der Techniker wegen Krankheit aus und auch der zweite gibt das Abenteuer Weltumrundung auf. Einzig Carl-Axel Söderström, der schwedische Kameramann, bleibt noch an der Seite von Clärenore Stinnes. Aus einer Bierlaune heraus sagt er der unbekannten Frau aus Deutschland für ihr Wahnsinnsprojekt zu.
Rund 48.000 Kilometer, alle Klimazonen der Erde und zahlreiche Krisengebiete muss das kleine Team bewältigen. Keine Schwierigkeit, keine nur denkbare Panne bleibt ihnen erspart. Sie stecken bei minus 53 Grad im sibirischen Winter fest und müssen, um die Expedition fortsetzen zu können, mit ihrem Adler den zugefrorenen Baikalsee überwinden. In der Wüste Gobi werden sie von chinesischen Deserteuren, den kriegerischen Hunghutzen, verfolgt und in Südamerika überqueren sie das mit einem herkömmlichen Automobil eigentlich nicht zu bewältigende Bergmassiv der Anden. Egal ob bei Krankheiten, Überfällen oder im Streit, Clärenore Stinnes und Carl-Axel Söderström müssen sich permanent bewähren. Sie überstehen mehrere lebensgefährliche Situationen, vor allem aber erleben sie auch wahre und tief empfundene Gastfreundschaft. All das schweisst die beiden zusammen. Als sie nach zwei Jahren schliesslich in Europa ankommen, werden sie stürmisch gefeiert. Dass es mehr ist als nur Freundschaft, welche die beiden miteinander verbindet, ahnt die Welt freilich nicht. Das Film- und Fotomaterial, das Carl-Axel Söderström während der Expedition rund um den Globus aufgenommen hat, ist komplett erhalten und bildet das Herz des Filmes. Die Regisseurin Erica von Moeller stellt den faszinierenden Originalbildern Spielfilmpassagen an die Seite, in denen Schlüsselszenen der Reise nacherzählt werden. Clärenore Stinnes findet in Sandra Hüller („Requiem“, „Madonnen“) ein kongeniales Alter Ego und der dänischen Schauspielstar Bjarne Henriksen („Das Fest“, „Kommissarin Lund“) als schwedischer Kameramann Axel Söderström schaffen einen ebenbürtigen Erzählstrang bei dieser aussergewöhnlichen Weltreise mit einem „Adler Standard 6“.
Yusuf, Anfang 20, lebt bei seiner Mutter Zehra am Rande einer anatolischen Kleinstadt. Gemeinsam verkaufen sie selbst hergestellte Milchprodukte auf dem Markt. Die Geschäfte gehen immer schlechter. Zehra verlangt von Yusuf durch geregelte Arbeit zum Lebensunterhalt beizutragen. Aber Yusuf kann diesen traditionellen Erwartungen als männliches Familienoberhaupt nicht gerecht werden, da er sich lieber in Tagträumen und Literatur verliert. Als eines seiner Gedichte in einer Literaturzeitschrift veröffentlicht wird, wächst in ihm der Wunsch nach künstlerischer Selbstverwirklichung und Anerkennung.
Einen Ausweg scheint der Einberufungsbescheid des Militärs anzubieten. Für die Musterung muss Yusuf in die Großstadt fahren. Dort lernt er Semra kennen, die sich auch für Lyrik interessiert. Aber bevor es zur Romanze kommt, wird Yusuf als untauglich ausgemustert. Er kehrt desillusioniert in sein Dorf zurück – und muss seinen Weg finden.
Koli studiert in Tirana albanische Literatur. Nachdem er ins Dorf zurückgekehrt ist, um seinen Vater zu beerdigen, sieht er sich in eine Blutfehde verwickelt, die sein Grossvater vor über sechzig Jahren ausgelöst hatte. Koli will mit der alten Geschichte nichts zu tun haben, will sein eigenes Leben in Frieden leben und zurück an die Uni. Es bleibt ihm allerdings nichts anderes übrig, als sich dem Gewohnheitsrecht zu fügen und zunächst unterzutauchen, in der Hoffnung, dass Vernunft einkehren würde. Damit beginnt ein dramatischer Lauf ums Leben, den der albanische Regisseur Artan Minarolli mit Liebe zu Landschaften und Figuren erzählt und in dem er zeigt, wie verhängnisvoll überholte Traditionen sein können. Der Film «Alive!» war nicht umsonst die albanische Nomination für die Oscars. Ein starkes Kinostück aus dem noch jungen albanischen Filmschaffen.
Yusuf lebt mit seinem Vater Yakup und seiner Mutter Zehra in Anatolien. Der Sechsjährige plagt sich mit der Schule und seinen Mitschülern und findet einzig Geborgenheit bei seinen Eltern. Insbesondere die Bindung zu seinem Vater, einem Imker, ist sehr innig. Deshalb möchte Yusuf ihm auch unbedingt eine Freude machen in Form eines roten Ansteckers, den die Kinder in der Schule für gutes Lesen erhalten. Eigentlich kann der Junge ganz gut lesen, wenn er mit seinem Vater am Morgen übt, doch in der Schule fällt es ihm sehr schwer. Durch sein ständiges Stottern wird er schnell zum Aussenseiter der Klasse und zieht sich immer mehr in sich zurück.
Nur wenn er seinen Vater bei der Arbeit im Wald begleiten kann, fühlt er sich wohl. Eines Tages beschliesst Yakup, für zwei Tage in einen schwer zugänglichen Teil des Gebirges zu gehen, um seine Bienenkörbe zu füllen. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt erhält Yusuf endlich die begehrte Auszeichnung. Als sein Vater auch nach einer Woche noch nicht zurückgekommen ist, macht sich der Kleine auf die Suche nach ihm.
Semih Kaplanoglu gewann mit «Bal» den begehrten Goldenen Bären am Filmfestival in Berlin. Im Anschluss an die Vorführung gibt es ein Filmgespräch mit dem Regisseur, moderiert von…
Der Episodenfilm erzählt von Maryam, Samir und Ismail, drei jungen Muslimen in Berlin. Es sind drei Menschen, die das Leben dazu zwingt, sich neu zu orientieren und sich zu fragen, wer sie sind, wen sie lieben und woran sie glauben. In der Moschee von Vedat, einem aufgeklärten islamischen Geistlichen, kreuzen sich ihre Wege.
Maryam ist Vedats Tochter – ein lebenslustiges und westlich orientiertes Mädchen, und ungewollt schwanger. Wegen ihrer freizügigen Art kommt es oft zu Auseinandersetzungen mit ihrem alleinerziehenden Vater.
Der Nigerianer Samir besucht gemeinsam mit seinem besten Freund Daniel, einem Deutschen, Vedats Koranunterricht. Schnell wird klar, dass Daniel in Samir mehr sieht als nur einen Freund – und dass seine Gefühle von Samir erwidert werden. Die beiden Jungen kommen sich langsam näher.
Ismail, Polizist und Familienvater, steht eines Tages bei einer Razzia auf dem Großmarkt Leyla gegenüber – der Frau, die vor drei Jahren von einem Querschläger aus seiner Waffe lebensgefährlich verletzt wurde. Ismails inneres Gleichgewicht gerät durch dieses Treffen völlig durcheinander.
Der Titel des Films bezieht sich auf die erste Säule des Islam: Shahada, das Glaubensbekenntnis. Shahada ist die Entscheidung für einen Weg.
Onkel Boonmee ahnt nach einem Nierenversagen, dass ihm nur noch wenig Zeit bleibt, bis er sterben muss. Er macht sich deshalb in den Nordosten Thailands auf, um dort im Kreis seiner Familie auf den Tod zu warten. Als Boonmee abends mit seiner Schwester Jen und seinem Neffen Tong zusammensitzt, erscheint ihnen der Geist von Boonmees seit vielen Jahren verstorbener Frau Huay. Wenig später betritt ein affenartiges Wesen mit durchdringend rot leuchtenden Augen das einsame Farmhaus und entpuppt sich als Boonmees vor vielen Jahren auf mysteriöse Weise verschwundener Sohn Boonsong. Gemeinsam mit den Lebenden macht sich Boonmee auf zu einer letzten Reise zu der Höhle, in der er geboren wurde und in der nach seinem Willen sein Leben auch zu Ende gehen soll, während die Geister den Sterbenden ihn in das Geheimnis der Wiedergeburt einführen.
Apichatpong Weerasethakuls Filme sind Märchen, in denen es um Menschen in Tiergestalt geht, um Wiedergeburt. Film und Kunst vermischen sich, Grenzen zerfliessen – und auch die Politik gesellt sich mit dazu. "Uncle Boonmee" ist aber auch eine Einladung an die Zuschauer, selbst in andere Sphären zu entgleiten, in frühere Leben zurückzukehren.
"Willkommen im Land von Liebeskummer und Traktoren", sagt eine der Figuren in «Frontier Blues», der in der Provinz Golestan an der iranisch-turkmensischen Grenze angesiedelt ist, in kargen Steppen am Kaspischen Meer. Ein herrlich-lakonisches Stück Kino aus der iranisch-turkmenischen Grenzregion. Aki Kaurismäki und Jim Jarmusch lassen grüssen. Alam ist ein 28-jähriger Turkmene, der bei seinem Vater lebt und auf einer Hühnerfarm arbeitet. Er lernt Englisch im Selbststudium, denn er will ein Mädchen namens Ana heiraten und sie nach Baku holen. Hassan ist ein 28-jähriger Iraner, der bei seinem Onkel lebt. Seine einzigen und ständigen Begleiter sind ein Esel und ein Kassettengerät. Hassans Onkel Kazem besitzt einen Kleiderladen, aber die Kleider, die er verkaufen will, scheinen nie jemandem zu passen. Ein 55-jähriger turkmenischer Balladensänger ist das Sujet eines Fotobandes von einem Fotografen aus Teheran, dessen Frau vor vielen Jahren von einem Schafhirten mit einem grünen Mercedes verschleppt wurde.
Ein Mann um die vierzig kehrt in einer regnerischen Nacht von seiner Arbeit als Kellner heim in seine kleine Vorortswohnung in Tokyo. Er freut sich darauf, den Abend mit Nozomi zu verbringen, einer aufblasbaren Puppe, die er sich für wenig Geld gekauft hat. Mit ihr spielt er Eheleben, ein bisschen einseitig zwar, aber er scheint zufrieden. Er hat Nozomi schöne Kleider gekauft und plaudert mit ihr am Tisch über den Arbeitstag. Im Bett knistert der Plastik. Eines Morgens, kaum ist der Herr aus dem Haus, beginnt die Puppe sich zu bewegen, kleidet sich und stakst hinaus auf die Strasse. Sie will das Leben entdecken und nimmt wissbegierig auf, was sie unterwegs zu sehen und hören bekommt. Nozomi, hervorragend verkörpert von der koreanischen Schauspielerin Duna Bae, entdeckt auf ihren Streifzügen das, was das Menschsein ausmacht und natürlich auch die Liebe. Ein verspielter Film über eine Puppe, die richtig Frau sein will.
«Air Doll» ist der neueste Film von Hirokazu Kore-Eda, von dem bereits mehrere Filme an den Weltfilmtage zu sehen waren, u.a. «Nobody Knows» und «Still Walking».
Tedo ist zwölf. Er lebt gemeinsam mit seiner jungen Mutter Keto in einer abgeschiedenen Hütte ausserhalb von Tiflis. Sie sind Flüchtlinge aus Abchasien.
Tedos Vater mussten die beiden zurücklassen, sein Herz war zu schwach, als dass er die anstrengende Reise hätte auf sich nehmen können. Inzwischen ist Tedo Lehrling in einer Autoreparaturwerkstatt, Keto arbeitet als Verkäuferin. Die wenigen Groschen, die Tedo verdient, steckt er seiner Mutter zu, damit die es nicht länger nötig hat, zu fremden, unfreundlichen Männern freundlich zu sein. Der Junge leidet sehr darunter, dass er zum Lebensunterhalt nur wenig beitragen kann, und auch der Lebenswandel seiner Mutter bereitet ihm grosse Probleme. Als er entdeckt, dass sie einen Liebhaber hat, ist das zu viel für ihn. Er fasst den Entschluss, zu seinem Vater nach Abchasien zurückzukehren. Vielleicht findet er ja dort die Lösung für all seine Probleme. Auf seiner Reise macht Tedo viele Bekanntschaften, und er muss viele Rückschläge einstecken. Nicht überall ist er willkommen. Aber als seine Reise zu Ende geht, hat er viele neue Einsichten gewonnen. Zum Beispiel, dass es nicht überall besser ist, wo man nicht ist. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch mit dem Regisseur, moderiert von …
Kinshasa Symphony handelt davon, wie Menschen inmitten einer der chaotischsten Städte der Welt eines der komplexesten Systeme menschlicher Zusammenarbeit aufbauen: ein Symphonieorchester. Es ist ein Film über den Kongo, über die Menschen von Kinshasa und über Musik.
Man darf sich ein afrikanisches Orchester nicht wie ein europäisches vorstellen. In Kinshasa gibt es weder Musikunterricht noch fertige Instrumente. Alle sind Autodidakten, die Geigen oder Celli haben sie selbst gebaut. Fürs Üben sind sie eigentlich viel zu müde, weil sie morgens um fünf aufstehen und nach der Arbeit bis in die Nacht proben. Trotzdem weiß man sofort, warum das Musizieren sie so gepackt hat. Man muss nur in ihre Gesichter schauen. Da stehen sie mit ihrer Geige auf der Straße, weil es in den Hütten und Häusern viel zu eng zum Üben ist. Drumherum lärmt der Verkehr, aber der Geiger steht wie entrückt in diesem Gewimmel, ganz konzentriert, als befände er sich in einer anderen Welt.
Die Dokumentarfilmer Claus Wischmann und Martin Baer erzählen von den Hintergründen und der Geschichte des Orchesters, das vor 15 Jahren gegründet wurde. Sie begleiten die Proben für das Open Air Konzert, das die Musiker bei der Feier zum Unabhängigkeitstag geben werden.
Yuma will Boxerin werden. Sie ist 18 Jahre alt und lebt im Elendsviertel von Nicaraguas Hauptstadt Managua. Nur als erfolgreiche Sportlerin hat sie eine Zukunftsperspektive, bei der sie ihre besondere physische Stärke und ihre aussergewöhnliche, rebellische Lebensenergie nutzen kann. Doch deshalb muss sie sich auch aus ihrem alltäglichen Umfeld, der Gang der Culebras, ein Stück weit lösen.
Dann begegnet ihr auch noch Ernesto, ein junger Journalismus-Student, den sie bei einem Raubüberfall retten muss. Ihr Leben erfährt eine plötzliche Wendung. Für Yuma eröffnet sich eine völlig neue Welt mit anderen Freizeitaktivitäten – mit Musik und einem anderen Lebensgefühl. Der Film wurde in den armen Stadtteilen von Managua gedreht.
„Die Menschen sind überrascht, wenn sie den Film sehen, weil sie ein düstereres Bild erwarten. Sie erwarten ein negativeres Bild von Nicaragua. Aber stattdessen spiegelt «La Yuma» die Wirklichkeit der Wohngegenden wider, die hart ist, aber der Film endet mit einem Hauch Hoffnung.
«La Yuma» ist nach zwanzig Jahren der erste Film aus Nicaragua. Im Anschluss an die Vorstellung findet ein Filmgespräch mit der Regisseurin, moderiert von ………, statt.
In Buenos Aires herrscht im Jahr 1982 eine Diktatur. Deren Tage sind gezählt, der Druck ist gross. Diego Lerman erzählt – dem Roman «Ciencias morales» (Sittenlehre) von Martín Kohan folgend – von einer 23-jährigen Schulangestellten, die für Ordnung sorgen muss und dabei eine Beobachtende, Spähende wird. Sie will alles richtig und korrekt machen, gleichzeitig lebt sie nicht ohne Empfindungen. Ein ungemein starker Film über den Alltag unter einem Regime, das dem Leben keinen Platz einräumt, eine der grossen Entdeckungen in der Quinzaine des réalisateurs in Cannes 2010. Lerman schafft es mit einem hervorragenden Schauspielerensemble, die Mechanismen aufzuzeigen, die unter den unmenschlichen Bedingungen einer Diktatur wichtig werden, das schwindende Vertrauen in alle und alles, die Gefahr, im Räderwerk der Perversion eine Rolle zu spielen. Ein Film, der in seiner Intensität an den frühen Bertolucci erinnert und an ein Kino, das das Politische in seine Bilder einzugravieren verstand und Einsichten bot, nicht bloss Ansichten.
Manila, Philippinen: Lola Sepa hat soeben ihren Enkel verloren, er wurde von einem anderen jungen Burschen niedergestochen. Der Täter wurde inzwischen verhaftet und ist nun in Polizeigewahrsam. Bei einer ersten Anhörung trifft sie auf dessen Grossmutter Lola Puring. Diese ist schwer getroffen von der Verhaftung und wünscht sich sehnlichst, dass ihr Enkel freigelassen wird, noch bevor sie stirbt. Deshalb offeriert sie Lola Sepa eine aussergerichtliche Einigung in Form einer Entschädigungszahlung. Doch diese will den Mörder seiner gerechten Strafe zugeführt sehen und lehnt das Angebot ab.
Doch erweist sich je länger, je mehr, dass die Kosten für Sarg und Bestattung ihres Enkels höher sind, als sie sich das leisten kann. Ausserdem beginnt sie zu realisieren, dass eine drastische Strafe für den Täter ihren toten Enkel auch nicht zurückbringt und damit niemandem Recht getan wird. So trifft sie sich also ein weiteres Mal mit Lola Puring.
Mit «Lola» von Brillante Mendoza gelangt erstmals ein Film aus dem fernen pazifischen Archipel in die Schweizer Kinos.