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Dienstag, 4. November 2008, 20:00 Uhr
Om Shanti Om Regie: Farah Khan, Indien 2007, OV/d/f, 168’

Bombay in den 70er-Jahren: Om Prakash Makhija und sein Kumpel Pappu wollen Schauspieler werden, momentan schlagen sie sich aber mit Statistenrollen herum. Oms Mutter macht ihrem Sohn Mut, dass er es einmal bis zum Helden in einer Grossproduktion bringen wird. Davon träumt der junge Mann auch ununterbrochen, denn er ist verliebt in die junge Leinwandgöttin Shantipriya. Als bei einem Filmdreh Shanti beinahe verbrennt, rettet Om ihr das Leben und wird ihr Freund. Doch er muss erkennen, dass er keine Chance hat: Sie ist bereits mit dem schmierigen Produzenten Mukesh Mehra verheiratet. Weil der dies nie öffentlich kundtun möchte, kommt es zu einer Katastrophe. «Om Shanti Om» ist einer der unterhaltsamsten Bollywoodfilme dieses Jahrzehnts. Doch noch wichtiger: Es ist seit langem eine der schönsten Hommage an das Kino und an Bollywood im Speziellen: «Om Shanti Om» fackelt ein Feuerwerk der Filmreferenzen ab, zitiert jeden nur erdenklichen Bollywood-Stil und lässt die Magie hochleben, die uns zu Fans macht. Wenn etwa Shahrukh Khan während einer Ballade am Rockzipfel seines Idols hängen bleibt und wir mit ihm mitschwelgen in einer Stimmung zwischen Traum, Realität und Trance, dann vermittelt das genau das Gefühl, das gutes Kino und das Verehren eines Stars haben kann. Es versetzt uns in Ekstase.

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Mittwoch, 5. November 2008, 14:00 Uhr
Mongolian Ping Pong Regie: Ning Hao, China 2005, deutsch, 105’, ab 7

Ohne Elektrizität und fliessend Wasser lebt der zehnjährige Bilike mit seinen Eltern in einem Zelt draussen in der endlosen mongolischen Grassteppe.
Als Bilike beim Wasserschöpfen an einem Fluss einen Tischtennisball findet, glaubt er zunächst an ein mystisches Objekt, zumal niemand ihm sagen kann, um was für ein Ding es sich dabei handelt. Seine abergläubische Grossmutter ist sich ganz sicher, dass die leuchtende Perle ihrem stolzen kleinen Besitzer viel Glück bringen wird. Und so avanciert Bilike zum Helden der kleinen Gemeinschaft, in der er lebt. Doch als die Kinder eines Tages durch das Fernsehen in Erfahrung bringen, dass der Tischtennisball der Nationalball Chinas ist, geraten sie ins Grübeln. Denn wenn sie den Nationalball Chinas haben, dann fehlt er ja den Chinesen. Es hilft alles nichts, der Ball muss zurück an seinen Bestimmungsort. Und so brechen Bilike und seine Freunde auf zu einer Reise, die sie bis nach Peking führen soll – nicht ahnend, wie weit die chinesische Hauptstadt von ihnen entfernt ist… Auf wunderbare Weise schafft es der Regisseur Ning Hao, die Magie der Steppe und die kindliche Phantasie von Bilike und seinen Freunden einzufangen, die in dem geheimnisvollen Fundstück einen Schatz sehen, der nach und nach ihre naiven Phantasien beherrscht.

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Mittwoch, 5. November 2008, 16:00 Uhr
Sipur Hatzi Russi – Liebe und Tanz Regie: Eitan Anner, Israel 2006, deutsch, 95’, ab 10

Der dreizehnjährige Chen ist Sohn eines israelischen Vaters und einer russischen Mutter. Die Familie lebt in Ashdod, einer Stadt, die durch die vielen Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion tief gespalten ist. Die kulturellen Konflikte zwischen Einwanderern und Israelis werden aber nicht nur auf der Strasse ausgetragen.
Auch in Chens Familie hat sich die Liebe als instabile Brücke zwischen den Kulturen erwiesen. Die Eltern streiten viel und lautstark, und Chen steht immer zwischen den Fronten. So auch, als sein Vater den Hochzeitstag vergisst und Chen seine Mutter zum Tanzen ausführt. In einem Nebenraum beobachtet er durch seine Kamera Natalie, ein wunderschönes Mädchen, das selbstvergessen vor einem Spiegel Tanzschritte übt. Chen verliebt sich auf den ersten Blick in Natalie und um sie zu gewinnen, meldet er sich in ihrem Tanzkurs an. Doch Natalie hat einen festen Tanzpartner: Artur. Und Chen wird der eigenwilligen Sharon zugeteilt. Mit ihr wird er am nationalen Tanzwettbewerb teilnehmen, denn Natalie wird von Artur so abgeschirmt, dass Chen jede Hoffnung begraben muss. Und hier – während des Wettbewerbs – erkennt Chen, dass Tanzen nicht nur etwas mit Schritten, sondern mit Hingabe zu tun hat. Der Liebe gar nicht so unähnlich.

Mittwoch, 5. November 2008, 17:30 Uhr
«Filme für eine Welt» zu Gast an den Weltfilmtagen Thusis

Zum internationalen Jahr der Menschenrechtsbildung
A Decent Factory
Thomas Balmès, F/Finnland 2004. Dokumentarfilm, 56’ (Kurzfassung), ab 16 Jahren. OV/d/f/i
Der Film folgt «ethischen Unternehmensberaterinnen», die im Auftrag der Firma Nokia die Arbeitsbedingungen in einem chinesischen Zulieferbetrieb prüfen. Im Zentrum steht die Frage der Unternehmensethik zwischen sozialer Verantwortung und Profitdenken.

Thema Integration
Wenn ich eine Blume wäre
Barbara Burger, Schweiz 2007. Dokumentarfilm, 52’, ab 16. Mundart/d/f/e
Der Film begleitet fünf Migrantenkinder einer Berner Kleinklasse in ihrem Schulalltag und in ihrer Freizeit. Er macht deren Schwierigkeiten im Unterricht verständlich, zeigt die anspruchsvolle Aufgabe der Lehrperson und die wichtige Rolle der Schule als Integrationsfaktor.

Kurzfilme: Bilder im Kopf
Hiyab – Das Kopftuch
Xavi Sala, Spanien 2005. Kurzfilm, 8 Min., ab 12 Jahren. OV/d/f/e
Fatima ist neu an der Schule. Die Schulleiterin möchte, dass sie ihr Kopftuch abnimmt, doch Fatima widersetzt sich zunächst. Schliesslich lässt sie sich überreden. Als sie das Schulzimmer betritt, stellt sie fest, dass viele Schüler/innen Kopfbedeckungen tragen …

Tri-ko – Das T-Shirt
Hossein Martin Fazeli, Slowakei 2006. Kurzfilm, 10’, ab 16 Jahren. OV/d/f/e
Marc Pollack, Amerikaner auf der Reise durch Tschechien, betritt ein kleines Geschäft und kommt mit dem Verkäufer Tomá Dubek ins Gespräch. Der freundschaftliche Dialog schlägt infolge von gegenseitigen Missverständnissen bald in eine heftige Auseinandersetzung um.

Noch Fragen?
Manoocher Khoshbakht, Deutschland 2004. Kurzfilm, 7’, ab 16 Jahren. D/f/e
Jasmin Biermann fährt in Hamburg Taxi. Ihr Aussehen veranlasst die Fahrgäste, ihr „Fremdsein“ direkt oder indirekt zum Thema einer kleinen Konversation zu machen, bis sie die Fragerei nach ihrer Herkunft satt hat …

Nachhaltige Entwicklung: Tourismus und Remigration
Der Traum vom Hotel
Helle Toft Jensen, Dänemark 2005. Dokumentarfilm, 35’. (Kurzfassung), ab 16 Jahren
Jeannot kehrt nach 20 Jahren zurück nach Senegal, wo er seinen Traum vom eigenen Hotel realisieren will. Sein Projekt stösst aber auf Widerstand bei der Dorfbevölkerung. Erst die Vermittlung des Lehrers führt zum Dialog und schafft das nötige Vertrauen.

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Mittwoch, 5. November 2008, 21:30 Uhr
Las vidas posibles Regie: Sandra Gugliotta, Argentinien 2007, OV/d/f, 80’

Carla und Luciano sind ein glückliches Paar – zufrieden und in Liebe verbunden. Eines Morgens bricht Luciano, der Geologe ist, zu einem neuen Arbeitsort auf, um dann nichts mehr von sich hören zu lassen. Seine Frau beginnt sich ernsthaft zu sorgen und macht sich auf die Suche nach ihm an dem Ort in Patagonien, wo er ursprünglich hinwollte. Dort begegnet sie Luis, der Luciano zum Verwechseln ähnlich sieht, aber Immobilienmakler und mit einer anderen Frau verheiratet ist. Carla ist überzeugt, dass er ihr Mann ist, und lässt nichts unversucht, sich ihm anzunähern. Er erweckt nicht den Anschein, sie zu kennen. Die junge Frau versteift sich immer mehr auf den Gedanken, dass es sich bei dem Unbekannten um ihren Angetrauten handelt. Ist dies ihr Ende als Paar – oder der Beginn einer neuen Geschichte? «Las vidas posibles» lässt bewusst Antworten offen: Wo ist der Mann, den seine Frau so verzweifelt sucht? Lebt er noch? Wer ist dieser Fremde, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, aber mit einer anderen verheiratet ist und so tut, als hätte er sie noch nie gesehen? Der Film lässt verschiedene Interpretationen als plausibel erscheinen. Gedreht in Patagonien, alterniert «Las vidas posibles» Aufnahmen der riesigen kühlen Ebenen, welche die Einsamkeit Carlas widerspiegeln, mit Innenszenen, deren enger Rahmen die Schauspieler einschliesst.

Donnerstag, 6. November 2008, 14:00 Uhr
Terre et cendres Regie: Atiq Rahimi, Afganistan/F 2004, OV/d/f, 105'

Dastaguir sitzt am Strassenrand, sein Enkel Yassin an seiner Seite. Eine triste afghanische Landschaft beherrscht die Szenerie: ein ausgetrocknetes Flussbett, kahle Berge, eine staubige Strasse. Die Strasse führt zu einem weit entfernten Bergwekr. Dastaguir unternimmt diese Reise, um seinen Sohn, Yassins Vater, zu sehen, der im Bergwerk arbeitet. Er muss seinem Sohn mitteilen, dass ihr Dof bombardiert und seine Familie ausgelöscht worden ist – eine furchtbare Aufgabe für den Alten, der hin und her gerissen ist zwischen seinem eigenen Leiden, seiner unerträglichen Einsamkeit und dem herrschenden Ehrenkodex, in welchem sein Wesen so tief verankert ist. Auf seinem Weg begegnet Dastaguir verschiedenen Fremden: einem missmutigen Wärter in seinem Wärterhäuschen, einem philosphierenden Händler, einer mysteriösen, verschleierten Frau und anderen Opfern dieses unsäglichen Krieges. «Terer et cendres» ist eine Parable über den verheerenden Verlust, die Ausdauer des mensclichen Geistes angesichts der Entsetzlichkeiten des Krieges.

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Donnerstag, 6. November 2008, 16:00 Uhr
Spuren im Eis Regie: Staffan Julén, DK/S 2006, OV/d, 79’

Als der US-Amerikaner Peary den Nordpol entdeckt – eine Zuschreibung übrigens, die schon zu Pearys Lebzeiten in Frage gestellt wurde – fand er dort den bis dahin grössten bekannten Meteoriten vor. Seine kostspieligen, zwei Jahre währenden Bemühungen, den Stein in ein naturwissenschaftliches Museum zu schaffen, bringen arge Finanzierungsprobleme mit sich. Aus diesem Grund und natürlich im Sinne der Wissenschaft schaffte Peary sechs der Ureinwohner Grönlands, damals Eskimos genannt, nach New York. Die Inuit erleben ihre ersten Tage in New York als einen gewaltigen Kulturschock, werden Schaulustigen für ein Eintrittsgeld von 25 Cent vorgeführt und sterben sehr bald an Krankheiten, gegen die sie nicht immun sind; nur der Jüngste, Minik, überlebt. Von Peary, der wieder am Nordpol forscht, allein gelassen, erlebt der Junge eine einsame, mit rassistischen Vorurteilen gespickte Jugend. Als Heranwachsender beginnt er seine Herkunft immer kritischer zu hinterfragen, wodurch er sich mehr und mehr als Ausgeschlossener der Gesellschaft sieht. Ein Aufenthalt in Grönland bricht seine kulturelle Identität weiter: Auch dort fühlt er sich fremd. Nach einer Phase des Herumirrens in Amerika stirbt er im Alter von 31 Jahren an der spanischen Grippe.

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Donnerstag, 6. November 2008, 17:45 Uhr
Iklimler Regie: Nuri Bilge Ceylan, Türkei 2006, OV/d/f, 97 ’

«Iklimler» zeichnet mit radikalen Bildern jenseits von Hektik und Aktionismus die Chronik des Scheiterns einer Liebesbeziehung im bürgerlichen Milieu des türkischen Mittelstandes nach. Die Stimmungen und Befindlichkeiten nehmen Bezug zur klimatischen Umgebung, von sommerlicher Hitze bis zu eisigen Winterstürmen. Entfremdung und die Unfähigkeit des authetischen Ausdrucks von Empfindungen sind die grossen Themen, die Ceylan mit bewegenden Bildern von Hilflosigkeit und Ohnmacht unmittelbar darstellt.
Der Archäologe Isa und die Fernsehproduzentin Bahar verbringen einen gemeinsamen Sommerurlaub. Doch auch die Hitze kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Beziehung an einem Nullpunkt angekommen ist. In ihre Beziehung ist Sprachlosigkeit eingekehrt, in ihren Gesten liegt Hilflosigkeit. Bei einem Abendessen mit Freunden provoziert Bahar einen Eklat. Die aufgestaute Spannung kulminiert am darauf folgenden Tag und mündet in der Trennung. Zurück in Istanbul lässt Isa seine alte Affäre mit Serap wieder aufleben und Bahar stürzt sich in die Arbeit. Für die Dreharbeiten zu einer Fernsehproduktion im Osten der Türkei, verlässt sie Istanbul für längere Zeit. Als Isa davon erfährt, lässt ihm diese Nachricht keine Ruhe und kurzentschlossen reist er ihr hinterher. Er bereut seine Entscheidung und versucht seine Liebe zu retten …
«Iklimler» ist eine faszinierende Studie über ein Paar in der Krise und die menschliche Unfähigkeit zum Glück, dargestellt vom Regisseur und seiner Frau Ebru Ceylan selbst.

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Donnerstag, 6. November 2008, 19:45 Uhr
Love and Honor Regie: Yoji Yamada, Japan 2007, OV/d/f, 121’

Kurz nachdem er seinen Posten als Vorkoster angetreten hat, wird Shinnojo blind. Der Fisch, der dem Fürsten des Clans vorgesetzt werden sollte, war vergiftet. Bis zu diesem Ereignis gehörte Shinnojo in einem niederen Rang dem Gefolge des Fürsten an. Ihm wird klar, dass er nicht nur für den Rest seines Lebens blind sein wird. Er  wird auch den Dienst bei seinem Herrn aufgeben müssen und bis an sein Lebensende auf Hilfe angewiesen sein. Nur seiner Frau Kayo gelingt es, ihn von seinem Selbstmordversuch abzubringen. Gerührt gibt Shinnojo seinen Plan auf. Im Laufe der Zeit beginnt Shinnojo sich an die Blindheit zu gewöhnen. Als ihm seine Tante Ine das Gerücht zuträgt, Kayo betrüge ihn, ist Shinnojo, der seine Frau liebt und ihr immer vertraut hat, ausser sich vor Eifersucht. Er beauftragt seinen alten Diener Tokuhei, Kayo zu verfolgen. Das Gerücht stimmt. Nachdem sie ihren Beobachter bemerkt hat, beichtet Kayo ihren Ehebruch mit Shimada. Der Verwalter hätte ihren Körper als Entlohnung für die Unterstützung Shinnojos verlangt, gesteht Kayo. Shinnojo wirft seine Frau aus dem gemeinsamen Haus. Mit seinem Schwert bereitet er sich auf den letzten Kampf vor.

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Donnerstag, 6. November 2008, 22:00 Uhr
El cielo, la tierra y la lluvia Regie: José Luis Torres Leiva, Chile 2008, OV/d/f, 111’

Das Leben von vier einzelnen Menschen in den Routinen und der Ruhe des Südens. Sie treffen sich, um zu essen, am Strand entlang zu laufen oder sich einfach treiben zu lassen. Sie suchen nach Liebe, Sex, nicht vorhandenen Familienbanden, nach einem Raum für sich selbst und Zeit, um sich zu finden und endlich die Einsamkeit, die allen gemeinsam ist, zu überwinden. Ein im höchsten Masse visueller, atmosphärischer Film, in dem Menschen und Landschaften verschmelzen. Die 28-jährige Ana lebt am Ende der Welt, in einer kleinen Hafenstadt an der Südspitze Chiles. Schüchtern und zurückhaltend wohnt sie immer noch bei ihrer pflegebedürftigen Mutter und hat keine Ambitionen oder Zukunftsaussichten. Sie verbringt jeden Abend mit ihrer besten Freundin Veronika, 37, deren wilde, ausschweifende Persönlichkeit das genaue Gegenteil ihrer eigenen ist. Dann ist da noch Veronikas Schwester Marta, die schwer depressiv ist, und alles macht, um Anas Zuneigung zu gewinnen. Eines Tages wird Ana, die als Verkäuferin arbeitet, des Diebstahls bezichtigt und entlassen. Veronica findet für sie einen neuen Job als Haushaltshilfe bei Toro, einem rätselhaften 45-Jährigen, der ganz allein ausserhalb der Stadt lebt. Ana ist bald seine einzige Verbindung zur Aussenwelt.

Freitag, 7. November 2008, 10:00 Uhr
Telling Strings Regie: Anne-Marie Haller, CH 2007, OV/d, 59’

Die Berner Filmemacherin Anne-Marie Haller begleitete die Musikerin und Sängerin Kamilya Jubran in ihre Heimat Palästina, wo sie ihr Elternhaus im Städtchen Al-Rameh besucht. Wir werden Augenzeuge, wie ihr Vater in seine Oud-Welt eintaucht, mit Akribie und Liebe ein Instrument baut und seinen Kindern überreicht. Kamilyas Brüder sind ebenfalls von Musik geprägt. Khaled Jubran studierte westliche Musik und leitet ein Zentrum für arabische Musik. Rabea spielt das alte arabische Instrument Buzuq. Sie alle bekennen sich zu ihren Wurzeln, konnten sich aber im Gegensatz zu ihrem Vater Freiräume erobern. Gleichwohl bleibt der Status als Araber mit israelischem Pass zwiespältig. Diese Reise von West nach Ost berührt existenzielle Fragen – freilich einseitig aus palästinensischer Sicht. Die israelischen „Besatzer“ bleiben Schemen. Die gesellschaftspolitische Problematik wird wiederholt angesprochen. Die Berner Filmerin Anne-MArie Haller konzentriert sich auf die familiären Begegnungen, auf den kulturellen Boden und die Auseinandersetzung der Kulturen. «Telling Strings » bleibt durchwegs dem Privaten verhaftet, beschränkt sich auf die Suche und Frage nach Identität.

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Freitag, 7. November 2008, 12:00 Uhr
Havanna – die neue Kunst Ruinen zu bauen Regie: Florian Borchmeyer, D/Kuba 2006, OV/d, 86’

Kuba, im 47. Jahr der Revolution, ein Jahr vor den Feierlichkeiten zu Fidel Castros achtzigstem  Geburtstag. Während sich der Máximo Líder scheinbar noch bester Gesundheit erfreut, sind in der revolutionären Hauptstadt Havanna die Spuren des Verfalls allerorts sichtbar. Einstürzende Bauwerke aus allen Epochen der kubanischen Geschichte finden sich an fast jeder Strassenecke. Was die Ruinen Havannas von denen anderer Orte wie Rom oder Athen unterscheidet: Sie sind bewohnt. In «Havanna – die neue Kunst Ruinen zu bauen» gewähren uns fünf Ruinenbewohner Zugang zu ihrem Leben und ihrem Lebensraum. Im Wechsel erzählen diese Personen ihre eigene Geschichte, die eng mit der Geschichte ihres Wohnortes verbunden ist – und wie diese eine Chronik des Kampfes gegen den Verfall und gegen die Ruinenbildung ist. Denn auch ein Mensch kann zur Ruine werden. Trotz der Ruinen ihres Lebens und ihrer Häuser finden alle Figuren eine Flucht aus den Ruinen, die ihnen das Überleben ermöglicht: ob es die Tauben, die Literatur, die Vergangenheit sind – oder aber die pazifische Noni-Frucht, die alle Krankheiten der Welt heilt.

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Freitag, 7. November 2008, 13:45 Uhr
God Man Dog Regie: Singing Chen, Taiwan 2007, OV/d/f, 119’

Der Mensch im Einzelnen und die Menschen im Ganzen bringen alles durcheinander: Mit «God Man Dog» zeichnet Singing Chen ein eigenwilliges Bild von Taiwan: Mütter sortieren ihre kleinen Babys zu Tode, Hunde verursachen Karambolagen, und Gott?
Die Welt ist aus den Fugen, und dabei gliedert sich der Titel des Films so wohlgeordnet in drei Teile, deren erstes und letztes Drittel als Palindrom konstruiert sind, vorwärts wie rückwärts gelesen kommt dasselbe heraus: "God"/"Dog". Aber die Mitte! Der Mensch im Einzelnen und die Menschheit im Ganzen bringen alles durcheinander: "Man" gibt sich nicht mit seiner mittleren Position zufrieden, er will hoch hinaus zur Allmacht, und es zieht ihn immer wieder hinab zum Tierischen. Und so wirken denn auch seine Versuche, Ordnung zu schaffen, verzweifelt oder bestenfalls lächerlich. Ein gutsituiertes Ehepaar aus Taipei, das sich seit der Geburt des Kindes immer mehr entfremdet. Ein Obsthändler vom Land und seine Frau, die gemeinsam versuchen, sein Alkoholproblem zu bekämpfen. Eine junge Frau, die ihre Aggressionen beim Kickboxen austobt. Ein umherstreunender Junge und ein einsamer Mann, der gewaltige Buddhastatuen ausliefert. «God Man Dog» ist ein leiser Ensemblefilm, eine «Short Cuts»-Variante aus Taiwan.

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Freitag, 7. November 2008, 16:00 Uhr
Fille de la terre noire Regie: Jeon Soo-il, Südkorea, 2007, OV/d/f, 89’

Young-lim, ein neunjähriges Mädchen, und ihr geistig zurückgebliebener älterer Bruder Tong-gu leben mit ihrem Vater in einem heruntergekommenen Dorf der Provinz Kangwon. Als der Vater gezwungen ist, aus Gesundheitsgründen seinen Job als Bergarbeiter aufzugeben, verfällt er in Depressionen und beginnt zu trinken. Young-lim hat nun völlig allein die Verantwortung für die Familie zu tragen. Mit «Fille de la terre noire» schuf Jeon Soo-il einen düsteren, kraftvollen sozialen Film. Der Stil ist geläutert, und die steinigen Landschaften sind ohne jede Künstelei gefilmt. Zahlreiche fixe Einstellungen ziehen den Zuschauer in ihren Bann und bestimmen einige Schlüsselszenen des Films: So durchquert der betrunkene Vater, der sich aus seinem Unglück nicht mehr zu befreien weiss, das Bild von oben nach unten, als er in einem ohrenbetäubenden Lärm eine riesige Steinhalde hinuntergleitet. Die Kraft des Films beruht zu einem grossen Teil auf dem hervorragenden Spiel der neunjährigen You Youn-mi, die dieser Geschichte ihr ganzes Gewicht gibt.

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Freitag, 7. November 2008, 20:00 Uhr
Salt of this Sea Regie: Annemarie Jacir, Palästina 2008, OV/d/f, 109’

Die 28-jährige Soraya reist aus Brooklyn, wo sie aufgewachsen ist, zum ersten Mal in die Heimat ihrer Vorfahren, nach Palästina. Hier sucht sie das eingefrorene Geld ihrer Grosseltern vom Konto in Jaffa abzuheben und begibt sich unverhofft mit dem hier geborenen Emad auf eine Reise durch die Landschaften. «Salt of this Sea» ist ein Roadmovie, das die Suche nach den verlorenen Wurzeln beschreibt und nach dem, was man mit Heimat bezeichnet. Die Filmemacherin hat bereits mit ihren Kurzfilmen Aufsehen erregt. In ihrem ersten Spielfilm «Salt of this Sea» lädt uns Annemarie Jacir ein auf eine verrückte Reise durch eine Region, die ihren Figuren eigentlich verschlossen wäre, weil Freiheit in diesem Gebiet ein Fremdwort ist. Der Film ist eine bewegende Reise ins Innere der Migration mit fiebrigen und stillen Momenten. Was uns seit Jahrzehnten über oberflächliche Schlagzeilen begleitet, wird hier wieder einmal vom Menschlichen her fassbar, weil es von innen betrachtet wird. Wo der Welt längst die Worte fehlen, hat Annemarie Jacir Bilder gefunden. Und eine eigene Geschichte geschrieben, die von Suheir Hammad, einer grossartig präsent-absent wirkenden Schauspielerin, verkörpert wird, einer Frau notabene, die eigentlich Poetin ist und hier die Verzweiflung eines Volkes verkörpert.

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Freitag, 7. November 2008, 22:00 Uhr
A casa de Alice Regie: Chico Teixeira, Brasilien 2007, OV/d/f, 90’

Ein Arbeiterviertel in São Paulo. Hier lebt die Nagelpflegerin Alice, eine Frau
über 40, zusammen mit ihrem Ehemann Lindomar, mit dem sie schon seit mehr als 20 Jahren verheiratet ist. Bei ihnen wohnt Lindomars Mutter, Dona Jacira. Eigentlich ist sie es, die den Haushalt führt: Sie kocht, putzt, wäscht und hört dabei den lieben langen Tag das „Grossmutterprogramm“, ihre Lieblingssendung im Radio. Alice und Lindomar haben drei Kinder: Lucas ist der „Reaktionär“ in der Familie, er leistet gerade seinen Militärdienst ab. Edinho ist 17, ein aufgeweckter Bursche. Junior ist 15 und Mamas Liebling. Die Ehe von Alice und Lindomar gerät in eine schwere Krise, als der Familienvater eine auffällige Leidenschaft für junge Mädchen entwickelt, und er die Abenteuer auch gar nicht mehr geheim hält. Keiner ihrer drei Söhne hat für Alices Sorgen besonders viel Aufmerksamkeit übrig. Das Leben, das Alice als berufstätige Frau mit einer ausschliesslich weiblichen Kundschaft führt, steht daher in einem deutlichen Gegensatz zu ihren privaten Lebensverhältnissen, die stark von einem ungebrochenen Machismo dominiert sind. Als sich aber auch Alice die Gelegenheit zu einem Treuebruch bietet, treten weitere Verrätereien ans Tageslicht.

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Freitag, 7. November 2008, 23:45 Uhr
Sakuran – Wilde Kirschblüte Regie: Mika Ninagawa, Japan 2006, OV/d, 111’

Mit knallbunten Farben und Popmusik erzählt Mika Ninagawa in ihrer Manga-Verfilmung «Sakuran – Wilde Kirschblüte» die Geschichte einer jungen Frau, die sich gegen die sozialen Konventionen eines Bordellviertels im Tokio des 18. Jahrhunderts auflehnt und sich ihre Emanzipation mühsam erkämpft. Heraus gekommen ist eine Art Popart-Drama, das an «Marie Antoinette» von Sofia Coppola erinnert und durch den einnehmenden, extravaganten Stil und die feine Figurenzeichnung überzeugt. Mit acht Jahren wird die kleine Kiyoha an ein Freudenhaus verkauft. Von Anfang an widersetzt sie sich den geltenden Regeln und legt sich mit der ranghöchsten Kurtisane, deren Titel „Oiran“ lautet, an. In einem Streit lässt das Mädchen verlauten, dass sie später selbst zur „Oiran“ werde – und so kommt es dann auch. Als junge Kurtisane hat Kiyoha einen überaus guten Stand bei den Freiern: Die Männer verlieben sich reihenweise, liegen ihr zu Füssen und überhäufen die attraktive Frau, die durch diesen gewissen Blick überzeugt, mit Geschenken. Schliesslich wird sie zur gefeierten, ranghöchsten Kurtisane. Doch ihr persönliches Glück bleibt dabei auf der Strecke. Eine verunglückte Liebesbeziehung mit dem Maler Sojiro, die verlorene Freiheit und der Neid ihrer Kolleginnen machen Kiyoha das Leben schwer.

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Samstag, 8. November 2008, 09:00 Uhr
Sisters in Law Regie: Florence Ayisi & Kim Longinotto, UK/Kamerun 2005, OV/d, 104’

Die Richterin Beatrice Ntuba und die Staatsanwältin Vera Ngassa arbeiten in Kumba, einem kleinen Ort im Südwesten Kameruns, und begreifen sich als Anwältinnen von Frauen, die Opfer von Gewalttaten wurden. «Sisters in Law» verfolgt die Verhandlung dreier Delikte aus dem Dorf: Ein kleines Mädchen wurde von ihrer Tante misshandelt, eine junge Frau beschuldigt ihren Nachbarn, sie vergewaltigt zu haben, und eine Ehefrau will sich nach Jahren der Qual von ihrem jähzornigen Mann scheiden lassen. Die Idee des Rechts ist die Freiheit, und sie kann denjenigen entzogen werden, die sich darüber hinwegsetzen: Fall für Fall erkämpfen sich die beiden Rechtshüterinnen Achtung in der muslimischen Gemeinde, mitfühlend gegenüber den Opfern, eloquent und bestimmt gegenüber den mutmasslichen Tätern. Und allen repressiven Wortmeldungen aus der Gemeinde zum Trotz setzt in den Köpfen ein Umdenken ein. «Sisters in Law» ist ein Plädoyer für Gerechtigkeit und Dokument rechtsstaatlicher Errungenschaften.

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Samstag, 8. November 2008, 11:00 Uhr
Flower in the Pocket Regie: Liew Seng Tat, Malaya, 2007, OV/d, 97’

Li Ahh und Li Ohm wachsen ohne Mutter auf und leben bei ihrem Vater Sui, einem Workaholic, der Schaufensterpuppen repariert. Sich selbst überlassen, treiben sich die beiden auf der Strasse herum und adoptieren einen herrenlosen Hund.
Die unabhängigen malaysischen Filme in der Art von «Flower in the Pocket» lassen sich nur verstehen, wenn man die multikulturelle Realität dieses Landes kennt. Neben der malaysischen Mehrheit gibt es starke chinesische und indische Minderheiten. Zudem ist dieses neue Kino eine Antwort auf die nationalistische und entwicklungsorientierte Betrachtungsweise der politischen Behörden, denen es vor allem darum geht, bestehende Rassenprobleme zu leugnen. Die Beziehungen der beiden chinesischen Jungen zu ihren Klassenkameraden und sogar zu ihrer Lehrerin sind durch sprachliche Verständnisprobleme belastet. Ähnlich ergeht es ihrem Vater im Umgang mit seinem indischen Angestellten. Liew Seng Tat nutzt diesen Graben, um seiner Erzählung Relief zu geben. Die scheinbare Schlichtheit dieser „kleinen“ Geschichte lässt so ohne Aufhebens die Komplexität einer ganzen Gesellschaft aufscheinen. Eine extrem witzige, aber nie oberflächliche Geschichte um zwei Kinder, die sich den Respekt ihres Vaters zurückerobern, während sie gleichzeitig mit den Tücken der Mehrsprachigkeit in der malaysischen Gesellschaft zu kämpfen haben.

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Samstag, 8. November 2008, 12:45 Uhr
Hana Yori mo Naho Regie: Hirokazu Kore-eda, Japan 2006, OV/d/f, 127’

Es war einmal eine sanft-humorvolle Geschichte aus dem Jahre 1702. Der junge Samurai Aoki Soza hat seinen provinziellen Heimatort verlassen und lebt nun in Japans Hauptstadt Edo, um den Mann zu suchen, der seinen Vater getötet hat. Er wohnt in einem heruntergekommenen Mietshaus. Seine Nachbarn sind nette Leute, die nicht einmal davon zu träumen wagen, ihrer Situation zu entkommen. Soza freundet sich mit verschiedensten Bewohnern und Bewohnerinnen an, unter ihnen ein Säufer, ein Möchtegern-Beamter, ein Lumpenhändler, ein Lebemädchen und ein Schreiber. Und er verliebt sich in die schöne Witwe Osae. Seine Aufgabe, den Vater zu rächen, hat er nicht vergessen, aber Osae und ihr Sohn vermitteln ihm ein Gefühl der Wärme und lassen ihn an der Pflicht zum Racheakt zweifeln. Soza mag sich nicht entscheiden, lebt sein Alltagsleben und bringt den Nachbarkindern Mathematik, Lesen und Schreiben bei.
Wer kann Kinder so intensiv auf die Leinwand bringen wie der Japaner Hirokazu Kore-eda? Wer sonst versteht es, sie so selbstbewusst spielen zu lassen und doch so kindlich unbeschwert? Wer sonst erzählt über den Blick eines Kindes so viel über das Leben der Erwachsenen? Noch haben wir das Meisterwerk «Nobody Knows» in wacher Erinnerung. Auch hier spielen Kinder eine wichtige Rolle, allen voran Shinnosuke, der Sohn jener Witwe, in die sich der junge Samurai Aoki verliebt. Wer meint, ein Samuraifilm sei zwangsläufig ein Kampffilm, irrt. Hirokazu Kore-eda macht sich im Gegenteil lustig über die Epoche, in der der ehrenvolle Tod mehr bedeutet hat als das Leben.
Quelle: Trigon

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Samstag, 8. November 2008, 15:00 Uhr
Que tan lejos Regie: Tania Hermida, Ecuador 2006, OV/d/f, 92’

Ecuador und die Anden bilden das wunderbare Dekor für dieses Roadmovie, in dem zwei junge Frauen unterwegs sind nach Cuenca, der friedlichen Gartenstadt im Süden. Esperanza kommt aus Spanien und reist durch Ecuador auf der Suche nach Entdeckungen und auf den touristisch empfohlenen Spuren. Tristeza lebt in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, und macht sich auf den Weg, ihren Geliebten daran zu hindern, eine andere Frau zu heiraten. Unterwegs lernen die beiden, die der Zufall im Bus zusammenbringt, einander und zwei Männer aus dem Dekor des fernen Landes kennen. Sie durchqueren die halluzinierende Bergwelt Ecuadors und fahren zunächst an die Küste, weil ein Streik den Verkehr lahm gelegt hat.
«Que tan lejos» ist ein ausgesprochen sanfter Film über das Reisen, das Unterwegssein und über Begegnungen zwischen Menschen. Die Ecuadorianerin Tania Hermida lässt uns in ihrem ersten Spielfilm sinnieren über das, was wir so treiben, wenn wir unterwegs sind. Und sie hat den erfolgreichsten Film in ihrer Heimat gedreht: Er strahlt bei aller Unaufgeregtheit Natürlichkeit aus, bis in die kleinsten Details hinein. Der Film zeigt nicht zuletzt, dass sich ein Land am besten neben den Postkartenbildern entdecken lässt, durch Wachheit auf das, was sich einem zeigen kann. Anschliessend Filmgespräch mit Tania Hermida

Samstag, 8. November 2008, 19:00 Uhr
The Lineman’s Diary Regie: Zhanabek Zhetiruov, Kasachstan 2006, 64’

Zhanabek Zhetiruov praktiziert in «Notes by the Trackman» in Schwarzweissbildern die hohe Kunst der verknappten Erzählung. Auf den ersten Blick passiert nicht viel, spielt sich das Wenige an echter Handlung im Privaten, Provinziellen ab: Der Sohn kommt in die Schule in der Stadt. Der Vater wird in eine Schlägerei verwickelt, als er einer hübschen Frau nachläuft. Die Mutter droht, den Vater zu verlassen. Der blinde Grossvater wird beim Schilfschneiden von den Lausbuben des Dorfes geärgert. Auf den zweiten Blick aber erschliesst sich eine weitere Dimension, und die ist grundsätzlicher. Voll aufmerksamer Freundlichkeit erzählt Zhetiruov nämlich auch die Geschichte eines Generationenwechsels, erzählt von den Konflikten, die er mit sich bringt, den Erfahrungen und Erinnerungen, die mit ihm verloren gehen können. In diesem Zusammenhang kommt der Blindheit des Grossvaters symbolische Funktion zu. Seine Augen, die nichts sehen, lenken die Aufmerksamkeit auf andere Arten seiner Wahrnehmung. Auf das grosse Vertrauen, das sein Körper zu dem Raum hat, der ihn umgibt, und auf die Sicherheit, mit der er diesem Raum begegnet. Kein Keil ist getrieben zwischen diesen Menschen und seiner Welt. Und nicht Angst, sondern Fürsorge bestimmt ihr Verhältnis.

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Samstag, 8. November 2008, 20:15 Uhr
Sonhos de Peixe Regie: Kirill Mikhanowsky, Brasilien 2006, OV/d/f, 111’

In einem kleinen Dorf an der Nordostküste Brasiliens fristet der junge Fischer Jusce sein Leben damit, mit ungenügender Ausrüstung 30 Meter tief nach Hummern zu tauchen. Sein „Lohn“ am Ende eines langen und riskanten Arbeitstages ist es, nahe bei Ana zu sitzen, während diese ihre Lieblingsseifenoper geniesst. Ana träumt davon, das Dorf zu verlassen, um die Welt zu entdecken. Jusce hingegen ist zufrieden mit dem Leben, das er führt. Eines Tages kommt Rogerio, Jusces alter Fischerkollege, für die Ferien aus der Grosstadt zurück. Er fährt in seinem Sportwagen durch die Dünen und erregt damit Anas Aufmerksamkeit. Der Konkurrenzkampf zwischen den beiden um Anas Aufmerksamkeit beginnt, als Rogerio Jusce einmal mit dem Auto zu Ana bringt. Jusce muss sich selbst ein neues Image verschaffen, um Ana nicht an Rogerio zu verlieren, der ein so abenteuerliches Leben führt. Kirill Mikhanovsky spielt wunderbar mit Bildern und mit Tönen. Der Film war ein Geheimtipp in Cannes.

Samstag, 8. November 2008, 22:15 Uhr
Matar a todos Regie: Esteban Schroeder, Uruguay, 2006, OV/d/f, 97’

Als sich 1993 die Demokratie in Lateinamerika durchzusetzen beginnt, flieht ein Mann in einen uruguayischen Wald und bittet in einem Kommissariat um Hilfe. Er behauptet, er sei Chilene und eingesperrt gewesen. Dann verschwindet er. Die Untersuchungsrichterin Julia erkennt rasch, dass die Polizei versucht, die Spuren zu verwischen, und dass es sich beim Verschwundenen um den ehemaligen „Chemiker“ von Pinochets Geheimpolizei handelt. Sie muss auch dem eigenen Vater und Bruder entgegentreten, die sie vom Weg, der zur Wahrheit führt, abzubringen suchen. Von Tabaré Vazquez, dem ersten Präsidenten der Republik Uruguay, der einer Linkspartei angehörte, als Film von nationalem Interesse erklärt, konfrontiert uns «Matar a todos» mit einer der tiefsten unverheilten Wunden des südamerikanischen Kontinents. Der Regisseur liess sich von Tatsachen anregen, die er mit fiktionalen Elementen mischt. Der Film erzählt die Entführung und Ermordung von Eugenio Berríos, dem ehemaligen «Chemiker» und Agenten der DINA, der Geheimpolizei des chilenischen Diktators Pinochet. Das Geschehen findet im politischen Kontext nach der „Operation Condor“ statt. „Todesschwadronen“ hatten den Auftrag, für die ehemaligen Diktaturen lästige Zeugen zu beseitigen. Der Fall von Eugenio Berríos, einem Anführer und Opfer der Operation, gibt Gelegenheit, sich mit der neueren Geschichte der Region zu befassen. Diese Auseinandersetzung mit dem Kollektivgedächtnis ist umso wichtiger, als das, was die „Operation Condor“ ermöglicht hat, laut gewissen Personen nur danach verlangt, wieder reaktiviert zu werden…

base
Sonntag, 9. November 2008, 00:00 Uhr
Waltz with Bashir Regie: Ari Folman, Israel/D/F 2008, OV/d/f, 90’

Eines Nachts in einer Bar erzählt ein alter Freund dem Regisseur Ari Folman von seinem Alptraum. Ein Alptraum, in welchem er von 26 dämonischen Hunden gejagt wird. Jede Nacht – immer die gleiche Anzahl an Hunden. Die beiden kommen zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zu ihrem Einsatz im ersten Libanonkrieg Anfang der 80er Jahre bestehen muss. Ari ist verblüfft, dass er jegliche Erinnerung an das damals Geschehene verloren hat. Er beschliesst, alte Freunde und Kameraden aufzusuchen und mit ihrer Hilfe diese Lücke in seinem Gedächtnis wieder zu füllen. Je tiefer er sich mit den Erinnerungen der anderen auseinandersetzt, desto klarer werden seine Gedanken und die Vergangenheit erscheint in surrealen Bildern … 
Basierend auf realen Interviews und Ereignissen, ist «Waltz with Bashir» der erste animierte Dokumentarfilm.
Regisseur, Autor und Produzent Ari Folman hat die Reise in seine Vergangenheit – eine Reise in die Jugendkultur der 80er Jahre und das West Beirut während des ersten Libanonkrieges – auf fantastische und packende Art visualisiert. Die israelisch-deutsch-französische Coproduktion feierte ihre umjubelte Weltpremiere im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele dieses Jahr in Cannes.

Sonntag, 9. November 2008, 09:45 Uhr
Musikliebe Regie: Yusuf Yesilöz, CH 2008, OV/d/f, 54’

Zwei Musikerinnen und ein Musiker, deren Lebensgeschichten unterschiedlicher nicht sein könnten. Und doch verbindet sie nicht nur eine musikalische Leidenschaft, die sie mit ihren Partnern teilen. Alle drei haben in ihrer Heimat erfolgreiche Karrieren abgebrochen und müssen sich in der Schweiz neu zurechtfinden. Die Pianistin Tamriko Kordzaia aus Georgien unterrichtet neben ihren Konzerten an einer Musikschule, der Komponist und Sänger Samir Essahbi aus Marokko tritt mit seiner Band regelmässig auf und die Sängerin Ülkü Fazilet Bozkurt aus der Türkei beginnt nun wieder öffentlich aufzutreten. «Musikliebe» ist eine einfühlsame Annäherung an leidenschaftliche Musikerinnen und Musiker und ihren Neuanfang in der Migration. An Yusuf Yesilöz war 2006 erstmals mit seinem Dokumentarfilm «Zwischen den Welten» an den Weltfilmtagen Thusis zu Gast.

base
Sonntag, 9. November 2008, 11:00 Uhr
El camino Regie: Ishtar Yasin, Costa Rica, 2007, OV/d/f, 90’

Die zwölfjährige Saslaya und ihr jüngerer, stummer Bruder Dario leben am Rande Managuas bei ihrem Grossvater. Ihr Auskommen finden sie in den Abfällen der Stadt. Ihre Mutter hat, wie viele, das Land verlassen und lebt inzwischen in Costa Rica. Vielleicht arbeitet sie als Hausangestellte bei reichen Leuten, wer weiss? Eines Tages entscheiden sich die Kinder, ihre Mutter zu suchen. Sie packen ihre Sachen und machen sich auf einen langen Weg.
«El camino» ist ein Film fast ohne Worte, der von der Kraft seiner Bilder lebt: von den Landschaften und den Geschichten, die in den Gesichtern der Menschen geschrieben sind, welchen die beiden Kinder auf ihrer langen Odyssee begegnen. Der Regisseurin ist es gelungen, eine Film-Welt zu schaffen, die – zwischen dokumentarischer Beschreibung und surrealistischer Überhöhung – das reale Schicksal unzähliger Kinder Zentralamerikas beschreibt und dabei all den stummen Passagieren der Weltgeschichte jene Würde gibt, die ihnen im realen Leben versagt bleibt. Der Film lädt zu einer Reise ein, geografisch wie historisch, von den Resten vergangener Revolutionen zum Angebot des modernen Tourismus: der Prostitution. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch mit Ishtar Yasin.

base
Sonntag, 9. November 2008, 14:00 Uhr
Still Life – Sanxia Haoren Regie: Jia Zhang-Ke, China/Hong Kong 2006, OV/d/f, 108’

Wenn ein Film «Still Life» heisst, dann ist es kein Wunder, wenn die Kamera in langen, statischen Einstellungen verharrt und die Bilder wie kunstvoll arrangierte Stillleben wirken. Der Film vermittelt einen lebendigen Eindruck vom Provinzalltag Chinas und vom Denken und Handeln der Chinesen fernab vom grossstädtischen Glamour.
Der Bergmann San-ming Han reist in die Stadt Fengjie am Drei-Schluchten-Staudamm. Grosse Teile der Stadt Fengjie wurden durch die aufgestauten Wassermassen bereits überflutet. San-ming Han sucht seine Frau, die mit seiner Tochter vor 16 Jahren weggelaufen ist. Da er vorerst keine Auskunft über den Aufenthaltsort seiner Frau bekommt, beschliesst er in der Stadt zu bleiben und als Abrissarbeiter seine Zeit zu vertreiben.
Zur gleichen Zeit kommt die Krankenschwester Shen-hong Guo in die Stadt, ebenfalls auf der Suche nach ihrem Ehemann, der sich vor zwei Jahren für einen Job als Verkaufsleiter nach Fengjie begeben und nie wieder bei ihr gemeldet hat.
«Still Life» erzählt am Beispiel zweier Menschen, welche Folgen das umstrittene Drei-Schluchten-Staudamm-Projekt für die dort lebenden Bewohner hat. Der Eingriff in die Natur ist eng verwoben mit dem Schicksal einzelner Personen, ihren Empfindungen und Veränderungen. Jia Zhang-Ke wurde für sein meditatives Werk mit dem Goldenen Löwen bei den 63. Filmfestspielen in Venedig 2006 ausgezeichnet.

base
Sonntag, 9. November 2008, 16:00 Uhr
Leaving Fear Behind Regie: Dhondup Wangchen/Golok Jigme, Tibet 2008, OV/d, 35’

Für «Leaving Fear Behind» sind über 100 Tibeter aus Tibet von Oktober 2007 bis März 2008 befragt worden. Das Filmmaterial konnte kurz vor den Protesten am 10. März dieses Jahres aus Tibet herausgeschmuggelt werden. Nach der erfolgreichen Übergabe des Films wurden die Amateurfilmer Dhondup Wangchen und Golok Jigme von chinesischen Sicherheitskräften inhaftiert.
«Leaving Fear Behind» ist ausschliesslich von Tibetern in Tibet gedreht worden und besticht durch seine authentische Darstellung der Situation der Tibeter, die trotz drohender Verfolgung offen über ihre Lebenswelt und Vorstellungen berichten. Von Anfang an war es ihr Ziel, den Stimmen Tibets während der Olympischen Spiele in Peking Gehör zu verschaffen. Der ausser Landes geschmuggelte Film belegt eindrücklich, was Tibeter in Tibet über die Lage in ihrem Land, die Olympischen Spiele und über den Dalai Lama denken.
Die Dokumentation hatte für Aufsehen gesorgt, als sie in Peking am Eröffnungstag der Olympischen Spiele vor einer kleinen Gruppe von Journalisten heimlich in einem Hotelzimmer aufgeführt worden war. Eine zweite Aufführung wurde von chinesischen Sicherheitskräften verhindert. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch.

base
Sonntag, 9. November 2008, 18:00 Uhr
Proibido proibir Regie: Jorge Duran, Brasilien/Chile 2006, Port/d, 104’

Der Medizinstudent Paulo teilt eine Wohnung mit seinem besten Freund Léon, einem Soziologiestudenten. Letzterer ist in Leticia verliebt, eine Architekturstudentin aus der oberen Schicht Brasiliens. Sehr schnell artet diese Beziehung in eine Dreiecksgeschichte aus. Weder für Leticia noch für Paulo eine einfache Situation, vor allem weil Paulo seine Liebe zu ihr nicht eingestehen will. Sein Lebensmotto lautet: „Es ist verboten zu verbieten.“ Im Spital, in dem Paulo arbeitet, freundet er sich mit einer Patientin an, die an Leukämie im Endstadion leidet. Er verspricht, ihr zu einem Wiedershene mit ihren beiden Söhnen zu verhelfen. Dieses Versprechen stürzt ihn und seine Komplizen in grösste Schwierigkeiten; sie erleben die Korruption und die rassistischen Übergriffe der Polizei in den Favelas. Beim Versuch, den jüngeren Sohn der todkranken Rosalina aus dieser Hölle zu retten, kann Léon nur knapp seine Haut retten. Der junge Musterstudent sieht sich in der Folge konfrontiert mit der Ungerechtigkeit und beginnt zu verstehen, dass soziale Hilfe in seinem Land nur sehr begrenzt möglich ist.

base
Sonntag, 9. November 2008, 20:00 Uhr
Lemon Tree Regie: Eran Riklis, Israel/Palästina 2008, OV/d/f, 106’

Eine Parabel auf den Nahost-Konflikt
Seit Jahrzehnten schon befindet sich der Zitronenhain im Besitz der Familie Zidane im Westjordanland, und nach dem Tod ihres Mannes sichert er der Witwe Salma ein bescheidenes Einkommen. Doch als der israelische Verteidigungsminister und dessen Frau Mira in unmittelbarer Nähe ihr neues Domizil beziehen wollen, sind die Bäume für den israelischen Geheimdienst Mossad ein Sicherheitsrisiko. Salma allerdings lehnt die angebotene Entschädigungszahlung ab und beharrt darauf, den Hain zu behalten. Als ihr die Bäume weggenommen werden sollen, nimmt sich die streitbare Witwe einen Anwalt und geht bis vor den Obersten Israelischen Gerichtshof. Dabei erhält sie sogar Unterstützung von der Frau des Ministers. Doch Gerechtigkeit erfährt sie nicht, der Kampf gegen die Ansprüche des Politikers und damit gegen israelische Sicherheitsinteressen – so absurd sie auch sein mögen – ist ein ungleicher Kampf, den Salma nur verlieren kann…
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Eran Riklis auf seine persönliche und erstaunlich private Weise mit dem Nahost-Konflikt auseinander setzt. Waren es in «The Syrian Bride» die Golanhöhen, so ist die Geschichte in «Lemon Tree» im ebenfalls von Israel besetzten Westjordanland angesiedelt. Hier wie dort interessiert sich Riklis vor allem für die Folgen, die der verhärtete Konflikt für die Frauen hat. Sie sind diejenigen Personen, von denen – wenn überhaupt – die Hoffnung auf eine längst überfällige Aussöhnung ausgehen kann.