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Dienstag, 30. Oktober 2007, 21:45 Uhr
El otro Regie: Ariel Rotter, Argentinien 2007, OV/f/d, 83’

Der 38-jährige Juan Desouza ist erfolgreich im Beruf. Alles scheint darauf hinaus zu laufen, dass er ebenso wie sein Vorbild, der Vater, ein Leben in Sicherheit und Wohlstand verbringen wird. Doch als Juans Frau ihm die Vermutung mitteilt, schwanger zu sein und zugleich sein Vater schwer erkrankt, bringt ihn dies ziemlich durcheinander. Ein neues Leben und ein drohender Tod – Juan beginnt, seine bisherigen Lebensentscheidungen und Gefühle zu reflektieren. Einst hatte er sich ein anderes Leben erdacht.
Eine geschäftliche Wochenendreise ins Landesinnere gerät zum Wendepunkt: Am Ziel angekommen, entdeckt er, dass der Mitreisende neben ihm tot ist. Insgeheim spielt Juan mit der Möglichkeit, die Identität des Toten anzunehmen, sich einen neuen Beruf auszudenken, eine neue Wohnung zu finden, möglicherweise nicht zurück in sein eigenes Leben zu kehren. Juan erlebt die Natur plötzlich als Abenteuer, entdeckt seine Sinne, seine animalischen Instinkte ganz neu. Schliesslich eröffnet sich ihm neuartige Perspektiven: Sein bisheriges Leben ist nicht das einzig mögliche. Ariel Rotter: "Ich glaube, nach all den Jahren mache ich immer noch Filme über dasselbe Thema. Von den ersten Kurzfilmen bis zu «El otro» geht es mir um das Verständnis der Zeit, die uns gegeben ist, und die Frage, was wir aus dieser begrenzten Zeit machen."  

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Mittwoch, 31. Oktober 2007, 14:00 Uhr
Der Dieb von Bagdad Regie: Ludwig Berger, Michael Powell, USA/UK 1940, 102’

Der junge Kalif Ahmed regiert über die Stadt Bagdad. Eines Tages geht er nachts verkleidet auf die Strassen von Bagdad, um zu erfahren, wie die Menschen über ihn denken. Dabei stellt ihm sein Grosswesir Jaffar eine Falle und lässt ihn für verrückt erklären. Er landet im Gefängnis und lernt den jugendlichen Dieb Abu kennen. Beide sollen am nächsten Morgen hingerichtet werden. Mit Hilfe Abus gelingt ihnen jedoch die Flucht nach Basra.
In Basra regiert ein Sultan, dem sein Spielzeug wichtiger ist als sein Volk. Er schämt sich für seine wunderschöne Tochter und lässt deshalb jeden umbringen, der sie erblickt. Eines Tages erblickt Ahmed sie zufällig und verliebt sich sofort in sie.
Nach zahllosen Abenteuern mit Monstern und Dschinns gelingt es Ahmed, die Prinzessin zu erlösen. Beide heiraten und regieren über die Stadt Basra. Abu fliegt auf seinem fliegendem Teppich zu seinem nächsten Abenteuer. «Der Dieb von Bagdad» ist ein von Alexander Korda in Grossbritannien produzierter Fantasy und Abenteuerfilm in Technicolor aus dem Jahr 1940. Die Produktionszeit dauerte u. a. wegen des 2. Weltkriegs über vier Jahre. Der Film gilt als Meilenstein des Genres und überzeugt durch seine aufwendigen Special Effects, die mit einem Oscar prämiert wurden.

Mittwoch, 31. Oktober 2007, 16:00 Uhr
O grande Bazar Regie: Licinio Azevedo, Mosambik 2006, Portugiesisch/d/f/e, 56’ , ab 10

Paito soll für seine Mutter Mehl kaufen, aber das ist im Laden gerade alle. Mit einem kleinen Zwischenhandel will er mit Zigaretten etwas Geld zuverdienen, doch dann raubt ihm ein Dieb das Päckchen. Verzweifelt macht sich Paito auf den Weg ins Zentrum der Stadt. Auf dem Markt lernt er den Strassenjungen Xano kennen. Gemeinsam versuchen die beiden, zu Geld zu kommen… Ein unbeschwerter Kinderfilm, der viele Eindrücke vom Alltagsleben in Mosambik vermittelt und durch die erfrischende Ideenvielfalt und Kreativität der beiden optimistischen Jungen beeindruckt. top

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Mittwoch, 31. Oktober 2007, 21:30 Uhr
Cinema, aspirinas y Urubu Regie: Marcelo Gomes, Brasilien 2005, OV/d, 99’

In seinem Lieferwagen hat Johann einen Werbefilm für Aspirin, einen Projektor und Aspirintabletten, die er staunenden Menschen im Nordosten Brasiliens verkauft, die weder Kino noch Medikamente kennen. Johann ist auf der Flucht vor seiner Heimat, die die Welt in einen Krieg verwickelt hat. Auch der Anhalter Ranulpho flieht: vor der Dürre im Süden des Landes. Die beiden Männer werden Freunde – doch dann erklärt Brasilien Deutschland den Krieg… Ein schönes, episches Roadmovie. Minimalistisches Roadmovie im trockenen Nordosten Brasiliens. 1942: Von Dorf zu Dorf ziehend verkauft ein junger Deutscher ein revolutionäres Heilmittel – Aspirin. Eines Tages schliesst sich ihm der mürrische Ranulfo an. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Die Handlung basiert auf der wahren Lebensgeschichte des Onkels des Regisseurs.

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Donnerstag, 1. November 2007, 14:00 Uhr
Unni – Life is All About Friends Regie: Murali Nair, Indien/UK 2006, OV/d/f, 92’

Unni ist ein Junge, dessen Vater in einem Land am arabischen Golf arbeitet. Er sieht ihn selten und fragt sich, warum er nicht zu Hause bleibt. Er besucht die Schule und schliesst Freundschaften. Gopi, der Anführer, hat einen brutalen Vater. Ihm wäre es lieber, wenn er weit weg arbeiten würde. Unnis Abenteuer hören auf, als Gopi in die Stadt zieht. Eben hat sein Vater seine Mutter und dann sich selber umgebracht. Alles ist anders als vorher.

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Donnerstag, 1. November 2007, 15:45 Uhr
Iron Island Regie: Mohammad Rasoulof, Iran 2005, OV/d, 90’

Ein schrottreifer Tanker, der im Persischen Golf ankert, eine Handvoll prägnanter Darsteller und eine originelle Drehbuchidee: Mehr braucht der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof nicht, um einen Mikrokosmos seiner Gesellschaft auf dem Seelenverkäufer lebendig werden zu lassen. An Bord leben die Bewohner in winzigen Parzellen. Trotzdem halten sie auf dem rostigen Kahn auch noch Tiere. Es wird gestritten, geliebt, gespielt und auch gestorben – das alles unter dem strengen Regiment von Kapitän Nemat, der aus den armen und naiven Bewohnern eine straff reglementierte Gesellschaft macht, in der alles seinen Platz hat – sogar der Schulunterricht. Auch eine improvisierte Telefonzentrale gibt es im Ruderhaus. Aber die Tage der "Eisernen Insel" sind gezählt: Das Schiff sinkt langsam. Kein Wunder, denn es wird Stück für Stück demontiert, um das Altmetall zu verscherbeln. Die Bewohner wissen nicht, welchem Schicksal sie der Kapitän ausliefern will.

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Donnerstag, 1. November 2007, 17:30 Uhr
Faro, La reine des eaux Regie: Salif Traoré, Mali/F/Can/D 2007, OV/d, 96’

Zanga wurde als unehelicher Junge einst aus seinem Dorf am Niger vertrieben. Nachdem er lange in der Stadt gelebt und dort auch studiert hat, kehrt er nun als erwachsener Mann in sein Dorf zurück. Seine Rückkehr löst eine Reihe von Konflikten aus.
Salif Traoré lässt den Protagonisten seines Spielfilms als Verkörperung der modernen Welt auf eine geschlossene malinesische Dorfgemeinschaft am Niger treffen, die den afrikanischen Traditionen, dem Aberglauben und dem Glauben an die spirituelle Kraft des Flusses verhaftet ist. "La reine des eaux", der Geist des Flusses, wendet sich vermeintlich gegen den zurückgekehrten Eindringling. Die hierarchischen Mechanismen einer männerdominierten, frauen- und kinderfeindlichen Gesellschaft treten zu Tage, gegen die die Frauen der Gemeinschaft am Ende aufbegehren. Die Geschlossenheit der Dorfgemeinschaft und die Rolle, die die einzelnen Mitglieder darin spielen, werden hier in beinahe theatralischer Weise exemplarisch dargestellt. Traorés Film ist eine zeitlose Fabel, die gängige Machtverhältnisse hinterfragt und die Notwendigkeit gegenseitigen Respekts herausstellt.

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Donnerstag, 1. November 2007, 20:00 Uhr
Les baliseurs du désert – Al-hâ’imoû Regie: Nacer Khemir, Tunesien 1984, OV/d/f, 95’, ab 12

Die Wanderer der Wüste» war der erste Spielfilm von Nacer Khemir und ist ein Film, der auch in der «Tunisreise» aufscheint. Angesiedelt ist er in einer vagen Gegenwart. Nacer Khemir führt uns bildlich gesprochen ins Leben der Wüste ein. Es ist ein Leben ausserhalb des gängigen Zeitbegriffs. Das Schiff, das da plötzlich vor den Mauern der Stadt liegt, könnte jenes von Sindbad dem Seefahrer sein. Es steht für das Meer, für die Suche nach der Weite, nach dem Anderen hinter dem Horizont. Das Schiff weist einerseits auf die andalusische Brücke: Cordobà ist da und Samarkand nie fern. Die Baliseurs, die Wüstenwanderer, sie ziehen einher, singen ihre andalusischen Lieder, summen vor sich hin, wie der Wind. «Unsere Kinder», sagt der Alte, «sie gehen nach und nach im besten Alter. Der Fluch reisst sie in seine Fata Morgana und löscht sie für immer aus.» Die Wüste verschlingt ihre eigenen Kinder. Die Wüstenwanderer, meint der Alte, sie sollten lesen, «um den Fluch zu erkennen». Der Lehrer soll ihm dabei helfen, er, der Mittler zwischen Vergangenheit und Zukunft. Bereits hier lässt uns der Tunesier, der die Rolle des Lehrers im Film selber spielt, träumen, zeigt er uns in Gestalt des Uniformierten auch, wie Träume ihre Feinde haben. Der Offizier jedenfalls regt sich auf, fragt erbost, ob es nicht schon genug Geschichten gebe. Geschichten verunsichern ihn in ihrer Offenheit. Er ist es gewohnt, nach festen Regeln zu denken und zu handeln. Er verliert sich am Ende dafür im Dunkel der Wüste, und übrig bleibt ein einziges Rätsel: Die Zeit. Erinnern wir uns. An die Bilder des Filmes zum Beispiel, die wie gemalte Tableaus das Dorf zeigen, das es für denjenigen gibt, der es aufsucht. Es ist verfallen zwar, man müsste es auf den alten Grundmauern wieder errichten, aber es exi- stiert in seinem Kern noch. Da sind die Alten, die ihre Weisheit mit sich im Kopf herumtragen, die lebendige Tradition, das alte Wissen verkörpern. Da sind die Kinder, die unbekümmert durch die engen Gassen rennen, die es dann und wann ans Licht zieht und die sich einen Sport daraus machen, mit Spiegelscherben den Garten wieder herbeizuzaubern, den sie nur vom Hörensagen kennen.

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Donnerstag, 1. November 2007, 21:45 Uhr
Opera Jawa – Opera Java Regie: Garin Nugroho, Indonesien 2006, OV/d/f, 120’

Der indonesische Regisseur Garin Nugroho, der bereits für die Vielfalt seiner erzählerischen Stile und die mutige Bewältigung umstrittener Themen bekannt ist, hat mit dem Film «Opera Jawa» seinen vielleicht klarsichtigsten Film geschaffen. Der Film feiert traditionelle Formen von Gamelan-Musik, Tanz und Performances und verbindet diese mit zeitgenössischen Gesangs- und Tanzstilen sowie mit Drehorten, die moderne Installationskünstler transformiert haben.
Opera Jawa adaptiert eine der berühmtesten Geschichten des grossen Klassikers der indischen und südostasiatischen Literatur, dem «Ramayana». Es ist die Geschichte eines leidenschaftlichen Liebesdreiecks: Die schöne Siti und ihr Ehemann betreiben eine Töpferei, aber die Dinge laufen nicht so, wie sie sollten, und als ihr Mann Setio fort ist, versucht der mächtige und skrupellose Händler Ludiro sie zu verführen. Siti verfängt sich in den Stricken eines Konflikts, der sich unausweichlich zu Gewalt entwickelt. Mit bewundernswerten Leistungen seiner drei Hauptdarsteller und dazu den Kompositionen des berühmtesten Gamelan-Maestros Rahayu Supanggah hat Nugroho einen Film geschaffen, dem es auf erstaunliche Weise gelingt, freudig multikulturellen Selbstausdruck zu feiern und zugleich ein Requiem über den Schmerz zu sein.

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Donnerstag, 1. November 2007, 23:45 Uhr
Elvis Pelvis Regie: Kevin Aduaka, UK/F 2007, OV/d, 95’

Als Derek ein kleiner Junge ist, nennt sein Vater ihn Elvis. Zum Geburtstag bekommt er den weissen Anzug und die Locken geglättet. In seinem Zimmer hängen Plakate von Jimi Hendrix, und Derek spielt Cowboy, aber im Wohnzimmer läuft die Musik des King. Als junger Mann und nach dem Tod seines Vaters nennt Derek sich selbst Jimi, trägt eine wilde Lockenperücke und sucht sich einen neuen Vater. Als auch dieser stirbt, stellt Derek dem Toten die Frage, die sein wirklicher Vater nie beantwortet hat: Warum Elvis?
«Elvis Pelvis» erzählt die Geschichte von Idolen, die nicht sterben dürfen, und von Menschen, die diese Idole nicht überleben können. "Ready or Not – Here I Come" – die Suche nach der Identität ist ein Versteckspiel, ein Maskenball. Und weil die Frage nach der Identität eine existenzielle ist, wird aus dem Spiel schnell tödlicher Ernst: Familie, Wohnung, Stadt und Seele werden zum klaustrophobischen Schauplatz eines Showdowns, in dem es keine Gewinner geben kann. «Elvis Pelvis» hat die Intensität einer Heimsuchung. Der Film porträtiert Menschen, die das Gefängnis ihrer Imagination nie verlassen können, der Weltverlust ist totalitär. Gejagt von der Sehnsucht nach sich selbst und den Geistern der Black American Heroes streunt Derek durch die Stadt. Und seine Suche gilt nicht mehr abstrakten Idolen, er sucht nach Erlösung, nach dem einen Augenblick, in dem alles in Ordnung ist.  

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Freitag, 2. November 2007, 09:45 Uhr
Rajas Reise Regie: Karl Saurer, CH 2007, OV/d, 80’

Die abenteuerliche Reise eines Elefanten um 1550 von Südindien nach Wien – eine Geschichte von Bemächtigung, die bis heute andauert. Der Film spürt der geheimnisvollen Geschichte des indischen Elefanten Raja nach, der um 1550 von den Wäldern Keralas über Lissabon bis nach Wien auf eine abenteuerliche Reise geschickt wurde. Die Erkundungen des Gandhi-Aktivisten P. V. Rajagopal entlang der Wegstrecke fördern Überraschendes zutage und wecken spannende Assoziationen. Wir erleben die Gefangennahme des kleinen Elefanten, die Schulung, Arbeit im Wald und Auftritte bei Tempelfesten – bis er als Statussymbol europäischer Herrscher auserkoren wird. Karl Saurer ist bei der Auffühurng anwesend und wir im Anschluss an die Vorstellung in einem Filmgespräch zu sehen und zu hören sein.

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Freitag, 2. November 2007, 12:15 Uhr
City Walls – my own Private Teheran Regie: Afsar Sonia Shafie, CH 2006, E/Farsi/d, 87’

Die 38-jährige Exil-Iranerin Afsar Sonia Shafie kehrt 25 Jahre nach der iranischen Revolution in ihr Heimatland zurück und präsentiert mit «City Walls – my own private Teheran» einen Film über starke Frauen, welche die Lebensbedingungen ihrer Töchter verbessern wollen. Die Dokumentation möchte Innenansichten aus einem Land vermitteln, das oft durch Zerrbilder dargestellt wird.
Die Filmemacherin setzt vor allem auf leise Töne. Ihr zur Seite steht ihr Schweizer Ehemann Martin Frei, der hier auch die Kamera führt.
Die Dokumentation umreisst ein halbes Jahrhundert von Shafies Familiengeschichte. Dabei stehen drei Frauen aus drei Generationen im Zentrum der Erzählung: die Grossmutter der Regisseurin, Shafies Mutter sowie ihre Schwester Sona.
Fürs Familienwohl sorgen hier ganz klar Frauen, Mütter und Töchter. Die Männer kommen schlecht weg, sie sind nur Staffage. Was besonders zum Tragen kommt in der Szene, in der Oma und Opa auf dem Sofa sitzen und sie munter von seiner früheren Trunk- und Opiumsucht erzählt und darüber, wie er sie damals geschlagen hat. Am Ende ihrer verbalen Ohrfeige wendet sie sich an ihn: «Du musst dich nicht schämen, die Ausländer verstehen kein Persisch.»  

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Freitag, 2. November 2007, 14:00 Uhr
Sweeping Addis Regie: Corinne Kuenzli und Peter Liechti, OV 50’

«Sweeping Addis» ist eine Hommage an die vermummten Strassenfegerinnen von Addis Abeba, der Hauptstadt Äthopiens. Ein behutsames und vielschichtiges Portrait vier beeindruckender Überlebenskünstlerinnen.
Addis Abeba, die Hauptstadt Äthiopiens mit vier Millionen Einwohnern, zeigt sich im Regen. Der Blick aus dem fahrenden Auto bleibt an vermummten Arbeiterinnen hängen. Mit Behutsamkeit und Respekt gelingt es der Filmerin Corinne Kuenzli, das Vertrauen dieser Frauen zu gewinnen und mit ihnen zu drehen. In ihren eigenen vier Wänden legen die Frauen ihre Verhüllungen ab und erzählen aus ihrem Leben – von Sorgen und Nöten, aber auch von Freuden und Zukunftswünschen. Diese intimen Aussagen werden mit atmosphärisch starken Aufnahmen verbunden, welche die Frauen im privaten Alltag mit ihren Familien, bei einer gemeinsamen Feier zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria oder bei ihrer anstrengenden Arbeit auf den staubigen Strassen zeigen. Kontrastiert werden die Bilder der harten Realität mit den schwebenden Flötenklängen des äthiopischen Komponisten Abegasu Shiota. So entsteht ein vielschichtiges Portrait von vier beeindruckenden Überlebenskünstlerinnen in einem von Unsicherheit und Armut geprägten Land. Die Regisseurin Corinne Kuenzli wird im Anschluss an die Aufführung ihres Films in einem Filmgespräch zu sehen und zu hören sein. Das Gespräch wird von Flurina Badell moderiert.

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Freitag, 2. November 2007, 16:00 Uhr
Dol Regie: Hiner Salem, Kurdistan 2007, OV/d, 90’

Es ist das Jahr 2005 in dem kleinen türkisch-kurdischen Dorf Balliova. Das von den Grenzkonflikten zerrüttete Gebiet wird vom türkischen Militär kontrolliert. Nach den häufigen Auseinandersetzungen mit den kurdischen Kämpfern ist die Dorfbevölkerung das Ziel der türkischen Repressionen geworden.
Trotz dieser schwierigen Umstände wollen Azad und seine Freundin Nazenin heiraten. Auf der Hochzeitsfeier kommt es jedoch zu einem Handgemenge mit dem türkischen Militär. Azad schiesst auf einen Kommandanten und flüchtet aus Balliova in die autonome Region Kurdistan im Irak. Hier kreuzt sich sein Weg mit anderen Schicksalen aus verschiedenen Regionen des geteilten Kurdistans.
Er trifft Cheto, der aus Paris in die Heimat zurückkehrt, weil die sterblichen Überreste seiner Schwester in einem irakischen Massengrab gefunden wurden, und Jekaf, die als Mädchen von irakischen Soldaten verschleppt wurde.
Azad lernt auch Taman kennen, die ihn mit in ein Guerilla Camp in den kurdischen Bergen nimmt. Dort kämpfen Kurden gegen das islamische Regime. Ebenso wie Azad will auch Taman ihren Verlobten heiraten, doch die Hochzeitsfeier wird durch einen Bombenangriff unterbrochen.

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Freitag, 2. November 2007, 19:15 Uhr
El baño del papá Enrique & César Fernández & Charlone Uruguay, 2007

Die Ankündigung des Papstbesuchs bewegt die Einwohner von Melos ganz besonders: der Papst wird nämlich seine Uruguay Tournee in ihrer kleinen Stadt beginnen. Mehr als 50‘000 Personen werden erwartet. Die Bescheidensten unter diesen Einwohnern denken, dass dieser Besuch wunderbar sein wird: für ihre Seele und für ihr Portemonnaie. Alle haben nur noch eine Idee im Kopf: der Menge, die zusammen kommt, um den Papst zu empfangen, Sandwichs und Getränke zu verkaufen. Beto, ein kleiner Schmuggler, der elendiglich von seinen Touren mit dem Velo an die brasilianische Grenze und zurück, lebt, entscheidet sich hingegen, vor seinem Haus Latrinen zu bauen und sie zu vermieten. Naiv und hoffnungsvoll träumt Beto davon, sich ein Motorrad zu kaufen. Silvia ,seine Tochter, denkt daran wegzugehen, um in der Hauptstadt zu studieren. Und schliesslich kommt der Papst an.

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Freitag, 2. November 2007, 21:00 Uhr
Meduzot Regie: Etgar Keret, Israel, 2007, OV/d 78’

Hier trennt sich ein Liebespaar, dort heiratet eines. So spielt das Leben. Der israelische Kultautor Etgar Keret lässt uns in seinen Kurzgeschichten immer wieder hineinplantschen, mittendrin sein in den Kuriositäten des Alltags, einfach so. Jetzt hat er zusammen mit Shira Geffen einen Film gedreht, der in Cannes aus einer Nebensektion heraus als bester Erstling gefeiert und ausgezeichnet wurde. Zurecht. Die beiden erzählen uns mit einer halouzinierenden Mischung aus Humor und Melancholie von der Gelegenheitsserviererin Batya, die am Meer ein kleines Mädchen aufliest, von Keren, die am Hochzeitstag das Bein bricht und damit den Honeymoon im Hotelzimmer in der eigenen Stadt verbringen muss, und von Joy, einer Philippinin, die sich als Haushaltshilfe anstellen lässt. Drei Frauen und das Leben: ein Film wie eine erfrischende Brise vom Meeresstrand.  

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Freitag, 2. November 2007, 22:30 Uhr
Caramel Regie: Nadine Labaki, Libanon 2007, OV/d, 95’

Beirut, Libanon. Fünf Frauen begegnen sich regelmässig im Schönheitssalon, einem ebenso farbenfrohen wie sinnlichen Mikrokosmos, wo mehrere Generationen aufeinander treffen, zusammen schwatzen und sich einander anvertrauen. Jede Frau hat ein Problem: Layale hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann. Nisrine will einen Moslem heiraten, ist aber nicht mehr Jungfrau. Rima fühlt sich sexuell von einer schönen Unbekannten mit langen Haaren angezogen. Jamale sträubt sich vor dem älter werden und Rose verpasst ihr Leben, weil sie sich um ihre ältere Schwester kümmern muss. Zwischen Haarschneiden und Caramel-Epilation führen die fünf Freundinnen intime und befreiende Gespräche über Männer, Sex und Schwangerschaft.

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Samstag, 3. November 2007, 00:00 Uhr
On the Rumba River – Wendo Regie: Jacques Sarasin, Kongo/F 2007, OV/d/f, 85’

Im Jahr 1925 geboren und als «lebendes Denkmal» der kongolesischen Musik bekannt, verdankt Papa Wendo seinen Ruhm dem Lied «Marie-Louise», dem man im Volk magische Kräfte zuschrieb. Da es angeblich Tote wieder zum Leben zu erwecken oder die Flussgeister zum Tanzen zu bringen vermochte, wurde sein Interpret von den belgischen Missionaren exkommuniziert. Wendos Leben gleicht einem Roman: Schon früh zum Waisen geworden, war er zehn Jahre lang Fährmann und anschliessend Boxer, bevor er Sänger wurde.
Jacques Sarasin (Je chanterai pour toi) zeigt nicht nur Wendos Wiedersehen mit seinen alten Musikern, sondern auch wunderbare Szenen aus dem Alltagsleben, Aussagen von Nahestehenden, weitere Begegnungen. Seine Kamera hält sich an Münder, Augen, Hände und Instrumente, folgt den Schweisstropfen am Hals. Sie lässt uns die Musik hautnah erleben. Als roter Faden auf dieser Suche nach der Musik eines Mannes und eines Landes dient eine Geschichte, die mitschwingt: Beschimpft von seiner Frau, für die er den Schatten seines Baums verlässt, um sich nach neuen Verträgen umzusehen, nimmt Papa Wendo Kontakt zu seinen früheren Gefährten auf und vereint 30 junge und ältere Musiker, mit denen er die kongolesische Rumba dem heutigen Zeitgeschmack anpassen will. Gitarren, Patengué und Mukuassa sollen erneut von Kinshasa bis nach Europa zu hören sein.

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Samstag, 3. November 2007, 10:00 Uhr
Deadly Dust – Todesstaub Regie: Frieder F. Wagner, D/Irak, OV/d, 90’

Dokumentation eines Kriegsverbrechens
Es war der Tropenarzt und Epidemiologe Dr. Horst-Siegwart Günther, der 1991 nach dem Golfkrieg im Irak zum ersten Mal auf die höchst gefährlichen Nachwirkungen von so genannter Uranmunition hingewiesen hat. Ihm waren zu dieser Zeit im Universitätskrankenhaus von Bagdad Menschen mit Krankheitssymptomen aufgefallen, die er in 40 Jahren Arbeit in dieser Region bisher nie gesehen hatte. Dabei entdeckte er auch viele entsetzlich missgebildete Säuglinge und Kinder und dokumentierte die Fälle. Er liess an der Freien Universität von Berlin ein solches Geschoss untersuchen und fand danach folgende Zusammenhänge heraus: Diese radioaktive und chemisch hoch toxische Munition bewirkt einen Zusammenbruch des Immunsystems mit der Folge von schweren Störungen der Nieren, der Leber und der Lunge. Dazu verursacht sie bösartige Hauttumore und andere Krebsarten sowie genetische Störungen. Seitdem fordern Wissenschaftler das sofortige Verbot dieser Munition, die auch in Bosnien, im Kosovo und Irakkrieg 2003 wieder zum Einsatz kam und so inzwischen Hunderttausende schädigte. Nato und Pentagon leugnen dagegen bis heute diese Zusammenhänge, obwohl inzwischen nachgewiesen wurde, dass sogar Spuren von Plutonium in vielen Urangeschossen zu finden sind. ?Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Gespräch mit dem Regisseur Frieder F. Wagner. Das Gespräch leitet Thomas Huber, ehemaliger Kommandant der Train RS Luziensteig. Thomas Huber hat Theologie studiert und ist Präsident des Vereins “Freundeskreis Afghanistan Schweiz”.

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Samstag, 3. November 2007, 12:30 Uhr
Das koloniale Missverständnis Regie: Jean-Marie Téno, Kamerun/F/D 2004, OV/d, 78’

In seinem jüngsten Film entwirft Jean-Marie Téno ein komplexes Bild deutscher Missionstätigkeit in Afrika. Auf den Spuren der Missionare reist er von Wuppertal über Südafrika, Namibia, Kamerun und Togo zurück nach Wuppertal. Dort erkundet er die Geschichte der Rheinischen Missionsgesellschaft, die 1828 mit der hehren Absicht gegründet wurde, die christliche Botschaft zu verbreiten. 50 Jahre später gehörte sie zu den Expansionsbegeisterten, die sich aktiv für die Kolonisation in Afrika einsetzten. In ihren Augen waren der Missionsgedanke und die Kolonialpolitik eng miteinander verbunden: „Die Flinte und die Bibel müssen hier miteinander wirken.“ Ténos Film „rekonstruiert Geschichte in ihrer Dialektik zwischen christlichem Ethos, (deutschen) kaufmännisch-kolonialen Interessen und den traumatischen Erlebnissen der Missionierten”, thematisiert aber auch die aktuelle Position der afrikanischen Kirche und ihr politisches Engagement. Wie konnte es zu jenem kolonialen Missverständnis kommen und wie virulent ist es bis heute? Die Ergebnisse afrikanischer und europäischer Wissenschaftler, Missionsmitarbeiter und Historiker werden ergänzt durch persönliche Erlebnisse dieser Geschichte bis in unsere postkoloniale Gegenwart.

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Samstag, 3. November 2007, 14:00 Uhr
Die Erde von oben Regie: Renoud Delourme, F 2004, OV, 68’

«Die Erde von oben» ist ein Portrait unseres Planeten, ein episches Werk über das ebenso schöne wie zerbrechliche Antlitz der Welt. Der Film basiert auf den Fotografien von Yann Arthus-Bertrand, die im gleichnamigen Bestseller Bildband «Die Erde von oben» erschienen sind. Die bildgewaltige Dokumentation entführt den Zuschauer zu den faszinierendsten Orten unseres Planeten, die sich dem Betrachter aus einem völlig neuen Blickwinkel präsentieren.
Angelehnt an die biblische Schöpfungsgeschichte ist der Film in sieben Kapitel gegliedert: Genesis, Mensch, Sinne, Babel, Das Chaos und die Ordnung, Zivilisation und Terra Incognita. Beginnend mit dem Motiv des Herzen von Voh in einem Mangrovengebiet in Neukaledonien geht die Reise über Kamelkarawanen in der Afrikanischen Wüste, über die Wolkenkratzer der Millionenstadt Tokyo, den Seenpalast von Rajasthan, die pfeilförmigen Minarette der Hagia Sophia in Istanbul bis hin zu der vierhundert Jahre alten Eiche von Vezelay. Der Vater und sein Sohn unternehmen nicht nur eine geographische, sondern auch eine historische und philosophische Weltreise, die zu den Ursprüngen unserer Kultur zurückführt.    

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Samstag, 3. November 2007, 15:15 Uhr
Persepolis Regie: Marjane Satrapi, Vincent Paronnaud, F 2007, OV/d, 90’

Marjane versteht die Welt nicht mehr. Im Teheran der späten Siebziegerjahre verändert die islamische Revolution die ganze Gesellschaft – und auch Marjanes Leben. Das aufgeweckte Mädchen holt sich bei der scharfzüngigen Grossmutter Rat. Und debattiert nachts mit dem lieben Gott und Karl Marx.
Mit Errichtung der islamischen Republik beginnt die Zeit der «Revolutions-Kommissare», die Kleidung und Verhalten kontrollieren. Marjane muss nun einen Schleier tragen – dies tut aber ihren ebenso verspielten wie aufständischen Gedanken und Aktionen keinen Abbruch. Sie wächst heran, schwärmt für Bruce Lee, ABBA und Iron Maiden. Entsprechende Musikkassetten kauft sie heimlich auf dem Schwarzmarkt. Besorgt schicken die Eltern ihre Tochter nach Europa. Im fernen Wien schlittert Marjane ungebremst ins Teenagerleben, wird zum Punk und gerät in amouröse Verstrickungen…
Die im Iran geborene Marjane Satrapi hat ihr wechselvolles Leben zwischen zwei Kulturen in einem mehrbändigen Comic festgehalten. Dieser wurde zum internationalen Bestseller und hat mehrere namhafte Preise gewonnen. In der Verfilmung werden die Qualitäten der Vorlage noch verstärkt. Bei aller Ernsthaftigkeit ist Marjane Satrapis Blick auf die eigene Geschichte erfrischend selbstironisch, voller Humor und berührend. Cannes 2007: Prix du Jury

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Samstag, 3. November 2007, 17:00 Uhr
Tunisreise Bruno Moll, Schweiz 2007, Tunesien/Schweiz 2007, OV/d, 90'

Der Maler Paul Klee hat 1914 eine Reise nach Tunesien tunisreiseunternommen, die ihn nachhaltig beeinflusste. Nun folgt der tunesische Filmemacher und Maler Nacer Khemir (Bab’Aziz) im Film von Bruno Moll den Spuren Klees und lädt uns ein auf eine Entdeckungsreise in den Maghreb, hinein in die arabische Kultur. Er zeigt uns Orte, Formen, Farben und Licht, erzählt von seiner Arbeit und von Paul Klees Faszination, er denkt über die Beziehungen zwischen Okzident und Orient nach bis hin zu den Karthagern. Der Film lädt ein zur offenen Wahrnehmung.

Eine Reise verbindet zwei Künstler in unterschiedlichen Zeiten. Für den Maler Paul Klee war die Tunisreise 1914 ein entscheidender Wendepunkt im Schaffen, während der tunesische Filmemacher Nacer Khemir als Maler stark von Klees Werk beeinflusst ist. Wir begeben uns auf eine erhellende Reise nach Tunesien und tauchen ein in die Zeichen und Farben des Maghreb.

Den tunesischen Filmemacher, Erzähler und Maler Nacer Khemir, der zuletzt mit seiner Sufi-Reise Bab’Aziz begeisterte, verbindet mit der Schweiz ein Name ganz besonders: Der des Künstlers Paul Klee. Der Berner Maler hat den Tunesier früh schon fasziniert, hat sein eigenes Schaffen spürbar geprägt. Vom ersten Moment an war er denn auch von der Idee des Schweizer Filmemachers Bruno Moll begeistert, die Tunisreise, die Paul Klee im April 1914 gemacht hat, anhand der Tagebuchnotizen nachzuvollziehen und aus dem Heute heraus zu betrachten. Klees Schaffen ist von der Erfahrung des tunesischen Lichts und der Farben geprägt.

Der Film Die Tunisreise ist eine Reise in den Orient, verbindet zwei Künstler, die der je anderen Welt mit offenen und wachen Sinnen begegnen und so vermitteln können. Bruno Moll versteht seine Tunisreise als «Annäherung an die Frage nach den Möglichkeiten von Bildern und zeigt das Verbindende der beiden Künstler.» Tunis und Karthago, Sidi Bou Said, Hammamet und Kairouan sind die Stationen. Der Blick ist geprägt von Nacer Khemir, der als Weltenreisender eine faszinierende Vermittlung zwischen Orient und Okzident schaffen kann. Wir tauchen in in Paul Klees Bild- und Gestaltungselemente, erfahren über seine Reise den Blick auf Tunesien aus einer Zeit, die den Turismus noch nicht kannte. Nacer Khemir geleitet uns zu den Zeichen, die diesen Teil der Welt prägen und von denen Klee viele aufgenommen hat. Die Verbindung zwischen dem europäischen und dem maghrebinischen Blick, eingefangen in wunderbaren Bildern durch Matthias Kälin, weitet unsere Sinne und lässt uns wie nebenbei die arabische Welt und jene des Islams neu wahrnehmen. Eine bereichernde Begegnung und eine lohnende Reise.

Walter Ruggle

Nach der Aufführung von «Die Tunisreise» können Sie Bruno Moll und Nacer Khemir in einem Filmgespräch hören und sehen. Das Gespräch moderiert Chasper Pult.

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Samstag, 3. November 2007, 20:15 Uhr
Ichijiku no kao Regie: Kaori Momoi, Japan 2006, OV/d, 94’

Die Familie Kadowaki lebt in einem traditionellen japanischen Holzhaus mit einem Feigenbaum im Hof. Die Atmosphäre ist rau, aber herzlich. Ein geheimnisvoller nächtlicher Baustellenjob, zu dem Vater Oto nach Tokio aufbricht, sät Misstrauen. Kaum zurück, stirbt Oto an einer plötzlichen Hirnblutung. Mutter Maasa verliert das seelische Gleichgewicht, Tochter Yume entdeckt ihre Adoptionsurkunde; ihre Welt befindet sich in Auflösung.
In Worte lässt sich das bizarre Regiedebüt der bekannten Schauspielerin Momoi Kaori kaum fassen; seine Absurdität, seine Originalität, sein aberwitziger Humor, selbst seine abgrundtiefe Traurigkeit sind aus grell farbigen Bildern gemacht. Für die überbordende Ausstattung zeichnet der langjährige Production Designer von Suzuki Seijun, Kimura Takeo, verantwortlich. Selbst vor einer animierten Sequenz mit fluchenden Ameisen macht der ungestüme Stilwille des Films nicht halt. Man kann sich satt sehen an liebevollen Details, wird ständig aufs Neue überrascht von surrealer Komik, von plötzlichen Perspektiv- und Zeitenwechseln. «Ichijiku no kao» ist ein Film über Abschiede, Ablösungen, verblassende Erinnerungen. Nostalgie will trotzdem nicht aufkommen. Dafür ist die Gegenwart zu stark.

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Samstag, 3. November 2007, 22:00 Uhr
Kao Shi Regie: Pu Jian, China 2006, OV/e, 104’

Die Lehrerin Qu erteilt seit zwanzig Jahren den Unterricht an der Grundschule in einem kleinen Fischerdorf in einem Sumpfgebiet Südchinas. Die Schule zählt nur fünf Schüler, und seit den vergangenen neun Jahren haben ihre Sprösslinge immer als die besten an den jährlichen staatlichen Prüfungen abgeschlossen. Die Töchter der Lehrerin leben in der nahen Grossstadt. Die eine studiert an der Uni und die andere, die durch ihre Migräneanfälle immer etwas kränklich wirkt, hatte sich die Hand mit heissem Wasser verbrannt. Nach 20 Jahren Dienst beantragt Frau Qu ihre Versetzung in die Stadt, um näher bei ihren Töchtern zu sein. Die Schulverwaltung ist unter der Bedingung einverstanden, dass ihre Schüler bei der anstehenden Prüfung wieder als die besten abschliessen. Der Vorsteher des Fischerdorfs und die Schüler erfahren von dieser Vereinbarung und sind damit überhaupt nicht einverstanden. Sie untergraben die Versetzung indem sie die Prüfung gewollt schlecht abschliessen.
Der Film basiert auf einem wahren Vorfall. Die Akteure im Film sind keine professionelle Schauspieler, sie sind die Einwohner dieses Fischerdorfes, die sich selbst spielen. Der Film zeichnet sich durch seine Transparenz und Schlichtheit aus sowie durch die schönen Aufnahmen des Sumpfes.

base
Sonntag, 4. November 2007, 00:00 Uhr
Retour a Gorée Regie: Pierre-Yves Borgeaud, Lux/CH 2007, 110’

Jazz ist das wunderbare Produkt des Horrors der Sklaverei. Deshalb machte sich Youssou N’Dour auf den Weg zurück zu den Wurzeln der Sklaverei und ihrer Musik, auch auf der Suche nach neuer Inspiration. Begleitet wird er dabei vom blinden Schweizer Pianist Moncef Genoud und vom Direktor des «Gorée House of Slaves»-Museum, Joseph N’Diaye. Während dieser Reise, die N’Dour über die USA und dann nach Europa führte, schrieb der senegalesische Sänger neue Songs.

base
Sonntag, 4. November 2007, 10:00 Uhr
Le collier perdu de la colombe Regie: Nacer Khemir, Tunesien 1991, OV/d/f, 90’

Er gehört zu den grossen orientalische Märchenerzähler von kleinen Geschichten, der Tunesier Nacer Khemir, der noch immer in alter Tradition unterwegs ist und in seiner Schilderungen schwebend leicht pendelt zwischen dem Gewesenen und dem Erdachten.
Mit traumhaft schönen Bildern und im Erzählstil von 1001 Nacht beschwört Nacer Khemir die Blütezeit der andalusisch-arabischen Hochkultur. An das weltberühmte mittelalterliche Buch "Das Halsband der Taube – von der Liebe und den Liebenden" erinnernd, schildert der Tunesier kontrastreiche Facetten der Liebe, für die allein die arabische Sprache sechzig Begriffe kennt. Dabei schafft die Geschichte von Hassan, der bei einem Meister Kalligraphie erlernt, den Rahmen für geschmeidig verknüpfte Episoden. Aus ihnen kristallisiert sich der magische Bann der Prinzessin von Samarkand heraus, deren Bild Hassan auf einer versengten Buchseite mit sich trägt. Der Film nimmt uns mit in eine Zeit, in der Dschinns (Geister) und Visionen noch real waren. In seiner Welt entdecken wir das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulture, Religionen und Lebensformen. Im Anschluss an die Aufführung von «Le collier perdu de la colombe» erleben Sie Nacer Khemir in einem Filmgespräch.  

base
Sonntag, 4. November 2007, 12:45 Uhr
Boz Salkyn Ernest Abdyjaparov, Kirgistan 2007, OV/d, 95’

In den abgelegenen Dörfern in den Bergen des ländlichen Kirgistans existiert ein kirgisischer Brauch….die Entführung der Ehefrauen. Ist dieser Brauch heute noch gerechtfertigt, obwohl die Eheleute schlussendlich bis zum Ende ihrer Tage ein glückliches Leben führen? Das ist das Thema, das in „Boz Salkyn“, einer zeitgenössischen, aufrüttelnden und doch sehr warmherzigen Erzählung über die familiäre Loyalität, den Betrug, den Verrat und vor allem über die Liebe, verfolgt wird. Trotz der Schwere dieser Thematik enthält dieser Film zahlreiche Momente der Leichtigkeit, wobei das Leben in einem typischen kirgisischen Dorf wiedergegeben wird.

base
Sonntag, 4. November 2007, 14:30 Uhr
Ma Bei Shang De Fa Ting Regie: Liu Jie, China 2006, OV/e, 105’

Der Film dreht sich rund um ein dreiköpfiges Gericht, das den Staat in einer einsamen Bergregion vertritt, die nur mit Pferden zugänglich ist und dort dann mit der Not der Bauern, Naturglauben und Familienfehden konfrontiert wird. Starre Paragraphenreiterei muss sich zu geschmeidigem Pragmatismus wandeln – ein glänzend fotografiertes Lehrstück über die Natur der Gerechtigkeit.
Im Jahr 2003 war Liu Jie auf Dienstreise in der südwestchinesischen Provinz Yunnan. In der abgelegenen und rückständigen Gemeinde Ninglang machte er Station. Um den einheimischen Bauern unnötige Prozesskosten zu ersparen und sie trotzdem juristisch zu beraten und gerecht zu behandeln, gehen die Richter zu den Bauern. Sie reiten in Bergdörfer, zu denen es keine anderen Verkehrsverbindungen gibt. Dort verhandeln sie die anstehenden Fälle an Ort und Stelle. Während des Prozesses erklären sie oft den Bewohnern die rechtlichen Regeln und Bestimmungen.
Liu Jie sagt: "Ich hatte hier die einmalige Chance, mich auf die lokalen Justizfragen zu konzentrieren. Was ich zeige, ist kein Einzelfall. In fast allen abgelegenen Dörfern Chinas begegnet man diesem Problem. Gesetzanwendung und Gerichtsverhandlungen für die Bewohner der ländlichen Gebiete sind wirklich schwierig. Dieses Problem wurde aber noch nie gezeigt. Ich wollte gerade dies durch den Film sichtbar machen."

base
Sonntag, 4. November 2007, 16:30 Uhr
Madrigal Regie: Fernando Pérez, Kuba, 2006, OV/d, 112’

«Madrigal» ist dem französischen Regisseur René Clair gewidmet. Warum? – 1955 drehte Clair seinen Film «Les grandes Manoeuvres», in dem Gérard Philipe als junger Offizier darum wettet, dass er das Herz von Michèle Morgan gewinnen wird, der schönsten und geheimnisvollsten Frau der ganzen Stadt. Was als das Spiel eines Charmeurs beginnt, entwickelt sich zu einer Leidenschaft auf beiden Seiten, endet aber dramatisch, als die Frau von der ursprünglichen Täuschung erfährt. Gérard Philipe aber liebt sie inzwischen tatsächlich. Er bittet die erzürnte Geliebte um Verzeihung. Als Zeichen ihrer Gnade solle sie das Fenster öffnen, wenn er bei der Parade an ihrem Haus vorüberzieht. Doch das Fenster bleibt geschlossen. Das ist das Ende des Films. René Clair hatte allerdings einen anderen Schluss vorgesehen, der nicht realisiert worden ist, weil die Produzenten ihn als zu tragisch empfanden: Michèle Morgan, die verletzt und total erschüttert ist, öffnet in ihrem Zimmer die Gasleitungen. Ein Diener findet die Tote, riecht das Gas und öffnet das Fenster. Im gleichen Moment marschiert unten Gérard Philipe vorbei, schaut nach oben und glaubt, seine Geliebte hätte ihm alles verziehen. «Madrigal» rettet dieses Ende in einer Liebesgeschichte, die im Havanna der Gegenwart spielt.

base
Sonntag, 4. November 2007, 18:30 Uhr
News from Home Regie: Amos Gitai, Israel 2006, OV/d, 97’

Im 1948er Krieg von seinem palästinensischen Besitzer verlassen; von der israelischen Regierung als „leer stehend“ enteignet; 1956 an jüdisch-algerische Immigranten vermietet; von einem Universitätsprofessor gekauft, der es 1980 in ein drei-geschossiges Haus umbaut…
Dieses Gebäude in West-Jerusalem ist nicht mehr der Mikrokosmos, der es vor 25 Jahren war. Seine Bewohner leben in alle Himmelsrichtungen verstreut. Der gemeinsame Ort hat sich aufgelöst, bleibt aber ein emotionales und physisches Zentrum im Herzen des israelisch-palästinensischen Konflikts. Konkrete Realität ist zu versprengten Geschichten und Erinnerungen geworden. Eine neue Identität, eine neue Diaspora haben sich entwickelt.
Gitai hat eine Art menschlicher Archäologie geschaffen. Er untersucht die Beziehungen zwischen den Einwohnern des Hauses, Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Israelis und Palästinensern. Alle werden auf ihre Art ein Symbol für das Schicksal der Region, der Welt.
Mit seiner Triologie House (1980), A House in Jerusalem (1998) und News from Home/News from the House (2006) hat Amos Gitai eine Art menschlicher Archäologie geschaffen. Er untersucht die Beziehungen zwischen den Einwohnern des Hauses, Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Israelis und Palästinensern. Alle werden auf ihre Art ein Symbol für das Schicksal der Region, der Welt.

base
Sonntag, 4. November 2007, 20:15 Uhr
Tuyas Marriage (Tu ya de hun shi) Regie: Wang Quan'an, China 2006, OV/d/f, 96’

Im Nordwesten der Inneren Mongolei werden die Voraussetzungen für ein Leben in der Natur immer schlechter. Denn auch in dieser unwirtlichen Region Chinas expandiert die Industrie. Die Regierung bedrängt die mongolischen Hirten, das Nomadenleben aufzugeben, in die nahen Städte zu ziehen und sich dort als Bauern niederzulassen. Die schöne und selbstbewusste Tuya aber will ihr Weideland nicht verlassen. Lieber lebt sie – zusammen mit ihrem behinderten Ehemann, zwei Kindern und hundert Schafen – ein Leben voller materieller Entbehrungen in den unendlichen Weiten der Steppe. Die harte Arbeit setzt Tuya merklich zu. Ihr Ehemann Bater will sie zur Scheidung überreden, doch Tuya widersetzt sich auch ihm. Eines Tages aber wird sie krank. Nun denkt sie erstmals doch an eine Scheidung. Sie könnte dann jemanden finden, der ihr hilft, den kranken Bater, die zwei Kinder und ihre hundert Schafe zu versorgen. Doch alle Bewerber wollen von Bater nichts hören. Bis Tuyas ehemaliger Klassenkamerad Baolier auftaucht. Er findet für Bater einen Platz in einem sehr schönen Pflegeheim und bringt Tuya und die Kinder dazu, in die Stadt zu ziehen. Doch Bater kann sich an das Leben im Heim, fern von der Steppe und getrennt von seiner Familie, nicht gewöhnen.
Goldener Bär Berlin 2007