Dienstag, 1. November 2005, 21:15 Uhr
Private
Regie: Saverio Costanzo, Italien 2004, Arabisch/Hebräisch/d, 90
Mohammad B. lebt mit seiner Familie im Niemandsland zwischen einem palästinensischen Dorf und einem israelischen Militärstützpunkt – in der Schusslinie der verfeindeten Parteien. Die israelische Armee beschliesst, diesen strategisch wichtigen Ort zu besetzen. Da Mohammad sich weigert, sein Haus zu verlassen, wird der obere Stock zum militärischen Sperrgebiet. Den unteren Stock darf die Familie weiterhin nutzen, die Nächte aber muss sie im Wohnzimmer eingesperrt verbringen…
«Private« basiert auf einer wahren Begebenheit und erzählt, wie die Politik ins Private einbricht. Indem Regisseur Saverio Costanzo den Nahost-Konflikt in vier Wände verlagert, gelingt es ihm, in starken Bildern einzigartige Einsichten zu vermitteln.
LOCARNO 2004 – Leopardo d’oro
Mittwoch, 2. November 2005, 13:30 Uhr
Sirga, die Löwin
Regie: Patrick Grandperret, F 1996, deutsch, 91 min., ab 6 Jahren
”Sirga, die Löwin” ist die einfühlsame Geschichte einer wunderbaren Freundschaft im Herzen Afrikas zwischen dem jungen Häuptlingssohn Oulé und der heranwachsenden Löwin Sirga.
Am gleichen Tag geboren, bestehen die beiden Freunde unzählige Abenteuer. Oulé lernt durch die Löwin die Sprache des Busches und verfügt so über Fähigkeiten, die er einsetzen kann, als blaue Reiter aus dem Norden das idyllische Dorf angreifen und die Bewohner entführen.
Mit ”Sirga, die Löwin” ist es gelungen, einen faszinierenden Tierfilm mit unglaublichen Aufnahmen als spannendes Abenteuer zu inszenieren. Der Film weckt bei Kindern, Jugendlichen und Eltern gleichermaßen Begeisterung.
Mittwoch, 2. November 2005, 15:15 Uhr
Die Geschichte vom weinenden Kamel
Regie: Byambasuren Davaa, Luigi Falorni, Mongolei 2003, OV/d, 90
Im weiten Süden der Mongolei, in der unwirklichen Landschaft der Wüste Gobi, kommt ein kleines, weisses Kamel zur Welt. Die Mutter, geschwächt und verstört von der schmerzhaften Geburt, verstösst ihr Junges. Ohne die nahrhafte Muttermilch scheint das Kalb, das sich seiner Mutter immer wieder verzweifelt nähert, dem Tod geweiht. In ihrer Not erinnern sich die Hirtennomaden an ein uraltes Ritual: Ein Musiker aus der fernen Stadt soll mit den magisch-himmlischen Klängen seiner Geige die Kamelmutter zum Weinen bringen und so ihr Herz erweichen. Das Wunder geschieht: Die Mutter bricht in Tränen aus, ihr Junges darf säugen und ist gerettet. Dieser fein beobachtende Film voller fremdländischer Mysterien erzählt nicht nur die Geschichte einer Kamelmutter und ihres Jungen, sondern lässt auch erahnen, wie universell der grosse Wunsch nach Liebe und Geborgenheit ist.
Mittwoch, 2. November 2005, 21:15 Uhr
Turtles Can Fly
Regie: Bahman Ghobadi, Iran/Irak-2004
Seit seinem gefeierten Erfolgsstreifen «Time of Drunken Horses» gilt Bahman Ghobadi als einer der ganz grossen Visionäre des zeitgenössischen, kurdischen Kinos. In «Turtles Can Fly» greift der Regisseur wieder seine Lieblingsthematik auf: Er zeigt die Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendlichen im Grenzgebiet zwischen Iran und Irak.
Die Kamera schwenkt in ein Flüchtlingslager an der türkischen Grenze, das einst von der UNO errichtet wurde. Der Stacheldraht wirkt bedrohlich, die Uniformierten stellen das Gesetz dar. Die hier zum Leben verdammten Kinder fristen ein trauriges Dasein: Ihre einzige Einkommensquelle ist das Entschärfen von Minen, die sie anschliessend weiterverkaufen. Das geht nicht immer glimpflich ab – die Verstümmelungen an Körper und Seele sind zahlreich.
Satellit ist der Boss der Kindergang – gleichzeitig fungiert er auch als Übersetzer. Weil Satellit sich mit Antennen und Fernsehern auskennt und der Junge ein paar Brocken Englisch kann, wird er von den Lagerinsassen gerne als Dolmetscher für die aktuellen CNN-Nachrichten eingespannt. Denn die ersten Angriffe amerikanischer Bomber stehen unmittelbar bevor.
Der Blick auf die Protagonisten ist liebevoll, ihre skurrilen Eigenarten lassen einen bisweilen sogar Schmunzeln. Dass die Tragik der auswegslosen Situation mit Komik aufgebrochen wird, tut dem Streifen gut. Die Laiendarsteller machen durchs Band einen guten Job. Das ist umso eindrücklicher, da es bei diesem Film kein festes Drehbuch gab. Also spielen sie im Grunde ihr eigenes Leben, was so beklemmende Authentizität vermittelt.
Donnerstag, 3. November 2005, 13:30 Uhr
Machuca
Regie: Andrés Wood, Chile 2004, Spanisch/d/f, 120
Chile 1973. Der Film erzählt die einzigartige Freundschaft zwischen Gonzalo und Pedro vor dem Hintergrund der dramatischen politischen Ereignisse, die zum Putsch durch Pinochet führten.
Der 11jährige Gonzalo stammt aus guten Verhältnissen und besucht die katholische Schule von Santiago. Eines Tages nimmt die Schule auf Initiative des idealistischen Paters Mac Enroe neue Mitschüler aus den ärmlichen Vororten auf, unter ihnen Pedro Machuca. Gonzalo freundet sich mit Pedro an, der inder Slum-Siedlung am Rande der Stadt lebt. Gonzalo entdeckt eine ihm bislang unbekannte Welt aus Freundschaft, Solidarität und Respekt, und mit der hübschen Silvana auch die erste Liebe. Durch Gonzalos wache Augen beobachtet Regisseur Andrés Wood, wie das gesellschaftliche Klima der Offenheit in Chile sich praktisch täglich verschlechtert.
Donnerstag, 3. November 2005, 15:45 Uhr
Ina, Amer & Elvis
Regie: Daniel von Aarburg
Bosnien/CH 2005 Bosnisch/Deutsch/Englisch, 90‘
«Ina, Amer & Elvis» erzählt die Geschichte dreier junger Menschen, die Mitten in der Pubertät stecken, als im ehemaligen Jugoslawien Krieg und nationalistischer Wahnsinn ausbrechen.
Ina Bakalovic entkommt mit ihrer Familie knapp der Einkesslung ihrer Heimatstadt Srebrenica. Die Schweiz bietet den Bakalovics Zuflucht als temporär aufgenommene Gewaltflüchtlinge.
Amer Obradovic gerät im kroatisch-bosnischen Grenzgebiet zwischen die Fronten. Er versteckt sich in den Wäldern und stellt sich dann auf Wunsch seiner Mutter der kroatischen Armee.
Elvis Besic wird mit 15 in ein serbisches Konzentrationslager gesteckt. Als er auf Druck des Roten Kreuzes ein halbes Jahr später frei kommt, wiegt er gerade noch 39 Kilo. Er und seine Familie können sich als ehemalige Lagerinsassen eine Asyldestination aussuchen. Sie entscheiden sich für die Schweiz.
Krieg und Exil führen die drei jungen bosnischen Muslime in Davos zusammen, das Durchgangszentrum für Flüchtlinge wird für kurze Zeit zu ihrem gemeinsamen Zuhause.
Nach Kriegsende trennen sich ihre Wege. Ina wandert in die USA aus, Amer kehrt nach Bosnien zurück und Elvis erhält in der Schweiz Asyl.
Ein bewegender Dokumentarfilm über den Krieg, das Exil und Erwachsenwerden unter schwierigen Umständen.
Donnerstag, 3. November 2005, 20:00 Uhr
BabAziz
Regie: Nacer Khemir, Tunesien 2005, Arabisch/Farsi/d/f, 98
In der Tradition von 1001 Nacht erzählt «Bab’Aziz» Geschichten von Prinzen, Palästen und langen Irrfahrten: Zwei einsame Gestalten in einem Meer aus Sand: Ishtar, ein lebhaftes kleines Mädchen, und ihr Grossvater Bab’Aziz, ein blinder Derwisch. Ihr Ziel ist das grosse Derwisch-Treffen, das alle dreissig Jahre stattfindet, dessen Ort jedoch nur demjenigen offenbart wird, der es vermag mit dem Herzen der unermesslichen Stille der Wüste zu lauschen und sich von ihr leiten zu lassen. Auf dem Weg durch die endlose Weite begegnen sie anderen Menschen: Osman, der sich nach den schönen jungen Mädchen verzehrt, die er am Grunde eines Brunnens gefunden hat … Zaid, der mit seinem Gesang eine hinreissende Frau verführt und wieder verloren hat … Dann ist da noch der Prinz, der sein Reich aufgibt, um Derwisch zu werden – ein uraltes Märchen, das Bab’Aziz Ishtar auf ihrer entbehrungsreichen Wanderung erzählt. Doch die Wüste ist dem Derwisch wohl gesonnen und verrät ihm rechtzeitig ihr Geheimnis: den Versammlungsort. Der alte Mann gibt seiner Enkeltochter noch einen letzten Kuss, bevor er sie mit Zaid in den Strudel aus wilden Farben und betörenden Klängen schickt, durch den sich das Treffen schon von Ferne ankündigt. Denn für Bab’Aziz ist die Zeit gekommen, mit dem Sand zu verschmelzen …
Quelle: trigon-film
Donnerstag, 3. November 2005, 21:45 Uhr
Mauer
Regie: Simone Bitton, France/Israel 2004, Hebräisch/Arabisch/d, 98
Die israelische Regierung fühlt sich von den Palästinensern derartig bedroht, dass sie eine Mauer an einer willkürlich gezogenen Linie errichtet. Diese ist mit der Berliner Mauer durchaus zu vergleichen. Simone Bitton verfolgt den Bau dokumentarisch, untersucht die Kosten und erörtert die möglichen Folgen der Separation zweier Völker: eine filmische Meditation über den Israel-Palästina-Konflikt.
Simone Bitton behaupt ihre doppelte Identität als Jüdin und Araberin und lässt so die Grenzen des Hasses verschwimmen. In einem klassischen dokumentarischen Ansatz folgt der Film der Mauer der Trennung, die eine der historisch bedeutendsten Landschaften zerstört, indem sie das eine Volk einsperrt und das andere eingrenzt.
Auf der Baustelle dieser irrsinnigen Mauer trotzen tägliche Ansprachen und heilige Gesänge – auf Hebräisch und Arabisch – dem Diskurs des Krieges inmitten des ohrenbetäubenden Lärms der Bulldozer.
«Mauer» erlaubt dem Zuschauer einen letzten Blick auf die Schönheit dieser Landschaft und die Menschlichkeit seiner Bewohner, bevor sie hinter der Mauer verschwinden.
Donnerstag, 3. November 2005, 23:30 Uhr
Travellers & Magicians
Regie: Khyentse Norbu, Buthan 2003, OV/d, 108
Nach seinem bezaubernden und feinfühligen Erstling «The Cup» erzählt uns der Bhutanese Khyentse Norbu die Fabel des jungen Dondup, der die Einfachheit seines Landes verspottet und von einem Lebenin Amerika träumt.
Als er durch einen Freund die Chance auf ein Visum für die Staaten erhält, lässt Dondup alles stehen und liegen und packt seine Sachen zusammen. Durch eine Reihe von unglücklichen Zufällen verpasst er aber den Bus, der ihn zum Flughafen in die Hauptstadt bringen sollte und ist gezwungen, per Anhalter zu fahren. Dabei trifft er auf andere Reisende, eine Apfelverkäufern, einen fröhlichen Mönch und einen alten Mann, der mit seiner hübschen Tochter unterwegs ist. Dieses Menschengrüppchen und die abenteuerliche Reise durch die wunderschöne Landschaft Bhutans eröffnen Dondup einen ganz neuen Blick auf das Land, das er verlassen will…
Ein poetisches Roadmovie, in dem die äussere Bewegung dem inneren Mäandrieren untergeordnet ist.
Freitag, 4. November 2005, 09:30 Uhr
Tibet – zwischen Museum und Moderne
Regie: Zhibin Fu, Jon-Andri Mantel, Tibet/Schweiz 2005, Tibetisch/d, 74
Die tibetische Kultur wird angesichts ihrer massiven medialen Präsenz im Westen nicht so rasch untergehen, scheint es. Doch wie sieht die Situation auf dem Dach der Welt aus? Ein chinesisch-schweizerisches Filmteam hat sich aufgemacht, um dieser Frage nachzugehen.
Geheimnisvoll. Rätselhaft. Entlegen. Das ist Tibet. Kaum ein anderer Ort wurde von der westlichen Kultur so verklärt wie diese Region auf dem Dach der Welt. Berichte über mysteriöse Städte in verborgenen Tälern, verboten für ausländische Besucher, beflügelten schon im frühen 19. Jahrhundert die antasie der in Europa zurückgebliebenen. Inzwischen haben sich Alltag und Kultur des Landes aber grundlegend verändert. «Tibet – zwischen Museum und Moderne» zeigt ein realistisches Bild des Landes fern von westlicher Verklärung.
Freitag, 4. November 2005, 11:00 Uhr
Journeys with Tibetan Medicine
Regie: Martin Saxer, Schweiz 2005, OV/d, 77
«Journeys with Tibetan Medicine» erzählt die dramatische Geschichte einer Familie tibetischer Ärzte aus Burjatien (Sibirien). Die Badmayevs brachten die tibetische Medizin in den Westen: nach St. Petersburg, Polen, in die Schweiz und die USA. Sie waren Grenzgänger, die den Versuch wagten, eine östliche Wissenschaft in abendländisches Denken zu übersetzen.
Die tibetische Medizin zeigt sich dabei von einer ungewohnten Seite: nicht als uralte Heilkunst, sondern als dynamische Wissenschaft. auf ihrem Weg in den Westen trifft sie auf mystisch angehauchten Adel, revolutionäre Lamas, erkrankte Parteifunktionäre, zwei polnische Präsidenten und die Schweizer Behörden. eine Odyssee über vier Generationen durch die Wirren des 20. Jahrhunderts.
Freitag, 4. November 2005, 13:30 Uhr
Les petites gens – Malen´kje Ljudi
Regie: Nariman Turebayev, Kasachstan 2003, Russisch/d/f, 85
Kasachstan gehört zu jenen zentralasiatischen Ländern, die sich nach dem Zerfall der Sowjetunion selbständig gemacht haben. Bek und Max sind zwei junge Männer, die sich in der neuen, nach kapitalistischen Spielregeln und westlichen Vorbildern strukturierten Gesellschaft zurecht finden müssen. Man könnte sie als Hänger bezeichnen, sie leben in den Tag hinein und missbrauchen beim Schwarzhandel mit Schalk die Naivität der Leute. Bek ist auf der Suche nach der grossen Liebe und übernimmt sich dabei auch schon mal; Max will abhauen, sobald es geht.
Der Lauf der Zeit und der Stand der Dinge tragen kaum zur Erfüllung ihrer Wünsche bei. Wir aber erleben ein Stück zentralasiatischen Alltag, erzählt in der schönen Tradition des minimalistischen Kinos eines Jim Jarmusch oder, kasachisch betrachtet, von Dareschan Omirbaew. Die Reduktion passt sehr gut zu den beiden grossartig verkörperten Figuren und prägt den Charme und leisen Witz des Filmes. Wo es an Arbeitsmöglichkeiten mangelt, muss man improvisieren können und schlauer sein, als die anderen. Das ist ein Kino der leisen Töne von Poesie, Humor und Gefühlen.
Quelle: trigon-film
Freitag, 4. November 2005, 15:00 Uhr
Mahaleo
Regie: Marie-Clémence Paes, Paes Cesar, Rajaonarivelo Raymond, Frankreich/Madagascar 2005, Madegassisch/e, 102
Im Madegassischen bedeutet «Mahaleo» frei, unabhängig, selbstständig. Trotz all ihrer Erfolge lehnten die sieben Musiker der Gruppe Mahaleo das Show-Business grundsätzlich ab, um sich stattdessen für die Entwicklung ihres Landes einzusetzen. So sind die Pioniere des madegassischen Blues als Ärzte, Chirurgen, Landwirte, Soziologen oder Abgeordnete tätig. Durch den Schwung ihrer Lieder beflügelt, entwirft der Film ein bewegendes Porträt des heutigen Madagaskars.
Mahaleo erinnert an die jüngste Geschichte der Grossen Insel. Während engagierte Lieder erklingen, ziehen Archivbilder vor uns vorbei, anschliessend sehen wir die Sänger in ihrem Berufsalltag. Mir nichts dir nichts, fast spielend, werden wir mit den wirtschaftlichen und sozialen Problemen Madagaskars bekannt gemacht. Cesar Paes und der Madegasse Raymond Rajaonarivelo haben hier ihre Talente vereint, um einen leichten, sehr konkreten, poetischen und politischen Film zu schaffen.
Freitag, 4. November 2005, 17:00 Uhr
Coca: Die Taube aus Tschetschenien
Regie: Eric Bergkraut, Schweiz 2004, OV/d, 86
«Coca: die Taube aus Tschetschenien» ist ein Film über das Beharren, den Mut, die Kluheit, die Weitsicht und die sanfte List von Frauen in Kriegszeiten.
«Coca» nannten ihre Eltern Sainap Gaschaiewa – die Taube. Geboren in der Verbannung in Kasachstan, wurde sie Geschäftsfrau und zog vier Kinder gross. Seit 1994 dokumentiert sie, was in ihrer tschetschenischen Heimat täglich geschieht: Verschleppung, Folter, Mord.
Was Präsident Putin zur «antiterroristischen Aktion» erklärt, hat Züge eines Völkermordes angenommen. Bis zu dreissig Prozent der tschetschenischen Bevölkerung könnten getötet worden sein. Die Weltöffentlichkeit schweigt, sei es aus Unwissen, Hilflosigkeit oder Opportunismus.
Zusammen mit anderen Frauen hat Sainap Gaschaiewa hunderte Video-Kassetten versteckt. Jetzt will sie diese nach Westeuropa schaffen. Sie hofft, dass es zu einem Tribunal kommt und die Schuldigen bestraft werden – auf welcher Seite sie auch stehen. Ein Kampf gegen Windmühlen?
Int. Filmfestival Berlin 2005: Empfehlung der Friedensfilmpreisjury als ‹Friedensfilm›.
Im Wettbewerb: Tribecca International Film Festival 2005. CH-Uraufführung. Festival Visions du Réel Nyon >>noch mehr
Freitag, 4. November 2005, 19:45 Uhr
Yasmin
Regie: Kenneth Glenaan, Grossbritannien/Deutschland 2004, OV/d, 87
Yasmin, eine pakistanische Immigrantin der zweiten Generation, lebt in der Spannung zwischen ihrer Lebenlust und den Forderungen ihrer Familie, der die Mutter fehlt. Sie arbeitet als Sozialarbeiterin mit behinderten Kindern in Nordengland und wird von ihren Kollegen sehr geschätzt. Yasmins Vater ist frommer Muslim und Wächter der ansässigen Moschee, während ihr Bruder sich lieber als Kleindealer betätigt.
Die Anti-Terrormassnahmen der Polizei nach dem Anschlag der Al-Qaida auf das politische und ökonomische Zentrum des Westens im Jahr 2001 radikalisiert die jungen Muslime. Die Ereignisse verändern auch die Haltung von Yasmins Freunden und Arbeitskollegen, die sich von ihr distanzieren. Der Blick von aussen macht Yasmin zur Muslima.
Obwohl der Film in der britischen Gesellschaft spielt, setzt er sich mit einem Thema auseinander, das alle Welt beschäftigt. Yasmin sucht mutig einen Weg, sich selbst treu zu bleiben – sowohl in der Gemeinschaft der pakistanischen Immigranten, als auch in der westlichen Mehrheitsgesellschaft. Sie verkörpert die Erfahrung vieler Muslime, die nach dem 11. September den Anstoss zu einer Versöhnung mit ihrer kulturellen Erbschaft und ihrem Glauben erlebt haben. Der Konfrontation zwischen westlich-säkularer Kultur und radikalen islamischen Ideen stellt der Film die Suche nach Alternativen und persönlicher Identität entgegen.
Freitag, 4. November 2005, 21:30 Uhr
Memories of Rain – Szenen aus dem Untergrund
Regie: Gisela Albrecht/Angela Mai, Deutschland/Südafrika 2003, 107, Englisch/d
«Memories of Rain» erzählt die Geschichte von Jenny Cargill und Kevin Qhobosheane. Sie stammt aus der weissen, er aus der schwarzen Welt Südafrikas. Beide haben in führender Position beim Nachrichtendienst des bewaffneten Flügels des African National Congress (ANC) gegen den Apartheidstaat gekämpft. Es ist die Geschichte von im Exil verbrachtem Leben, einem Exil, das Kevin durch die Militärcamps des ANC in Angola führte und Jenny durch die Ausbildung beim Geheimdienst in Ost-Berlin.
«Memories of Rain» ist keine historische Studie über den bewaffneten Kampf des ANC. Er beschreibt die persönliche Erfahrung zweier Menschen, wie sie aufwuchsen und Teil des Untergrunds wurden. Er zeigt ihre Ziele und die Mühe, die es kostet, die Ideale in der Konfrontation mit den dunklen Seiten eines militärischen Konflikts aufrecht zu erhalten. Zugleich erzählt er aber auch von der Untergrund-Arbeit in Südafrika selbst, von einem auf ständige Tarnung angewiesenen Leben, das abgeschnitten von der normalen Gesellschaft ist und auf so rigider Selbstdisziplin basiert, dass dadurch jede Spontaneität zerstört zu werden droht.
Samstag, 5. November 2005, 00:00 Uhr
Musica Cubana
Regie: German Kral, Deutschland/Kuba 2004, Spanisch/d, 92
«Musica Cubana» erzählt die Geschichte der Entdeckung der angesagtesten jungen Musiker Kubas, die sich schliesslich unter der Leitung des 87-jährigen Pío Leiva, der kubanischen Musikerlegende aus dem "Buena Vista Social Club", zu einer Band formieren.
Pío Leiva und der Taxifahrer Bárbaro machen sich auf die Suche nach den besten Vertretern der modernen kubanischen Musik. Auf ihrer Reise begegnen sie einigen der beliebtesten Musikern Kubas: Mayito Rivera, dem Mick Jagger Kubas, El Nene, Sänger der Gruppe "Los Jóvenes Clásicos del Son" und Telmary, eine unglaublich talentierte junge Rapperin mit einer Menge kubanischen Soul. Und nicht zuletzt Arlenys und Annalays von den "Chiki Chaka Girls", die mit Ohrwurmverdächtigen Latino-Pop vertreten sind.
Der Film begleitet die Künstler bei den Proben und Aufnahmen zahlreicher klassischer Titel der kubanischen Musik wie "Chan Chan", "Fiebre de Tí" und "Longina", sowie bei ihren Improvisationen und ihrer Suche nach neuen Liedern und ihrem eigenen Stil.
Am Schluss reisen sie zu einem grossen Konzert nach Tokio, wo ihre Band "The Sons of Cuba" aus der Taufe gehoben wird.
Samstag, 5. November 2005, 09:00 Uhr
Die Chinesischen Schuhe
Regie: Tamara Wyss, D 2004, OV/d, 104
Aus der Vergangenheit flussaufwärts in eine Gegenwart rastloser Veränderung.
Auf den Spuren ihrer Grosseltern begibt sich Tamara Wyss den Jangtse flussaufwärts, durch die Drei Schluchten bis in die grossen Städte Sichuans. Gedreht wenige Wochen vor der Fertigstellung des Staudamms, treffen wir überall auf Zeichen eines grossen und historischen Umbruchs. Alles ist in Bewegung, nicht nur die Flusslandschaft, die an uns vorüberzieht. Alte Städte werden abgerissen, neue gebaut, der Welt grösster Staudamm lässt einen Fluss und mit ihm eine einzigartige Kulturlandschaft unwiederbringlich verschwinden. Nichts wird bleiben, wie es ist, auch die Landschaft der Drei Schluchten, die wir im Film sehen und die die Grosseltern noch gekannt haben, wird in Kürze nur noch Geschichte sein.
Der Film richtet sein Augenmerk immer wieder auf die Menschen, denen Tamara Wyss während ihrer Reise begegnet. Mit erstaunlicher Offenheit und einer überraschenden Gelassenheit berichten sie von den Verwerfungen chinesischer Geschichte und den Folgen aktueller Politik für ihr Leben. Im Gepäck hat die Autorin Fotografien, Tonaufnahmen, Aufzeichnungen und Briefe ihrer Grosseltern. Diese Dinge sind ihr "Reiseführer" durch das Land und zu den Menschen. Zu ihnen kehrt der Film immer wieder zurück.
Samstag, 5. November 2005, 11:00 Uhr
Schiza Fifty/Fifty
Regie: Guka Omarowa, Kasachstan / Russland 2004, Russisch/d/f,86
Kasachstan, Anfang der neunziger Jahre. Boxkämpfe ohne Gesetze. Die Trophäe – ein alter Mercedes. Ein schweigsamer Junge, den alle Schiza nennen, und ein Ex-Boxer versuchen ihr Glück. Aber in dieser Ecke der Welt ist es einfacher, sich töten zu lassen, als zu gewinnen.
Wir folgen dem Schicksal des fünfzehnjährigen Schiza, der vom Liebhaber seiner Mutter beauftragt wird, Boxer für illegale Wettkämpfe zu finden. Aber sein Leben verändert sich dramatisch, als einer seiner Kämpfer im Ring tödlich verletzt wird…
SCHIZA ist der erste Spielfilm der Regisseurin- Autorin Guka Omarowa und führt und in ein wildes, gesetzloses Kasachstan. Grandiose Landschaftsaufnahmen, schnelle Kämpfe und eine zaghafte erste Liebe machen diesen Film zum Ereignis.
Samstag, 5. November 2005, 12:45 Uhr
Bombón – el perro
Regie: Carlos Sorin, Argentinien 2004, Spanisch/d/f, 97
Carlos Sorín ist ein Meister der einfachen Geschichten von einfachen Leuten. Wer seinen letzten Spielfilm Historias mínimas gesehen hat, konnte sich der Faszination nicht entziehen.
Ein Mann kommt auf den Hund, möchte man sagen, und gleichzeitig anfügen: Er entdeckt dabei das Leben neu und findet zu sich und einem Auskommen. Als die jüngste filmische Erzählung von Carlos Sorín ansetzt, ist der Mann arbeitslos und versucht auf geradezu rührende Art, Messer mit selber geschnitztemKnauf an die Leute zu bringen. Juan heisst er, und wir erfahren im Verlauf seiner Geschichte, dass er an der Tankstelle, an der er die vergangenen zwanzig Jahre gearbeitet hatte, entlassen wurde. Arbeit gibt es im neoliberal ausgebluteten und einst so reichen Argentinien heute viel zu wenig, aber deshalb muss man noch lange nicht den Bettel hinschmeissen und schon gar nicht einen traurigen Film gestalten.
Juan ist unterwegs, und das kann nie schaden, denn wer sich bewegt, begegnet auch anderen. Zum Beispiel einer jungen Frau, die von einer Panne blockiert hilflos am Strassenrand steht. Er kann ihr helfen und kommt nun eben auf den Hund. Ein rassenreines Prachtstück von argentinischer Dogge wird ihm überlassen. Man hat bei den Schenkenden eher das Gefühl, dass sie das geerbte Monstrum loswerden möchten, als dass sie Juan wirklich ein Geschenk machen wollen. Und bei ihm ist klar, dass der Hund ihn fürs Erste noch mehr einschüchtert, als es die Situation tut, in der er steckt.
Quelle: trigon-film
Samstag, 5. November 2005, 14:30 Uhr
The Hunter – Okhotnik
Regie: Serik Aprimov, Kasachstan 2004, Kasachisch/d/f, 90
Ein als «Wolfskind» verrufener Junge und seine verführerische Mutter sowie ein Jäger und Schamane stehen im Mittelpunkt dieser elegischen, zum Teil burlesken Erkundungen menschlicher Begierden, Fähigkeiten und Einsamkeiten. Nachdem der Junge einen Überfall begangen hat, bricht er mit dem Jäger und Liebhaber seiner Mutter zu einer Initationsreise auf.
Serik Aprymov gelingt eine spannende genreübergreifende Erzählweise, eine reizvolle Mischung aus Legende, Epos und sozialem Realismus und dies eingebettet in die Natur der kasachischen Berglandschaft. Während der Initiationsreise versucht der Jäger dem Jungen seine Lebensfreude und Erkenntnisse zu vermitteln, indem er ihm die Schönheit der Natur nahe bringt und ihn Freundschaft und Tod entdecken lässt. Seine Probe besteht Erken, als er seine Mutter findet, die auf der Suche nach ihrem Sohn in den Bergen vor Kälte in Ohnmacht fällt.
Serik Aprimov bringt uns ein schönes Stück gesellschaftlichen Alltags in seiner Heimat und Momente einer Kindheit näher.
Quelle: trigon-film
Samstag, 5. November 2005, 16:30 Uhr
Sonntag, 6. November 2005, 15:00 Uhr
Saratan
Regie: Ernest Abdyjaparov, Kirgistan 2004, Kirgisisch/d/f, 84
Ernest Abdyjaparov lässt uns in seiner herrlich skurrilen Komödie die Atmosphäre eines kleinen kirgisischen Dorfes eintauchen, das die Situation des ganzen Landes zehn Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion versinnbildlicht. Überall fehlt es an Geld, und jeder versucht sich durchzuschlagen, so gut er kann. In tragikomischer Weise erzählt uns die Geschichte, wie die Personen dieses Mikrokosmos zwischen Politik und Religion, Tradition und Moderne mit dem Leben zurechtzukommen suchen.
«Im Zentrum der Geschichte steht das Schicksal des kirgisischen Volkes nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Reiches und der Unabhängigkeit, die Kirgisien damals gewann. Völlig unerwartet funktionierten die Mechanismen der staatlichen Zentralisierung nicht mehr. Der Held der Geschichte ist natürlich das kirgisische Volk, das die Folgen zu tragen hatte, bevor Lösungen zur Bewältigung der Probleme gefunden wurden. Zweifellos sind einzig Humor und Selbstspott imstande, die ganze Kraft der traurigen Bilder, die der Alltag bietet, zu erfassen und zu verstehen; ein Humor, der jenseits des Lachens am Werk ist, da er direkt aus der Absurdität der Situation entsteht.» (Ernest Abdyjaparov)
Quelle: trigon-film
Samstag, 5. November 2005, 19:15 Uhr
Daf
Regie: Ghobadi Bahman; Iran/Irak 2004, Kurdisch/e, Dokfilm, 40
In einem kurdischen Dorf unweit der irakischen Grenze stellen Faegh, seine drei Frauen und ihre elf Kinder traditionelle Trommeln her, so genannte Daf. Ankauf und Zubereitung des Holzes, Trocknen der Häute… die Kamera verfolgt die Herstellung Schritt für Schritt.
Durch den Bau dieses Instrumentes, das in der kurdischen Gemeinschaft eine ganz besondere Bedeutung hat, stellt der Film die Lebensweise einer nicht ganz alltäglichen Familie dar, deren Überleben von der Musik abhängt. Die Musik ist der Schlüssel, der uns die Türen zu ihrer Welt öffnet. Dieses Instrument wird sowohl bei Kindergeburtstagen als auch bei Bestattungszeremonien gespielt. Die Rolle des Tons als besonderem Bindeglied zur Welt und zur Religion kommt in berührender Weise zum Ausdruck, wenn Faeghs ältester Sohn, der wie mehrere seiner Geschwister von Geburt an blind ist, einen Lobgesang auf Gott anstimmt oder den Rhythmen des Daf aufmerksam zuhört.
Samstag, 5. November 2005, 20:15 Uhr
Kekexili – Mountain Patrol
Regie: Lu Chuan, China 2003, Mandarin/Tibet/d/f, 95
Ga Yu, ein Journalist aus Beijing, will im mystisch anmutenden Lager der Bergpatrouille von Kekexili die Gründe für das geheimnisvolle Verschwinden von freiwilligen Helfern und für das illegale Jagen der tibetischen Antilopen aufdecken. Auch will er den Gerüchten nachgehen, die Bergpatrouille würde mit den Wilderern kooperieren. Ga Yu schliesst sich der Patrouille auf ihrem Weg durch eine 40.000 Quadratkilometer grosse Wildnis an. Die Wilderer sind wie Gespenster in dieser unbewohnten Landschaft und verfolgen die Mitglieder der Patrouille wie dunkle Schatten, die auf den richtigen Moment für ihren tödlichen Angriff warten. Die Jäger werden zu Gejagten. Anfangs verhält sich Ga Yu wie ein Beobachter, blickt distanziert durch die Optik seiner Kamera. Doch allmählich erfährt er, dass dies kein gewöhnlicher Patrouillengang ist, sondern eine Reise auf Leben und Tod, angesiedelt und grossartig fotografiert in einer absolut packenden Berglandschaft in breitem Cinemascope. Ein Film, den man so schnell nicht mehr vergisst.
"Ich wollte einen Film über das Überleben machen und das Geschehen auch von der anderen Seite betrachten, aus der Sicht der Wilderer. Denn sie sind oft nur einfache Bauern, die Armut zu Schlächtern macht und die Antilopen aus dem einen Grund töten: um selbst zu überleben. Wir Städter müssen uns nur selten direkt dem Kampf auf Leben und Tod stellen. Deshalb habe ich diesen Film gedreht. Ich wollte am Beispiel der Patrouillenmänner dokumentieren, dass wir letztlich alle in den Kampf ums Überleben verstrickt sind." Lu Chuan
Quelle: trigon-film
Samstag, 5. November 2005, 22:00 Uhr
U-Carmen eKhayelitsha
Regie: Mark Dornford-May, Südafrika 2004, Xhosa/d/f, 120
Der erfahrene britische Musik- und Theaterregisseur Mark Dornford-May war bei einem Südafrika-Besuch derart begeistert über das riesengrosse Talentreservoir unter den jungen Leuten, dass er versuchen wollte, eine professionelle Truppe zusammenzustellen. So führte er an zahlreichen Orten, vor allem in Townships, öffentliche Auditions durch. Viele unter denen, die unbedingt dabei sein wollten, kamen aus den ärmsten Gebieten Südafrikas, ihre Talente waren noch völlig ‚un-educated’ und viele hatten davor noch nie ein Theater von innen gesehen.
2000 Auditions später hatte Dornford seine 40 sagenhaft hinreissenden Künstler gefunden und die "Dimpho Di Kopane" (Truppe verschiedener Talente) war geboren.
Seither haben sie mehrere begeisternde Aufführungen erschaffen und sind in Südafrika grosse Stars. Die Gruppe tourt mit anhaltendem Erfolg auch durch Europa.
Georges Bizets «Carmen» ist genau der richtige Stoff für die Power-Gruppe aus Cape Town, die eine dynamische Neuinterpretation gewagt hat, die alles Bisherige in den Schatten stellt: erzählt wird die Liebesgeschichte – im Xhosa-Dialekt und untermalt mit pulsierenden african traditionals – vor dem aufreibenden Alltag in Khayelitsha, einer der grössten Townships Südafrikas.
Sonntag, 6. November 2005, 00:00 Uhr
El corazón de Jesús
Regie: Marcos Loayza, Bolivien 2003, Spanisch/d/f, 90
Jesus Martínez, Finanzbeamter in La Paz, erleidet inmitten des Grossraumbüros einen Herzinfarkt. Jesús hat Glück im Unglück, und dann wiederum Unglück im Glück. Er überlebt den Herzinfarkt, wird jedoch von seiner Frau verlassen und erfährt ausserdem, dass die Versicherung die Krankenhauskosten nicht übernehmen will, da er angeblich den Vorfall nicht früh genug gemeldet hat. Doch das Glück oder vielmehr der Zufall will es, dass das Krankenhaus Untersuchungsergebnisse eines gewissen anderen Jesús Martínez mit seinen vertauscht. Mit dem Befund von bösartigem Krebs in der Hand, packt Jesus die Gelegenheit am Schopf und liefert sich selbst in ein Krankenhaus ein und schlägt so der Versicherung ein Schnippchen.
«Die bolivianische Andenstadt La Paz ist gewiss kein alltäglicher Ort für eine Kinogeschichte. Umso schöner, dass uns diese leichte Komödie um einen, der sich um sein Geld betrogen fühlt und mit allerletzter Konsequenz den Rückbetrug angeht, endlich auch Gelegenheit bietet, etwas von der spektakulär und einzigartig gelegenen Stadt zu zeigen.» (Walter Ruggle, trigon-film)
Sonntag, 6. November 2005, 09:30 Uhr
Ma famille africaine
Regie: Thomas Thümena, Schweiz 2004, OV/d, 80
Weder schlichtes Homemovie noch bitterernste Reflexion – der Film von Thomas Thümena erzählt von den Reibungsflächen der Multikultigesellschaft.
Er, Thomas Thümena, ist knapp vierzig Jahre alt und von Beruf Filmemacher, sie, Lea Zézé, hat bis zur Geburt des Kindes Yann als Zimmermädchen gearbeitet, nun wird sie zuhause bleiben, bis sie eine Ausbildung als medizinisch-technische Assistentin absolvieren kann. Sie leben in Zürich und teilen die Probleme, die fast jedes junge Paar hier haben wird: Es gibt keine Krippenplätze, das Geld ist knapp, man streitet und liebt sich.
Eine ganz normale Schweizer Familie also, wäre da nicht der unterschiedliche ethnische Hintergrund: Thomas stammt aus der Deutschschweiz, Lea ist an der Elfenbeinküste, in Abidjan, geboren und als Erwachsene in die Schweiz geflohen. Gelebt hat sie hier lange als Sans-Papier.
Und es gibt genug Hürden: Auf dem Arbeitsamt erklärt man Lea, sie solle, obwohl sie ein Abitur nachweisen kann, doch weiter als Zimmermädchen arbeiten. Und Mentalitätsunterschiede: Thomas trägt lieber dezente Farben, Lea sieht ihn gerne in bunten Hemden. Gebären, findet sie, ist Frauensache, der werdende Vater wäre gerne dabei gewesen.
Sonntag, 6. November 2005, 12:30 Uhr
Va, vis et deviens (Live and Become)
Regie: Radu Mihaileanu, Israel/Frankreich 2004, OV/d, 145
Äthiopien, um die Jahreswende 1984/85 – nach einer Hungerkatastrophe kommt es zum Exodus und zum Tod tausender äthiopischer Juden. Um das Volk der "Falashas" aus einem Flüchtlingslager im Sudan zu retten, entschliesst sich Israel unter der Führung des Mossad und mit Hilfe der USA zu einer beispiellosen Rettungsaktion – so gelangen fast 8000 Menschen, viele davon Waisen, ins gelobte Land. Der kleine Schlomo aber ist weder Jude, noch Waise, sondern ein "Goi" –seine Mutter hat ihn dazu überredet, sich als Jude auszugeben, um dem Hungertod zu entkommen. In Israel wird Schlomo von einer aus Frankreich stammenden, jüdischen Familie adoptiert. Geprägt von der Angst, als Lügner entlarvt zu werden, wächst Schlomo zu einem jüdisch-israelisch-französischen Bürger heran, vergisst aber doch nie seine Mutter und seine ursprüngliche Identität.
In dieser kunstvollen Balance zwischen Tragik und Komik vermag Mihaileanu eine wahrhaft Völker verständigende Geschichte zu erzählen, die nationalistische Stereotypen entlarvt und statt dessen vielmehr auf die fruchtbaren Auswirkungen sich kreuzender Kulturen und individueller Begegnungen verweist. In diesem Sinne ist für Mihaileanu seine Hauptfigur ein "Kind des Jahrhunderts", dass stellvertretend für viele andere einen Kompromiss mit dem Wahnsinn der Geschichte geschlossen hat.
Sonntag, 6. November 2005, 16:45 Uhr
This Charming Girl
Regie: Lee Yoon-ki, Südkorea 2004, Koreanisch/d, 99
Jeong-hae, die Hauptfigur von This Charming Girl, wird während des ganzen Films mit der Handkamera beobachtet. Weder so aufdringlich noch so verwackelt wie in Rosetta von den Brüdern Dardenne, dafür aber mindestens genauso erfolgreich, was das allmähliche Ausloten des Innenlebens dieser jungen Frau angeht. Zunächst erscheint es so, als würden relativ langweilige Alltagsmomente abgebildet, doch schon bald verflechten sich Jeong-haes Job in einer Postfiliale, ihre Busfahrten und ihre Dauerbeschäftigung Fernsehen zu einem komplexen Einblick in die Person, die sich hier scheu von der Welt abzukapseln versucht, die höchstens mal mit Arbeitskolleginnen in der Mittagspause essen geht oder am Telefon mit ihrer Tante streitet, sonst aber kaum mit ihrer Umwelt in Kontakt tritt.
Sonntag, 6. November 2005, 18:30 Uhr
Ouaga Saga
Regie: Dani Kouyaté, Burkina Faso 2004, Französisch/d, 85
«Ouaga Saga» ist eine städtische Komödie über eine Bande von Jugendlichen, die angesichts der 1001 Versuchungen zu überleben versucht und gleichzeitig ein modernes Märchen über Ouagadougou, die Hauptstadt Burkina Fasos. «Ouaga Saga» ist auch eine Hommage ans Kino in Ouagadougou und in Afrika überhaupt, denn alles dreht sich immer wieder um den Film und den Ort, an dem die Menschen Filme anschauen und geniessen. Das Kino ist hier einer der wichtigen Treffpunkte, ein Ort der Emotionen, denen man freien Lauf lassen kann.
War sein letzter Spielfilm «Sia, le rêve du Python» ein stark an Traditionen anknüpfendes Werk, so versucht Dani Kouyaté hier die gegenwärtige Realität in seiner Heimat Burkina Faso in einer Geschichte umzusetzen, die aus dem Leben gegriffen ist. So nah sie mitten im Treiben drin ist, so wunderbar leicht ist sie auch wieder überhöht, bis sie am Ende abhebt vom Planeten Erde und davonschwebt. Aus dem Weltall wird vor allem eines deutlich: Schwarzafrika mit Ouagadougou ist nicht nur ein anderer Kontinent, das ist ein anderer Planet.
Quelle: trigon-film
Sonntag, 6. November 2005, 20:15 Uhr
Le Cerf-volant
Regie: Randa Chahal Sabbag, Frankreich/Libanon 2003, Arabisch/d/f, 90
Am Tag ihrer Hochzeit wird Lamia, ein 16jähriges Mädchen, zum ersten Mal den Stacheldraht ‹überqueren›, der ihren Teil des Dorfes von jenem trennt, in dem ihr zukünftiger Ehemann Samy lebt. Lamias Dorfteil ist im Libanon, Samy’s Dorf wurde von Israel annektiert. Nur die sich Versprochenen dürfen diese Grenze überschreiten – und zurück können sie erst wieder im Sarg…
Lamia lässt alles zurück: ihre Familie, ihren kleinen Bruder, mit dem sie immer im Grenzstreifen Papierdrachen steigen liess, die Schule, ihre Freundinnen, ihre Mutter, ihre Vergangenheit. Auf dem Weg durch das verminte Niemandsland begegnet sie dem jungen Grenzsoldaten – und die beiden verlieben sich ineinander…
Randa Chahal Sabbag, Tochter einer Libanesin und eines Irakers, hat in ihrem intensiven Drama die politische Trennung eines Dorfes poetisch überwunden:
"Ich wollte ohne Hass vom Krieg sprechen. Dazu brauchte ich eine Liebesgeschichte, die sich an einer Grenze abspielt, in der kein Schuss fällt und nie von Frieden gesprochen wird. «LE CERF-VOLANT» ist in erster Linie eine Geschichte von Liebe, Sehnsucht und Unheil." (Randa Chahal Sabbag)
Mittwoch, 1. November 2006, 14:00 Uhr
Kiriku und die wilden Tiere
Regie: Michel Ocelot und Bénédicte Galup, F 2005, deutsch
Das Leben in seinem Dorf ist ein Abenteuer und führt ihn zu der bösen Zauberin Karaba. Denn nur sie besitzt das Gegengift, das seine Mutter und die Frauen im Dorf vor dem drohenden Tod retten kann. Doch Karaba ist nicht nur böse, sondern auch sehr gefährlich…
In farbenprächtigen Bildern und kindergerechten Dialogen erzählt Michel Ocelot eine beeindruckende Geschichte über Zivilcourage und die Bedeutung von Familie und vermittelt seinen Zuschauern einen aussergewöhnlichen Eindruck von der Natur und den Schönheiten Afrikas.
Mittwoch, 1. November 2006, 16:00 Uhr
Zaïna
Regie: Bourlem Guerdjou, D/F/2005, OV/d, 100
Zaïna ist verzweifelt: Mit dem Tod ihrer Mutter Selma hat sie den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verloren – und steht gleichzeitig vor einer unmöglichen Wahl. Entwederbleibt sie in der Obhut ihres verhassten Stiefvaters Omar, oder sie geht mit ihrem leiblichen Vater Mustapha mit – ein Mann, den sie am Tag der Beerdigung zum ersten Mal sieht.
Mustapha ist mit seinen Pferden auf dem Weg zu einem wichtigen Rennen in Marrakech, als er vom Tod seiner ehemaligen Frau Selma erfährt – und davon, dass er eine Tochter hat. Sein frisch gefundenes Kind will der Nomade eigentlich gar nicht zu sich nehmen. Da es aber der letzte Wunsch Selmas war und Mustapha Zaïna vor einem Leben bei Omar bewahren will, nimmt er sie widerwillig auf.
Omar fühlt sich schuldig am Tod seiner Frau Selma; seine Stieftochter Zaïna will er um jeden Preis bei sich behalten. Als er sieht, wie sein Erzrivale Mustapha und das Mädchen trotz seiner Drohungen gemeinsam fliehen, schwört Omar blutige Rache.
Auf dem Ritt durch das marokkanische Atlas-Gebirge kommen sich Vater und Tochter allmählich näher. Omar ist ihnen dicht auf den Fersen. In Marrakech kommt es schliesslich zum Showdown…
Mittwoch, 1. November 2006, 20:00 Uhr
We Feed the World
Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer, Österreich 2005, OV/d, 95‘
Tag für Tag wird in Wien gleich viel Brot entsorgt, wie Graz verbraucht.
Auf rund 350.000 Hektar, vor allem in Lateinamerika, werden Sojabohnen
für die österreichische Viehwirtschaft angebaut, daneben hungert
ein Viertel der einheimischen Bevölkerung. Jede Europäerin und
jeder Europäer essen jährlich zehn Kilogramm künstlich
bewässertes Treibhausgemüse aus Südspanien, wo deswegen
die Wasserreserven knapp werden.
«We Feed the World» ist ein Film über Ernährung
und Globalisierung, Fischer und Bauern, Geflügelzüchter und
Konzernlenker, Fernfahrer und Nahversorger, über Warenströme
und Geldflüsse – ein Film über den Mangel im Überfluss.
Der österreichische Regisseur Erwin Wagenhofer hat sich auf die Spur
unserer Lebensmittel begeben. Roter Faden ist ein Interview mit Jean Ziegler,
UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Zu Wort kommen
aber auch jene, die Nahrung produzieren, und jene, die Nahrung manipulieren
oder im Weltmassstab vertreiben, wie zum Beispiel der Produktionsdirektor
des Saatgutherstellers Pioneer oder Peter Brabeck, CEO von Nestlé
oder Karl Otrok, Produktionsdirektor von Pinoeer in Rumänien.
Diese Filmvorstellung wird vom Claro Laden Thusis gesponsort.
Mittwoch, 1. November 2006, 21:45 Uhr
The Buried Forest – Umoregi
Regie: Kohei Oguri, Japan 2005, OV/d/f, 93
In einer kleinen Stadt nahe der Berge besucht Machi die Mittelschule. Sie steckt in einem Alter, in dem das Leben noch eine klarere Richtung erfahren wird. Zusammen mit ihren Freundinnen sitzt sie zusammen, um spielerisch in Geschichten einzutauchen, die sie sich erzählen. Wirklichkeit und Geschichten beginnen sich zu durchdringen, die Grenzen lösen sich auf, und Kohei Oguri lädt uns ein, in seine eigenwillige Bilderwelt einzusteigen.
Geschichten erzählen heisst immer auch, Welten erfinden. Die Geschichten mögen sich aus der Wirklichkeit nähren, aber wenn sie uns anderswo hinführen wollen, dann werden sie die Realität hinter sich lassen und sich ihre eigene Wirklichkeit schaffen. Für den Japaner Kohei Oguri sind es Bilder, die andere Welten öffnen. In seinem letzten Spielfilm Sleeping Man hat er einen Mann einen Film lang «schlafen» lassen, um seine schiere Präsenz als Provokation für die anderen zu nehmen und als Anreiz dafür, sich Gedanken übers Leben zu machen. Hier nun, in Umoregi, was übersetzt etwas soviel wie der verborgene Baum heisst, lädt er uns auf eine ausgeklügelte Bilderreise ein, in der immer unklarer wird, wo nun die Realität der Geschichte liegt und wo die Ebene der Erzählung. Es ist eine Art «zukünftige Geschichte», die er vor uns ausbreitet, eine Geschichte, die sich uns öffnen kann, bei dem uns vieles aber auch verborgen bleiben dürfte. Die Bilder, sagt Kohei Oguri, sprechen uns sehr direkt an und folgen nicht der Logik der Wörter. Wir alle haben die erzählte Mitwelt zunächst über Bilder und Töne erfahren, indem wir als Kinder Bilder-bücher anschauten oder Geschichten lauschten. Im Prinzip versucht der Japaner es mit seinem jüngsten Film, uns ins Erzählen von Geschichten zu entführen und, hoffend, dass wir darin eintauchen, uns ein Bilder-buch zu öffnen. Es ist ein prachtvolles Bilderbuch mit bis ins letzte hinein komponierten Bildern, atemberaubend ausgeleuchtet mitunter, auch in den Schatten faszinierend und in verborgene Details hinein. Es ist ein Bilderbuch aber auch, das uns spürbar macht, wo wir den kindlichen Blick hinter uns gelassen haben und uns an ganz anderen Zeichen orientieren. Mir scheint, dass Oguri uns mit diesem Film provozieren will, uns nur auf seine Bilder einzulassen und auch ihre Fremdheit als solche zu akzeptieren. Walter Ruggle – Trigon-Film
Donnerstag, 2. November 2006, 14:00 Uhr
Season of the Horse – Jifeng Zhong De Ma
Regie: Cai Ning, China/Mongolei 2005, OV/d/f, 105
Die mongolischen Viehzüchter, einst das stolze Symbol einer jahrhundertealten Nomadenkultur, werden mit den unerbittlichen Entwicklungen der modernen Welt konfrontiert. So auch der stolze Urgen, der mit Frau, Sohn und seinem alten, treuen Gaul in den weiten Steppen der Inneren Mongolei lebt. Er muss mitansehen, wie das Weideland austrocknet und die moderne, chinesische Zivilisation den Nomadenalltag mit Gesetzen, Regeln und Stacheldraht immer stärker bedroht. Durch die anhaltende Dürre verenden seine Schafe allmählich und das Einkommen reicht nicht mehr, um die kleine Familie zu ernähren und den Sohn zur Schule zu schicken. Trotzdem weigert er sich, wie viele andere in die Stadt zu ziehen. So gerät er immer mehr in Streitereien mit Freunden, Nachbarn, Behörden und nicht zuletzt mit seiner Frau. Sie ist praktischer orientiert und überlegt sich, wie sie Geld für die Schule des Knaben beschaffen könnte. Doch Urgen beteuert, er würde eher sterben, als sein treues Pferd zu verkaufen oder am Strassenrand Jogurt zu verkaufen. Der bekannte mongolische Schauspieler Ning Cai ist in der Inneren Mongolei – die heute zur Volksrepublik China gehört – geboren und aufgewachsen. Er studierte Schauspiel an der Theaterakademie in Shanghai und Regie an der Beijinger Filmakademie. In seiner ersten Regiearbeit «Season of the Horse» spielt er auch gleich die Rolle des unbeugsamen Hirten Urgen, für welchen die Aufgabe der traditionellen Lebensweise undenkbar scheint. Die ebenfalls renommierte Schauspielerin Narenhua stellt seine realistischer eingestellte Frau dar, die gewillt ist, sich den Herausforderungen eines ungewissen Lebens in der Stadt zu stellen. Ning schafft ein unsentimentales und überzeugendes Porträt einer mongolischen Hirtenfamilie zwischen Tradition und Moderne. Seine kraftvollen und poetischen Bilder sind eine Hymne an eine uralte Kultur und endlos schöne Landschaft.
Das Pferd, das verloren in der Steppe steht, wirkt dabei als bildstarkes Symbol einer Welt, die dem Untergang geweiht ist – egal ob jemand hier Filme darüber dreht oder nicht. Mit dem Kameramann Jong Lin, der einige Filme mit Ang Lee gedreht hat, hat Ning Cai zudem einen erfahrenen Mann in seiner Equipe, der Schönheit und Weite der mongolischen Steppe zu einem visuellen Erlebnis werden lässt.
Donnerstag, 2. November 2006, 16:00 Uhr
Das Schloss im Himmel
Animationsfilm von Hayao Miyazaki, Japan 1986, OV/d, 124‘
Das Mädchen Sheeta ist im Besitz eines magischen Kristalls, der den
Weg nach Laputa weist, einem sagenumwobenen Schloss im Himmel. Dort soll
es unvorstellbaren Reichtumund eine geheimnisvolle Technologie geben,
mit der sich die Welt beherrschen lässt. Sowohl eine Bande von Himmelspiraten,
als auch die Armee und der Regierungsagent Musca fahnden deshalb schon
lange nach Laputa – und machen sich auf die Jagd nach Sheeta und dem Kristall.
Auf der Flucht vor ihren Verfolgern trifft sie auf den Jungen Pazu, der
auf den Spuren seines Vaters ebenfalls das Schloss im Himmel zu finden
hofft. Gemeinsam begeben sie sich auf ihre abenteuerliche Reise, die zu
einem Katz-und-Maus-Spiel wird, und auf der die beiden ihren Mut unter
Beweis stellen müssen, fantastische Dinge sehen und unerwartete Freundschaften
schliessen werden…
Nach dem grossen Erfolg der Filme «Chihiros Reise ins Zauberland»,
der den Goldenen Bären und den Oscar für den besten Animationsfilm
gewann, und dem ebenfalls oscarnominierten «Das wandelnde Schloss»,
wurde Hayao Miyazaki, der japanische «Disney», 2005 mit dem
Goldenen Löwen der Filmfestspiele Venedig für sein Lebenswerk
ausgezeichnet.
1986 entstanden, ist «Das Schloss im Himmel» der erste mit
seinem Studio Ghibli produzierte Film. Ein in jeder Hinsicht mitreissendes
Abenteuer für Kinder jeden Alters, mit dem der Animations-Virtuose
seine überbordende Fantasie und sein visuelles und erzählerisches
Genies offenbart.
Donnerstag, 2. November 2006, 19:00 Uhr
Referat Dr. Sonja Steixner
Traditionelle Konfliktregelungen und Versöhnungsrituale bei Paaren am Beispiel Burkina Faso (Westafrika)
Erfahrungen und Erkenntnisse aus einer 4 monatigen Forschungsreise.
Während meines Aufenthaltes in Burkina Faso von Sept.2002 –
Febr. 2003 befragte ich traditionelle Chefs, professionelle Konfliktregler
und deren BeraterInnen sowie Betroffene zu Konfliktregelungen und Versöhnungsritualen
aus elf verschiedenen Volksgruppen in zum Teil sehr abgelegenen, schwer
zugänglichen Gebieten.
Die für mich faszinierendsten Beispiele an Hand eines «Stufenprogrammes»
als Hilfe für Paare bei Konfliktlösungen möchte ich vorstellen
und näher erläutern.
Dr. Sonja Steixner lehrt an der Akademie für Sozialarbeit in Innsbruck.
Sie ist Psychotherapeutin in freier Praxis, Supervisorin und Mediatorin.
Donnerstag, 2. November 2006, 20:30 Uhr
Delwende
Regie: S. Pierre Yameogo, Burkina Faso 2005, OV/d/f, 90
Ganz der schnörkellosen, direkten Erzähltradition des westafrikanischen Kinos verpflichtet, erzählt S. Pierre Yameogo in seinem fünften Spielfilm von Männerherrschaft, dem Diktat des Brauchtums und dem Aufbegehren einzelner Frauen. Die ersten Einstellungen führen in ein Dorf, ein Fest wird gefeiert, Frauen tanzen und die junge Pougbila erweckt Begehrlichkeit unter den Männern wie Neid bei den Frauen. Denn die 16-Jährige ist von üppiger Schönheit und zudem Tochter eines der mächtigen Dorfältesten. Doch dann wird das Dorf von Unheil heimgesucht: Täglich sterben Kinder, Angst geht um. Als Pougbila ihrer Mutter gesteht, dass sie vergewaltigt wurde, scheint dieses Delikt vernachlässigbar, und ohne den Namen des Täters wissen zu wollen, verheiratet ihr Vater sie kurzerhand in ein benachbartes Dorf. Inzwischen führt der Ältestenrat den Tod der Kinder in Missachtung der Radiobeiträge über kursierende Meningitis auf den Fluch einer Hexe zurück und veranstaltet einen magischen Ritus, um die Schuldige zu entlarven. Es trifft Pougbilas Mutter, die, zur Flucht gezwungen, eine entbehrungsreiche Odyssee antritt.
Yaméogo schrieb das Drehbuch aufgrund seiner Recherchen über marginalisierte, als «Hexen» bezeichnete Frauen. Die Kamera führte Jürg Hassler, World-Music-Veteran Wasis Diop schenkte dem Film Akzente auf der Tonspur, in denen sich Land- und Stadtrhythmen neu entdecken lassen, Pierre-Alain Meier wirkte als Coproduzent. In diesem aussergewöhnlichen Beitrag zur kinematografischen Identität der postkolonialen Länder Westafrikas geht Yaméogo konsequent seinen Weg eines gesellschaftskritischen afrikanischen Kinos, wandelt in den Spuren von Altmeister Ousmane Sembène (Senegal), positioniert sich eindeutig zu den drängenden Fragen von Tradition und Moderne und verwebt Lokalkolorit mit globalem Anspruch. Am Ende steht die Utopie im Namen der Gerechtigkeit. (Verena Teissl, Viennale)
Donnerstag, 2. November 2006, 22:15 Uhr
Offside
Regie: Jafar Panahi, Iran 2005, OV/d, 92
Teheran, am Tag des entscheidenden Qualifikationsspiels Iran-Bahrain zur Fussball-WM in Deutschland: Ins Rund des Asadi-Stadions dürfen nur Männer. Jedoch versuchen einige Mädchen und Frauen unerkannt ins Stadion zu schleichen – als Jungs verkleidet, unter Flaggen und Baseballkappen versteckt. Die einen ganz scheu, weil sies zum ersten Mal tun, andere höchst professionell, lässig mit Zigarette im Mundwinkel. Sechs der weiblichen Fans werden trotz der ausgefeilten Tricks ertappt und innerhalb des Stadions, abgeschirmt vom Geschehen, von Wachmännern festgehalten. Hier müssen sie jeden Aufschrei der Zuschauer mit anhören, ohne den entsprechenden Spielzug zu sehen! Und schlimmer noch: Sie sind auf die Kommentare eines Bewachers angewiesen, der nicht den geringsten Schimmer vom Fussball hat! Aber unsere sechs Heldinnen geben nicht auf…
Silberner Löwe, Berlinale 2006
Donnerstag, 2. November 2006, 23:45 Uhr
Derecho de familia
Regie: Daniel Burman, Argentinien 2006, OV/d/f, 102
Ariel Perelman ist Anwalt, wie sein Vater. Und weil es in Argentinien so üblich ist, sprechen die Leute bloss von Dr. Perelman, egal ob sie jetzt den alten oder den jungen meinen. Es ist jedoch nicht die Namensgleichheit, die Perelman Junior immer öfter ins Grübeln bringt, vielmehr fragt er sich, ob er nicht immer stärker so etwas wie das Ebenbild des eigenen Vaters wird oder wenigstens das genaue Gegenteil. Perelmans Vater liebt den Kontakt mit Menschen. Dabei verleiht ihm seine Anpassungsfähigkeit Züge von Woody Allens Zelig. Umstandslos übernimmt er Sprache, Haltung und Angewohnheiten seiner jeweiligen Klienten. Dabei interessiert er sich gar nicht besonders für sie.
Perelman Junior hingegen kennt keinen seiner Klienten persönlich. So hat er es sich ausgesucht. Er praktiziert gar nicht, sondern unterhält ein eher abstraktes Verhältnis zur Jurisprudenz. Nach einem missglückten Versuch, mit seinem Vater zusammenzuarbeiten, entschloss Ariel sich zu grösserer Distanz zum väterlichen Kosmos und gründete eine eigene Familie. Aber mit einem Mal wird alles anders. Jetzt beginnt der Vater, die Nähe seines Sohnes zu suchen!
Freitag, 3. November 2006, 10:30 Uhr
Voices in Transit
Regie: Hanna Salzer und Philip Hofmänner
Dokumentarfilm Schweiz 2006, OV/d/f, 50'
Sie heissen Timothy, Monique, Baddy und Osman. Und sie haben etwas zu erzählen. Eigentlich sind sie Asylbewerber aus Schwarzafrika. Aber das wollen ja die wenigsten von uns hören. Dennoch leben sie unter uns, mit ihrer Identität, ihrer Persönlichkeit und ihrer ganz eigenen Geschichte. Hanna Salzer und Philip Hofmänner holen mit ihrem Dokumentarfilm «Voices in Transit» die Protagonisten aus der Anonymität und schaffen ein eindrückliches und dichtes Portrait über vier Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus.
Der Film erzählt mal ruhig, mal energiegeladen vom Alltag zwischen Nichtstun, kurzen und intensiven Momenten der Freude und der ständigen Angst die Aufenthaltsbewilligung zu verlieren. Und er geht Fragen nach: wie können sie grundlegenden Bedürfnissen nachgehen, wenn sie täglich damit rechnen müssen, abgeschoben zu werden? Wie können sie ein normales Leben führen, wenn sie durch Gesetz, Medien und Mitmenschen ausgegrenzt werden?
Im Anschluss an die Vorführung gibt es ein Filmgespräch mit Regisseurin Hanna Salzer.
Freitag, 3. November 2006, 12:00 Uhr
La dignidad de los nadies
Regie: Fernando E. Solanas, Fernando, Argentinien 2005, OV/d/f, 112
Einmal mehr beschäftigt sich Fernando Solanas mit dem Zustand seines Heimatlandes Argentinien, das von korrupten Politikern dem Profitstreben internationaler Grosskonzerne ausgeliefert wurde. Solanas zeigt Formen des Widerstands: Arbeiter öffnen längst geschlossene Firmen, Farmer verhindern Zwangsversteigerungen, Arbeitslose setzen die Regierung unter Druck. Während «Memoria del saqueo» (zu sehen an den Weltfilmtagen Thusis 2005) die Strukturen betrachtete, widmet sich der Filmemacher hier in «La dignidad de los nadies» den Menschen, die von diesen Strukturen und der Wirtschaftspolitik betroffen sind. Ein bewegendes und eindrückliches Dokument, das in Venedig an der Mostra del cinema gleich dreifach ausgezeichnet wurde.
Freitag, 3. November 2006, 14:15 Uhr
Tsotsi
Regie: Gavin Hood, SA 2006, OV/d, 95
Ein flammendes Plädoyer für Liebe und Friedfertigkeit!
Johannesburg, eine riesige Metropole, deren Ränder sich endlos in die staubigen Weiten der südafrikanischen Steppe erstrecken: Wer hier überleben will, braucht die Instinkte eines Jägers und muss nach Mitteln greifen, die anderswo verpönt sind. So auch Tsotsi. Jung verwaist, hat er sich früh alleine durchzuschlagen gelernt. Er lebt in einer bescheidenen Hütte, ist 19 und Anführer einer kleinen Bande. Man lebt in den Tag hinein und fährt, wenn das Geld knapp wird, in die Innenstadt, um ein krummes Ding zu drehen. Manchmal läuft ein Coup schief, manchmal fliesst Blut: man bewahrt Stolz und Ehre, macht weiter… Eines Tages aber entdeckt Tsotsi auf dem Rücksitz eines geklauten Autos ein Baby. Er könnte das Kindlein im Auto zurücklassen, in dunkler Nacht spurlos verschwinden. Tsotsi steckt das hilflose Wesen jedoch in eine Einkaufstüte und nimmt es mit in seine Welt. Und der von einem ausnehmend charismatischen Presley Chweneyagae gespielte Tsotsi beginnt sich zu verwandeln – vom sorglosen Jugendlichen in einen für seine Handlung Verantwortung tragenden jungen Mann…
Bilderprächtig und zum stampfenden Sound des "Kwaito”, der Musik der Ghettokids von Soweto, erzählt TSOTSI nicht nur eine berührende Story über menschliche Würde, sondern vermittelt auch einen Einblick in die Herausforderungen, mit denen die neue Gesellschaft Südafrikas konfrontiert ist.
Freitag, 3. November 2006, 16:00 Uhr
Yan Mo – Vor der Flut
Regie: Yan Yu, China 2005, OV/d, 150
Seit 2003 befindet sich in China der grösste Staudamm im Bau, den die Menschheit je errichtet hat. Im Laufe der Baumassnahmen werden Millionen von Einheimischen umquartiert werdenund Hunderte von Städten und Landstrichen der Wasseroberfläche gewichen sein.
Die chinesische Regierung verfährt mit dem Volk dabei nicht anders als mit den Landmassen, die Platz machen müssen und einfach niedergewalzt werden. So ergeht es zum Beispiel den Bürgern der 50’000-Einwohner-Stadt Fenjie. Sie müssen einfach ihr Zuhause zurücklassen und sich an einem anderen Ort neu ansiedeln.
Li Yifans Film ist ein aufwühlendes Dokument einer Menschenverschiebung, das Einzelschicksale genauso beobachtet wie die schwelenden Konflikte im Gebiet des Staudamms.
Freitag, 3. November 2006, 19:30 Uhr
Das Fräulein
Regie: Andrea Staka, CH/De 2006, OV/d, 81
Ruza ist die Effizienz in Person. Der Tagesablauf der Kantinenbesitzerin ist streng strukturiert. 25 Jahre nach ihrer Flucht aus dem damaligen Jugoslawien hat sich die Serbin in der Schweiz eine neue Existenz aufgebaut und ist stolz darauf.
In Ruzas Kantine arbeitet auch Mila, eine glücklich verheiratete Hausfrau, die vor Jahrzehnten aus dem Gebiet, das man heute Kroatien nennt, in die Schweiz kam und vom AHV-Leben im eigenen Häuschen in der alten Heimat träumt.
Zu den beiden Frauen stösst Ana, die gerade per Autostopp in Zürich angekommen ist. Die Bosnierin aus Sarajewo hat ihren Bruder im Krieg verloren und irrt nun wurzellos, aber fröhlich durch Zürich. Sie findet dank One-Night-Stands jeweils ein temporäres Dach über dem Kopf.
Von Anas unkomplizierter Hilfsbereitschaft beeindruckt stellt Ruza die junge Frau in ihrer Kantine ein. Ana schneidet aber nicht nur die Radieschen zu wunderschönen Rosen, sondern sorgt auch sonst für etwas Schwung in der Küche. Doch Ana trägt eine traurige Gewissheit mit sich.
Das Fräulein – Ein ambivalenter Begriff, ein Neutrum, kein Mädchen, keine Frau, eine Frau ohne Mann, eine Jugoslawin ohne Heimat, ein Film über Unsichtbare.
Gewinner Grosser Preis PARDO D’ORO am Internationalen Filmfestival Locarno 2006
Gewinner Hauptpreis Sarajevo International Film Festival 2006 Das anschliessende Filmgespräch mit Andrea Staka wird von Romana Costa moderiert.
Freitag, 3. November 2006, 21:45 Uhr
Drum
Regie: Zola Maseko, Südafrika/USA/De 2004, OV/d/f, 95‘
Südafrika, Mitte der 50er Jahre. Das Land ist strikt nach Rassen
getrennt, die schwarzen Einheimischen haben keine Rechte mehr und werden
in separate Wohngebiete abgeschoben. Der schwarze Journalist Henry Nxumalo
arbeitet für das Klatschblatt «Drum» – eine Zeitschrift,
die mit seichten Artikeln den grausamen Alltag etwas vergessen machen
will. Zusammen mit dem Fotografen der Zeitung berichtet Henry für
seinen Chef über Boxkämpfe undandere Boulevardthemen. Doch eines
Tages macht Henrys Frau Florence ihren Mann darauf aufmerksam, dass er
als Journalist in der Lage ist, die Öffentlichkeit endlich wachzurütteln
und etwas an den schrecklichen Lebensumständen der Einheimischen
zu ändern. Henry recherchiert unter Einsatz seines Lebens auf einer
Farm, auf der Schwarze von den Buren versklavt und geschlagen werden.
Die Story schlägt ein wie eine Bombe. Fortan entwickelt sich das
Klatschblatt zu einem brisanten Politmagazin, das sich mit seiner Berichterstattung
viele Feinde in hohen Regierungskreisen schafft.
Mit viel Gefühl, einem grandiosen Soundtrack, überzeugenden
Schauspielern, schockierenden Bildern und einer sehr schwierigen Thematik
ist «Drum» eine emotionale Gratwanderung zwischen Schock und
Trauer, die gehörig an die Nieren geht.
Freitag, 3. November 2006, 23:30 Uhr
El aura
Regie: Fabian Bielinsky, Argentinien, Frankreich, Spanien 2005, OV/d/f, 134
Für einen Tierpräparator aus Buenos Aires wird ein Jagdausflug in den Wäldern des Südens zum grossen Abenteuer. Gelingt ihm das perfekte Verbrechen, von dem er sein Leben lang geträumt hat?
Espinoza ist ein schweigsamer Tierpräparator in Buenos Aires mit einer ungewöhnlichen Leidenschaft: heimlich träumt er vom perfekten Verbrechen. Sein waches Auge lässt ihn überall nach lückenhaften Alarmsystemen und Fluchtwegen Ausschau halten. Um seine Beobachtungen in die Tat umzusetzen, fehlt im jedoch der Mut.
Auf einem Jagdausflug in der Weite der patagonischen Wälder wird seine Phantasie plötzlich zur Realität, als er versehentlich einen Mann erschiesst. Der Tote ist Dietrich, Besitzer eines heruntergekommenen Motels und ein Mann mit Geheimnissen. Offenbar stand Dietrich kurz vor einem genialen Coup. Schritt für Schritt kommt Espinoza diesem Plan auf die Spur. Endlich kann er seine Fähigkeiten ausspielen.
Doch seine Unerfahrenheit bringt Espinoza in Gefahr. Zudem droht ihm seine Epilepsie zum Verhängnis zu werden, denn vor jedem Anfall sucht ihn die "Aura" heim.
Mit einem überzeugenden und brillanten Ricardo Darín, der bereits in Bielinskys Erstling «Nueve reinas» die Hauptrolle spielte.
Ein packender Thriller, ein Must-see für ein Publikum, das Thriller mit dem gewissen Etwas mag.
Samstag, 4. November 2006, 09:30 Uhr
Terra em transe
Regie: Glauber Rocha, Brasilien 1967, OV/d/f, 115
Im imaginären Land Eldorado erzählt der sterbende Schriftsteller und Journalist Paulo von seinen Nöten. Er schwankte stets zwischen zwei Anwärtern auf das höchste Staatsamt: Don Porfirio Diaz, Politiker der Hauptstadt, und Don Felipe Vieira, Statthalter der Provinz Alecrim. Vieira, dem die Kirche zur Seite stand, hielt seine Wahlversprechen nicht ein, während der mystische Diaz von Don Julio Fuentes und den Medien unterstützt wurde.
Der Film, der als Glauber Rochas wichtigstes und polemischstes Werk gilt und unbemerkt von der brasilianischen Militärdiktatur gedreht wurde, bestätigt das geschärfte politische und soziale Gewissen des Filmemachers angesichts der Sackgasse, in der Brasilien und ganz Lateinamerika steckten. Durch seine soziale Sprengkraft beweist der für seine Zeit revolutionäre Film Rochas Genialität und stellt sein poetisches und politisches Manifest dar. Dieser Klassiker des lateinamerikanischen Kinos wurde äusserst sorgfältig in High Definition restauriert (es handelt sich um den ersten Spielfilm Lateinamerikas, der ganz in Digitaltechnik restauriert wurde). So zeichnet sich der Film heute erneut durch dieselbe Qualität wie bei seiner Premiere vor vierzig Jahren aus.
Samstag, 4. November 2006, 11:45 Uhr
Shnat Effes
Regie: Joseph Pitchhadez, Israel 2004, OV/d, 131
Ruven und Michal, ein Paar in den Vierzigern, haben sich seit langem entschieden, keine Kinder zu bekommen. Als Michal trotzdem schwanger wird, will sie das Baby unter allen Umständen austragen. Der aufgebrachte Ruven überfährt aus Versehen einen Blindenhund und begeht Fahrerflucht. Seine Schuldgefühle treiben ihn in eine komplizierte Beziehung zu dem Besitzer des Hundes, einem blinden Physiotherapeuten, der seinerseits sein Spiel mit Ruven zu treiben scheint.
Anna, eine junge alleinerziehende Mutter, und ihr 10-jähriger Sohn werden aus ihrer Wohnung geworfen. In ihrer Verzweiflung beginnt die arbeitslose junge Frau, sich zu prostituieren. Mit Matti, einem Waffenhändler, deutet sich erstmals wieder eine Möglichkeit an, in die Normalität zurück zu kehren. Doch Matti wird von einem Killer verfolgt, und seine hoffnungsvolle Beziehung zu Anna scheint sich zu einem Desaster zu entwickeln.
Kagan, ein introvertierter Rundfunktechniker um die 30, produziert nebenberuflich eine Radiosendung über seinen verstorbenen Vater, einen der Gründer der israelischen Punkmusik-Szene. Aber der neue Sendeleiter, ein Militärfreak, versucht die Sendung aus Political Correctness abzusetzen. Aus heiterem Himmel erscheint der alte Robinson, ein ehemaliges Mitglied aus der Band seines Vaters. Robinson stellt Kagans Leben auf den Kopf und scheint überdies an Kagan mehr als nur freundschaftlich interessiert zu sein.
Auf eigentümliche Art werden sich im Laufe der Handlung einige der unterschiedlichen Lebenslinien der Protagonisten kreuzen. Aus einer Katastrophe kann dabei in Nullkommanichts ein kleines Glück entstehen. Aber es geht leider auch andersherum …
Wie in Short Cuts, Amores Perros und L.A. Crash verknüpft der israelische Regisseur Joseph Pitchhadze die Geschichten verschiedener Menschen, um den Zustand einer Gesellschaft zu zeichnen – wobei in seinen einfühlsamen Momentaufnahmen alle Protagonisten dazu gezwungen werden, wieder bei Null anzufangen und erneut auf die Suche nach Erlösung, Sinn und Glück zu gehen…
Samstag, 4. November 2006, 14:15 Uhr
Moolaadé
Regie: Ousmane Sembene, Frankreich, Senegal 2004, OV/d/f, 117
Collé ist eine mutige Frau mit starkem Willen. Sie schafft es, ihre Tochter vor der Beschneidung zu bewahren, denn sie lehnt diese grausame Praktik ab. Als später vier Mädchen, denen das gleiche Schicksal droht, Schutz bei ihr suchen, beruft Collé sich auf den altehrwürdigen Brauch des Moolaadé: das Recht auf eine unantastbare Zufluchtstätte. Selbst als die Heirat ihrer Tochter gefährdet wird, behauptet Collé ihre Stellung. Natürlich zieht sie damit den Groll von männlichen und weiblichen Traditionalisten im Dorf auf sich. Der Konflikt spaltet die Dorfgemeinschaft zunehmend…
Ousmane Sembenes grandioses Alterswerk ist eine Afrika-Parabel vom Aufbegehren. Engagiert und dezidiert nimmt «Moolaadé» Partei für die Schutzlosen und rechnet mit einer überlebten Tradition ab.
«Moolaadé»erhielt in Cannes den "Prix Un certain regard". Nach Meinung von TERRE DES FEMMES völlig zu Recht. Der Film ist nicht nur spannend und aussagekräftig, sondern auch künstlerisch hervorragend gemacht.»
Samstag, 4. November 2006, 16:30 Uhr
Madeinusa
Regie: Claudia Llosa, Peru 2006, OV/d/f, 98
In "Madeinusa" erzählt die junge peruanische Regisseurin Claudia Llosa vom Mädchen Madeinusa in einem kleinen peruanischen Dorf. Ihr Vater ist der Bürgermeister hier und wahnsinnig stolz, dass seine Tochter für das bevorstehende Fest "Heilige Zeit" zur "Heiligen Jungfrau" ausgewählt wurde. Fast wie in ein Brautkleid gesteckt wird seine Tochter den Umzug durchs Dorf anführen. Sie wird Jesus vom Kreuz nehmen und dessen Augen berühren dürfen. Der Bürgermeister selber wird mit den Ältesten im Zelt sitzen und nach alter Sitte werden sich die Männer gegenseitig die Krawatten abschneiden.
Der Karneval grüsst nicht nur bei diesem Ritual. Auch hier in dem entlegenen Winkel Süddamerikas gelten die wenigen Tage "Heilige Zeit" als Freifahrtschein vor dem Herrn. Alles, was in dieser Periode an Sünden geschieht, wird vergeben werden. In diesen feuchtfröhlichen Feierlichkeiten und der erotisch aufgeladenen Stimmung platzt ein junger Fremder, ein attraktiver Grossstädter, in die Gemeinschaft. Der Bürgermeister sperrt ihn zunächst einmal weg, auf dass er nicht störe. Doch eingesperrt bleibt der Mann nicht lange, denn Madeinusa entdeckt ihre Zuneigung für den Gefangenen. Er bietet ihr gleich zwei Chancen: im echten Leben keine "Holy Virgin" mehr bleiben – und das Provinznest verlassen, um die grosse Stadt Lima kennen zu lernen. Dahin, wohin es ihre Mutter schon vor Jahren hinzog.
In ihrem ersten Spielfilm verwebt Claudia Llosa virtuos Fiktion und Wirklichkeit. Sie beobachtet das Leben der DorfbewohnerInnen (die teilweise sich selber spielen) mit dokumentarischem Blick, hat aber alle vorkommenden Rituale erfunden und inszeniert. Die Stärke des Films liegt im Narrativen. Eine schöne und originelle Szene deckt zum Beispiel auf, was es mit dem Vornamen der Protagonistin auf sich hat. Als sie erstmals den Fremden innig umarmt, erblickt sie das Etikett im Pullover des jungen Mannes und beansprucht das Kleidungsstück für sich. "Oh du hast es mir mitgebracht." – "Wieso?" fragt der junge Mann verblüfft. – "Mein Name ist doch schon eingestickt: Made in USA." Eindringlich wird das Schicksal einer jungen Frau nähergebracht, die sich vehement aus einer patriarchalischen Struktur befreien will. Auch wenn es die erste grosse Liebe kosten wird.
Der Name Llosa dürfte für die Filmemacherin Claudia Llosa zunächst eher eine Last sein, denn kulturell wie politisch interessierte Menschen bringen ihn in Verbindung mit ihrem Onkel, dem peruanischen Schriftsteller, der so grossartige Romane wie «Gespräch in der Kathedrale» verfasst hat. Aber sie braucht sich darum nicht weiter Sorgen zu machen, zeigt sie mit ihrem Spielfilmdebüt doch selber Erzähltalent. Sie bietet einen authentischen Einblick in die andine Kultur und erzählt unter anderem davon, welche Widersprüche die von den Spaniern nach Lateinamerika exportierte katholische Religion in den Alltag der Indios und Indias gebracht hat. Autochtone Religiosität und übernommene sind da untrennbar miteinander verbunden. Und Madeinusa bekommt dies unwissend zu spüren. Claudia Llosa erzählt in ihrem Film, den sie im wunderschönen Hochland von Huaraz, das auch die "peruanische Schweiz" genannt wird, mit Gespür für die entscheidende Zurückhaltung inszeniert hat. Es ist die Geschichte einer versuchten Selbstfindung in einem widersprüchlichen Umfeld. Ihr Film ist ein packendes Stück Anden pur, Annäherung ans Leben in den hoch gelegenen und abgelegenen Dörfern einerseits, liebevolles Porträt auch und nicht zuletzt ein anregendes Stück darüber, was koloniales Verhalten langfristig bewirkt hat. Der Film wurde in Rotterdam mit dem grossen Preis der Filmkritik ausgezeichnet: Eine Entdeckung.
Im Anschluss an die Vorführung gibt es ein Filmgespräch mit Claudia Llosa, moderiert von Brigitte Siegrist (Trigon-Film)
Samstag, 4. November 2006, 20:00 Uhr
Be With Me
Regie: Eric Khoo, Singapur 2005, OV/d/f, 90
Häufig kommen grosse Filme ganz sanft und leise daher, unauffällig fast entwickeln sie ihre Kraft und Ausstrahlung von innen heraus, still und ohne viel Aufhebens. Dafür umso nachhaltiger. "Be With Me" vom bei uns viel zu wenig bekannten Eric Khoo aus Singapur ist ein solcher Film: Die stille filmische Perle erregte bei ihrer Uraufführung in Cannes erstmals Aufsehen, einfach so. Der Film lässt uns drei verschiedene fiktive Lebensfäden und die reale Figur einer Taubblinden betrachten. Es geht um so zentrale Elemente des Lebens wie Liebe, Hoffnung und Schicksal. Der Star von Be With Me ist Theresa Chan, die seit 50 Jahren ohne Gesichts- und Gehörsinn lebt und eine wohltuende Kraft ausstrahlt. Zusammen mit ihr und seinen fiktiven Suchenden lädt uns Eric Khoo ein auf eine Reise zum Sein. Und da sitzt man im Kino und staunt wie ein Kind. Mag sogar sein, dass man auf Anhieb nicht einmal genau sagen könnte, weshalb, man fühlt sich einfach in eine andere Stimmung versetzt und schaut. Im Film von Eric Khoo wird es vielen so ergehen.
Drei erfundene Lebensfäden sind da ausgelegt und mitten in ihnen ein Stück reales Leben, jenes der Taubblinden Theresa Chan. Kann es sein, dass sie uns wieder sehen macht und hören? Jedenfalls staunen wir und lassen uns gerne treiben in den Betrachtungen von Khoo. Mit grosser Präzision hält er fest, was fliessend ist, mit viel Einfühlungsvermögen bringt er uns seine Figuren näher, egal ob erfunden oder real: Sie sind dem Leben abgeschaut, sie zeichnen Konturen von Momenten nach, die wichtig sind und elementar. Was sind wir ohne Andere? Was ist das, was man mit Zärtlichkeit bezeichnet wirklich? Was fehlt uns in der Abwesenheit? Der Film führt uns vor Augen, wie wir von einer Sehnsucht getrieben sind: Jener, jemanden zu haben, den Wunsch, bei der/dem Geliebten zu leben. Die Jury Interfilm, die Be With Me ausgezeichnet hat, schrieb in ihrer Begründung: «Anhand persönlicher und ergreifender Porträts entdecken wir verschiedene Arten, der Isolation zu entrinnen.
Auf ihrer Suche nach Liebe und Solidarität lassen die Filmfiguren verschiedene Kommunikationsmittel zum Zug kommen. Die taube und blinde Frau ist eines der Beispiele für Mut und Hoffnung. Die Handlung des Films wahrt den Figuren gegenüber stets grossen Respekt.» Die verhinderten sapphischen Amouren eines jungen Mädchens, die geheime Bewunderung eines Sicherheitsagenten für eine junge dynamische Kaderangestellte, die Nöte eines alten Manns, der den Tod seiner Frau nicht überwinden kann ? drei miteinander verbundene Geschichten über die Schwierigkeit der Kommunikation trotz aller Mittel, die dafür heute zur Verfügung stehen; drei Schicksale, verknüpft immer wieder mit jenem von Theresa Chan, der tauben und blinden alten Frau.
Samstag, 4. November 2006, 21:45 Uhr
The Great Match
Regie: Gerardo Olivares, E/D 2005, OV/d/f, 88
Eine vergnügliche Reise um die runde Welt des Fussballs. Die Welt ist ein Dorf … und seine Bewohner sind fussballverrückt! Eine vergnügliche Reise um die runde Welt des Fussballs.
Eigentlich ist es doch ganz einfach. Man möchte das WM-Endspiel zwischen Brasilien und Deutschland sehen, das in wenigen Stunden in Japan stattfindet. Also geht man zum Fernseher und schaltet ihn ein, lehnt sich zurück und geniesst das Spiel. Überall auf dem Globus richten sich die Menschen vor ihren Fernsehgeräten ein, um sich das Finalspiel der Fussball-WM anzusehen. Überall, selbst in den weit entlegensten Winkeln des Amazonas, der Mongolei und der Sahara. Nur ist es ziemlich schwierig, im Amazonas einen guten Empfang zu kriegen oder mitten in der algerischen Wüste Strom. Auch die Nomaden in der Mongolei kämpfen tapfer und am Ende gewinnen alle irgendwie.
Malerische Landschaften und aussergewöhnliche Aufnahmen machen diesen skurrilen Kinoplausch zu einem Augenschmaus.
Samstag, 4. November 2006, 23:30 Uhr
Maria Bethânia – música é perfume
Regie: Georges Gachot, CH 2005, OV/d/f, 92
Der Schweizer Filmemacher Georges Gachot porträtiert das aktuelle Schaffen von Maria Bethânia, einer grossen Stimme Brasiliens, von der Studioarbeit bis zu den Auftritten in den Konzerthallen. Damit ermöglicht er uns diese wichtige und sehr erfolgreiche Sängerin besser kennen zu lernen oder gar erst zu entdecken und gibt uns gleichzeitig spannende Einblicke in Brasiliens Kulturleben.
Der Film lädt uns ein, ins Universum der brasilianischen Musik einzutauchen. Erzählt wird er von Maria Bethânia, welche die Muse der Gegenkultur war, bevor sie zur Königin der romantischen Balladen wurde. Zum ersten Mal erhalten wir einen Einblick in die Intimität ihres Schaffens und somit die einmalige Möglichkeit, diese Geschichte der brasilianischen Musik von innen her näher zu beleuchten und zu verstehen. Maria Bethânia schildert ihren musikalischen Werdegang vor dem Hintergrund der Entwicklung der brasilianischen Gesellschaft und ihrer Musik. An seiner Seite hat Georges Gachot ein traumhaftes Ensemble vereint: Nana Caymmi, Miucha, Chico Buarque, Gilberto Gil und Caetano Veloso sind alles Schauspieler und Zeugen einer der grossartigsten Musikgeschichten unserer Zeit.
Sonntag, 5. November 2006, 10:00 Uhr
Zwischen den Welten
Regie: Yusuf Yesilöz, Schweiz 2005, OV/d, 54'
"Seit ich in der Schweiz bin und nun auch genügend Deutsch verstehen kann, merke ich, dass die Migration immer mehr zu einem politischen Thema gemacht wird. Verschiedene Kreise interessieren sich allmählich dafür, sei es der Verein "Knabenschiessen" oder eine Kirchgemeinde. Mir kommt es jedenfalls vor, als ob alle dieses Lied schön singen können. Nur: ob alle auch dessen Bedeutung kennen?"
Yusuf Yesilöz
Güli Dogan ist im Alter von neun Jahren mit ihrer Mutter und den Geschwistern aus einem kurdischen Dorf in der Türkei in die Schweiz nach Winterthur gekommen. Dort war der Vater als Gastarbeiter bei der Firma Sulzer beschäftigt. Güli Dogan lernte deutsch, fand Freundinnen und integrierte sich rasch in ihrer neuen Umgebung, ohne jedoch die starke emotionale Verbindung zu ihrem kurdischen Dorf aufzugeben.
Eine gelungene Integration
Heute arbeitet die 35-jährige Frau im Winterthurer Einwohneramt. Dank der Offenheit von Güli Dogan wird auf eindrückliche Weise der Spannungsbogen zwischen ihrem jetzigen Leben hier in der Schweiz und ihren Sehnsüchten nach dem Bergdorf der Kindheit spürbar.
Ihre eigenen Kinder versucht sie deswegen vorerst an die Kultur ihres neuen Heimatlandes heranzuführen und hofft, ihnen zu einem späteren Zeitpunkt den Zugang zu ihrer alevitischen Tradition verschaffen zu können.
Die aufschlussreiche Lebensgeschichte von Güli Dogan vermittelt den langen und schwierigen Weg einer geglückten Integration, zeigt die unterschiedlichen Welten und erzählt auch eine einzigartige Heiratsgeschichte.
Der Film stellt verschiedene Themenbereiche der Migration dar und ergründet, welche Konsequenzen die Werte der Herkunftskultur haben, wo Konflikte entstehen und wie sie sich auf das Leben in der Fremde auswirken. Dabei stossen die unterschiedlichen Frauenbilder der beiden Kulturen heftig aufeinander. Neben den Konflikten betont der Film aber auch die durch die Migration entstehende, positive Diversität, die sich in der Wahrnehmung der fremden Kultur, im Auftreten, der Ausbildung, der Sprache und Kommunikation ausdrückt.
Im Anschluss an die Vorführung gibt es ein Filmgespräch mit Yusuf Yesilöz und Güli Dogan. Das Gespräch wird von Romana Costa moderiert.
Sonntag, 5. November 2006, 12:15 Uhr
El Inmortal
Regie Mercedes Moncada Rodríguez, Nicaragua/Mexico/Spanien 2005, OV/d, 78
Die Geschichte der Familie Rivera ist nur eine von vielen über den Krieg in Nicaragua. Sie zeigt, wie eine Familie auseinander gerissen wurde und wie die Söhne sich gegenseitig bekämpften. Am Ende dieses bewaffneten Konflikts war das Land verarmt, und die getrennten Familien kamen wieder zusammen. Jeder versuchte die Erinnerung an die Wunden aus dem Krieg, an die Toten, die man im Gedächtnis trug, an die Schuld und an den gegenseitigen Hass zu überwinden.
Sonntag, 5. November 2006, 13:45 Uhr
Madeinusa
Regie: Claudia Llosa, Peru 2006, OV/d/f, 98
In «Madeinusa» erzählt die junge peruanische Regisseurin Claudia Llosa vom Mädchen Madeinusa in einem peruanischen Dorf. Ihr Vater ist der Bürgermeister und wahnsinnig stolz, dass seine Tochter für das bevorstehende Fest "Heilige Zeit" zur "Heiligen Jungfrau" ausgewählt wurde. Fast wie in ein Brautkleid gesteckt wird seine Tochter den Umzug durchs Dorf anführen. Sie wird Jesus vom Kreuz nehmen und dessen Augen berühren dürfen. Der Bürgermeister selber wird mit den Ältesten im Zelt sitzen und nach alter Sitte werden sich die Männer gegenseitig die Krawatten abschneiden.
Der Karneval grüsst nicht nur bei diesem Ritual. Die wenigen Tage "Heilige Zeit" gelten als Freifahrtschein vor dem Herrn. Alles, was in dieser Periode an Sünden geschieht, wird vergeben werden. In diese feuchtfröhlichen Feierlichkeiten und die erotisch aufgeladenen Stimmung platzt ein junger Fremder. Der Bürgermeister sperrt ihn zunächst einmal weg, auf dass er nicht störe. Doch Madeinusa entdeckt ihre Zuneigung für den Gefangenen. Er bietet ihr gleich zwei Chancen: im echten Leben keine "Holy Virgin" mehr bleiben – und das Provinznest verlassen, um die grosse Stadt Lima kennen zu lernen. Dahin, wohin es ihre Mutter schon vor Jahren hinzog.
In ihrem ersten Spielfilm verwebt Claudia Llosa virtuos Fiktion und Wirklichkeit. Sie beobachtet das Leben der DorfbewohnerInnen (die teilweise sich selber spielen) mit dokumentarischem Blick, hat aber alle vorkommenden Rituale erfunden und inszeniert. Die Stärke des Films liegt im Narrativen. Eine schöne und originelle Szene deckt zum Beispiel auf, was es mit dem Vornamen der Protagonistin auf sich hat. Als sie erstmals den Fremden innig umarmt, erblickt sie das Etikett im Pullover des jungen Mannes und beansprucht das Kleidungsstück für sich. "Oh du hast es mir mitgebracht." – "Wieso?" fragt der junge Mann verblüfft. – "Mein Name ist doch schon eingestickt: Made in USA." Eindringlich wird das Schicksal einer jungen Frau nähergebracht, die sich vehement aus einer patriarchalischen Struktur befreien will. Auch wenn es die erste grosse Liebe kosten wird.
Sonntag, 5. November 2006, 15:45 Uhr
Congo River – Beyond Darkness
Regie: Thierry Michel, Kongo 2005, OV/d, 98
Eine absolut faszinierende, packende Reise von der Mündung bis zur Quelle des Kongos, des grössten Flussgebietes der Welt. Wir lernen die Mythologie des Flusses kennen, erleben den Alltag mit all seinen Facetten und begegnen den legendären Gestalten, die im Herzen Afrikas Geschichte geschrieben haben: Forschern wie David Livingstone und Sir Henry Morton Stanley, Königen der Kolonialzeit sowie den afrikanischen Führern wie Lumumba, Mobutu und Kabila. Und wir dringen ein ins Conrads «Herz der Finsternis».
Die Anspielung auf Joseph Conrad im Untertitel des Films (Herz der Finsternis) und die gleichzeitige Überwindung dieses Vorbilds sind sehr wichtig, um die Vorgehensweise des bekannten Dokumentarfilmers Thierry Michel nachzuvollziehen, der zum vierten Mal einen Film im Kongo gedreht hat. In den ver-gangenen Jahren hat er sich bereits mit den politischen Entgleisungen in Zaire beschäftigt, er begegnete den letzten Siedlern und untersuchte die unglaublichen Machenschaften der Mobutu-Diktatur. So wie Marlow im «Herz der Finsternis» fasziniert ist von dem unerreichbaren Kurtz, scheint Thierry Michel mit seinen Filmen das Gespenst Mobutus zu verfolgen. Allerdings nimmt er nicht auf Conrad Bezug, weil er einen Apocalypse Now drehen will, sondern um die Entschiedenheit seiner Kritik am Kolonialismus zu betonen und die Relativität unserer Wahrnehmung des afrikanischen Kontinents zu verdeutlichen.
Während er die Dekonstruktion des afrikanischen Mythos zum Ausgangspunkt seiner dokumentarischen Recherche macht, ist er doch über die Flussfahrt auf dem Kongo fest in der Wirklichkeit verankert. Er versucht der Vergangenheit und dem Schicksal Afrikas so tief wie möglich auf den Grund zu gehen, indem er diesem sich dahin schlängelnden Fluss, der 4’374 Kilometer lang ist und sehr viel mehr als das Getöse seiner Fluten, bis zur Quelle folgt. Ein ambitioniertes und schwieriges Vorhaben, denn die Bezugnahme auf den Mythos droht die Realität vor lauter Faszination zu verzerren. Michel ist sich dieser Gefahr wohl bewusst und ergreift verschiedene Ge-genmassnahmen. Der Fluss ist wie das Land: Es gibt weder Markierungen noch aktuelle Karten, jeder muss sich anhand eigener Skizzen, mittels eigener Erfahrung seinen Weg bahnen.
Sonntag, 5. November 2006, 18:00 Uhr
Bamako
Regie: Abderrahamane Sissako, Mali 2006, OV/d/f, 116
Was für eine grossartige Idee: Abderrahmane Sissako lädt uns ein in Malis Hauptstadt Bamako, wo er im Hof des Hauses seines verstorbenen Vaters eine Gerichtsverhandlung in Szene setzt. Es wird darüber debattiert, wie die nördliche Welt mit der südlichen umgeht. Doch keine Angst, das ist alles andere als trockene Faktenbeigerei: Spannungsgeladen präsentiert sich die Verhandlung gegen Weltbank und IWF, und munter und heiter läuft das Leben weiter. Die geniale Idee von Sissako war es, Gericht zu halten im Alltag, denn aus ihm heraus wird so vieles, was diskutiert wird, sichtbar, wahrnehmbar, erkennbar. Und darüber hinaus spielt der Alltag aufs Unterhaltsamste seine Streiche. Natürlich schweift Sissakos Blick immer wieder ab, widmet er sein Interesse einer Randfigur im globalen Game, um die Widerwärtigkeit der nördlichen Arroganz umso sichtbarer zu machen.
Wenn die Welt heute voller Wunden ist, dann aufgrund einer langen Geschichte, die gerne vergessen geht, wenn man das Heute betrachtet. Sissako führt uns dies am Beispiel Afrikas im Innenhof des einfachen Hauses in Bamako vor Augen und vor Ohren. Luzid sind die Auseinandersetzungen und Äusserungen, real existierende Figuren und erfundene spielen ineinander über und miteinander, um von dem zu reden, was ist. Und von dem, was sein könnte. Zu Letzterem freilich würde so etwas wie Bewusstsein gehören, nicht nur ein Bewusstsein fürs Eigene sondern eben auch eines fürs Andere, für die Existenz des Anderen.
Sonntag, 5. November 2006, 20:15 Uhr
Dunia
Regie: Jocelyne Saab, Aegypten 2006, OV/d/f, 112
Nach Abschluss ihrer Literaturstudien im pulsierenden Kairo ist Dunia auf der Suche nach ihrem weiteren Lebensweg. Sie möchte Tänzerin werden, wie ihre Mutter es war. Gleichzeitig ist die attraktive junge Frau fasziniert vom Sufismus und seiner Poesie. Als sie heiratet, geschieht dies mehr, weil ihr Geliebter ihr keine Ruhe lässt, als dass ihr der Sinn wirklich danach stünde. Was Liebe und Zärtlichkeit bedeuten können, erfährt Dunia erst, als sie mit dem Schriftsteller Beshir das Vergnügen der Sinne kennenlernt und erlebt, wie eng dieses mit dem Vergnügen der Worte verknüpft ist. Intime Träume und sinnliche Zitate aus der Literatur klingen in Jocelyne Saabs traumwandlerisch zartem Film an und erzählen von einem Ägypten, das auf halbem Weg nach den ersehnten Idealen steckt.
Mit ihrem einfühlsamen Spielfilm Dunia schafft es die gebürtige Libanesin Jocelyne Saab, Begriffen wie Liebe oder Sinnlichkeit ein Gesicht zu geben, Bilder, Rhythmen und Stimmungen. Und deutlich zu machen, dass Liebe etwas ist, was man suchen und anstreben kann – und leben muss.
Dienstag, 30. Oktober 2007, 21:45 Uhr
El otro
Regie: Ariel Rotter, Argentinien 2007, OV/f/d, 83’
Der 38-jährige Juan Desouza ist erfolgreich im Beruf. Alles scheint darauf hinaus zu laufen, dass er ebenso wie sein Vorbild, der Vater, ein Leben in Sicherheit und Wohlstand verbringen wird. Doch als Juans Frau ihm die Vermutung mitteilt, schwanger zu sein und zugleich sein Vater schwer erkrankt, bringt ihn dies ziemlich durcheinander. Ein neues Leben und ein drohender Tod – Juan beginnt, seine bisherigen Lebensentscheidungen und Gefühle zu reflektieren. Einst hatte er sich ein anderes Leben erdacht.
Eine geschäftliche Wochenendreise ins Landesinnere gerät zum Wendepunkt: Am Ziel angekommen, entdeckt er, dass der Mitreisende neben ihm tot ist. Insgeheim spielt Juan mit der Möglichkeit, die Identität des Toten anzunehmen, sich einen neuen Beruf auszudenken, eine neue Wohnung zu finden, möglicherweise nicht zurück in sein eigenes Leben zu kehren. Juan erlebt die Natur plötzlich als Abenteuer, entdeckt seine Sinne, seine animalischen Instinkte ganz neu. Schliesslich eröffnet sich ihm neuartige Perspektiven: Sein bisheriges Leben ist nicht das einzig mögliche. Ariel Rotter: "Ich glaube, nach all den Jahren mache ich immer noch Filme über dasselbe Thema. Von den ersten Kurzfilmen bis zu «El otro» geht es mir um das Verständnis der Zeit, die uns gegeben ist, und die Frage, was wir aus dieser begrenzten Zeit machen."
Mittwoch, 31. Oktober 2007, 14:00 Uhr
Der Dieb von Bagdad
Regie: Ludwig Berger, Michael Powell, USA/UK 1940, 102’
Der junge Kalif Ahmed regiert über die Stadt Bagdad. Eines Tages geht er nachts verkleidet auf die Strassen von Bagdad, um zu erfahren, wie die Menschen über ihn denken. Dabei stellt ihm sein Grosswesir Jaffar eine Falle und lässt ihn für verrückt erklären. Er landet im Gefängnis und lernt den jugendlichen Dieb Abu kennen. Beide sollen am nächsten Morgen hingerichtet werden. Mit Hilfe Abus gelingt ihnen jedoch die Flucht nach Basra.
In Basra regiert ein Sultan, dem sein Spielzeug wichtiger ist als sein Volk. Er schämt sich für seine wunderschöne Tochter und lässt deshalb jeden umbringen, der sie erblickt. Eines Tages erblickt Ahmed sie zufällig und verliebt sich sofort in sie.
Nach zahllosen Abenteuern mit Monstern und Dschinns gelingt es Ahmed, die Prinzessin zu erlösen. Beide heiraten und regieren über die Stadt Basra. Abu fliegt auf seinem fliegendem Teppich zu seinem nächsten Abenteuer. «Der Dieb von Bagdad» ist ein von Alexander Korda in Grossbritannien produzierter Fantasy und Abenteuerfilm in Technicolor aus dem Jahr 1940. Die Produktionszeit dauerte u. a. wegen des 2. Weltkriegs über vier Jahre. Der Film gilt als Meilenstein des Genres und überzeugt durch seine aufwendigen Special Effects, die mit einem Oscar prämiert wurden.
Mittwoch, 31. Oktober 2007, 16:00 Uhr
O grande Bazar
Regie: Licinio Azevedo, Mosambik 2006, Portugiesisch/d/f/e, 56’ , ab 10
Paito soll für seine Mutter Mehl kaufen, aber das ist im Laden gerade alle. Mit einem kleinen Zwischenhandel will er mit Zigaretten etwas Geld zuverdienen, doch dann raubt ihm ein Dieb das Päckchen. Verzweifelt macht sich Paito auf den Weg ins Zentrum der Stadt. Auf dem Markt lernt er den Strassenjungen Xano kennen. Gemeinsam versuchen die beiden, zu Geld zu kommen… Ein unbeschwerter Kinderfilm, der viele Eindrücke vom Alltagsleben in Mosambik vermittelt und durch die erfrischende Ideenvielfalt und Kreativität der beiden optimistischen Jungen beeindruckt. top
Mittwoch, 31. Oktober 2007, 21:30 Uhr
Cinema, aspirinas y Urubu
Regie: Marcelo Gomes, Brasilien 2005, OV/d, 99’
In seinem Lieferwagen hat Johann einen Werbefilm für Aspirin, einen Projektor und Aspirintabletten, die er staunenden Menschen im Nordosten Brasiliens verkauft, die weder Kino noch Medikamente kennen. Johann ist auf der Flucht vor seiner Heimat, die die Welt in einen Krieg verwickelt hat. Auch der Anhalter Ranulpho flieht: vor der Dürre im Süden des Landes. Die beiden Männer werden Freunde – doch dann erklärt Brasilien Deutschland den Krieg… Ein schönes, episches Roadmovie. Minimalistisches Roadmovie im trockenen Nordosten Brasiliens. 1942: Von Dorf zu Dorf ziehend verkauft ein junger Deutscher ein revolutionäres Heilmittel – Aspirin. Eines Tages schliesst sich ihm der mürrische Ranulfo an. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Die Handlung basiert auf der wahren Lebensgeschichte des Onkels des Regisseurs.
Donnerstag, 1. November 2007, 14:00 Uhr
Unni – Life is All About Friends
Regie: Murali Nair, Indien/UK 2006, OV/d/f, 92’
Unni ist ein Junge, dessen Vater in einem Land am arabischen Golf arbeitet. Er sieht ihn selten und fragt sich, warum er nicht zu Hause bleibt. Er besucht die Schule und schliesst Freundschaften. Gopi, der Anführer, hat einen brutalen Vater. Ihm wäre es lieber, wenn er weit weg arbeiten würde. Unnis Abenteuer hören auf, als Gopi in die Stadt zieht. Eben hat sein Vater seine Mutter und dann sich selber umgebracht. Alles ist anders als vorher.
Donnerstag, 1. November 2007, 15:45 Uhr
Iron Island
Regie: Mohammad Rasoulof, Iran 2005, OV/d, 90’
Ein schrottreifer Tanker, der im Persischen Golf ankert, eine Handvoll prägnanter Darsteller und eine originelle Drehbuchidee: Mehr braucht der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof nicht, um einen Mikrokosmos seiner Gesellschaft auf dem Seelenverkäufer lebendig werden zu lassen. An Bord leben die Bewohner in winzigen Parzellen. Trotzdem halten sie auf dem rostigen Kahn auch noch Tiere. Es wird gestritten, geliebt, gespielt und auch gestorben – das alles unter dem strengen Regiment von Kapitän Nemat, der aus den armen und naiven Bewohnern eine straff reglementierte Gesellschaft macht, in der alles seinen Platz hat – sogar der Schulunterricht. Auch eine improvisierte Telefonzentrale gibt es im Ruderhaus. Aber die Tage der "Eisernen Insel" sind gezählt: Das Schiff sinkt langsam. Kein Wunder, denn es wird Stück für Stück demontiert, um das Altmetall zu verscherbeln. Die Bewohner wissen nicht, welchem Schicksal sie der Kapitän ausliefern will.
Donnerstag, 1. November 2007, 17:30 Uhr
Faro, La reine des eaux
Regie: Salif Traoré, Mali/F/Can/D 2007, OV/d, 96’
Zanga wurde als unehelicher Junge einst aus seinem Dorf am Niger vertrieben. Nachdem er lange in der Stadt gelebt und dort auch studiert hat, kehrt er nun als erwachsener Mann in sein Dorf zurück. Seine Rückkehr löst eine Reihe von Konflikten aus.
Salif Traoré lässt den Protagonisten seines Spielfilms als Verkörperung der modernen Welt auf eine geschlossene malinesische Dorfgemeinschaft am Niger treffen, die den afrikanischen Traditionen, dem Aberglauben und dem Glauben an die spirituelle Kraft des Flusses verhaftet ist. "La reine des eaux", der Geist des Flusses, wendet sich vermeintlich gegen den zurückgekehrten Eindringling. Die hierarchischen Mechanismen einer männerdominierten, frauen- und kinderfeindlichen Gesellschaft treten zu Tage, gegen die die Frauen der Gemeinschaft am Ende aufbegehren. Die Geschlossenheit der Dorfgemeinschaft und die Rolle, die die einzelnen Mitglieder darin spielen, werden hier in beinahe theatralischer Weise exemplarisch dargestellt. Traorés Film ist eine zeitlose Fabel, die gängige Machtverhältnisse hinterfragt und die Notwendigkeit gegenseitigen Respekts herausstellt.
Donnerstag, 1. November 2007, 20:00 Uhr
Les baliseurs du désert – Al-hâ’imoû
Regie: Nacer Khemir, Tunesien 1984, OV/d/f, 95’, ab 12
Die Wanderer der Wüste» war der erste Spielfilm von Nacer Khemir und ist ein Film, der auch in der «Tunisreise» aufscheint. Angesiedelt ist er in einer vagen Gegenwart. Nacer Khemir führt uns bildlich gesprochen ins Leben der Wüste ein. Es ist ein Leben ausserhalb des gängigen Zeitbegriffs. Das Schiff, das da plötzlich vor den Mauern der Stadt liegt, könnte jenes von Sindbad dem Seefahrer sein. Es steht für das Meer, für die Suche nach der Weite, nach dem Anderen hinter dem Horizont. Das Schiff weist einerseits auf die andalusische Brücke: Cordobà ist da und Samarkand nie fern. Die Baliseurs, die Wüstenwanderer, sie ziehen einher, singen ihre andalusischen Lieder, summen vor sich hin, wie der Wind. «Unsere Kinder», sagt der Alte, «sie gehen nach und nach im besten Alter. Der Fluch reisst sie in seine Fata Morgana und löscht sie für immer aus.» Die Wüste verschlingt ihre eigenen Kinder. Die Wüstenwanderer, meint der Alte, sie sollten lesen, «um den Fluch zu erkennen». Der Lehrer soll ihm dabei helfen, er, der Mittler zwischen Vergangenheit und Zukunft. Bereits hier lässt uns der Tunesier, der die Rolle des Lehrers im Film selber spielt, träumen, zeigt er uns in Gestalt des Uniformierten auch, wie Träume ihre Feinde haben. Der Offizier jedenfalls regt sich auf, fragt erbost, ob es nicht schon genug Geschichten gebe. Geschichten verunsichern ihn in ihrer Offenheit. Er ist es gewohnt, nach festen Regeln zu denken und zu handeln. Er verliert sich am Ende dafür im Dunkel der Wüste, und übrig bleibt ein einziges Rätsel: Die Zeit. Erinnern wir uns. An die Bilder des Filmes zum Beispiel, die wie gemalte Tableaus das Dorf zeigen, das es für denjenigen gibt, der es aufsucht. Es ist verfallen zwar, man müsste es auf den alten Grundmauern wieder errichten, aber es exi- stiert in seinem Kern noch. Da sind die Alten, die ihre Weisheit mit sich im Kopf herumtragen, die lebendige Tradition, das alte Wissen verkörpern. Da sind die Kinder, die unbekümmert durch die engen Gassen rennen, die es dann und wann ans Licht zieht und die sich einen Sport daraus machen, mit Spiegelscherben den Garten wieder herbeizuzaubern, den sie nur vom Hörensagen kennen.
Donnerstag, 1. November 2007, 21:45 Uhr
Opera Jawa – Opera Java
Regie: Garin Nugroho, Indonesien 2006, OV/d/f, 120’
Der indonesische Regisseur Garin Nugroho, der bereits für die Vielfalt seiner erzählerischen Stile und die mutige Bewältigung umstrittener Themen bekannt ist, hat mit dem Film «Opera Jawa» seinen vielleicht klarsichtigsten Film geschaffen. Der Film feiert traditionelle Formen von Gamelan-Musik, Tanz und Performances und verbindet diese mit zeitgenössischen Gesangs- und Tanzstilen sowie mit Drehorten, die moderne Installationskünstler transformiert haben.
Opera Jawa adaptiert eine der berühmtesten Geschichten des grossen Klassikers der indischen und südostasiatischen Literatur, dem «Ramayana». Es ist die Geschichte eines leidenschaftlichen Liebesdreiecks: Die schöne Siti und ihr Ehemann betreiben eine Töpferei, aber die Dinge laufen nicht so, wie sie sollten, und als ihr Mann Setio fort ist, versucht der mächtige und skrupellose Händler Ludiro sie zu verführen. Siti verfängt sich in den Stricken eines Konflikts, der sich unausweichlich zu Gewalt entwickelt. Mit bewundernswerten Leistungen seiner drei Hauptdarsteller und dazu den Kompositionen des berühmtesten Gamelan-Maestros Rahayu Supanggah hat Nugroho einen Film geschaffen, dem es auf erstaunliche Weise gelingt, freudig multikulturellen Selbstausdruck zu feiern und zugleich ein Requiem über den Schmerz zu sein.
Donnerstag, 1. November 2007, 23:45 Uhr
Elvis Pelvis
Regie: Kevin Aduaka, UK/F 2007, OV/d, 95’
Als Derek ein kleiner Junge ist, nennt sein Vater ihn Elvis. Zum Geburtstag bekommt er den weissen Anzug und die Locken geglättet. In seinem Zimmer hängen Plakate von Jimi Hendrix, und Derek spielt Cowboy, aber im Wohnzimmer läuft die Musik des King. Als junger Mann und nach dem Tod seines Vaters nennt Derek sich selbst Jimi, trägt eine wilde Lockenperücke und sucht sich einen neuen Vater. Als auch dieser stirbt, stellt Derek dem Toten die Frage, die sein wirklicher Vater nie beantwortet hat: Warum Elvis?
«Elvis Pelvis» erzählt die Geschichte von Idolen, die nicht sterben dürfen, und von Menschen, die diese Idole nicht überleben können. "Ready or Not – Here I Come" – die Suche nach der Identität ist ein Versteckspiel, ein Maskenball. Und weil die Frage nach der Identität eine existenzielle ist, wird aus dem Spiel schnell tödlicher Ernst: Familie, Wohnung, Stadt und Seele werden zum klaustrophobischen Schauplatz eines Showdowns, in dem es keine Gewinner geben kann. «Elvis Pelvis» hat die Intensität einer Heimsuchung. Der Film porträtiert Menschen, die das Gefängnis ihrer Imagination nie verlassen können, der Weltverlust ist totalitär. Gejagt von der Sehnsucht nach sich selbst und den Geistern der Black American Heroes streunt Derek durch die Stadt. Und seine Suche gilt nicht mehr abstrakten Idolen, er sucht nach Erlösung, nach dem einen Augenblick, in dem alles in Ordnung ist.
Freitag, 2. November 2007, 09:45 Uhr
Rajas Reise
Regie: Karl Saurer, CH 2007, OV/d, 80’
Die abenteuerliche Reise eines Elefanten um 1550 von Südindien nach Wien – eine Geschichte von Bemächtigung, die bis heute andauert. Der Film spürt der geheimnisvollen Geschichte des indischen Elefanten Raja nach, der um 1550 von den Wäldern Keralas über Lissabon bis nach Wien auf eine abenteuerliche Reise geschickt wurde. Die Erkundungen des Gandhi-Aktivisten P. V. Rajagopal entlang der Wegstrecke fördern Überraschendes zutage und wecken spannende Assoziationen. Wir erleben die Gefangennahme des kleinen Elefanten, die Schulung, Arbeit im Wald und Auftritte bei Tempelfesten – bis er als Statussymbol europäischer Herrscher auserkoren wird. Karl Saurer ist bei der Auffühurng anwesend und wir im Anschluss an die Vorstellung in einem Filmgespräch zu sehen und zu hören sein.
Freitag, 2. November 2007, 12:15 Uhr
City Walls – my own Private Teheran
Regie: Afsar Sonia Shafie, CH 2006, E/Farsi/d, 87’
Die 38-jährige Exil-Iranerin Afsar Sonia Shafie kehrt 25 Jahre nach der iranischen Revolution in ihr Heimatland zurück und präsentiert mit «City Walls – my own private Teheran» einen Film über starke Frauen, welche die Lebensbedingungen ihrer Töchter verbessern wollen. Die Dokumentation möchte Innenansichten aus einem Land vermitteln, das oft durch Zerrbilder dargestellt wird.
Die Filmemacherin setzt vor allem auf leise Töne. Ihr zur Seite steht ihr Schweizer Ehemann Martin Frei, der hier auch die Kamera führt.
Die Dokumentation umreisst ein halbes Jahrhundert von Shafies Familiengeschichte. Dabei stehen drei Frauen aus drei Generationen im Zentrum der Erzählung: die Grossmutter der Regisseurin, Shafies Mutter sowie ihre Schwester Sona.
Fürs Familienwohl sorgen hier ganz klar Frauen, Mütter und Töchter. Die Männer kommen schlecht weg, sie sind nur Staffage. Was besonders zum Tragen kommt in der Szene, in der Oma und Opa auf dem Sofa sitzen und sie munter von seiner früheren Trunk- und Opiumsucht erzählt und darüber, wie er sie damals geschlagen hat. Am Ende ihrer verbalen Ohrfeige wendet sie sich an ihn: «Du musst dich nicht schämen, die Ausländer verstehen kein Persisch.»
Freitag, 2. November 2007, 14:00 Uhr
Sweeping Addis
Regie: Corinne Kuenzli und Peter Liechti, OV 50’
«Sweeping Addis» ist eine Hommage an die vermummten Strassenfegerinnen von Addis Abeba, der Hauptstadt Äthopiens. Ein behutsames und vielschichtiges Portrait vier beeindruckender Überlebenskünstlerinnen.
Addis Abeba, die Hauptstadt Äthiopiens mit vier Millionen Einwohnern, zeigt sich im Regen. Der Blick aus dem fahrenden Auto bleibt an vermummten Arbeiterinnen hängen. Mit Behutsamkeit und Respekt gelingt es der Filmerin Corinne Kuenzli, das Vertrauen dieser Frauen zu gewinnen und mit ihnen zu drehen. In ihren eigenen vier Wänden legen die Frauen ihre Verhüllungen ab und erzählen aus ihrem Leben – von Sorgen und Nöten, aber auch von Freuden und Zukunftswünschen. Diese intimen Aussagen werden mit atmosphärisch starken Aufnahmen verbunden, welche die Frauen im privaten Alltag mit ihren Familien, bei einer gemeinsamen Feier zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria oder bei ihrer anstrengenden Arbeit auf den staubigen Strassen zeigen. Kontrastiert werden die Bilder der harten Realität mit den schwebenden Flötenklängen des äthiopischen Komponisten Abegasu Shiota. So entsteht ein vielschichtiges Portrait von vier beeindruckenden Überlebenskünstlerinnen in einem von Unsicherheit und Armut geprägten Land. Die Regisseurin Corinne Kuenzli wird im Anschluss an die Aufführung ihres Films in einem Filmgespräch zu sehen und zu hören sein. Das Gespräch wird von Flurina Badell moderiert.
Freitag, 2. November 2007, 16:00 Uhr
Dol
Regie: Hiner Salem, Kurdistan 2007, OV/d, 90’
Es ist das Jahr 2005 in dem kleinen türkisch-kurdischen Dorf Balliova. Das von den Grenzkonflikten zerrüttete Gebiet wird vom türkischen Militär kontrolliert. Nach den häufigen Auseinandersetzungen mit den kurdischen Kämpfern ist die Dorfbevölkerung das Ziel der türkischen Repressionen geworden.
Trotz dieser schwierigen Umstände wollen Azad und seine Freundin Nazenin heiraten. Auf der Hochzeitsfeier kommt es jedoch zu einem Handgemenge mit dem türkischen Militär. Azad schiesst auf einen Kommandanten und flüchtet aus Balliova in die autonome Region Kurdistan im Irak. Hier kreuzt sich sein Weg mit anderen Schicksalen aus verschiedenen Regionen des geteilten Kurdistans.
Er trifft Cheto, der aus Paris in die Heimat zurückkehrt, weil die sterblichen Überreste seiner Schwester in einem irakischen Massengrab gefunden wurden, und Jekaf, die als Mädchen von irakischen Soldaten verschleppt wurde.
Azad lernt auch Taman kennen, die ihn mit in ein Guerilla Camp in den kurdischen Bergen nimmt. Dort kämpfen Kurden gegen das islamische Regime. Ebenso wie Azad will auch Taman ihren Verlobten heiraten, doch die Hochzeitsfeier wird durch einen Bombenangriff unterbrochen.
Freitag, 2. November 2007, 19:15 Uhr
El baño del papá
Enrique & César Fernández & Charlone Uruguay, 2007
Die Ankündigung des Papstbesuchs bewegt die Einwohner von Melos ganz besonders: der Papst wird nämlich seine Uruguay Tournee in ihrer kleinen Stadt beginnen. Mehr als 50‘000 Personen werden erwartet. Die Bescheidensten unter diesen Einwohnern denken, dass dieser Besuch wunderbar sein wird: für ihre Seele und für ihr Portemonnaie. Alle haben nur noch eine Idee im Kopf: der Menge, die zusammen kommt, um den Papst zu empfangen, Sandwichs und Getränke zu verkaufen. Beto, ein kleiner Schmuggler, der elendiglich von seinen Touren mit dem Velo an die brasilianische Grenze und zurück, lebt, entscheidet sich hingegen, vor seinem Haus Latrinen zu bauen und sie zu vermieten. Naiv und hoffnungsvoll träumt Beto davon, sich ein Motorrad zu kaufen. Silvia ,seine Tochter, denkt daran wegzugehen, um in der Hauptstadt zu studieren. Und schliesslich kommt der Papst an.
Freitag, 2. November 2007, 21:00 Uhr
Meduzot
Regie: Etgar Keret, Israel, 2007, OV/d 78’
Hier trennt sich ein Liebespaar, dort heiratet eines. So spielt das Leben. Der israelische Kultautor Etgar Keret lässt uns in seinen Kurzgeschichten immer wieder hineinplantschen, mittendrin sein in den Kuriositäten des Alltags, einfach so. Jetzt hat er zusammen mit Shira Geffen einen Film gedreht, der in Cannes aus einer Nebensektion heraus als bester Erstling gefeiert und ausgezeichnet wurde. Zurecht. Die beiden erzählen uns mit einer halouzinierenden Mischung aus Humor und Melancholie von der Gelegenheitsserviererin Batya, die am Meer ein kleines Mädchen aufliest, von Keren, die am Hochzeitstag das Bein bricht und damit den Honeymoon im Hotelzimmer in der eigenen Stadt verbringen muss, und von Joy, einer Philippinin, die sich als Haushaltshilfe anstellen lässt. Drei Frauen und das Leben: ein Film wie eine erfrischende Brise vom Meeresstrand.
Freitag, 2. November 2007, 22:30 Uhr
Caramel
Regie: Nadine Labaki, Libanon 2007, OV/d, 95’
Beirut, Libanon. Fünf Frauen begegnen sich regelmässig im Schönheitssalon, einem ebenso farbenfrohen wie sinnlichen Mikrokosmos, wo mehrere Generationen aufeinander treffen, zusammen schwatzen und sich einander anvertrauen. Jede Frau hat ein Problem: Layale hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann. Nisrine will einen Moslem heiraten, ist aber nicht mehr Jungfrau. Rima fühlt sich sexuell von einer schönen Unbekannten mit langen Haaren angezogen. Jamale sträubt sich vor dem älter werden und Rose verpasst ihr Leben, weil sie sich um ihre ältere Schwester kümmern muss. Zwischen Haarschneiden und Caramel-Epilation führen die fünf Freundinnen intime und befreiende Gespräche über Männer, Sex und Schwangerschaft.
Samstag, 3. November 2007, 00:00 Uhr
On the Rumba River – Wendo
Regie: Jacques Sarasin, Kongo/F 2007, OV/d/f, 85’
Im Jahr 1925 geboren und als «lebendes Denkmal» der kongolesischen Musik bekannt, verdankt Papa Wendo seinen Ruhm dem Lied «Marie-Louise», dem man im Volk magische Kräfte zuschrieb. Da es angeblich Tote wieder zum Leben zu erwecken oder die Flussgeister zum Tanzen zu bringen vermochte, wurde sein Interpret von den belgischen Missionaren exkommuniziert. Wendos Leben gleicht einem Roman: Schon früh zum Waisen geworden, war er zehn Jahre lang Fährmann und anschliessend Boxer, bevor er Sänger wurde.
Jacques Sarasin (Je chanterai pour toi) zeigt nicht nur Wendos Wiedersehen mit seinen alten Musikern, sondern auch wunderbare Szenen aus dem Alltagsleben, Aussagen von Nahestehenden, weitere Begegnungen. Seine Kamera hält sich an Münder, Augen, Hände und Instrumente, folgt den Schweisstropfen am Hals. Sie lässt uns die Musik hautnah erleben. Als roter Faden auf dieser Suche nach der Musik eines Mannes und eines Landes dient eine Geschichte, die mitschwingt: Beschimpft von seiner Frau, für die er den Schatten seines Baums verlässt, um sich nach neuen Verträgen umzusehen, nimmt Papa Wendo Kontakt zu seinen früheren Gefährten auf und vereint 30 junge und ältere Musiker, mit denen er die kongolesische Rumba dem heutigen Zeitgeschmack anpassen will. Gitarren, Patengué und Mukuassa sollen erneut von Kinshasa bis nach Europa zu hören sein.
Samstag, 3. November 2007, 10:00 Uhr
Deadly Dust – Todesstaub
Regie: Frieder F. Wagner, D/Irak, OV/d, 90’
Dokumentation eines Kriegsverbrechens
Es war der Tropenarzt und Epidemiologe Dr. Horst-Siegwart Günther, der 1991 nach dem Golfkrieg im Irak zum ersten Mal auf die höchst gefährlichen Nachwirkungen von so genannter Uranmunition hingewiesen hat. Ihm waren zu dieser Zeit im Universitätskrankenhaus von Bagdad Menschen mit Krankheitssymptomen aufgefallen, die er in 40 Jahren Arbeit in dieser Region bisher nie gesehen hatte. Dabei entdeckte er auch viele entsetzlich missgebildete Säuglinge und Kinder und dokumentierte die Fälle. Er liess an der Freien Universität von Berlin ein solches Geschoss untersuchen und fand danach folgende Zusammenhänge heraus: Diese radioaktive und chemisch hoch toxische Munition bewirkt einen Zusammenbruch des Immunsystems mit der Folge von schweren Störungen der Nieren, der Leber und der Lunge. Dazu verursacht sie bösartige Hauttumore und andere Krebsarten sowie genetische Störungen. Seitdem fordern Wissenschaftler das sofortige Verbot dieser Munition, die auch in Bosnien, im Kosovo und Irakkrieg 2003 wieder zum Einsatz kam und so inzwischen Hunderttausende schädigte. Nato und Pentagon leugnen dagegen bis heute diese Zusammenhänge, obwohl inzwischen nachgewiesen wurde, dass sogar Spuren von Plutonium in vielen Urangeschossen zu finden sind. ?Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Gespräch mit dem Regisseur Frieder F. Wagner. Das Gespräch leitet Thomas Huber, ehemaliger Kommandant der Train RS Luziensteig. Thomas Huber hat Theologie studiert und ist Präsident des Vereins “Freundeskreis Afghanistan Schweiz”.
Samstag, 3. November 2007, 12:30 Uhr
Das koloniale Missverständnis
Regie: Jean-Marie Téno, Kamerun/F/D 2004, OV/d, 78’
In seinem jüngsten Film entwirft Jean-Marie Téno ein komplexes Bild deutscher Missionstätigkeit in Afrika. Auf den Spuren der Missionare reist er von Wuppertal über Südafrika, Namibia, Kamerun und Togo zurück nach Wuppertal. Dort erkundet er die Geschichte der Rheinischen Missionsgesellschaft, die 1828 mit der hehren Absicht gegründet wurde, die christliche Botschaft zu verbreiten. 50 Jahre später gehörte sie zu den Expansionsbegeisterten, die sich aktiv für die Kolonisation in Afrika einsetzten. In ihren Augen waren der Missionsgedanke und die Kolonialpolitik eng miteinander verbunden: „Die Flinte und die Bibel müssen hier miteinander wirken.“ Ténos Film „rekonstruiert Geschichte in ihrer Dialektik zwischen christlichem Ethos, (deutschen) kaufmännisch-kolonialen Interessen und den traumatischen Erlebnissen der Missionierten”, thematisiert aber auch die aktuelle Position der afrikanischen Kirche und ihr politisches Engagement. Wie konnte es zu jenem kolonialen Missverständnis kommen und wie virulent ist es bis heute? Die Ergebnisse afrikanischer und europäischer Wissenschaftler, Missionsmitarbeiter und Historiker werden ergänzt durch persönliche Erlebnisse dieser Geschichte bis in unsere postkoloniale Gegenwart.
Samstag, 3. November 2007, 14:00 Uhr
Die Erde von oben
Regie: Renoud Delourme, F 2004, OV, 68’
«Die Erde von oben» ist ein Portrait unseres Planeten, ein episches Werk über das ebenso schöne wie zerbrechliche Antlitz der Welt. Der Film basiert auf den Fotografien von Yann Arthus-Bertrand, die im gleichnamigen Bestseller Bildband «Die Erde von oben» erschienen sind. Die bildgewaltige Dokumentation entführt den Zuschauer zu den faszinierendsten Orten unseres Planeten, die sich dem Betrachter aus einem völlig neuen Blickwinkel präsentieren.
Angelehnt an die biblische Schöpfungsgeschichte ist der Film in sieben Kapitel gegliedert: Genesis, Mensch, Sinne, Babel, Das Chaos und die Ordnung, Zivilisation und Terra Incognita. Beginnend mit dem Motiv des Herzen von Voh in einem Mangrovengebiet in Neukaledonien geht die Reise über Kamelkarawanen in der Afrikanischen Wüste, über die Wolkenkratzer der Millionenstadt Tokyo, den Seenpalast von Rajasthan, die pfeilförmigen Minarette der Hagia Sophia in Istanbul bis hin zu der vierhundert Jahre alten Eiche von Vezelay. Der Vater und sein Sohn unternehmen nicht nur eine geographische, sondern auch eine historische und philosophische Weltreise, die zu den Ursprüngen unserer Kultur zurückführt.
Samstag, 3. November 2007, 15:15 Uhr
Persepolis
Regie: Marjane Satrapi, Vincent Paronnaud, F 2007, OV/d, 90’
Marjane versteht die Welt nicht mehr. Im Teheran der späten Siebziegerjahre verändert die islamische Revolution die ganze Gesellschaft – und auch Marjanes Leben. Das aufgeweckte Mädchen holt sich bei der scharfzüngigen Grossmutter Rat. Und debattiert nachts mit dem lieben Gott und Karl Marx.
Mit Errichtung der islamischen Republik beginnt die Zeit der «Revolutions-Kommissare», die Kleidung und Verhalten kontrollieren. Marjane muss nun einen Schleier tragen – dies tut aber ihren ebenso verspielten wie aufständischen Gedanken und Aktionen keinen Abbruch. Sie wächst heran, schwärmt für Bruce Lee, ABBA und Iron Maiden. Entsprechende Musikkassetten kauft sie heimlich auf dem Schwarzmarkt. Besorgt schicken die Eltern ihre Tochter nach Europa. Im fernen Wien schlittert Marjane ungebremst ins Teenagerleben, wird zum Punk und gerät in amouröse Verstrickungen…
Die im Iran geborene Marjane Satrapi hat ihr wechselvolles Leben zwischen zwei Kulturen in einem mehrbändigen Comic festgehalten. Dieser wurde zum internationalen Bestseller und hat mehrere namhafte Preise gewonnen. In der Verfilmung werden die Qualitäten der Vorlage noch verstärkt. Bei aller Ernsthaftigkeit ist Marjane Satrapis Blick auf die eigene Geschichte erfrischend selbstironisch, voller Humor und berührend. Cannes 2007: Prix du Jury
Samstag, 3. November 2007, 17:00 Uhr
Tunisreise
Bruno Moll, Schweiz 2007, Tunesien/Schweiz 2007, OV/d, 90'
Der Maler Paul Klee hat 1914 eine Reise nach Tunesien tunisreiseunternommen, die ihn nachhaltig beeinflusste. Nun folgt der tunesische Filmemacher und Maler Nacer Khemir (Bab’Aziz) im Film von Bruno Moll den Spuren Klees und lädt uns ein auf eine Entdeckungsreise in den Maghreb, hinein in die arabische Kultur. Er zeigt uns Orte, Formen, Farben und Licht, erzählt von seiner Arbeit und von Paul Klees Faszination, er denkt über die Beziehungen zwischen Okzident und Orient nach bis hin zu den Karthagern. Der Film lädt ein zur offenen Wahrnehmung.
Eine Reise verbindet zwei Künstler in unterschiedlichen Zeiten. Für den Maler Paul Klee war die Tunisreise 1914 ein entscheidender Wendepunkt im Schaffen, während der tunesische Filmemacher Nacer Khemir als Maler stark von Klees Werk beeinflusst ist. Wir begeben uns auf eine erhellende Reise nach Tunesien und tauchen ein in die Zeichen und Farben des Maghreb.
Den tunesischen Filmemacher, Erzähler und Maler Nacer Khemir, der zuletzt mit seiner Sufi-Reise Bab’Aziz begeisterte, verbindet mit der Schweiz ein Name ganz besonders: Der des Künstlers Paul Klee. Der Berner Maler hat den Tunesier früh schon fasziniert, hat sein eigenes Schaffen spürbar geprägt. Vom ersten Moment an war er denn auch von der Idee des Schweizer Filmemachers Bruno Moll begeistert, die Tunisreise, die Paul Klee im April 1914 gemacht hat, anhand der Tagebuchnotizen nachzuvollziehen und aus dem Heute heraus zu betrachten. Klees Schaffen ist von der Erfahrung des tunesischen Lichts und der Farben geprägt.
Der Film Die Tunisreise ist eine Reise in den Orient, verbindet zwei Künstler, die der je anderen Welt mit offenen und wachen Sinnen begegnen und so vermitteln können. Bruno Moll versteht seine Tunisreise als «Annäherung an die Frage nach den Möglichkeiten von Bildern und zeigt das Verbindende der beiden Künstler.» Tunis und Karthago, Sidi Bou Said, Hammamet und Kairouan sind die Stationen. Der Blick ist geprägt von Nacer Khemir, der als Weltenreisender eine faszinierende Vermittlung zwischen Orient und Okzident schaffen kann. Wir tauchen in in Paul Klees Bild- und Gestaltungselemente, erfahren über seine Reise den Blick auf Tunesien aus einer Zeit, die den Turismus noch nicht kannte. Nacer Khemir geleitet uns zu den Zeichen, die diesen Teil der Welt prägen und von denen Klee viele aufgenommen hat. Die Verbindung zwischen dem europäischen und dem maghrebinischen Blick, eingefangen in wunderbaren Bildern durch Matthias Kälin, weitet unsere Sinne und lässt uns wie nebenbei die arabische Welt und jene des Islams neu wahrnehmen. Eine bereichernde Begegnung und eine lohnende Reise.
Walter Ruggle
Nach der Aufführung von «Die Tunisreise» können Sie Bruno Moll und Nacer Khemir in einem Filmgespräch hören und sehen. Das Gespräch moderiert Chasper Pult.
Samstag, 3. November 2007, 20:15 Uhr
Ichijiku no kao
Regie: Kaori Momoi, Japan 2006, OV/d, 94’
Die Familie Kadowaki lebt in einem traditionellen japanischen Holzhaus mit einem Feigenbaum im Hof. Die Atmosphäre ist rau, aber herzlich. Ein geheimnisvoller nächtlicher Baustellenjob, zu dem Vater Oto nach Tokio aufbricht, sät Misstrauen. Kaum zurück, stirbt Oto an einer plötzlichen Hirnblutung. Mutter Maasa verliert das seelische Gleichgewicht, Tochter Yume entdeckt ihre Adoptionsurkunde; ihre Welt befindet sich in Auflösung.
In Worte lässt sich das bizarre Regiedebüt der bekannten Schauspielerin Momoi Kaori kaum fassen; seine Absurdität, seine Originalität, sein aberwitziger Humor, selbst seine abgrundtiefe Traurigkeit sind aus grell farbigen Bildern gemacht. Für die überbordende Ausstattung zeichnet der langjährige Production Designer von Suzuki Seijun, Kimura Takeo, verantwortlich. Selbst vor einer animierten Sequenz mit fluchenden Ameisen macht der ungestüme Stilwille des Films nicht halt. Man kann sich satt sehen an liebevollen Details, wird ständig aufs Neue überrascht von surrealer Komik, von plötzlichen Perspektiv- und Zeitenwechseln. «Ichijiku no kao» ist ein Film über Abschiede, Ablösungen, verblassende Erinnerungen. Nostalgie will trotzdem nicht aufkommen. Dafür ist die Gegenwart zu stark.
Samstag, 3. November 2007, 22:00 Uhr
Kao Shi
Regie: Pu Jian, China 2006, OV/e, 104’
Die Lehrerin Qu erteilt seit zwanzig Jahren den Unterricht an der Grundschule in einem kleinen Fischerdorf in einem Sumpfgebiet Südchinas. Die Schule zählt nur fünf Schüler, und seit den vergangenen neun Jahren haben ihre Sprösslinge immer als die besten an den jährlichen staatlichen Prüfungen abgeschlossen. Die Töchter der Lehrerin leben in der nahen Grossstadt. Die eine studiert an der Uni und die andere, die durch ihre Migräneanfälle immer etwas kränklich wirkt, hatte sich die Hand mit heissem Wasser verbrannt. Nach 20 Jahren Dienst beantragt Frau Qu ihre Versetzung in die Stadt, um näher bei ihren Töchtern zu sein. Die Schulverwaltung ist unter der Bedingung einverstanden, dass ihre Schüler bei der anstehenden Prüfung wieder als die besten abschliessen. Der Vorsteher des Fischerdorfs und die Schüler erfahren von dieser Vereinbarung und sind damit überhaupt nicht einverstanden. Sie untergraben die Versetzung indem sie die Prüfung gewollt schlecht abschliessen.
Der Film basiert auf einem wahren Vorfall. Die Akteure im Film sind keine professionelle Schauspieler, sie sind die Einwohner dieses Fischerdorfes, die sich selbst spielen. Der Film zeichnet sich durch seine Transparenz und Schlichtheit aus sowie durch die schönen Aufnahmen des Sumpfes.
Sonntag, 4. November 2007, 00:00 Uhr
Retour a Gorée
Regie: Pierre-Yves Borgeaud, Lux/CH 2007, 110’
Jazz ist das wunderbare Produkt des Horrors der Sklaverei. Deshalb machte sich Youssou N’Dour auf den Weg zurück zu den Wurzeln der Sklaverei und ihrer Musik, auch auf der Suche nach neuer Inspiration. Begleitet wird er dabei vom blinden Schweizer Pianist Moncef Genoud und vom Direktor des «Gorée House of Slaves»-Museum, Joseph N’Diaye. Während dieser Reise, die N’Dour über die USA und dann nach Europa führte, schrieb der senegalesische Sänger neue Songs.
Sonntag, 4. November 2007, 10:00 Uhr
Le collier perdu de la colombe
Regie: Nacer Khemir, Tunesien 1991, OV/d/f, 90’
Er gehört zu den grossen orientalische Märchenerzähler von kleinen Geschichten, der Tunesier Nacer Khemir, der noch immer in alter Tradition unterwegs ist und in seiner Schilderungen schwebend leicht pendelt zwischen dem Gewesenen und dem Erdachten.
Mit traumhaft schönen Bildern und im Erzählstil von 1001 Nacht beschwört Nacer Khemir die Blütezeit der andalusisch-arabischen Hochkultur. An das weltberühmte mittelalterliche Buch "Das Halsband der Taube – von der Liebe und den Liebenden" erinnernd, schildert der Tunesier kontrastreiche Facetten der Liebe, für die allein die arabische Sprache sechzig Begriffe kennt. Dabei schafft die Geschichte von Hassan, der bei einem Meister Kalligraphie erlernt, den Rahmen für geschmeidig verknüpfte Episoden. Aus ihnen kristallisiert sich der magische Bann der Prinzessin von Samarkand heraus, deren Bild Hassan auf einer versengten Buchseite mit sich trägt. Der Film nimmt uns mit in eine Zeit, in der Dschinns (Geister) und Visionen noch real waren. In seiner Welt entdecken wir das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulture, Religionen und Lebensformen. Im Anschluss an die Aufführung von «Le collier perdu de la colombe» erleben Sie Nacer Khemir in einem Filmgespräch.
Sonntag, 4. November 2007, 12:45 Uhr
Boz Salkyn
Ernest Abdyjaparov, Kirgistan 2007, OV/d, 95’
In den abgelegenen Dörfern in den Bergen des ländlichen Kirgistans existiert ein kirgisischer Brauch….die Entführung der Ehefrauen. Ist dieser Brauch heute noch gerechtfertigt, obwohl die Eheleute schlussendlich bis zum Ende ihrer Tage ein glückliches Leben führen? Das ist das Thema, das in „Boz Salkyn“, einer zeitgenössischen, aufrüttelnden und doch sehr warmherzigen Erzählung über die familiäre Loyalität, den Betrug, den Verrat und vor allem über die Liebe, verfolgt wird. Trotz der Schwere dieser Thematik enthält dieser Film zahlreiche Momente der Leichtigkeit, wobei das Leben in einem typischen kirgisischen Dorf wiedergegeben wird.
Sonntag, 4. November 2007, 14:30 Uhr
Ma Bei Shang De Fa Ting
Regie: Liu Jie, China 2006, OV/e, 105’
Der Film dreht sich rund um ein dreiköpfiges Gericht, das den Staat in einer einsamen Bergregion vertritt, die nur mit Pferden zugänglich ist und dort dann mit der Not der Bauern, Naturglauben und Familienfehden konfrontiert wird. Starre Paragraphenreiterei muss sich zu geschmeidigem Pragmatismus wandeln – ein glänzend fotografiertes Lehrstück über die Natur der Gerechtigkeit.
Im Jahr 2003 war Liu Jie auf Dienstreise in der südwestchinesischen Provinz Yunnan. In der abgelegenen und rückständigen Gemeinde Ninglang machte er Station. Um den einheimischen Bauern unnötige Prozesskosten zu ersparen und sie trotzdem juristisch zu beraten und gerecht zu behandeln, gehen die Richter zu den Bauern. Sie reiten in Bergdörfer, zu denen es keine anderen Verkehrsverbindungen gibt. Dort verhandeln sie die anstehenden Fälle an Ort und Stelle. Während des Prozesses erklären sie oft den Bewohnern die rechtlichen Regeln und Bestimmungen.
Liu Jie sagt: "Ich hatte hier die einmalige Chance, mich auf die lokalen Justizfragen zu konzentrieren. Was ich zeige, ist kein Einzelfall. In fast allen abgelegenen Dörfern Chinas begegnet man diesem Problem. Gesetzanwendung und Gerichtsverhandlungen für die Bewohner der ländlichen Gebiete sind wirklich schwierig. Dieses Problem wurde aber noch nie gezeigt. Ich wollte gerade dies durch den Film sichtbar machen."
Sonntag, 4. November 2007, 16:30 Uhr
Madrigal
Regie: Fernando Pérez, Kuba, 2006, OV/d, 112’
«Madrigal» ist dem französischen Regisseur René Clair gewidmet. Warum? – 1955 drehte Clair seinen Film «Les grandes Manoeuvres», in dem Gérard Philipe als junger Offizier darum wettet, dass er das Herz von Michèle Morgan gewinnen wird, der schönsten und geheimnisvollsten Frau der ganzen Stadt. Was als das Spiel eines Charmeurs beginnt, entwickelt sich zu einer Leidenschaft auf beiden Seiten, endet aber dramatisch, als die Frau von der ursprünglichen Täuschung erfährt. Gérard Philipe aber liebt sie inzwischen tatsächlich. Er bittet die erzürnte Geliebte um Verzeihung. Als Zeichen ihrer Gnade solle sie das Fenster öffnen, wenn er bei der Parade an ihrem Haus vorüberzieht. Doch das Fenster bleibt geschlossen. Das ist das Ende des Films. René Clair hatte allerdings einen anderen Schluss vorgesehen, der nicht realisiert worden ist, weil die Produzenten ihn als zu tragisch empfanden: Michèle Morgan, die verletzt und total erschüttert ist, öffnet in ihrem Zimmer die Gasleitungen. Ein Diener findet die Tote, riecht das Gas und öffnet das Fenster. Im gleichen Moment marschiert unten Gérard Philipe vorbei, schaut nach oben und glaubt, seine Geliebte hätte ihm alles verziehen. «Madrigal» rettet dieses Ende in einer Liebesgeschichte, die im Havanna der Gegenwart spielt.
Sonntag, 4. November 2007, 18:30 Uhr
News from Home
Regie: Amos Gitai, Israel 2006, OV/d, 97’
Im 1948er Krieg von seinem palästinensischen Besitzer verlassen; von der israelischen Regierung als „leer stehend“ enteignet; 1956 an jüdisch-algerische Immigranten vermietet; von einem Universitätsprofessor gekauft, der es 1980 in ein drei-geschossiges Haus umbaut…
Dieses Gebäude in West-Jerusalem ist nicht mehr der Mikrokosmos, der es vor 25 Jahren war. Seine Bewohner leben in alle Himmelsrichtungen verstreut. Der gemeinsame Ort hat sich aufgelöst, bleibt aber ein emotionales und physisches Zentrum im Herzen des israelisch-palästinensischen Konflikts. Konkrete Realität ist zu versprengten Geschichten und Erinnerungen geworden. Eine neue Identität, eine neue Diaspora haben sich entwickelt.
Gitai hat eine Art menschlicher Archäologie geschaffen. Er untersucht die Beziehungen zwischen den Einwohnern des Hauses, Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Israelis und Palästinensern. Alle werden auf ihre Art ein Symbol für das Schicksal der Region, der Welt.
Mit seiner Triologie House (1980), A House in Jerusalem (1998) und News from Home/News from the House (2006) hat Amos Gitai eine Art menschlicher Archäologie geschaffen. Er untersucht die Beziehungen zwischen den Einwohnern des Hauses, Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Israelis und Palästinensern. Alle werden auf ihre Art ein Symbol für das Schicksal der Region, der Welt.
Sonntag, 4. November 2007, 20:15 Uhr
Tuyas Marriage (Tu ya de hun shi)
Regie: Wang Quan'an, China 2006, OV/d/f, 96’
Im Nordwesten der Inneren Mongolei werden die Voraussetzungen für ein Leben in der Natur immer schlechter. Denn auch in dieser unwirtlichen Region Chinas expandiert die Industrie. Die Regierung bedrängt die mongolischen Hirten, das Nomadenleben aufzugeben, in die nahen Städte zu ziehen und sich dort als Bauern niederzulassen. Die schöne und selbstbewusste Tuya aber will ihr Weideland nicht verlassen. Lieber lebt sie – zusammen mit ihrem behinderten Ehemann, zwei Kindern und hundert Schafen – ein Leben voller materieller Entbehrungen in den unendlichen Weiten der Steppe. Die harte Arbeit setzt Tuya merklich zu. Ihr Ehemann Bater will sie zur Scheidung überreden, doch Tuya widersetzt sich auch ihm. Eines Tages aber wird sie krank. Nun denkt sie erstmals doch an eine Scheidung. Sie könnte dann jemanden finden, der ihr hilft, den kranken Bater, die zwei Kinder und ihre hundert Schafe zu versorgen. Doch alle Bewerber wollen von Bater nichts hören. Bis Tuyas ehemaliger Klassenkamerad Baolier auftaucht. Er findet für Bater einen Platz in einem sehr schönen Pflegeheim und bringt Tuya und die Kinder dazu, in die Stadt zu ziehen. Doch Bater kann sich an das Leben im Heim, fern von der Steppe und getrennt von seiner Familie, nicht gewöhnen.
Goldener Bär Berlin 2007
Dienstag, 4. November 2008, 20:00 Uhr
Om Shanti Om
Regie: Farah Khan, Indien 2007, OV/d/f, 168’
Bombay in den 70er-Jahren: Om Prakash Makhija und sein Kumpel Pappu wollen Schauspieler werden, momentan schlagen sie sich aber mit Statistenrollen herum. Oms Mutter macht ihrem Sohn Mut, dass er es einmal bis zum Helden in einer Grossproduktion bringen wird. Davon träumt der junge Mann auch ununterbrochen, denn er ist verliebt in die junge Leinwandgöttin Shantipriya. Als bei einem Filmdreh Shanti beinahe verbrennt, rettet Om ihr das Leben und wird ihr Freund. Doch er muss erkennen, dass er keine Chance hat: Sie ist bereits mit dem schmierigen Produzenten Mukesh Mehra verheiratet. Weil der dies nie öffentlich kundtun möchte, kommt es zu einer Katastrophe. «Om Shanti Om» ist einer der unterhaltsamsten Bollywoodfilme dieses Jahrzehnts. Doch noch wichtiger: Es ist seit langem eine der schönsten Hommage an das Kino und an Bollywood im Speziellen: «Om Shanti Om» fackelt ein Feuerwerk der Filmreferenzen ab, zitiert jeden nur erdenklichen Bollywood-Stil und lässt die Magie hochleben, die uns zu Fans macht. Wenn etwa Shahrukh Khan während einer Ballade am Rockzipfel seines Idols hängen bleibt und wir mit ihm mitschwelgen in einer Stimmung zwischen Traum, Realität und Trance, dann vermittelt das genau das Gefühl, das gutes Kino und das Verehren eines Stars haben kann. Es versetzt uns in Ekstase.
Mittwoch, 5. November 2008, 14:00 Uhr
Mongolian Ping Pong
Regie: Ning Hao, China 2005, deutsch, 105’, ab 7
Ohne Elektrizität und fliessend Wasser lebt der zehnjährige Bilike mit seinen Eltern in einem Zelt draussen in der endlosen mongolischen Grassteppe.
Als Bilike beim Wasserschöpfen an einem Fluss einen Tischtennisball findet, glaubt er zunächst an ein mystisches Objekt, zumal niemand ihm sagen kann, um was für ein Ding es sich dabei handelt. Seine abergläubische Grossmutter ist sich ganz sicher, dass die leuchtende Perle ihrem stolzen kleinen Besitzer viel Glück bringen wird. Und so avanciert Bilike zum Helden der kleinen Gemeinschaft, in der er lebt. Doch als die Kinder eines Tages durch das Fernsehen in Erfahrung bringen, dass der Tischtennisball der Nationalball Chinas ist, geraten sie ins Grübeln. Denn wenn sie den Nationalball Chinas haben, dann fehlt er ja den Chinesen. Es hilft alles nichts, der Ball muss zurück an seinen Bestimmungsort. Und so brechen Bilike und seine Freunde auf zu einer Reise, die sie bis nach Peking führen soll – nicht ahnend, wie weit die chinesische Hauptstadt von ihnen entfernt ist… Auf wunderbare Weise schafft es der Regisseur Ning Hao, die Magie der Steppe und die kindliche Phantasie von Bilike und seinen Freunden einzufangen, die in dem geheimnisvollen Fundstück einen Schatz sehen, der nach und nach ihre naiven Phantasien beherrscht.
Mittwoch, 5. November 2008, 16:00 Uhr
Sipur Hatzi Russi – Liebe und Tanz
Regie: Eitan Anner, Israel 2006, deutsch, 95’, ab 10
Der dreizehnjährige Chen ist Sohn eines israelischen Vaters und einer russischen Mutter. Die Familie lebt in Ashdod, einer Stadt, die durch die vielen Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion tief gespalten ist. Die kulturellen Konflikte zwischen Einwanderern und Israelis werden aber nicht nur auf der Strasse ausgetragen.
Auch in Chens Familie hat sich die Liebe als instabile Brücke zwischen den Kulturen erwiesen. Die Eltern streiten viel und lautstark, und Chen steht immer zwischen den Fronten. So auch, als sein Vater den Hochzeitstag vergisst und Chen seine Mutter zum Tanzen ausführt. In einem Nebenraum beobachtet er durch seine Kamera Natalie, ein wunderschönes Mädchen, das selbstvergessen vor einem Spiegel Tanzschritte übt. Chen verliebt sich auf den ersten Blick in Natalie und um sie zu gewinnen, meldet er sich in ihrem Tanzkurs an. Doch Natalie hat einen festen Tanzpartner: Artur. Und Chen wird der eigenwilligen Sharon zugeteilt. Mit ihr wird er am nationalen Tanzwettbewerb teilnehmen, denn Natalie wird von Artur so abgeschirmt, dass Chen jede Hoffnung begraben muss. Und hier – während des Wettbewerbs – erkennt Chen, dass Tanzen nicht nur etwas mit Schritten, sondern mit Hingabe zu tun hat. Der Liebe gar nicht so unähnlich.
Mittwoch, 5. November 2008, 17:30 Uhr
«Filme für eine Welt» zu Gast an den Weltfilmtagen Thusis
Zum internationalen Jahr der Menschenrechtsbildung
A Decent Factory
Thomas Balmès, F/Finnland 2004. Dokumentarfilm, 56’ (Kurzfassung), ab 16 Jahren. OV/d/f/i
Der Film folgt «ethischen Unternehmensberaterinnen», die im Auftrag der Firma Nokia die Arbeitsbedingungen in einem chinesischen Zulieferbetrieb prüfen. Im Zentrum steht die Frage der Unternehmensethik zwischen sozialer Verantwortung und Profitdenken.
Thema Integration
Wenn ich eine Blume wäre
Barbara Burger, Schweiz 2007. Dokumentarfilm, 52’, ab 16. Mundart/d/f/e
Der Film begleitet fünf Migrantenkinder einer Berner Kleinklasse in ihrem Schulalltag und in ihrer Freizeit. Er macht deren Schwierigkeiten im Unterricht verständlich, zeigt die anspruchsvolle Aufgabe der Lehrperson und die wichtige Rolle der Schule als Integrationsfaktor.
Kurzfilme: Bilder im Kopf
Hiyab – Das Kopftuch
Xavi Sala, Spanien 2005. Kurzfilm, 8 Min., ab 12 Jahren. OV/d/f/e
Fatima ist neu an der Schule. Die Schulleiterin möchte, dass sie ihr Kopftuch abnimmt, doch Fatima widersetzt sich zunächst. Schliesslich lässt sie sich überreden. Als sie das Schulzimmer betritt, stellt sie fest, dass viele Schüler/innen Kopfbedeckungen tragen …
Tri-ko – Das T-Shirt
Hossein Martin Fazeli, Slowakei 2006. Kurzfilm, 10’, ab 16 Jahren. OV/d/f/e
Marc Pollack, Amerikaner auf der Reise durch Tschechien, betritt ein kleines Geschäft und kommt mit dem Verkäufer Tomá Dubek ins Gespräch. Der freundschaftliche Dialog schlägt infolge von gegenseitigen Missverständnissen bald in eine heftige Auseinandersetzung um.
Noch Fragen?
Manoocher Khoshbakht, Deutschland 2004. Kurzfilm, 7’, ab 16 Jahren. D/f/e
Jasmin Biermann fährt in Hamburg Taxi. Ihr Aussehen veranlasst die Fahrgäste, ihr „Fremdsein“ direkt oder indirekt zum Thema einer kleinen Konversation zu machen, bis sie die Fragerei nach ihrer Herkunft satt hat …
Nachhaltige Entwicklung: Tourismus und Remigration
Der Traum vom Hotel
Helle Toft Jensen, Dänemark 2005. Dokumentarfilm, 35’. (Kurzfassung), ab 16 Jahren
Jeannot kehrt nach 20 Jahren zurück nach Senegal, wo er seinen Traum vom eigenen Hotel realisieren will. Sein Projekt stösst aber auf Widerstand bei der Dorfbevölkerung. Erst die Vermittlung des Lehrers führt zum Dialog und schafft das nötige Vertrauen.
Mittwoch, 5. November 2008, 21:30 Uhr
Las vidas posibles
Regie: Sandra Gugliotta, Argentinien 2007, OV/d/f, 80’
Carla und Luciano sind ein glückliches Paar – zufrieden und in Liebe verbunden. Eines Morgens bricht Luciano, der Geologe ist, zu einem neuen Arbeitsort auf, um dann nichts mehr von sich hören zu lassen. Seine Frau beginnt sich ernsthaft zu sorgen und macht sich auf die Suche nach ihm an dem Ort in Patagonien, wo er ursprünglich hinwollte. Dort begegnet sie Luis, der Luciano zum Verwechseln ähnlich sieht, aber Immobilienmakler und mit einer anderen Frau verheiratet ist. Carla ist überzeugt, dass er ihr Mann ist, und lässt nichts unversucht, sich ihm anzunähern. Er erweckt nicht den Anschein, sie zu kennen. Die junge Frau versteift sich immer mehr auf den Gedanken, dass es sich bei dem Unbekannten um ihren Angetrauten handelt. Ist dies ihr Ende als Paar – oder der Beginn einer neuen Geschichte? «Las vidas posibles» lässt bewusst Antworten offen: Wo ist der Mann, den seine Frau so verzweifelt sucht? Lebt er noch? Wer ist dieser Fremde, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, aber mit einer anderen verheiratet ist und so tut, als hätte er sie noch nie gesehen? Der Film lässt verschiedene Interpretationen als plausibel erscheinen. Gedreht in Patagonien, alterniert «Las vidas posibles» Aufnahmen der riesigen kühlen Ebenen, welche die Einsamkeit Carlas widerspiegeln, mit Innenszenen, deren enger Rahmen die Schauspieler einschliesst.
Donnerstag, 6. November 2008, 14:00 Uhr
Terre et cendres
Regie: Atiq Rahimi, Afganistan/F 2004, OV/d/f, 105'
Dastaguir sitzt am Strassenrand, sein Enkel Yassin an seiner Seite. Eine triste afghanische Landschaft beherrscht die Szenerie: ein ausgetrocknetes Flussbett, kahle Berge, eine staubige Strasse. Die Strasse führt zu einem weit entfernten Bergwekr. Dastaguir unternimmt diese Reise, um seinen Sohn, Yassins Vater, zu sehen, der im Bergwerk arbeitet. Er muss seinem Sohn mitteilen, dass ihr Dof bombardiert und seine Familie ausgelöscht worden ist – eine furchtbare Aufgabe für den Alten, der hin und her gerissen ist zwischen seinem eigenen Leiden, seiner unerträglichen Einsamkeit und dem herrschenden Ehrenkodex, in welchem sein Wesen so tief verankert ist. Auf seinem Weg begegnet Dastaguir verschiedenen Fremden: einem missmutigen Wärter in seinem Wärterhäuschen, einem philosphierenden Händler, einer mysteriösen, verschleierten Frau und anderen Opfern dieses unsäglichen Krieges. «Terer et cendres» ist eine Parable über den verheerenden Verlust, die Ausdauer des mensclichen Geistes angesichts der Entsetzlichkeiten des Krieges.
Donnerstag, 6. November 2008, 16:00 Uhr
Spuren im Eis
Regie: Staffan Julén, DK/S 2006, OV/d, 79’
Als der US-Amerikaner Peary den Nordpol entdeckt – eine Zuschreibung übrigens, die schon zu Pearys Lebzeiten in Frage gestellt wurde – fand er dort den bis dahin grössten bekannten Meteoriten vor. Seine kostspieligen, zwei Jahre währenden Bemühungen, den Stein in ein naturwissenschaftliches Museum zu schaffen, bringen arge Finanzierungsprobleme mit sich. Aus diesem Grund und natürlich im Sinne der Wissenschaft schaffte Peary sechs der Ureinwohner Grönlands, damals Eskimos genannt, nach New York. Die Inuit erleben ihre ersten Tage in New York als einen gewaltigen Kulturschock, werden Schaulustigen für ein Eintrittsgeld von 25 Cent vorgeführt und sterben sehr bald an Krankheiten, gegen die sie nicht immun sind; nur der Jüngste, Minik, überlebt. Von Peary, der wieder am Nordpol forscht, allein gelassen, erlebt der Junge eine einsame, mit rassistischen Vorurteilen gespickte Jugend. Als Heranwachsender beginnt er seine Herkunft immer kritischer zu hinterfragen, wodurch er sich mehr und mehr als Ausgeschlossener der Gesellschaft sieht. Ein Aufenthalt in Grönland bricht seine kulturelle Identität weiter: Auch dort fühlt er sich fremd. Nach einer Phase des Herumirrens in Amerika stirbt er im Alter von 31 Jahren an der spanischen Grippe.
Donnerstag, 6. November 2008, 17:45 Uhr
Iklimler
Regie: Nuri Bilge Ceylan, Türkei 2006, OV/d/f, 97 ’
«Iklimler» zeichnet mit radikalen Bildern jenseits von Hektik und Aktionismus die Chronik des Scheiterns einer Liebesbeziehung im bürgerlichen Milieu des türkischen Mittelstandes nach. Die Stimmungen und Befindlichkeiten nehmen Bezug zur klimatischen Umgebung, von sommerlicher Hitze bis zu eisigen Winterstürmen. Entfremdung und die Unfähigkeit des authetischen Ausdrucks von Empfindungen sind die grossen Themen, die Ceylan mit bewegenden Bildern von Hilflosigkeit und Ohnmacht unmittelbar darstellt.
Der Archäologe Isa und die Fernsehproduzentin Bahar verbringen einen gemeinsamen Sommerurlaub. Doch auch die Hitze kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Beziehung an einem Nullpunkt angekommen ist. In ihre Beziehung ist Sprachlosigkeit eingekehrt, in ihren Gesten liegt Hilflosigkeit. Bei einem Abendessen mit Freunden provoziert Bahar einen Eklat. Die aufgestaute Spannung kulminiert am darauf folgenden Tag und mündet in der Trennung. Zurück in Istanbul lässt Isa seine alte Affäre mit Serap wieder aufleben und Bahar stürzt sich in die Arbeit. Für die Dreharbeiten zu einer Fernsehproduktion im Osten der Türkei, verlässt sie Istanbul für längere Zeit. Als Isa davon erfährt, lässt ihm diese Nachricht keine Ruhe und kurzentschlossen reist er ihr hinterher. Er bereut seine Entscheidung und versucht seine Liebe zu retten …
«Iklimler» ist eine faszinierende Studie über ein Paar in der Krise und die menschliche Unfähigkeit zum Glück, dargestellt vom Regisseur und seiner Frau Ebru Ceylan selbst.
Donnerstag, 6. November 2008, 19:45 Uhr
Love and Honor
Regie: Yoji Yamada, Japan 2007, OV/d/f, 121’
Kurz nachdem er seinen Posten als Vorkoster angetreten hat, wird Shinnojo blind. Der Fisch, der dem Fürsten des Clans vorgesetzt werden sollte, war vergiftet. Bis zu diesem Ereignis gehörte Shinnojo in einem niederen Rang dem Gefolge des Fürsten an. Ihm wird klar, dass er nicht nur für den Rest seines Lebens blind sein wird. Er wird auch den Dienst bei seinem Herrn aufgeben müssen und bis an sein Lebensende auf Hilfe angewiesen sein. Nur seiner Frau Kayo gelingt es, ihn von seinem Selbstmordversuch abzubringen. Gerührt gibt Shinnojo seinen Plan auf. Im Laufe der Zeit beginnt Shinnojo sich an die Blindheit zu gewöhnen. Als ihm seine Tante Ine das Gerücht zuträgt, Kayo betrüge ihn, ist Shinnojo, der seine Frau liebt und ihr immer vertraut hat, ausser sich vor Eifersucht. Er beauftragt seinen alten Diener Tokuhei, Kayo zu verfolgen. Das Gerücht stimmt. Nachdem sie ihren Beobachter bemerkt hat, beichtet Kayo ihren Ehebruch mit Shimada. Der Verwalter hätte ihren Körper als Entlohnung für die Unterstützung Shinnojos verlangt, gesteht Kayo. Shinnojo wirft seine Frau aus dem gemeinsamen Haus. Mit seinem Schwert bereitet er sich auf den letzten Kampf vor.
Donnerstag, 6. November 2008, 22:00 Uhr
El cielo, la tierra y la lluvia
Regie: José Luis Torres Leiva, Chile 2008, OV/d/f, 111’
Das Leben von vier einzelnen Menschen in den Routinen und der Ruhe des Südens. Sie treffen sich, um zu essen, am Strand entlang zu laufen oder sich einfach treiben zu lassen. Sie suchen nach Liebe, Sex, nicht vorhandenen Familienbanden, nach einem Raum für sich selbst und Zeit, um sich zu finden und endlich die Einsamkeit, die allen gemeinsam ist, zu überwinden. Ein im höchsten Masse visueller, atmosphärischer Film, in dem Menschen und Landschaften verschmelzen. Die 28-jährige Ana lebt am Ende der Welt, in einer kleinen Hafenstadt an der Südspitze Chiles. Schüchtern und zurückhaltend wohnt sie immer noch bei ihrer pflegebedürftigen Mutter und hat keine Ambitionen oder Zukunftsaussichten. Sie verbringt jeden Abend mit ihrer besten Freundin Veronika, 37, deren wilde, ausschweifende Persönlichkeit das genaue Gegenteil ihrer eigenen ist. Dann ist da noch Veronikas Schwester Marta, die schwer depressiv ist, und alles macht, um Anas Zuneigung zu gewinnen. Eines Tages wird Ana, die als Verkäuferin arbeitet, des Diebstahls bezichtigt und entlassen. Veronica findet für sie einen neuen Job als Haushaltshilfe bei Toro, einem rätselhaften 45-Jährigen, der ganz allein ausserhalb der Stadt lebt. Ana ist bald seine einzige Verbindung zur Aussenwelt.
Freitag, 7. November 2008, 10:00 Uhr
Telling Strings
Regie: Anne-Marie Haller, CH 2007, OV/d, 59’
Die Berner Filmemacherin Anne-Marie Haller begleitete die Musikerin und Sängerin Kamilya Jubran in ihre Heimat Palästina, wo sie ihr Elternhaus im Städtchen Al-Rameh besucht. Wir werden Augenzeuge, wie ihr Vater in seine Oud-Welt eintaucht, mit Akribie und Liebe ein Instrument baut und seinen Kindern überreicht. Kamilyas Brüder sind ebenfalls von Musik geprägt. Khaled Jubran studierte westliche Musik und leitet ein Zentrum für arabische Musik. Rabea spielt das alte arabische Instrument Buzuq. Sie alle bekennen sich zu ihren Wurzeln, konnten sich aber im Gegensatz zu ihrem Vater Freiräume erobern. Gleichwohl bleibt der Status als Araber mit israelischem Pass zwiespältig. Diese Reise von West nach Ost berührt existenzielle Fragen – freilich einseitig aus palästinensischer Sicht. Die israelischen „Besatzer“ bleiben Schemen. Die gesellschaftspolitische Problematik wird wiederholt angesprochen. Die Berner Filmerin Anne-MArie Haller konzentriert sich auf die familiären Begegnungen, auf den kulturellen Boden und die Auseinandersetzung der Kulturen. «Telling Strings » bleibt durchwegs dem Privaten verhaftet, beschränkt sich auf die Suche und Frage nach Identität.
Freitag, 7. November 2008, 12:00 Uhr
Havanna – die neue Kunst Ruinen zu bauen
Regie: Florian Borchmeyer, D/Kuba 2006, OV/d, 86’
Kuba, im 47. Jahr der Revolution, ein Jahr vor den Feierlichkeiten zu Fidel Castros achtzigstem Geburtstag. Während sich der Máximo Líder scheinbar noch bester Gesundheit erfreut, sind in der revolutionären Hauptstadt Havanna die Spuren des Verfalls allerorts sichtbar. Einstürzende Bauwerke aus allen Epochen der kubanischen Geschichte finden sich an fast jeder Strassenecke. Was die Ruinen Havannas von denen anderer Orte wie Rom oder Athen unterscheidet: Sie sind bewohnt. In «Havanna – die neue Kunst Ruinen zu bauen» gewähren uns fünf Ruinenbewohner Zugang zu ihrem Leben und ihrem Lebensraum. Im Wechsel erzählen diese Personen ihre eigene Geschichte, die eng mit der Geschichte ihres Wohnortes verbunden ist – und wie diese eine Chronik des Kampfes gegen den Verfall und gegen die Ruinenbildung ist. Denn auch ein Mensch kann zur Ruine werden. Trotz der Ruinen ihres Lebens und ihrer Häuser finden alle Figuren eine Flucht aus den Ruinen, die ihnen das Überleben ermöglicht: ob es die Tauben, die Literatur, die Vergangenheit sind – oder aber die pazifische Noni-Frucht, die alle Krankheiten der Welt heilt.
Freitag, 7. November 2008, 13:45 Uhr
God Man Dog
Regie: Singing Chen, Taiwan 2007, OV/d/f, 119’
Der Mensch im Einzelnen und die Menschen im Ganzen bringen alles durcheinander: Mit «God Man Dog» zeichnet Singing Chen ein eigenwilliges Bild von Taiwan: Mütter sortieren ihre kleinen Babys zu Tode, Hunde verursachen Karambolagen, und Gott?
Die Welt ist aus den Fugen, und dabei gliedert sich der Titel des Films so wohlgeordnet in drei Teile, deren erstes und letztes Drittel als Palindrom konstruiert sind, vorwärts wie rückwärts gelesen kommt dasselbe heraus: "God"/"Dog". Aber die Mitte! Der Mensch im Einzelnen und die Menschheit im Ganzen bringen alles durcheinander: "Man" gibt sich nicht mit seiner mittleren Position zufrieden, er will hoch hinaus zur Allmacht, und es zieht ihn immer wieder hinab zum Tierischen. Und so wirken denn auch seine Versuche, Ordnung zu schaffen, verzweifelt oder bestenfalls lächerlich. Ein gutsituiertes Ehepaar aus Taipei, das sich seit der Geburt des Kindes immer mehr entfremdet. Ein Obsthändler vom Land und seine Frau, die gemeinsam versuchen, sein Alkoholproblem zu bekämpfen. Eine junge Frau, die ihre Aggressionen beim Kickboxen austobt. Ein umherstreunender Junge und ein einsamer Mann, der gewaltige Buddhastatuen ausliefert. «God Man Dog» ist ein leiser Ensemblefilm, eine «Short Cuts»-Variante aus Taiwan.
Freitag, 7. November 2008, 16:00 Uhr
Fille de la terre noire
Regie: Jeon Soo-il, Südkorea, 2007, OV/d/f, 89’
Young-lim, ein neunjähriges Mädchen, und ihr geistig zurückgebliebener älterer Bruder Tong-gu leben mit ihrem Vater in einem heruntergekommenen Dorf der Provinz Kangwon. Als der Vater gezwungen ist, aus Gesundheitsgründen seinen Job als Bergarbeiter aufzugeben, verfällt er in Depressionen und beginnt zu trinken. Young-lim hat nun völlig allein die Verantwortung für die Familie zu tragen. Mit «Fille de la terre noire» schuf Jeon Soo-il einen düsteren, kraftvollen sozialen Film. Der Stil ist geläutert, und die steinigen Landschaften sind ohne jede Künstelei gefilmt. Zahlreiche fixe Einstellungen ziehen den Zuschauer in ihren Bann und bestimmen einige Schlüsselszenen des Films: So durchquert der betrunkene Vater, der sich aus seinem Unglück nicht mehr zu befreien weiss, das Bild von oben nach unten, als er in einem ohrenbetäubenden Lärm eine riesige Steinhalde hinuntergleitet. Die Kraft des Films beruht zu einem grossen Teil auf dem hervorragenden Spiel der neunjährigen You Youn-mi, die dieser Geschichte ihr ganzes Gewicht gibt.
Freitag, 7. November 2008, 20:00 Uhr
Salt of this Sea
Regie: Annemarie Jacir, Palästina 2008, OV/d/f, 109’
Die 28-jährige Soraya reist aus Brooklyn, wo sie aufgewachsen ist, zum ersten Mal in die Heimat ihrer Vorfahren, nach Palästina. Hier sucht sie das eingefrorene Geld ihrer Grosseltern vom Konto in Jaffa abzuheben und begibt sich unverhofft mit dem hier geborenen Emad auf eine Reise durch die Landschaften. «Salt of this Sea» ist ein Roadmovie, das die Suche nach den verlorenen Wurzeln beschreibt und nach dem, was man mit Heimat bezeichnet. Die Filmemacherin hat bereits mit ihren Kurzfilmen Aufsehen erregt. In ihrem ersten Spielfilm «Salt of this Sea» lädt uns Annemarie Jacir ein auf eine verrückte Reise durch eine Region, die ihren Figuren eigentlich verschlossen wäre, weil Freiheit in diesem Gebiet ein Fremdwort ist. Der Film ist eine bewegende Reise ins Innere der Migration mit fiebrigen und stillen Momenten. Was uns seit Jahrzehnten über oberflächliche Schlagzeilen begleitet, wird hier wieder einmal vom Menschlichen her fassbar, weil es von innen betrachtet wird. Wo der Welt längst die Worte fehlen, hat Annemarie Jacir Bilder gefunden. Und eine eigene Geschichte geschrieben, die von Suheir Hammad, einer grossartig präsent-absent wirkenden Schauspielerin, verkörpert wird, einer Frau notabene, die eigentlich Poetin ist und hier die Verzweiflung eines Volkes verkörpert.
Freitag, 7. November 2008, 22:00 Uhr
A casa de Alice
Regie: Chico Teixeira, Brasilien 2007, OV/d/f, 90’
Ein Arbeiterviertel in São Paulo. Hier lebt die Nagelpflegerin Alice, eine Frau
über 40, zusammen mit ihrem Ehemann Lindomar, mit dem sie schon seit mehr als 20 Jahren verheiratet ist. Bei ihnen wohnt Lindomars Mutter, Dona Jacira. Eigentlich ist sie es, die den Haushalt führt: Sie kocht, putzt, wäscht und hört dabei den lieben langen Tag das „Grossmutterprogramm“, ihre Lieblingssendung im Radio. Alice und Lindomar haben drei Kinder: Lucas ist der „Reaktionär“ in der Familie, er leistet gerade seinen Militärdienst ab. Edinho ist 17, ein aufgeweckter Bursche. Junior ist 15 und Mamas Liebling. Die Ehe von Alice und Lindomar gerät in eine schwere Krise, als der Familienvater eine auffällige Leidenschaft für junge Mädchen entwickelt, und er die Abenteuer auch gar nicht mehr geheim hält. Keiner ihrer drei Söhne hat für Alices Sorgen besonders viel Aufmerksamkeit übrig. Das Leben, das Alice als berufstätige Frau mit einer ausschliesslich weiblichen Kundschaft führt, steht daher in einem deutlichen Gegensatz zu ihren privaten Lebensverhältnissen, die stark von einem ungebrochenen Machismo dominiert sind. Als sich aber auch Alice die Gelegenheit zu einem Treuebruch bietet, treten weitere Verrätereien ans Tageslicht.
Freitag, 7. November 2008, 23:45 Uhr
Sakuran – Wilde Kirschblüte
Regie: Mika Ninagawa, Japan 2006, OV/d, 111’
Mit knallbunten Farben und Popmusik erzählt Mika Ninagawa in ihrer Manga-Verfilmung «Sakuran – Wilde Kirschblüte» die Geschichte einer jungen Frau, die sich gegen die sozialen Konventionen eines Bordellviertels im Tokio des 18. Jahrhunderts auflehnt und sich ihre Emanzipation mühsam erkämpft. Heraus gekommen ist eine Art Popart-Drama, das an «Marie Antoinette» von Sofia Coppola erinnert und durch den einnehmenden, extravaganten Stil und die feine Figurenzeichnung überzeugt. Mit acht Jahren wird die kleine Kiyoha an ein Freudenhaus verkauft. Von Anfang an widersetzt sie sich den geltenden Regeln und legt sich mit der ranghöchsten Kurtisane, deren Titel „Oiran“ lautet, an. In einem Streit lässt das Mädchen verlauten, dass sie später selbst zur „Oiran“ werde – und so kommt es dann auch. Als junge Kurtisane hat Kiyoha einen überaus guten Stand bei den Freiern: Die Männer verlieben sich reihenweise, liegen ihr zu Füssen und überhäufen die attraktive Frau, die durch diesen gewissen Blick überzeugt, mit Geschenken. Schliesslich wird sie zur gefeierten, ranghöchsten Kurtisane. Doch ihr persönliches Glück bleibt dabei auf der Strecke. Eine verunglückte Liebesbeziehung mit dem Maler Sojiro, die verlorene Freiheit und der Neid ihrer Kolleginnen machen Kiyoha das Leben schwer.
Samstag, 8. November 2008, 09:00 Uhr
Sisters in Law
Regie: Florence Ayisi & Kim Longinotto, UK/Kamerun 2005, OV/d, 104’
Die Richterin Beatrice Ntuba und die Staatsanwältin Vera Ngassa arbeiten in Kumba, einem kleinen Ort im Südwesten Kameruns, und begreifen sich als Anwältinnen von Frauen, die Opfer von Gewalttaten wurden. «Sisters in Law» verfolgt die Verhandlung dreier Delikte aus dem Dorf: Ein kleines Mädchen wurde von ihrer Tante misshandelt, eine junge Frau beschuldigt ihren Nachbarn, sie vergewaltigt zu haben, und eine Ehefrau will sich nach Jahren der Qual von ihrem jähzornigen Mann scheiden lassen. Die Idee des Rechts ist die Freiheit, und sie kann denjenigen entzogen werden, die sich darüber hinwegsetzen: Fall für Fall erkämpfen sich die beiden Rechtshüterinnen Achtung in der muslimischen Gemeinde, mitfühlend gegenüber den Opfern, eloquent und bestimmt gegenüber den mutmasslichen Tätern. Und allen repressiven Wortmeldungen aus der Gemeinde zum Trotz setzt in den Köpfen ein Umdenken ein. «Sisters in Law» ist ein Plädoyer für Gerechtigkeit und Dokument rechtsstaatlicher Errungenschaften.
Samstag, 8. November 2008, 11:00 Uhr
Flower in the Pocket
Regie: Liew Seng Tat, Malaya, 2007, OV/d, 97’
Li Ahh und Li Ohm wachsen ohne Mutter auf und leben bei ihrem Vater Sui, einem Workaholic, der Schaufensterpuppen repariert. Sich selbst überlassen, treiben sich die beiden auf der Strasse herum und adoptieren einen herrenlosen Hund.
Die unabhängigen malaysischen Filme in der Art von «Flower in the Pocket» lassen sich nur verstehen, wenn man die multikulturelle Realität dieses Landes kennt. Neben der malaysischen Mehrheit gibt es starke chinesische und indische Minderheiten. Zudem ist dieses neue Kino eine Antwort auf die nationalistische und entwicklungsorientierte Betrachtungsweise der politischen Behörden, denen es vor allem darum geht, bestehende Rassenprobleme zu leugnen. Die Beziehungen der beiden chinesischen Jungen zu ihren Klassenkameraden und sogar zu ihrer Lehrerin sind durch sprachliche Verständnisprobleme belastet. Ähnlich ergeht es ihrem Vater im Umgang mit seinem indischen Angestellten. Liew Seng Tat nutzt diesen Graben, um seiner Erzählung Relief zu geben. Die scheinbare Schlichtheit dieser „kleinen“ Geschichte lässt so ohne Aufhebens die Komplexität einer ganzen Gesellschaft aufscheinen. Eine extrem witzige, aber nie oberflächliche Geschichte um zwei Kinder, die sich den Respekt ihres Vaters zurückerobern, während sie gleichzeitig mit den Tücken der Mehrsprachigkeit in der malaysischen Gesellschaft zu kämpfen haben.
Samstag, 8. November 2008, 12:45 Uhr
Hana Yori mo Naho
Regie: Hirokazu Kore-eda, Japan 2006, OV/d/f, 127’
Es war einmal eine sanft-humorvolle Geschichte aus dem Jahre 1702. Der junge Samurai Aoki Soza hat seinen provinziellen Heimatort verlassen und lebt nun in Japans Hauptstadt Edo, um den Mann zu suchen, der seinen Vater getötet hat. Er wohnt in einem heruntergekommenen Mietshaus. Seine Nachbarn sind nette Leute, die nicht einmal davon zu träumen wagen, ihrer Situation zu entkommen. Soza freundet sich mit verschiedensten Bewohnern und Bewohnerinnen an, unter ihnen ein Säufer, ein Möchtegern-Beamter, ein Lumpenhändler, ein Lebemädchen und ein Schreiber. Und er verliebt sich in die schöne Witwe Osae. Seine Aufgabe, den Vater zu rächen, hat er nicht vergessen, aber Osae und ihr Sohn vermitteln ihm ein Gefühl der Wärme und lassen ihn an der Pflicht zum Racheakt zweifeln. Soza mag sich nicht entscheiden, lebt sein Alltagsleben und bringt den Nachbarkindern Mathematik, Lesen und Schreiben bei.
Wer kann Kinder so intensiv auf die Leinwand bringen wie der Japaner Hirokazu Kore-eda? Wer sonst versteht es, sie so selbstbewusst spielen zu lassen und doch so kindlich unbeschwert? Wer sonst erzählt über den Blick eines Kindes so viel über das Leben der Erwachsenen? Noch haben wir das Meisterwerk «Nobody Knows» in wacher Erinnerung. Auch hier spielen Kinder eine wichtige Rolle, allen voran Shinnosuke, der Sohn jener Witwe, in die sich der junge Samurai Aoki verliebt. Wer meint, ein Samuraifilm sei zwangsläufig ein Kampffilm, irrt. Hirokazu Kore-eda macht sich im Gegenteil lustig über die Epoche, in der der ehrenvolle Tod mehr bedeutet hat als das Leben.
Quelle: Trigon
Samstag, 8. November 2008, 15:00 Uhr
Que tan lejos
Regie: Tania Hermida, Ecuador 2006, OV/d/f, 92’
Ecuador und die Anden bilden das wunderbare Dekor für dieses Roadmovie, in dem zwei junge Frauen unterwegs sind nach Cuenca, der friedlichen Gartenstadt im Süden. Esperanza kommt aus Spanien und reist durch Ecuador auf der Suche nach Entdeckungen und auf den touristisch empfohlenen Spuren. Tristeza lebt in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, und macht sich auf den Weg, ihren Geliebten daran zu hindern, eine andere Frau zu heiraten. Unterwegs lernen die beiden, die der Zufall im Bus zusammenbringt, einander und zwei Männer aus dem Dekor des fernen Landes kennen. Sie durchqueren die halluzinierende Bergwelt Ecuadors und fahren zunächst an die Küste, weil ein Streik den Verkehr lahm gelegt hat.
«Que tan lejos» ist ein ausgesprochen sanfter Film über das Reisen, das Unterwegssein und über Begegnungen zwischen Menschen. Die Ecuadorianerin Tania Hermida lässt uns in ihrem ersten Spielfilm sinnieren über das, was wir so treiben, wenn wir unterwegs sind. Und sie hat den erfolgreichsten Film in ihrer Heimat gedreht: Er strahlt bei aller Unaufgeregtheit Natürlichkeit aus, bis in die kleinsten Details hinein. Der Film zeigt nicht zuletzt, dass sich ein Land am besten neben den Postkartenbildern entdecken lässt, durch Wachheit auf das, was sich einem zeigen kann. Anschliessend Filmgespräch mit Tania Hermida
Samstag, 8. November 2008, 19:00 Uhr
The Lineman’s Diary
Regie: Zhanabek Zhetiruov, Kasachstan 2006, 64’
Zhanabek Zhetiruov praktiziert in «Notes by the Trackman» in Schwarzweissbildern die hohe Kunst der verknappten Erzählung. Auf den ersten Blick passiert nicht viel, spielt sich das Wenige an echter Handlung im Privaten, Provinziellen ab: Der Sohn kommt in die Schule in der Stadt. Der Vater wird in eine Schlägerei verwickelt, als er einer hübschen Frau nachläuft. Die Mutter droht, den Vater zu verlassen. Der blinde Grossvater wird beim Schilfschneiden von den Lausbuben des Dorfes geärgert. Auf den zweiten Blick aber erschliesst sich eine weitere Dimension, und die ist grundsätzlicher. Voll aufmerksamer Freundlichkeit erzählt Zhetiruov nämlich auch die Geschichte eines Generationenwechsels, erzählt von den Konflikten, die er mit sich bringt, den Erfahrungen und Erinnerungen, die mit ihm verloren gehen können. In diesem Zusammenhang kommt der Blindheit des Grossvaters symbolische Funktion zu. Seine Augen, die nichts sehen, lenken die Aufmerksamkeit auf andere Arten seiner Wahrnehmung. Auf das grosse Vertrauen, das sein Körper zu dem Raum hat, der ihn umgibt, und auf die Sicherheit, mit der er diesem Raum begegnet. Kein Keil ist getrieben zwischen diesen Menschen und seiner Welt. Und nicht Angst, sondern Fürsorge bestimmt ihr Verhältnis.
Samstag, 8. November 2008, 20:15 Uhr
Sonhos de Peixe
Regie: Kirill Mikhanowsky, Brasilien 2006, OV/d/f, 111’
In einem kleinen Dorf an der Nordostküste Brasiliens fristet der junge Fischer Jusce sein Leben damit, mit ungenügender Ausrüstung 30 Meter tief nach Hummern zu tauchen. Sein „Lohn“ am Ende eines langen und riskanten Arbeitstages ist es, nahe bei Ana zu sitzen, während diese ihre Lieblingsseifenoper geniesst. Ana träumt davon, das Dorf zu verlassen, um die Welt zu entdecken. Jusce hingegen ist zufrieden mit dem Leben, das er führt. Eines Tages kommt Rogerio, Jusces alter Fischerkollege, für die Ferien aus der Grosstadt zurück. Er fährt in seinem Sportwagen durch die Dünen und erregt damit Anas Aufmerksamkeit. Der Konkurrenzkampf zwischen den beiden um Anas Aufmerksamkeit beginnt, als Rogerio Jusce einmal mit dem Auto zu Ana bringt. Jusce muss sich selbst ein neues Image verschaffen, um Ana nicht an Rogerio zu verlieren, der ein so abenteuerliches Leben führt. Kirill Mikhanovsky spielt wunderbar mit Bildern und mit Tönen. Der Film war ein Geheimtipp in Cannes.
Samstag, 8. November 2008, 22:15 Uhr
Matar a todos
Regie: Esteban Schroeder, Uruguay, 2006, OV/d/f, 97’
Als sich 1993 die Demokratie in Lateinamerika durchzusetzen beginnt, flieht ein Mann in einen uruguayischen Wald und bittet in einem Kommissariat um Hilfe. Er behauptet, er sei Chilene und eingesperrt gewesen. Dann verschwindet er. Die Untersuchungsrichterin Julia erkennt rasch, dass die Polizei versucht, die Spuren zu verwischen, und dass es sich beim Verschwundenen um den ehemaligen „Chemiker“ von Pinochets Geheimpolizei handelt. Sie muss auch dem eigenen Vater und Bruder entgegentreten, die sie vom Weg, der zur Wahrheit führt, abzubringen suchen. Von Tabaré Vazquez, dem ersten Präsidenten der Republik Uruguay, der einer Linkspartei angehörte, als Film von nationalem Interesse erklärt, konfrontiert uns «Matar a todos» mit einer der tiefsten unverheilten Wunden des südamerikanischen Kontinents. Der Regisseur liess sich von Tatsachen anregen, die er mit fiktionalen Elementen mischt. Der Film erzählt die Entführung und Ermordung von Eugenio Berríos, dem ehemaligen «Chemiker» und Agenten der DINA, der Geheimpolizei des chilenischen Diktators Pinochet. Das Geschehen findet im politischen Kontext nach der „Operation Condor“ statt. „Todesschwadronen“ hatten den Auftrag, für die ehemaligen Diktaturen lästige Zeugen zu beseitigen. Der Fall von Eugenio Berríos, einem Anführer und Opfer der Operation, gibt Gelegenheit, sich mit der neueren Geschichte der Region zu befassen. Diese Auseinandersetzung mit dem Kollektivgedächtnis ist umso wichtiger, als das, was die „Operation Condor“ ermöglicht hat, laut gewissen Personen nur danach verlangt, wieder reaktiviert zu werden…
Sonntag, 9. November 2008, 00:00 Uhr
Waltz with Bashir
Regie: Ari Folman, Israel/D/F 2008, OV/d/f, 90’
Eines Nachts in einer Bar erzählt ein alter Freund dem Regisseur Ari Folman von seinem Alptraum. Ein Alptraum, in welchem er von 26 dämonischen Hunden gejagt wird. Jede Nacht – immer die gleiche Anzahl an Hunden. Die beiden kommen zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zu ihrem Einsatz im ersten Libanonkrieg Anfang der 80er Jahre bestehen muss. Ari ist verblüfft, dass er jegliche Erinnerung an das damals Geschehene verloren hat. Er beschliesst, alte Freunde und Kameraden aufzusuchen und mit ihrer Hilfe diese Lücke in seinem Gedächtnis wieder zu füllen. Je tiefer er sich mit den Erinnerungen der anderen auseinandersetzt, desto klarer werden seine Gedanken und die Vergangenheit erscheint in surrealen Bildern …
Basierend auf realen Interviews und Ereignissen, ist «Waltz with Bashir» der erste animierte Dokumentarfilm.
Regisseur, Autor und Produzent Ari Folman hat die Reise in seine Vergangenheit – eine Reise in die Jugendkultur der 80er Jahre und das West Beirut während des ersten Libanonkrieges – auf fantastische und packende Art visualisiert. Die israelisch-deutsch-französische Coproduktion feierte ihre umjubelte Weltpremiere im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele dieses Jahr in Cannes.
Sonntag, 9. November 2008, 09:45 Uhr
Musikliebe
Regie: Yusuf Yesilöz, CH 2008, OV/d/f, 54’
Zwei Musikerinnen und ein Musiker, deren Lebensgeschichten unterschiedlicher nicht sein könnten. Und doch verbindet sie nicht nur eine musikalische Leidenschaft, die sie mit ihren Partnern teilen. Alle drei haben in ihrer Heimat erfolgreiche Karrieren abgebrochen und müssen sich in der Schweiz neu zurechtfinden. Die Pianistin Tamriko Kordzaia aus Georgien unterrichtet neben ihren Konzerten an einer Musikschule, der Komponist und Sänger Samir Essahbi aus Marokko tritt mit seiner Band regelmässig auf und die Sängerin Ülkü Fazilet Bozkurt aus der Türkei beginnt nun wieder öffentlich aufzutreten. «Musikliebe» ist eine einfühlsame Annäherung an leidenschaftliche Musikerinnen und Musiker und ihren Neuanfang in der Migration. An Yusuf Yesilöz war 2006 erstmals mit seinem Dokumentarfilm «Zwischen den Welten» an den Weltfilmtagen Thusis zu Gast.
Sonntag, 9. November 2008, 11:00 Uhr
El camino
Regie: Ishtar Yasin, Costa Rica, 2007, OV/d/f, 90’
Die zwölfjährige Saslaya und ihr jüngerer, stummer Bruder Dario leben am Rande Managuas bei ihrem Grossvater. Ihr Auskommen finden sie in den Abfällen der Stadt. Ihre Mutter hat, wie viele, das Land verlassen und lebt inzwischen in Costa Rica. Vielleicht arbeitet sie als Hausangestellte bei reichen Leuten, wer weiss? Eines Tages entscheiden sich die Kinder, ihre Mutter zu suchen. Sie packen ihre Sachen und machen sich auf einen langen Weg.
«El camino» ist ein Film fast ohne Worte, der von der Kraft seiner Bilder lebt: von den Landschaften und den Geschichten, die in den Gesichtern der Menschen geschrieben sind, welchen die beiden Kinder auf ihrer langen Odyssee begegnen. Der Regisseurin ist es gelungen, eine Film-Welt zu schaffen, die – zwischen dokumentarischer Beschreibung und surrealistischer Überhöhung – das reale Schicksal unzähliger Kinder Zentralamerikas beschreibt und dabei all den stummen Passagieren der Weltgeschichte jene Würde gibt, die ihnen im realen Leben versagt bleibt. Der Film lädt zu einer Reise ein, geografisch wie historisch, von den Resten vergangener Revolutionen zum Angebot des modernen Tourismus: der Prostitution. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch mit Ishtar Yasin.
Sonntag, 9. November 2008, 14:00 Uhr
Still Life – Sanxia Haoren
Regie: Jia Zhang-Ke, China/Hong Kong 2006, OV/d/f, 108’
Wenn ein Film «Still Life» heisst, dann ist es kein Wunder, wenn die Kamera in langen, statischen Einstellungen verharrt und die Bilder wie kunstvoll arrangierte Stillleben wirken. Der Film vermittelt einen lebendigen Eindruck vom Provinzalltag Chinas und vom Denken und Handeln der Chinesen fernab vom grossstädtischen Glamour.
Der Bergmann San-ming Han reist in die Stadt Fengjie am Drei-Schluchten-Staudamm. Grosse Teile der Stadt Fengjie wurden durch die aufgestauten Wassermassen bereits überflutet. San-ming Han sucht seine Frau, die mit seiner Tochter vor 16 Jahren weggelaufen ist. Da er vorerst keine Auskunft über den Aufenthaltsort seiner Frau bekommt, beschliesst er in der Stadt zu bleiben und als Abrissarbeiter seine Zeit zu vertreiben.
Zur gleichen Zeit kommt die Krankenschwester Shen-hong Guo in die Stadt, ebenfalls auf der Suche nach ihrem Ehemann, der sich vor zwei Jahren für einen Job als Verkaufsleiter nach Fengjie begeben und nie wieder bei ihr gemeldet hat.
«Still Life» erzählt am Beispiel zweier Menschen, welche Folgen das umstrittene Drei-Schluchten-Staudamm-Projekt für die dort lebenden Bewohner hat. Der Eingriff in die Natur ist eng verwoben mit dem Schicksal einzelner Personen, ihren Empfindungen und Veränderungen. Jia Zhang-Ke wurde für sein meditatives Werk mit dem Goldenen Löwen bei den 63. Filmfestspielen in Venedig 2006 ausgezeichnet.
Sonntag, 9. November 2008, 16:00 Uhr
Leaving Fear Behind
Regie: Dhondup Wangchen/Golok Jigme, Tibet 2008, OV/d, 35’
Für «Leaving Fear Behind» sind über 100 Tibeter aus Tibet von Oktober 2007 bis März 2008 befragt worden. Das Filmmaterial konnte kurz vor den Protesten am 10. März dieses Jahres aus Tibet herausgeschmuggelt werden. Nach der erfolgreichen Übergabe des Films wurden die Amateurfilmer Dhondup Wangchen und Golok Jigme von chinesischen Sicherheitskräften inhaftiert.
«Leaving Fear Behind» ist ausschliesslich von Tibetern in Tibet gedreht worden und besticht durch seine authentische Darstellung der Situation der Tibeter, die trotz drohender Verfolgung offen über ihre Lebenswelt und Vorstellungen berichten. Von Anfang an war es ihr Ziel, den Stimmen Tibets während der Olympischen Spiele in Peking Gehör zu verschaffen. Der ausser Landes geschmuggelte Film belegt eindrücklich, was Tibeter in Tibet über die Lage in ihrem Land, die Olympischen Spiele und über den Dalai Lama denken.
Die Dokumentation hatte für Aufsehen gesorgt, als sie in Peking am Eröffnungstag der Olympischen Spiele vor einer kleinen Gruppe von Journalisten heimlich in einem Hotelzimmer aufgeführt worden war. Eine zweite Aufführung wurde von chinesischen Sicherheitskräften verhindert. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch.
Sonntag, 9. November 2008, 18:00 Uhr
Proibido proibir
Regie: Jorge Duran, Brasilien/Chile 2006, Port/d, 104’
Der Medizinstudent Paulo teilt eine Wohnung mit seinem besten Freund Léon, einem Soziologiestudenten. Letzterer ist in Leticia verliebt, eine Architekturstudentin aus der oberen Schicht Brasiliens. Sehr schnell artet diese Beziehung in eine Dreiecksgeschichte aus. Weder für Leticia noch für Paulo eine einfache Situation, vor allem weil Paulo seine Liebe zu ihr nicht eingestehen will. Sein Lebensmotto lautet: „Es ist verboten zu verbieten.“ Im Spital, in dem Paulo arbeitet, freundet er sich mit einer Patientin an, die an Leukämie im Endstadion leidet. Er verspricht, ihr zu einem Wiedershene mit ihren beiden Söhnen zu verhelfen. Dieses Versprechen stürzt ihn und seine Komplizen in grösste Schwierigkeiten; sie erleben die Korruption und die rassistischen Übergriffe der Polizei in den Favelas. Beim Versuch, den jüngeren Sohn der todkranken Rosalina aus dieser Hölle zu retten, kann Léon nur knapp seine Haut retten. Der junge Musterstudent sieht sich in der Folge konfrontiert mit der Ungerechtigkeit und beginnt zu verstehen, dass soziale Hilfe in seinem Land nur sehr begrenzt möglich ist.
Sonntag, 9. November 2008, 20:00 Uhr
Lemon Tree
Regie: Eran Riklis, Israel/Palästina 2008, OV/d/f, 106’
Eine Parabel auf den Nahost-Konflikt
Seit Jahrzehnten schon befindet sich der Zitronenhain im Besitz der Familie Zidane im Westjordanland, und nach dem Tod ihres Mannes sichert er der Witwe Salma ein bescheidenes Einkommen. Doch als der israelische Verteidigungsminister und dessen Frau Mira in unmittelbarer Nähe ihr neues Domizil beziehen wollen, sind die Bäume für den israelischen Geheimdienst Mossad ein Sicherheitsrisiko. Salma allerdings lehnt die angebotene Entschädigungszahlung ab und beharrt darauf, den Hain zu behalten. Als ihr die Bäume weggenommen werden sollen, nimmt sich die streitbare Witwe einen Anwalt und geht bis vor den Obersten Israelischen Gerichtshof. Dabei erhält sie sogar Unterstützung von der Frau des Ministers. Doch Gerechtigkeit erfährt sie nicht, der Kampf gegen die Ansprüche des Politikers und damit gegen israelische Sicherheitsinteressen – so absurd sie auch sein mögen – ist ein ungleicher Kampf, den Salma nur verlieren kann…
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Eran Riklis auf seine persönliche und erstaunlich private Weise mit dem Nahost-Konflikt auseinander setzt. Waren es in «The Syrian Bride» die Golanhöhen, so ist die Geschichte in «Lemon Tree» im ebenfalls von Israel besetzten Westjordanland angesiedelt. Hier wie dort interessiert sich Riklis vor allem für die Folgen, die der verhärtete Konflikt für die Frauen hat. Sie sind diejenigen Personen, von denen – wenn überhaupt – die Hoffnung auf eine längst überfällige Aussöhnung ausgehen kann.
Dienstag, 3. November 2009, 18:30 Uhr
Invisibles
Regie: Isabel Coixet, Fernando León de Aranoa, Mariano Barroso, Javier Corcuera, Wim Wenders, diverse Länder, OV/d, 110’
Die „Unsichtbaren“, das sind jene, die wir nicht wahrnehmen wollen – Menschen, denen die Aufmerksamkeit der westlichen Medien nur sehr selten zuteil wird, und jene, die dennoch nicht aufhören, sich um sie zu kümmern. Ihnen ist dieser Film im Besonderen gewidmet: all jenen, die die Arbeit der internationalen Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ in den unterschiedlichsten Krisen- und Kriegsregionen der Erde ermöglichen und unterstützen.
Der dokumentarische Gemeinschaftsfilm entstand aus Anlass des 20. Geburtstages der spanischen Sektion von „Ärzte ohne Grenzen“. Fünf Regisseure sind an Schauplätze von deren Arbeit gereist. Isabel Coixet berichtet in einem filmischen „Brief an Nora“ von Opfern der Schlafkrankheit, an der in Lateinamerika 18 Millionen Menschen leiden. Fernando León de Aranoa schildert in seinem Beitrag das Elend von Kindern in Uganda. Mariano Barroso erzählt von zwei unterschiedlichen Verwendungsarten des pharmazeutischen Wirkstoffs Eflornithine in Afrika und in der Modemetropole Paris. Javier Corcuera behandelt in seinem Kurzfilm die lang anhaltende Wirkung von Kriegstraumata. Wim Wenders ist in den Kongo gereist und hat dort einen Film über die Massenvergewaltigungen während des Bürgerkriegs gedreht.
Ein Film über die Leiden der dritten Welt: entwurzelte Menschen in Kriegsregionen Südamerikas, Rekrutierung von Kindersoldaten in Afrika, für die Pharmaindustrie unprofitable Krankheiten. ?Médecins Sans Frontières/ Ärzte ohne Grenzen (MSF)
Als Vertreter von «Médecins Sans Frontières» MSF gibt der in Chur aufgewachsene Marco Bürkli Vils eine Einführung zu dieser Hilfsorganisation und zum Film «Invisibles». Marco Bürkli war als Logistiker in Liberia (1996) und Somalia (2006) engagiert.
MSF ist eine weltweit tätige medizinische Nothilfe-organisation. Sie ist vor allem in Kriegs- und Krisengebieten tätig und zählt dabei auf mutige, freiwillige Mitarbeiter. 90% der Gelder gehen direkt in die Projekte. 1999 wurde MSF mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Diese Einführung beginnt um 18:30.
Dienstag, 3. November 2009, 21:15 Uhr
Luck by Chance
Regie: Zoya Akhtar, Indien 2009, OV/d, 156’
In Mumbai, dem Hollywood Indiens, sind ein junger Schauspieler und eine junge Schauspielerin auf der Suche nach ihrer ersten Traumrolle. Er hat Bühnenerfahrung und möchte als Leinwandheld gross herauskommen, sie ist beinahe zu allem bereit, um in einer grossen Produktion mitzuwirken. Die beiden verlieben sich ineinander, und er durchlebt eine Liebesgeschichte auf dem Filmset. In diesem Film geht es um die grosse Liebe und ums Filmemachen selber, spielt seine erfrischende Geschichte doch mitten in den Dekors der Filmstadt Mumbai.
«Luck by Chance» lädt uns ein, in die Filmwelt einzutauchen, am Filmemachen zu schnuppern und Dinge zu entdecken, die zum Filmen gehören. Zoya Akhtar amüsiert sich über die Handlung immer wieder auch augenzwinkernd an den Dingen, die sich da im Filmmilieu abspielen. Manchmal scheint das erfundene Leben wahrer oder näher als das wirkliche, aber dieses holt uns, holt seine Figuren immer wieder ein.
«Luck by Chance» handelt vom Glück, Glück zu haben, von der Sehnsucht danach, glücklich zu sein und vom Kino, wo die Träume vom Glück entstehen und blühen können.
Mittwoch, 4. November 2009, 13:30 Uhr
Kiriku und die Zauberin
Regie: Michel Ocelot, F 1998, deutsch, 71’, ab 6
Aus dem Bauch einer schwangeren Frau ertönt eine leise Stimme: "Mutter, bring mich zur Welt!" So beginnt die Geschichte des denkenden und sprechenden Winzlings Kiriku, der sich anschickt, sein afrikanisches Dorf von einem furchtbaren Fluch zu befreien: der Zauberin Karaba. Sie hat den Frühling fortgenommen und die lebenswichtige Wasserquelle versiegen lassen. Alle Männer, die gegen sie in den Krieg gezogen sind, bleiben verschwunden. Kiriku möchte herausfinden, warum diese Frau so böse ist. Die Antwort darauf kann er nicht alleine finden. Aber der Grossvater, der auf der anderen Seite des verbotenen Berges wohnt und als weiser Mann verehrt wird, weiss um das Geheimnis. Kiriku macht sich auf den gefahrvollen Weg und nach fantastischen Abenteuern erreicht er sein Ziel, das Dorf von dem Fluch zu befreien und die Zauberin in die Dorfgemeinschaft einzugliedern.
In Anlehnung an ein afrikanisches Märchen erzählt der Regisseur Michel Ocelot die Geschichte eines Jungen, der sich nicht von vorgefertigten Antworten blenden lässt und mit Eigeninitiative der Wahrheit auf die Spur zu kommen versucht – mit Erfolg. Fünf Jahre hat Ocelot an dem farbenprächtigen und spannenden Film gearbeitet, der als erster Zeichentrickfilm Afrika und die Afrikaner portraitiert.
Mittwoch, 4. November 2009, 15:30 Uhr
Captain Abu Raed
Regie: Amin Matalqa, Jordanien 2007, 103’, ab 12
Abu Raed ist ein einsamer Mann. Seine Familie hat der alte Griesgram schon vor Jahren verloren, Kontakt zu seiner Umwelt vermeidet er seitdem mit lakonischer Konsequenz. Das ändert sich jedoch schlagartig, als er eine Kapitänsmütze findet und beim achtlosen Heimweg vom kleinen Tarq beobachtet wird. Der Junge ist felsenfest davon überzeugt, einen echten Piloten vor sich zu haben und steht kurz darauf mit versammelter Clique vor Raeds Haustür. So vehement sich der Alte auch gegen seine neue Rolle wehrt, so schnell bricht sein Widerstand. Bald darauf sitzt Raed inmitten der Kinderschar und erzählt von seinen fiktiven Reisen. Nur Murad, der Sohn eines prügelnden Alkoholikers, missgönnt seinen Kameraden die Märchenfreuden und enttarnt den vermeintlichen Piloten als einfachen Müllmann vom Ammaner Flughafen. Doch Raed denkt nicht daran, wieder in seine Höhle zurückzukehren. Gemeinsam mit der Pilotin Nour ersinnt er einen Plan, um den verbitterten Jungen und dessen Familie vor dem berserkernden Vater zu beschützen.
«Captain Abu Raed» ist ein Märchen aus dem Amman von heute, ein poetischer und magischer Film, der in wunderschönen Bildern an die Kraft der Fantasie appelliert und dabei zu Tränen rührt. Ausgezeichnet mit dem World Cinema Audience Award beim Sundance Film Fest 2008.
Mittwoch, 4. November 2009, 21:15 Uhr
Teza
Regie: Haile Gerima, Äthiopien 2008, 140’
In „Teza“ erzählt der äthiopische Regisseur die Geschichte von Anberber, eines äthiopischen Intellektuellen, der in den 1980er Jahren ins Ausland flieht. Nach einem Medizinstudium im Westen kehrt er als Arzt in das vom repressiven marxistischen Regime Mengistu Haile Mariams regierte Äthiopien zurück, wo er schon bald mit der brutalen Lebensrealität des in Tragödien und Hoffnungen verstrickten Landes konfrontiert wird. Diese Erfahrungen bringen Anberber dazu, seine eigenen revolutionären Ideale in Frage zu stellen und sich seine Hilflosigkeit angesichts des Verfalls der Menschlichkeit und der Werte in der äthiopischen Gesellschaft einzugestehen.
Donnerstag, 5. November 2009, 15:00 Uhr
Home – Rendez-vous avec la Planète
Regie: Yann Arthus-Bertrand, F/2009, E/f, 95’
Der Film «Home – Rendez-vous avec la Planete» nimmt uns mit auf eine spannende Reise und zeigt uns die Welt in atemberaubenden Bildern. Ihr Zustand ist kritisch, aber nicht hoffnungslos, wenn wir uns jetzt entscheiden, sie zu retten ! Yann Arthus-Bertrand zeigt uns bisher ungesehene Luftaufnahmen aus über 50 Ländern. Er lässt uns teilhaben an seiner Faszination für die Natur, aber auch an seinen Sorgen um ihre Zukunft.
Donnerstag, 5. November 2009, 16:45 Uhr
Los herederos
Regie: Eugenio Polgovsky, Mexiko 2008, OV/d, 90’ Dieser Film hatte am Festival von Venedig 2008 seine Premiere und ist seither eines der stillen Highlights an vielen Festivals.
Unspektakulär, einfach hinschauend, betrachtet Eugenio Polgovsky aus Mexico Landarbeiterkinder, die von klein auf arbeiten müssen und so etwas wie eine verspielte Kindheit nicht kennen. Sie schuften auf der Farm, hüten Viehherden, ernten Tomaten, Chilis oder Mais, brennen Tonziegel, weben Stoffe, basteln phantasievolle Alebrijes-Figuren, holen Wasser und passen dabei auch noch auf ihre kleinen Geschwister auf. Das geht seit vielen Generationen so. Die Älteren zeigen den Jüngeren, was zu tun ist, verraten ihre Tricks und vererben ihnen die nötigen Arbeitsgeräte. Jeder Tag ist ein neuer Kampf ums Überleben, Freiräume bietet nur die kurze Zeit vor dem Schlafengehen. Die Kinderarbeiter können nicht zur Schule gehen, weil ihre Eltern auf ihre Mithilfe angewiesen sind. Die fehlende Schulausbildung verhindert jede weitere Zukunftschance. Sie leben inmitten eines Kreislaufs aus Verarmung und Verelendung, aus dem es kein Entrinnen gibt. Es geht Eugenio Polgovsky nicht allein ums Los der Kinder, sondern um die Familien, die unter solchen Bedingungen ihr Leben fristen müssen.
Donnerstag, 5. November 2009, 17:30 Uhr
Sans-Papiers
16. Filmtage Nord/Süd: Kurzfilme für Schule und Bildungsarbeit
Zum vierten Mal sind die Filmtage Nord/Süd zu Gast in Thusis. «Filme für eine Welt», eine Fachstelle der Stiftung Bildung und Entwicklung, präsentiert ein Programm aus neuen Kurz- und Dokumentarfilmen, die speziell für Unterricht und Bildungsarbeit ausgewählt wurden, aber auch für ein breites Publikum von Interesse sind.
Thematische Schwerpunkte bilden in diesem Jahr Menschenrechte oder Nachhaltige Entwicklung. Zudem wird eine Reihe Kurzfilme aus Senegal, Palästina, Niger und Äthiopien gezeigt, die zum Perspektivenwechsel anregen.
Programm
17.30 Begrüssung
17.40 Zum UNO-Jahr der Menschenrechtsbildung
Sans-Papiers
Andreas Hoessli, Schweiz 2006. Dokumentarfilm, 52 Min., ab 16 Jahren
Der Film porträtiert Menschen, die ohne Aufenthaltserlaubnis in der Schweiz leben, gibt Einblick in ihren Alltag und zeigt die Probleme und Ängste, mit denen sie durch ihre Illegalität konfrontiert sind. Ein Plädoyer für Humanität.
18.35 Bilder im Kopf
Il neige à Marrakech
Hicham Alhayat, Schweiz 2007. Kurzfilm, 15 Min., ab 14 Jahren
Mr. Bazzi aus Marrakesch träumt davon, in der Schweiz Ski fahren zu können. Doch er erhält kein Visum. Um seinen Wunsch doch zu erfüllen, baut sein Sohn Karim einen marokkanischen Bergort in eine Schweizer Skistation um …
18.55 Nachhaltige Entwicklung: Wasser für alle
Das blaue Gold (l‘or bleu) / Première
Damien de Pierpont, B 2007. Dokumentarfilm, 37 Min. (Kurzfassung), ab 14 Jahren
Der Film thematisiert den steigenden Wasserbedarf in der Gegend von Marrakesch und spricht künftige Interessenkonflikte zwischen Landwirtschaft, Tourismus und Bevölkerung an. Er kritisiert dabei die globalen Privatisierungstendenzen.
19.50 Kurzfilme aus dem Süden
Der Niger-Fluss stirbt
Adam Aborak Kandine, Niger 2006. Kurzfilm, 7 Min., ab 12 Jahren
Der Fluss Niger trocknet langsam aus, die traditionellen Fischer bangen um ihr Auskommen. In seiner Kürze und Pointiertheit spricht der Film viele komplexe Diskussionsthemen an wie Nachhaltige Entwicklung, Wüstenbildung, Tourismus, u.a. …
Be quiet
Sameh Zoabi, Frankreich/Palästina 2005. Kurzfilm, 19 Min., ab 14 Jahren
Ein palästinensischer Junge ist mit seinem Vater auf dem Heimweg von Jenin nach Nazareth. Die alltägliche und eigentlich unspektakuläre Geschichte wirkt durch das von Krieg und Gewalt geprägte Umfeld sehr beklemmend.
Deweneti – Irgendwo in Afrika
Dyana Gaye, F/Senegal 2006. Kurzfilm, 15 Min., ab 12 Jahren
Der 7-jährige Strassenjunge Ousmane aus Dakar verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Betteln. Und er will dem Weihnachtsmann einen Brief schreiben – ohne schreiben zu können. Clever und geschäftstüchtig erreicht er schliesslich sein Ziel …
Menged – auf dem Weg
Daniel Taye Workou, Äthiopien/D 2006. Kurzfilm, 21 Min., ab 14 Jahren
Vater und Sohn sind mit ihrem Esel auf dem Weg zum Markt. Unterwegs erhalten sie von unterschiedlichsten Personen Ratschläge, was sie besser machen könnten … Humorvolle Adaption eines traditionellen Volksmärchens. Preis Jugendjury Berlin
Neu: Weiterbildungskurs für Lehrerinnen und Lehrer
Ergänzend zu den Filmtagen wird an der PH Graubünden der LehrerInnenfortbildungskurs angeboten: «Bilder bewegen. Mit Filmen stereotype Bilder hinterfragen». Behandelt wird u.a. der Film «Das blaue Gold» (Thema Wasser), der an den Filmtagen zu sehen ist.
Veranstaltungsort und Datum: Samstag, 14. November 2009, 09.15 – 12.30 Uhr und 14.00 – 16.15 Uhr an der Pädagogischen Hochschule Graubünden in Chur. Anmeldung obligatorisch bis 18. Oktober (Kurs Nr. A.31.09.081).
Weitere Informationen und Anmeldung: www.phgr.ch/Kurssuche.253.0.html oder www.filmeeinewelt.ch
Donnerstag, 5. November 2009, 19:15 Uhr
Still Walking
Regie: Hirokazu Kore-eda, Japan 2008, OV/d, 114’
Unter all seinen wunderbaren Filmen ist «Still Walking» vermutlich der persönlichste von Hirokazu Kore-eda. Der Japaner arbeitet seit vielen Jahren konsequent und still, fernab vom Rummel der Filmbranche, an einem Werk, das sich behutsam einigen der wichtigsten Fragen des Daseins annähert. Kore-eda kreist das menschliche Sein ein, betrachtet es von verschiedenen Seiten, immer wieder aus der Perspektive seines Endes. Der Tod ist ein Tabu und doch das, was mit Garantie alle irgendwann ereilt, unausweichlich. Von ihm aus lässt sich das Leben abgeschlossen betrachten, von ihm aus können sich so scheinbar einfache wie schwer zu beantwortende Fragen stellen: Was war es denn, das Entscheidende in deinem Leben? In «Still Walking» blickt Hirokazu Kore-eda hinein in einen Tag einer Familie. Da ereignet sich nichts Spektakuläres, da ist die Sensation in den Zwischentönen, in der einfachen Tatsache zum Beispiel, dass diese Gruppe von Menschen einmal im Jahr zusammenkommt, um an einen Ihrigen zu denken, der früh aus dem Leben scheiden musste. Die Hauptfigur ist der abwesende Sohn, und über ihn ist es präsent: das Leben. Sein Tod weckt es, auch Jahre danach und immer wieder. Kore-eda ist ein Meister im Sichtbarmachen des Unsichtbaren, im Betrachten der kleinen Sensationen, zu denen hier das Zubereiten des Essens gehört, der Zeit, in der nichts geschieht und doch alles ist. Quelle: Trigon Film
Donnerstag, 5. November 2009, 21:15 Uhr
Jodhaa Akbar
Regie: Ashutosh Gowariker, Indien 2008, OV/d, 213’
Bollywood: da mischt sich Farbenpracht mit musikalisch untermalten Tanzeinlagen, viel Pathos mit einer seichten Liebesgeschichte, die immer dem gleichen Schema folgt. Der indische Regisseur Ashutosh Gowariker, der mit «Jodhaa Akbar» seinen fünften Spielfilm vorlegt, ist vor allem mit seinen Kinohit «Lagaan» weltweit berühmt geworden. Das jüngste Werk gilt als sein bislang ehrgeizigstes Projekt. In der Zeit um 1550 regiert in Indien der muslimische Grossmogul Jalaluddin Mohammad Akbar. Als noch jugendlicher Herrscher wird Jalaluddin von Mittelsmännern protegiert. Die wichtigen Entscheidungen bei den Schlachten um neue Ländereien werden von engen Vertrauten des kleinen Moguls getroffen. Der Ausdehnung des Machtbereichs kommt dies durchaus zugute. Als Jalaluddin alt genug ist, selbst Entscheidungen zu treffen, übernimmt er das Ruder des Staatsschiffs und lenkt es in völlig neue Bahnen. Die neue Politik steht nun unter dem Zeichen des Appeasements, was den Besiegten zunächst einmal den Kopf sprichwörtlich rettet. Die entscheidend neue Strategie besteht nämlich darin, das Reich nicht durch Krieg, sondern durch eine Zweckehe zu vergrössern. Jalaluddin beschließt, die hinduistische Prinzessin Jodhaa des angrenzenden Grossreiches zu ehelichen, um sein eigenes Reich mit friedlichen Mitteln zu vergrössern. Was mit einem Zweckbündnis beginnt, entwickelt sich zur Leidenschaft. Zusehens verlieben sich Jalaluddin und Jodhaa ineinander. Dies geschieht sehr zum Argwohn der Ziehmutter von Jalaluddhin, Maham Anga, die sehr eifersüchtig auf die neue Gespielin des Moguls ist. Sie bekleidet selbst ein politisches Amt, das mit einem gewissen Macht- und Einflussbereich verbunden ist. So kann Maham in aller Ruhe an ihren Intrigen gegen Jodhaa spinnen und schafft es letztendlich, Jodhaa von Jalaluddin zu trennen. Als Jalaluddin den Schwindel durchschaut, setzt er alles daran, seine Liebe zurück zu gewinnen…
Freitag, 6. November 2009, 10:00 Uhr
Birdwatchers
Regie: Marco Bechis, Brasilien 2008, OV/d, 108’
Eine Gruppe von Reisenden lässt sich im brasilianischen Regenwald zum Vögelbeobachten auf dem Flussboot durch die Natur führen und kommt an einer Gruppe von Indianerinnen und Indianern vorbei. Die mit Pfeil und Bogen bewaffneten Urwaldbewohnenden machen den Gästen Eindruck; das Bild fürs Fotoalbum haben sie auf sicher. Ausgehend von diesem Moment einer typischen Begegnung auf Distanz nähert sich Marco Bechis sanft der Realität im Mato Grosso do Sul, dem einst gigantischen Urwaldgebiet in Brasilien. Er lässt uns eintauchen in die einzigartige Atmosphäre des Regenwalds und erzählt von einer Gruppe Guarani-Kaiowá-Indigener, die ein Stück Ackerland besetzen, das einst von ihnen bewohnt worden war – damals, als der Urwald noch ein Urwald war. Zwei Welten stehen einander in der bewegenden Geschichte gegenüber. Eine Reise ins Herz des Regenwalds in Brasilien und ins Innere der Natur. Unvergesslich.
Freitag, 6. November 2009, 12:00 Uhr
La Forteresse
Regie: Fernand Melgar, Ch 2008, F/d, 104’
Nach ihrer nicht selten lebensgefährlichen Reise wähnen sich viele Flüchtlinge mit ihrer Ankunft im Land des Roten Kreuzes am Ziel und in Sicherheit. Nur wenige ahnen, dass ihnen die letzte, entscheidende Prüfung noch bevorsteht: das neue Schweizer Asylverfahren.Zum ersten Mal durchdringt in «La Forteresse» («Die Festung») eine Kamera uneingeschränkt die Mauern eines Schweizer Empfangszentrums für Asylbewerber. Sie vermittelt einen menschlichen Blick auf einen kargen Übergangsort, wo 200 Männer, Frauen und Kinder zwischen Hoffen und Bangen darauf warten, dass der Staat über ihr Schicksal entscheidet. Mitleid und Misstrauen prägen den Kontakt zwischen den Flüchtlingen und dem Personal des Zentrums, welches das restriktivste Asylgesetz aller europäischen Staaten umsetzen muss. Mit Respekt und nicht ohne Humor führt uns «La Forteresse» ins Zentrum eines Orts, wo täglich Menschen aussortiert werden.
Freitag, 6. November 2009, 14:00 Uhr
Desert Flower
Regie: Sherry Hormann, UK/D/A 2009, OV/d/f, 120’
Mit 18 Jahren wird die Somalierin Waris Dirie in einem Londoner Fastfood-Restaurant vom Starfotografen Terry Donaldson entdeckt. Innerhalb kürzester Zeit wird sie zu einem gefragten Topmodel in der internationalen Modewelt. Trotz Luxus und Erfolg bleibt die junge Frau bodenständig und erinnert sich stets an ihre afrikanischen Wurzeln.
Als Kind wuchs Dirie in einfachsten Verhältnissen in der afrikanischen Wüste auf. Im Alter von drei Jahren fiel sie der brutalen Tradition der Frauenbeschneidung zum Opfer, welche ihr Leben gravierend verändert hat. Mit 13 Jahren flüchtet sie vor einer Zwangsheirat nach Mogadischu, wo sie bei der Familie der Mutter Schutz findet. Diese verschafft ihr eine Anstellung in der somalischen Botschaft in London. Einige Jahre später droht ihr die Abschiebung in die Heimat. Dirie taucht unter, lebt auf der Strasse und lernt zufällig die Lebenskünstlerin Marilyn kennen. Mit ihrer Hilfe gelingt ihr der Start in ein neues Leben.
In einem Interview mit der Zeitschrift «Marie Claire» schilderte sie ihre schwere Kindheit und machte das Thema Beschneidung der Öffentlichkeit zugänglich.
Freitag, 6. November 2009, 16:15 Uhr
La teta asustada
Regie: Claudia Llosa, Peru 2009, OV/d/f 94’
Die junge und bildhübsche Fausta leidet unter dem, was man in Peru die «verängstigte Brust» nennt. Von ihr betroffen sind Frauen, die während der Jahre des terroristischen Kampfes misshandelt wurden und Kinder hatten, welche die Angst mit der Muttermilch aufsogen. Längst ist die schreckliche Zeit Vergangenheit, aber sie hat in den Menschen Spuren hinterlassen. Als ihre Mutter stirbt, ist Fausta gezwungen, sich ihren Ängsten zu stellen. Zu welch verzweifelten Handlungen sie Fausta veranlassen, lässt sich ermessen, wenn man das grösste Geheimnis der jungen Frau erfährt. Der Tod der Mutter löst aber auch Dinge aus, die Faustas Leben und das Leben anderer Beteiligter verändern. Für Fausta beginnt eine Reise aus der Furcht in die Freiheit, eine Reise zu sich selber. Claudia Llosa hat einen zutiefst bewegenden Film gestaltet, der vom verborgenen Schmerz erzählt und dies in einer von der ersten Einstellung an radikalen Form tut – in stiller Wucht.
Claudia Llosa war anlässlich der Weltfilmtage 2006 mit ihrem Film «Madeinusa» in Thusis zu Gast. 2009 Goldener Bär in Berlin
Freitag, 6. November 2009, 20:00 Uhr
Jaffa
Regie: Keren Yedaya, Israel 2009, OV/d/f, 105’
Mali und ihre Familie leben in Jaffa, wo sie eine Autowerkstatt besitzen. Taufik und sein Vater Hasan sind bei ihnen angestellt. Die Beziehung zwischen den jüdischen Besitzern und ihren arabischen Arbeiten ist scheinbar gut, doch unter der Oberfläche liegen unterdrückte Emotionen. Mali und Taufak kennen sich seit ihrer Kindheit und haben seit einiger Zeit eine Affäre, die sie aus Angst vor den Reaktionen ihrer Familien geheim halten. Als Mali ungewollt schwanger wird, müssen die beiden handeln. Die israelische Regisseurin Keren Yedaya zeigt die Konflikte, die eine israelisch-palästinensische Liebesbeziehung so mit sich bringen.
Freitag, 6. November 2009, 22:00 Uhr
Meotjin haru – My Dear Enemy
Regie: Lee Yoon-ki, Korea 2008, OV/d, 123’
Byeong-woon ist arbeitslos, ein Träumer und vertreibt sich seine Zeit in Wettbüros, auch wenn die Zeiten, in denen er aktiv an den Wetten teilnahm, lange vorbei sind, da er ständig pleite ist. Eines Tages besucht ihn seine Ex-Freundin Hee-su und verlangt von ihm ihr Geld zurück, das sie ihm vor einem Jahr geliehen hat. Byeong-woon erklärt ihr, dass er im Moment das Geld nicht hat, aber Hee-su lässt sich nicht damit zufriedenstellen. Sie will erst wieder gehen, wenn sie ihr Geld hat. Für den immer gut gelaunten Byeong-woon ist das kein Problem, denn trotz seiner schlechten Lebenslage hat er es bisher immer irgendwie geschafft, über die Runden zu kommen. Warum sollte er also nicht auch das Geld für Hee-su beschaffen können? Schliesslich ist er ein Frauentyp und kennt dementsprechend einige Damen, bei denen er sich Geld leihen kann, um Hee-su auszuzahlen. Also machen sich Byeong-woon und Hee-su gemeinsam auf eine kleine Stadtrundfahrt und besuchen einige von Byeong-woons Freundinnen. Dabei erinnern sich die beiden an ihre vergangene gemeinsame Zeit, aber die kühle und gereizte Hee-su lässt keinen Zweifel daran, dass sie Byeong-woon nur wegen des Geldes aufgesucht hat. Aber ist dem wirklich so?
Samstag, 7. November 2009, 00:00 Uhr
Soul Power
Regie: Jeffrey Levy-Hinte, Kongo/USA 2009, E/d/f, 93’
James Brown, Miriam Makeba, B.B. King, Celia Cruz, The Crusaders, Sister Sledge, Big Black, Bill Withers – sie alle sind mit von der Partie, als 1974 im damaligen Zaire ein nie da gewesenes Kulturereignis stattfindet: Eine Art Gipfeltreffen zwischen afroamerikanischen Soulgrössen und afrikanischen Top Acts, das legendäre African Woodstock. Vereint in ihrer Leidenschaft für die Musik und beseelt von der Black Power der späten 60er Jahre, feiern sie in Kinshasa ihre gemeinsamen Wurzeln und die pure Lebensfreude. Die drei Konzerte waren ursprünglich als Rahmenprogramm zum Boxkampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman gedacht.
Nun schöpft Cutter Jeffrey Levy-Hinte aus dem umfangreichen Filmmaterial, das damals unbeachtet blieb, und richtet den Fokus auf die Musik. Die ungewöhnlichen Szenen, unterlegt mit den erfrischenden rapähnlichen Statements von Muhammad Ali, vermitteln das Lebensgefühl jener Zeit: «I say it loud, I’m black and I’m proud.» «Soul Power» beglückt mit einer unvergesslichen Zeitreise zurück zu einem Ereignis, das einen wichtigen Punkt in der Geschichte markiert. Ein Dokument der US-Bürgerrechtsbewegung auch, voller Musik, Soul, Power und Klassiker wie Makeba’s "The Click Song", King’s "The Thrill Is Gone" und natürlich Brown’s "Soul Power".
Samstag, 7. November 2009, 10:00 Uhr
Ramchand Pakistani
Regie: Mehreen Jabbar, Pakistan 2008, OV/e/d/f, 105’
Der 8-jährige Ramchand aus Pakistan hütet die Ziegen seiner mittellosen Familie und liebt es mit seiner Steinschleuder zu spielen. Sein Dorf liegt unweit der Grenze zu Indien, die von den indischen Militärs streng bewacht wird.
Eines Tages flüchtet Ramchand nach einem Streit mit seinen Eltern. Er überschreitet ungewollt die Demarkationslinie und wird von den indischen Grenzwächtern sofort verhaftet. Sein Vater begibt sich auf die Suche nach seinem Sohn und erleidet das gleiche Schicksal. Für die Grenzwächter ist er einfach ein pakistanischer Agent.
Vater und Sohn werden in dieselbe Zelle gesperrt, wo bereits etliche Gefangene eingepfercht sind. Sie alle hatten das Pech, sich auf der andern Seite der Grenze aufzuhalten und warten nun auf ihr Urteil. Indien ist ratlos: Da es sich nicht um kämpfende Soldaten handelt, werden sie auch nicht als Kriegsgefangene registriert. Einige von ihnen vegetieren jahrelang im Gefängnis und warten auf ein Urteil. Aber Ramchand hat Glück. Eine Polizeibeamtin unterrichtet den jungen Häftling und die Mithäftlinge unterstützen ihn. Auf der andern Seite der Grenze gibt die Mutter Champa ihre Hoffnung nicht auf, ihren Sohn und ihren Mann eines Tages wieder in die Arme schliessen zu können.
Samstag, 7. November 2009, 12:00 Uhr
Das Herz von Jenin
Regie: Marcus Vetter, Leon Geller, Israel/D 2008, OV/d, 89’
«Das Herz von Jenin» erzählt die wahre Geschichte Ismael Khatibs, dessen 12-jähriger Sohn Ahmed 2005 im Flüchtlingslager von Jenin von Kugeln israelischer Soldaten tödlich am Kopf getroffen wird. Nachdem die Ärzte im Krankenhaus nur noch Ahmeds Hirntod feststellen können, entscheidet der Palästinenser Ismael, die Organe seines Sohnes israelischen Kindern zu spenden und damit deren Leben zu retten.
Zwei Jahre danach besucht er die Kinder, die durch den Tod seines Sohnes weiterleben konnten: ein Drusenmädchen, das Ahmeds Herz bekommen hat, einen Beduinenjungen, der wegen der Organspende nicht mehr zur täglichen Dialyse muss, und die Tochter orthodoxer Juden, die eine Niere bekommen hat. Eine schmerzhafte und zugleich befreiende Reise, denn durch die Kinder kommt Ismael auch seinem Sohn wieder ganz nah.
Samstag, 7. November 2009, 13:45 Uhr
Be Calm and Count to Seven – Aram bash va ta haft beshmar
Regie: Ramtin Lavafipour, Iran 2008, OV/d, 88’
Die Bevölkerung einer südiranischen Insel lebt vom Schmuggel. In kleinen Aussenbordbooten befahren die Männer den Persischen Golf und trotzen Stürmen und der Küstenwache. Der 13jährige Motu ist ebenfalls in diesem gefährlichen Geschäft tätig, das seinem Vater das Leben kostete. Der Jugendliche, ein Fan von Ronaldinho, befreundet sich mit Mahmoud, der Schmuggelware transportiert.
Ramtin Lavafipour wählt weder den Diskurs noch eine Romanstory, um die Geschichte Motus zu erzählen und das Leben der Schmuggler zu beschreiben. Geduldig fängt er den frenetischen Rhythmus der Verteilung der an den Strand gebrachten Waren und die endlose Wartezeit der Frauen am Meer ein. Er betrachtet die undurchdringliche Wasseroberfläche, als Motu ohne Atemgerät taucht, hält die Gesten der Seeleute fest, geht geheimen Träumen nach. Die Beziehungen zwischen den Figuren gehen weit über die familiäre, berufliche oder polizeiliche Logik hinaus, um sich einem freien Erzählfluss hinzugeben.
Mit der Handkamera, in atemberaubender Manier, begleitet Lavafipour seine Figuren und findet in der Faszination für ihren täglichen Überlebenskampf unvergessliche Bilder voller Poesie.
Samstag, 7. November 2009, 15:30 Uhr
Ajami
Regie: Scandar Copti, Yaron Shani,
Der vom Palästinenser Scandar Copti und dem Israeli Yaron Shani geschriebene und inszenierte Film verbindet fünf Geschichten von Juden und Arabern, Christen und Muslimen in Ajami, einem Stadtteil von Jaffa bei Tel Aviv. Der Film erzählt aus verschiedenen Blickwinkeln und in unterschiedlichen Zeitebenen von einer schier ausweglosen Situation, in der sich die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten fast zwangsläufig tragisch miteinander verbinden. Alle Rollen wurden mit Laiendarstellern aus Jaffa und Tel Aviv besetzt.
Samstag, 7. November 2009, 19:30 Uhr
Zou You – In Love we Trust
Regie: Wang Xiaoshuai, China 2007, OV/d, 115’
«Zuo You» beginnt mit einer Wohnungsbesichtung in einem dieser trostlosen Neubaugebiete Pekings. Die Immobilienmaklerin Mei Zhu bekommt einen Anruf, woraufhin sie schnell nach Hause fährt. Ihre fünfjährige Tochter Hehe hat wieder einen heftigen Fieberanfall. Das geht nun schon seit Wochen so, schließlich fahren sie ins Krankenhaus, wo sie mit einer bitteren Diagnose konfrontiert werden: Hehe ist lebensgefährlich an Leukämie erkrankt. Das Kind kann nur mit einer Knochenmarkstransplantation gerettet werden. Doch als Spender kommen nicht die Eltern, sondern bestenfalls ein Geschwisterchen in Frage. Was tun? Schnell ein Kind zeugen? Wenn das so einfach wäre! Schließlich ist Mei Zhu vom Vater der Tochter geschieden und mittlerweile mit einem anderen Mann, Lao Xie, verheiratet. Auch Mei Zhus Exmann Xiao Lu hat eine neue Frau, die sich nichts sehnlicher als ein eigenes Kind von ihm wünscht. Beide Paare führen mehr oder minder glückliche Ehen, leben zumindest ihre separaten Leben – bis zu Hehes Krankheit. Um Hehe zu retten, müssten die beiden erneut ein Kind zeugen, und genau das verlangt Mei Zhu von ihrem Exmann. Ein Dilemma. Das todkranke Kind auf der einen Seite, aber die Absurdität der Lösung auf der anderen. Beide Paare haben fortan schwierige Krisen zu bewältigen.
Samstag, 7. November 2009, 21:30 Uhr
Verônica
Regie: Mauricio Farias, Brasilien 2008, OV/e, 90’
Verônica, eine Lehrerin um die Vierzig, unterrichtet in einer Vorortsschule von Rio, wo sie alltäglich mit Armut und Gewalt konfrontiert ist. Von ihrem Partner, einem Polizisten, hat sie sich getrennt und lebt allein. Eines Tages wird einer ihrer Schüler, Leandro, nach der Schule von niemandem abgeholt. Sie begleitet das Kind nach Hause und entdeckt, dass seine Eltern ermordet wurden. Überzeugt, dass Leandros Leben in Gefahr ist, beschliesst sie, sich um ihn zu kümmern und ihn zu beschützen. In seinem dritten Spielfilm, einem Remake von John Cassavetes’ «Gloria», richtet Maurício Farias einen konzessionslosen, unverblümten Blick auf das heutige Brasilien; ein Land, das zwischen dem legitimen Streben nach Moderne und Wohlstand sowie einer ständigen Armut, Ursache für Unsicherheit und Gewalt, zerrissen ist. In dem perfekt gedrehten und gespielten Film, dessen Regie ganz persönlich bleibt, nehmen von der Korruption zerrüttete Institutionen – die Polizei – den Platz der Mafia des Originalfilms ein, was «Verônica» eine besondere Kraft und Dynamik verleiht.
Samstag, 7. November 2009, 23:15 Uhr
My Magic
Regie: Eric Khoo, Singapur 2008, OV/d, 75’
Seit seine Frau ihn verlassen hat, ist Francis, der dick und alkoholsüchtig geworden ist, Alleinerzieher seines zehnjährigen Sohns. Der ehemaliger Zauberer arbeitet als Hilfskraft in einem von Chinesen betriebenen Nachtklub in Singapur. Um die Achtung seines Sohns wiederzugewinnen, schlägt er seinen Arbeitgebern vor, als Fakir aufzutreten. Allabendlich durchbohrt er sich Arme und Zunge, läuft über Glasscherben, zerbeisst Glühbirnen und spuckt Feuer. Eines Abends verlangt er einen Anteil an den Einnahmen…
Porträtierte Eric Khoos vorhergehender Spielfim «Be with me» eine Reihe einsamer Personen, so konzentriert sich «My Magic» hauptsächlich auf die Beziehung zwischen einem gebrochenen, von seiner Vergangenheit gequälten Mann und seinem Sohn, dessen Haltung gegenüber seinem Vater zwischen Liebe und Abneigung schwankt. Das wahre Sujet des neuen Films ist allerdings der Körper und was dieser ertragen kann, wenn er in physischer wie psychischer Hinsicht zum Schauplatz des Leidens wird. Die Wahl des Hauptdarstellers, Francis Bosco, bestätigt es: Er übt im Leben denselben Beruf aus wie seine Filmfigur. Auf seiner Präsenz und seinem Format beruhen zu einem grossen Teil die Besonderheit wie die Schönheit des Films.
Sonntag, 8. November 2009, 09:30 Uhr
Shuar – Volk der heiligen Wasserfälle
Regie: Lisa Faessler, CH 1987, OV/d, 89’
Die Shuar-Indianer leben am westlichen Rand des tropischen Regenwaldes, zwischen Amazonas-Tiefland und Anden-Hochland, auf den Territorien von Ecuador und Peru. Der Film beeindruckt durch die einfühlsam-aufschlussreichen Bilder, die ein starkes Gefühl für diese selbstbewusst-fröhlichen Menschen entstehen lassen, die trotz offenkundiger zivilisatorischer Einflüsse versuchen, ihre kulturelle Identität zu wahren. Die Regisseurin verzichtet auf Kommentar oder Interviews und lässt die Bilder vom Leben und Zusammenleben, von der harten Arbeit und ekstatischen rituellen Feiern für sich sprechen.
Sonntag, 8. November 2009, 11:00 Uhr
Trans-Cutucu – Zurück in den Urwald
Regie: Lisa Faessler, Ecuador 2009, OV/d
Das Bergmassiv Cutucú, im Süden des Amazonasgebietes in Ecuador, war ein Schutzwall gegen die ökologische Zerstörung, für die indianische Bevölkerung aber auch ein Hindernis. Sie hatten keinen Zugang zur modernen Welt. Der Strassenbau durch das Cutucú-Massiv eröffnet nun die Mobilität, welche den Abbau fossiler Ressourcen ermöglichen, aber den Ureinwohnern auch den gewünschten Anschluss an die zivilisierte Welt gewähren wird. Unspektakulär vollzieht sich dieser Prozess, wo der so genannte Fortschritt Einzug hält und nicht mehr zu bremsen ist: es wird gebaggert, geschaufelt, gerodet, verkauft und gekauft, der alltägliche Wahnsinn halt.Ausschnitte aus dem Film Shuar, Volk der heiligen Wasserfälle (1986) rufen uns in Erinnerung, dass in der traditionellen Shuarkultur, die Natur gesamthaft beseelt war und die Mobilität im halluzinogenen Rausch keine Grenzen kannte. Heute transportieren die Ureinwohner mit Pferden Holzbretter in die Zivilisation. Holz ist das schnellste Geschäft, andere Produkte müssen erst erzeugt werden. Doch nun verschwindet der Urwald im alltäglichen Wahnsinn.
Im Anschluss an diese beiden Filme von Lisa Faessler – es sind ihr ältester und ihr jüngster Film, gibt es ein Filmgespräch mit der Regisseurin, moderiert von Christine Stemmermann.
Sonntag, 8. November 2009, 14:00 Uhr
Cinco dias sin Nora
Regie: Mariana Chenillo, Mexiko 2009, OV/d, 93’
Nora und José sind ein Paar im fortgeschrittenen Alter. Seit zwanzig Jahren geschieden leben sie in zwei gegenüber liegenden Wohnungen an derselben Strasse einer mexikanischen Stadt. Nora plant ihren Tod und will dabei ihren Ex-Mann José noch einmal tüchtig beschäftigen. Es ist ihr letzter Wille, dass er sich um ihr Begräbnis kümmern soll, das sich, wegen einem religiösen Feiertag und ihrem Freitod als recht schwierig erweist. Im dem bis ins letzte Detail vorbereiteten Plan fehlt zudem eine mysteriöses Foto, die José unter Noras Bett finden wird und die ihn und uns daran erinnert, wie die grössten Liebesgeschichten oft an kleinsten Orten verborgen ruhen.
In ihrem umwerfend komischen und gleichzeitig sanften Spielfilmerstling «Cinco dias sin Nora» erzählt Mariana Chenillo traumwandlerisch leicht eine Geschichte über so gewichtige Momente wie den Tod, die zwischenmenschliche Beziehung und den religiösen Stumpfsinn. Ist es das Unscheinbare und das Lebensnahe, das uns hier so richtig ans Herz geht und uns ständig wieder schmunzeln lässt? Eine leise Beziehungskomödie aus der Perspektive des Abschieds.
Sonntag, 8. November 2009, 16:30 Uhr
Umarete wa mita keredo
Regie: Ozu Yasuijro, Japan 1932, OV/d, 112’
Eine Stummfilmperle aus dem Japan der frühen Dreissiger Jahre und einer der schönsten Filme über die Kindheit in der Grossstadt. Der Angestellte Yoshii zieht mit seiner Frau und den beiden Söhnen Ryoichi und Keiji in einen Vorort von Tokyo. In der Nähe wohnt auch der Direktor seiner Firma, und Yoshii verspricht sich durch die grössere Nähe berufliche Vorteile. Anfangs werden Yoshiis Söhne von den anderen Jungen aus der Nachbarschaft gehänselt und schikaniert. Nachdem sie aber mit Hilfe eines Getränkeverkäufers siegreich gegen Kollegen hervorgehen, werden sie von ihren Mitschülern sogar als Anführer akzeptiert. Unter ihnen ist auch der Sohn des Vorgesetzten. Als dieser eines Tages die Familie Yoshiis und einige Nachbarskinder zu einer Filmvorführung zu sich nach Hause einlädt, freuen sich Ryoichi und Keiji, als sie ihren Vater auf der Leinwand entdecken. Doch als dieser dann, um seinem Chef gefällig zu sein, allerlei Grimassen zu schneiden beginnt und sich damit in den Augen seiner Söhne vor allen anderen lächerlich macht, bricht für die beiden Brüder eine Welt zusammen.
Zum Film Livemusik mit…
Sonntag, 8. November 2009, 18:15 Uhr
Snijeg – Snow
Regie: Aida Begic, Bosnien-Herzegow. 2008, OV/d/f, 99’
Welches sind die Spuren, die wir im Schnee von gestern hinterlassen? Für die Bosnierin Aida Begic, die den Balkankrieg als Jugendliche erlebte, war und blieb das eine zentrale Frage. Denn zu den Übeln der Geschichte gehört es auch, dass sie oft genug keine sichtbaren Spuren hinterlässt. Jedenfalls würde man dem kleinen bosnischen Flecken auf den ersten Blick nicht ansehen, was die Menschen da durchlebt haben.
Rein äusserlich fällt als Erstes auf, dass da praktisch nur Frauen leben. Ein Grossvater und ein Knabe bilden die Ausnahmen. Es sind Frauen, die verheiratet waren, Kinder hatten und Männer. Der Krieg hat ihnen die Geliebten genommen. Und jetzt sind sie da und leben ein Leben, dem sie erst wieder so etwas wie Sinn abgewinnen müssen. Wie sie das versuchen, davon erzählt Aida Begic in ihrem berührenden Erstling. Sie tut es ganz still, blickt genau hin, setzt präzis in Szene, arbeitet bewusst mit dem Schweigen. So hat sie einen Film gestaltet, der das Unsichtbare erkennbar macht. Vordergründig geht es um die Frage, ob die Frauen an dem verlorenen Ort das Geld der Spekulanten annehmen und in die Stadt ziehen sollen, weil sie dort eine bessere Zukunft erwarten können. Aber wollen sie wirklich weg? Und warum?
«I don’t dream German» – viertelstündiger Kurzfilm von Aida Begic im Vorprogramm.
Sonntag, 8. November 2009, 20:15 Uhr
Amerrika
Regie: Cherien Dabis, USA/Kanada/Kuwait 2009, OV/d/f, 92’
Muna Farah, eine alleinerziehende Mutter im Westjordanland, setzt täglich alles daran, ihren Optimismus nicht zu verlieren – ungeachtet der Schikanen am Checkpoint, trotz den pausenlosen Nörgeleien ihrer Mutter und den sie verfolgenden Schatten einer gescheiterten Ehe. Als ihr und ihrer Familie brieflich eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung in den USA zugesichert wird, eröffnen sich plötzlich ungeahnte Möglichkeiten.
Zuerst zögert Muna, doch als sie sich eingestehen muss, dass die Auswanderung in die USA die einzige Möglichkeit ist, ihrem Sohn eine gesicherte Zukunft zu garantieren, ent- schliesst sie sich, ihren Job bei der Bank zu kündigen, und plant die Reise zu ihren Verwandten in Illinois. Doch Amerrika ist nach 9/11 für Muslime nicht das erwartete Traumland.
Dienstag, 2. November 2010, 17:45 Uhr
Terre des hommes
(Tdh) wurde am 22. Juli 1960 durch den Journalisten Edmond Kaiser in Lausanne gegründet und ist die grösste Schweizer Kinderhilfsorganisation. Die Arbeitsgruppe Graubünden gibt es seit 25 Jahren. Mit Delegationen in mehr als 30 Ländern und mit ihrer Expertise in den Bereichen Gesundheit und Kinderschutz bietet Tdh konkrete Lösungen und gibt jährlich mehr als 1 Million Kindern und ihren Müttern eine bessere Zukunft. Diese Aktivitäten werden durch individuelle und institutionelle Geldgeber ermöglicht. Mehr als 85% der finanziellen Mittel fliessen direkt in die Projektarbeit. Die Schwerpunkte setzt Tdh in den Bereichen Gesundheit und Ernährung, Kinderschutz und Kinderrechte.
Dienstag, 2. November 2010, 18:30 Uhr
Referat, Film über Tdh, Podiumsdiskussion
Eine Nichtregierungsorganisation (NRO bzw. NGO) ist eine Bezeichnung für einen zivilgesellschaftlich zustande gekommenen Interessenverband. Gemäss Artikel 71 der Charta der Vereinten Nationen können NGOs Konsultativstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen erlangen, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen.
Kritiker werfen den NRO vor allem vor: sich bei der Hilfe gegenseitig auf den Füssen zu stehen / lokale Einsatzkräfte bzw. staatliche Organisationen zu behindern / gegenseitigen „Futterneid“ zu pflegen / zur Verfügung gestellte Spenden nicht sinnvoll einzusetzen / nur solange präsent zu sein, solange die Kamerateams der internationalen Presse vor Ort sind usw.
Stimmen diese Vorwürfe?
Oder wird viel zu wenig über die wirklich effektive und effiziente Hilfeleistung vor Ort durch NROs berichtet?
Drei prominente und fachkundige Gäste – Thomas Harder, Peter Gygax, Philipp Gut – werden unter der Moderation von Andrea Hämmerle diese Fragestellung aus sehr unterschiedlicher Sicht diskutieren.
Der Tdh Anlass beginnt am Dienstag, 2. November um 17.45 mit einem Apéro und einer Begrüssung durch Tdh. Es folgt ein Liedvortrag von Patricia Lardi. Vor dem anschliessenden Podiumsgespräch (Teilnehmer siehe unten) hält Thomas Harder ein Referat über die Arbeit von Tdh die auch durch einen Kurzfilm dokumentiert wird.
Dienstag, 2. November 2010, 21:00 Uhr
Die Fremde
Regie: Zeo Aladag, D 2010, 119’
„Hör auf zu träumen!“, sagt die Mutter zu ihrer 25-jährigen Tochter Umay, als diese mit ihrem kleinen Sohn Cem vor der Berliner Wohnungstür ihrer Eltern steht. Umay ist aus einem unglücklichen Eheleben in Istanbul ausgebrochen und will zurück in Berlin ein selbstbestimmtes Leben führen. Sie weiss, dass sie ihren Eltern und Geschwistern damit viel zumutet, hofft aber, dass die liebevolle Verbundenheit stärker ist als alle gesellschaftlichen Zwänge. Doch schon bald erkennt sie, dass ihre Familie die traditionellen Konventionen nicht einfach über Bord werfen kann und an der Herausforderung zu zerbrechen droht. Als die Familie beschliesst, Cem zu seinem Vater in die Türkei zurückzuschicken, um den Ruf der Familie wieder herzustellen, flieht Umay erneut und bricht alle Brücken hinter sich ab. Umay verliebt sich in Stipe und baut für Cem und sich ein neues Leben auf. Als sie versucht, sich wieder mit ihrer Familie zu versöhnen, erkennt sie nicht, dass es bereits zu spät dafür ist…
«Die Fremde» war einer der stärksten Beiträge der Berlinale: In Feo Aladags Regiedebüt «Die Fremde» kämpft Sibel Kekilli («Gegen die Wand») um ihr Leben. Der Film zeigt den ganzen Irrsinn eines fehlgeleiteten Ehrbegriffs.
Mittwoch, 3. November 2010, 13:30 Uhr
Jibuero
Regie: Lee Jung-hyan, Südkorea 2002, deutsch, 80'
Unter den von der Zauberlaterne programmierten «Weltfilmen» ist «Jibeuro» einer der beliebtesten bei Kindern. Der 2002 von der Regisseurin Lee Jung-hyan realisierte, generationenübergreifende Film ist an zahlreichen Festivals gezeigt worden, nachdem er in Südkorea Erfolge gefeiert hatte. Fast vier Millionen Koreaner wurden von dieser beschaulichen Fabel zu Tränen gerührt.
Der mit einem bescheidenen Budget gedrehte Film beruht auf der Konfrontation zwischen einem ungezogenen Bengel und einer alten stummen Frau, die hartnäckig gutmütig ist. Der kleine Grossstadt-Junge Sang-woo wird seiner Grossmutter anvertraut, die auf einem abgelegenen Landstück lebt, während seine Mutter ein persönliches Problem löst. Die von der harten Arbeit gebrochene Frau, die noch dazu so langsam wie eine Schildkröte ist, scheint nicht in der Lage, die Erwartungen des Jungen zu erfüllen, der nur auf seinen Game Boy und Kentucky Fried Chicken schwört. Aber schliesslich wird der Junge zutraulicher…
Wie immer bei der Zauberlaterne wird vor der Vorführung ein kleines unterhaltsames Theaterstück mit Bezug zum Film gespielt. – Eine Entdeckung für die ganze Familie!
Mittwoch, 3. November 2010, 15:30 Uhr
Pizza Bethlehem
Regie: Bruno Moll, CH 2010, OV/d, 100’
Man blickt auf einen Wald, der von einer Autobahn zerschnitten wird und aus dem am rechten Bildrand ein grosses, wohnsiloartiges Gebäude im Baustil der Sechzigerjahre aus dem Boden ragt. Wir befinden uns im Berner Aussenquartier Bethlehem. Die doch eher ungewöhnliche Namensgebung stammt aus dem Mittelalter, als ein Deutschritterorden in der Gegend einen Prozessionsweg errichtet hatte.
Im Mittelpunkt des Films steht der FC Bethlehem. So unterschiedlich sich die Fussballerinnen in Hautfarbe, Religion, Herkunftsland und Charakter sind, so ähnlich sind sie in manchen Bereichen: Sie trainieren in derselben Mannschaft, leben in Bethlehem, sind Migrantinnen, stecken inmitten der Berufswahl und essen gerne Pizza. Agime, Alessandra, Daria, Elmaze, Marie, Natasa, Rosa, Tiziana und Yolanda denken laut nach über Themen wie das Leben im Quartier, Fussball, Berufswünsche, über Heimat, Rassismus, die Liebe, den Glauben, Freundschaft und auch mal über «Ärsche» und «Ding Dongs». Trainiert wird die Mannschaft von Gianluca De Febis, selbst ein Secondo, für den der respektvolle Umgang unter den «Modis» im Zentrum steht und dem es bei den Turnierspielen nicht auf das Resultat ankommt, sondern auf den Teamgeist.
Mittwoch, 3. November 2010, 17:30 Uhr
17. Filmtage Nord/Süd zu Gast in Thusis: Kurzfilme für Schule und Bildungsarbeit
Es ist schon fast zur Tradition geworden, dass «Filme für eine Welt» an den Weltfilmtagen Thusis einen Gastauftritt hat. Bereits zum vierten Mal präsentiert die Filmstelle der Stiftung Bildung und Entwicklung ein Programm aus neuen Kurz- und Dokumentarfilmen, die aktuelle Themen aufgreifen dazu speziell für Unterricht und Bildungsarbeit geeignet sind. In diesem Jahr geht es um Themen wie Nachhaltige Entwicklung, Kinderrechte, Demokratie und Entwicklungszusammenarbeit.
Mittwoch, 3. November 2010, 17:40 Uhr
Frühe Warnung – späte Einsicht: Aralsee
Jakob Gottschau, Dänemark 2006. Dokumentarfilm, 30’, ab 14
Das Verschwinden des Aralsees ist eine menschgemachte Ökokatastrophe. Das Wasser wurde mit Kanälen für den Anbau von Baumwolle abgezweigt. Seither ist der Aralsee massiv geschrumpft, die Wirtschafts- und Sozialstruktur der Gegend hat sich grundlegend verändert.
Vorfilm: «On n’a qu’une terre» von Rapper Stress.
Mittwoch, 3. November 2010, 18:15 Uhr
Beyond a Dollar a Day
Mark Galloway, Schweiz 2009. Dokumentarfilm, 1. Teil, 20’, ab 14
Noch immer leben mehr als eine Milliarde Menschen von weniger als einem Dollar pro Tag. Fischerinnen am Titicacasee und ein Kleinstunternehmen in Lima zeigen, wie es möglich ist, mit einem Kredit von wenigen hundert Dollars ein würdiges Leben aufzubauen.
Mittwoch, 3. November 2010, 18:40 Uhr
In den Strassen von Delhi
Sabine Derflinger, D/Indien 2006. Dokumentarfilm, 30’, ab 12
Der 11-jährige Sumit lebt als Strassenkind in Delhi. Er sammelt Altpapier und verdient damit seinen Lebensunterhalt. Sein Geld legt er auf der «Children’s Development Bank» an, einer einzigartigen Selbsthilfe-Einrichtung, die von Strassenkindern selber verwaltet wird.
Mittwoch, 3. November 2010, 19:15 Uhr
Gold über alles
Robert Nugent, F|Australien|Guinea 2007. Dokumentarfilm, 52’, ab 16
Ein internationales Bergbauunternehmen lässt sich in einer abgelegenen Region von Guinea nieder, um Gold abzubauen. Der Film zeigt die ökonomischen, ökologischen und sozialen Veränderungen, die die Mine mit sich bringt. Ein anschauliches Beispiel für eine fehlgeschlagene Entwicklung.
Eine Welt Filmpreis NRW 2009; Jurypreis am Internationalen Menschenrechtsfilmfestival von Paris 2009, Grosser Dokumentarfilmpreis, Amazonas-Filmfestival 2008
Mittwoch, 3. November 2010, 20:15 Uhr
Wangari Maathai: Friedensnobelpreisträgerin und Kämpferin
Lisa Merton und Alan Dater, USA 2008. Dokumentarfilm, 53’, (Kurzfassung), ab 15
Der Film dokumentiert die Geschichte der Green Belt Bewegung in Kenia und porträtiert deren Gründerin Wangari Maathai. Mit ihrem unermüdlichen Engagement und ihrem kämpferischen Geist prägte die Friedensnobelpreisträgerin die kenianische Politik- und Umweltgeschichte.
Bester Dokumentarfilm, International Images Film Festival for Women, Zimbabwe 2009, Publikumspreis Rencontres Int. du Documentaire de Montréal, Kanada 2008
Mittwoch, 3. November 2010, 21:15 Uhr
Shekarchi – The Hunter
Regie: Rafi Pitts, Iran 2010, OV/d/f, 92’
Vor kurzem wurde Ali aus dem Gefängnis entlassen. Nun arbeitet er als Nachtwächter in Teheran. So ist es ihm immerhin möglich, für den Lebensunterhalt seine Ehefrau Sara und ihrer gemeinsamen Tochter Saba zu sorgen. Doch als Ali eines Tages von der Arbeit kommt, sind Sara und Saba verschwunden. Als alles Warten nichts nützt, wendet Ali sich an die Polizei. Doch es dauert Stunden, ehe man ihm eine Auskunft geben kann. Dann teilt man ihm mit, dass es eine Schiesserei mit Demonstranten gegeben habe. Alis Frau Sara sei zufällig in sie hineingeraten und getötet worden, Saba hingegen sei noch immer vermisst.
Die Suche nach seiner Tochter treibt Ali in tiefe Verzweiflung, zumal sie damit endet, dass man ihre Leiche findet. In einem Akt blindwütiger Rache tötet Ali daraufhin wahllos zwei Polizeioffiziere. Anschliessend flieht er in Richtung der nördlichen Wälder. Doch längst ist die Polizei dem Flüchtling auf der Spur.
Die zwei Polizeibeamten, die hinter ihm her waren, nehmen ihn fest. Ali scheint sich in sein Schicksal zu ergeben. Willig folgt er den beiden Männern, die ihn scharf bewachen. Doch dann verlaufen sie sich, überall sehen sie nur Bäume. In solch einer einsamen Landschaft sind die Grenzen zwischen Jägern und Gejagtem nur sehr schwer zu ziehen.
Mittwoch, 3. November 2010, 22:45 Uhr
Sin Nombre
Regie: Cary Fukunaga, Mexiko 2009, OV/d/f, 96’
Zwei hoffnungslose Geschichten, ein gemeinsames Schicksal: Die junge Sayra versucht mit ihrem Vater und ihrem Onkel von Honduras aus in die USA zu gelangen. In der mexikanischen Grenzstadt Tapachula springen sie auf Güterzüge auf, welche sie bis an die amerikanische Grenze bringen sollen. Flüchtlinge sind jedoch für die zahlreichen kriminellen Banden, die in Mexiko ihr Unwesen treiben, ein leichtes Opfer.
Casper, Mitglied in der berüchtigten Mara Salvatrucha, erschiesst jeden, der bei einer anderen Gang dabei ist. Diese Opfer werden ohne Gnade an die eigenen Hunde verfüttert. Soeben hat er einen Knaben namens El Smiley eingeführt und soll nun die Flüchtligsströme im Güterbahnhof überwachen. Doch er schleicht sich lieber zu seiner geheimen Freundin Martha Marlene. Als diese aus Eifersucht ein Treffen der Mara Salvatrucha aufsucht, wird sie von Gangleader Lil› Mago erschlagen.
Voller Wut und Zorn wagt es Casper vorerst nicht, sich gegen Lil› Mago aufzulehnen. Erst als dieser bei einem Zugüberfall die schutzlose Sayra vergewaltigen will, kommen die Gefühle wieder hoch, und er ersticht den Anführer. Fortan befindet er sich auf der Flucht durch das Land mit dem Ziel, in die USA zu gelangen, denn alle Bandenmitglieder in ganz Mexiko haben nur ein Ziel: Caspar tot sehen. Derweil entwickelt Sayra Gefühle für den Todgeweihten. Preis für Beste Regie am Sundance Festval 2009
Donnerstag, 4. November 2010, 14:00 Uhr
Un homme qui crie
Regie: Mahama-Saleh Haroun, Tschad 2010, /F/d
Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs im Tschad erzählt Mahamat-Saleh Haroun in beeindruckenden Bilder und Stimmungen das Schicksal eines Vaters, der als ehemaliger Schwimm-Champion von seinem Posten als Bademeister in einem Luxus-Hotel der Hauptstadt N’Djamena an anderen Posten versetzt wird. Er fühlt er sich verloren und nutzlos und meint: "Nicht ich habe mich verändert, sondern dieses Land". Sein Sohn wird von der Armee zwangsrekrutiert, die Familie ist zerrissen. Mahamat-Saleh Haroun zeigt Realitäten, die berühren. Sein Film ist ruhig und leise, begleitet vom leichten Schlagen der Wellen im Swimmingpool, der Tränen der jungen Verlobten und des langsamen Flusses, der die Toten und die letzten Hoffnung davon träg.
Donnerstag, 4. November 2010, 16:00 Uhr
Dharavi, Slum for Sale
Regie: Lutz Konermann, D/CH, OV/d/f, 80’
Bombay, Indiens Tor zum Westen, hat sich neu erfunden und in Mumbai verwandelt, in einen Magneten für die Hoffnungen von Arm und Reich. Stadtgrenzen und Einwohnerzahl lassen sich nur noch schätzen, bald dürfte die 20-Millionen-Schwelle überschritten sein. Schon jetzt ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung gezwungen in Slums zu leben.
Der grösste dieser Slums heisst Dharavi. Mit seinen rund achthunderttausend Einwohnern ist es der am dichtesten besiedelten Flecken der Erde. Früher lag Dharavi weit vor den Toren der Stadt, heute befindet es sich im Herzen einer rund herum wuchernden Metropole, flankiert von Verkehrsadern und in direkter Nachbarschaft zu Mumbais neuem Finanzdistrikt. Das ehemalige Sumpfgelände hat sich in lukrativen Baugrund verwandelt – Nährboden für ehrgeizige urbanistische Visionen.
Vor zehn Jahren ist der in den USA ausgebildete Architekt Mukesh Mehta nach Mumbai zurückgekehrt, um eine radikale Wende in der Slumsanierungspolitik seiner Heimatstadt einzuläuten. "Public Private Partnership" heisst die Formel, mit der er Milliardengewinne verspricht, falls eine Kahlschlagsanierung Dharavis in die Hände privater Unternehmen gelegt wird. Die Regierung ist überzeugt von seinen Argumenten. Hunderttausenden von Slumbewohnern aber droht die Vetreibung.
Donnerstag, 4. November 2010, 19:00 Uhr
Svet-Ake – The Light Thief
Regie: Regie: Aktan Arym Kubat, Kirgistan 2010, OV/d/f, 80’
Der neue Film von Aktan Arym Kubat erzählt auf berührende Art und Weise aus dem Leben und Treiben in Zentralasien.
Svet-Ake (Mr. Light) ist zwar der Elektriker, aber für mehr als elektrisches Licht verantwortlich: Die Bewohnern seines Landstrichs schwirren wie Motten um den umgänglichen und freundlichen Mann: Egal ob es nun ein elektrischer Kurzschluss ist oder ein Beziehungskurzschluss; egal ob es die sind die die ganze Energie einer Stadt kontrollieren wollen, oder jene, die jede Energie zum Leben aufgegeben haben; Svet-Ake ist immer zur Stelle mit praktischer Hilfe und Rat. Selbst wenn er dafür das Gesetz verbiegen muss: So wird der Stromzähler einer befreundeten Pensionistin so eingestellt, dass sie statt ihrer hohen Stromrechnung eine noch höhere Gutschrift bei den Energiewerken ausbezahlt bekommt. Doch Gutherzigkeit wird in einem Land, dass mitten im politischen Umbruch steckt nicht automatisch belohnt. Wer weiterkommen will – und das will Mister Light – muss abwägen, mit wem er Geschäfte macht.
Donnerstag, 4. November 2010, 20:30 Uhr
Kick Off
Regie: Shawkat Amin Korki, Irak 2009, OV/d/f, 81’
Das Fussballstadion in Kirkuk, dem kurdischen Norden Iraks, ist der Hauptschauplatz des neusten Spielfilms von Shawkat Amin Korki. Hier haben sich die verschiedensten Familien eingenistet, um darauf zu warten, dass sich ausserhalb des Stadions das Leben wieder normalisiert. Ihr improvisierter Alltag ist zur Normalität geworden. Die Gegenwart ist alles, was sie haben, jede Minute eine Preziose, denn schon die nächste kann die letzte sein. Das gilt ja eigentlich überall auf der Welt und für alles Leben, aber hier und in diesem Stadion, das zum Lebensraum einer bunten Menschengruppe geworden ist, ganz besonders intensiv und verrückt. Der Film «Kick Off» hatte seine Premiere im reichen südkoreanischen Pusan, einer Millionenstadt mit einem der wichtigsten Filmfestivals der Welt und Shopping-Malls als Veranstaltungsorten. Gerade in diesem konsumorientierten Umfeld packte die mit spärlichsten Mitteln äusserst subtil erzählte Geschichte, weil ihr Autor uns nichts vormacht. Korki hat sich für Schwarzweiss als Hauptfarbe entschieden und darin einzelne Tupfer eingebaut, die mit zum Charme seiner stillen Komödie gehören und zum Spiel, das er sich erlaubt. Es ist, als würde er uns bedeuten: Verliert nur zwei Dinge nie im Leben: Die Liebe und den Humor. Auch wenn alles zum Verzweifeln ist.
Donnerstag, 4. November 2010, 22:00 Uhr
Ezra
Regie: Newton I Aduaka, F/Nigeria 2007, 103’
Im Jahr 2000 dienten 300’000 Kinder als Soldaten in bewaffneten Konflikten in über dreissig Ländern der Erde. Fast 120’000 dieser Kinder kämpften in verschiedenen Konflikten des Afrikanischen Kontinents.
«Ezra» ist eine fiktionale Geschichte, inspiriert vom realen Sierra Leone Konflikt. Der Film dreht sich um ein Ereignis: eine grauenhafte Attacke auf ein Dorf von mit Drogen zugedröhnten Rebellen. Die Ereignisse dieser Nacht werden rekonstruiert aus den Erinnerungen dreier Zeugen: Ezra, einem Ex-Soldaten, seiner Schwester Onitcha, die stumm ist und Cynthia, Ezra’s Kriegs-Kameradin .Was wie eine Aussöhnung schien gerät schnell zum Prozess, als Onitcha das Geheimnis lüftet, welches sie vor ihrem Bruder verborgen hielt.
Freitag, 5. November 2010, 10:00 Uhr
Spuren einer Mission
Regie: Katharina Deuber, CH, deutsch, 46’
In der Hauptstadt von Ghana, mitten in Accra, gibt es eine Basel Strasse. Sie geht zurück auf die Basler Missionare, die vor bald 200 Jahren an die damalige Goldküste kamen, mit dem Ziel, Heiden zu bekehren.
Im Alter von 20 Jahren trat der Bauernsohn Arnold Deuber (1867-1930) aus dem schaffhausischen Osterfingen in die Basler Mission ein, die ihm eine Ausbildung zum Pfarrer ermöglichte. Von 1893-1903 arbeitete er als Missionar an der damaligen Goldküste, dem heutigen Ghana in Westafrika. Dort lernte er auch seine Frau, Maria Noz kennen. Nach 10 Jahren in Afrika kehrten sie mit ihren Kindern wieder in die Schweiz zurück. Welche Spuren haben Katharina Deubers Urgrosseltern in Ghana hinterlassen? Dieser Frage ist die Autorin im Sommer 2007 nachgegangen, begleitet von Kameramann Paul Rigert. Aus dieser Suche ist ein Film entstanden.
Im Laufe der Dreharbeiten in Ghana wurde mit den unterschiedlichsten Leuten gesprochen, die erzählen, was die Basler Missionare an der Goldküste bewirkt haben und wo ihre Spuren im heutigen Ghana immer noch sichtbar sind.
Freitag, 5. November 2010, 11:30 Uhr
Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen
Regie: Hajo Schomerus, D/CH 2010, OV/d/f, 93’
In der Grabeskirche in Jerusalem leben sechs christliche Konfessionen Tür an Tür unter einem Dach: griechisch-orthodoxe Christen, römisch-lateinische Franziskaner, syrische Christen, armenische Christen, äthiopische Abessinier und ägyptische Kopten. Eine muslimische Familie verwahrt den Schlüssel zur Kirche und schließt die Haupttür morgens auf und abends wieder zu.
In diesem Status Quo befindet sich die Kirche seit der osmanischen Zeit. Die einzelnen Glaubensgemeinschaften wachen verbissen über die ihnen zugeteilten Anteile und beobachten eifersüchtig die Anderen. Die Abessinischen Christen, die ihren Platz in der eigentlichen Kirche verloren haben, quartierten sich kurzerhand auf dem Dach der Kapelle ein, die koptischen Christen, die den Haupteingang des Grabes nicht benutzen dürfen, bauten sich eine kleine Kapelle an der Rückseite der Grabkammer und die Griechisch-Orthodoxen verteidigen rauhbeinig den Vordereingang.
Zu hohen Festtagen kommt es manchmal zu absurden Schlachten religiöser Leidenschaft, die Prozessionen geraten sich gegenseitig in die Quere und Gläubige aus aller Welt verkeilen sich untereinander.
Aber nachts, wenn die unfreiwillige Wohngemeinschaft in der Kirche eingeschlossen ist, beten die Mönche vor dem Grab. Dann verwandelt sich die Kirche in einen mystischen Ort der Hingabe und Sehnsucht nach erfülltem Glauben.
Freitag, 5. November 2010, 13:15 Uhr
Women without Men
Regie: Shirin Neshat, D/F/A 2009, OV/d/f, 95’
«Women without Men» greift eine politische Episode auf, die für das kollektive Bewusstsein des iranischen Volkes weitreichende Folgen hatte: den Sturz des vom Parlament gewählten Premierministers Mossadegh durch den amerikanischen Geheimdienstes CIA im Jahr 1953. Die Amerikaner und Briten wollten damals nicht akzeptieren, dass Mossadegh die Ölquellen verstaatlichte. Für die 1957 im Iran geborene Regisseurin war dies die Ursache für den Antiamerikanismus und die islamistische Radikalisierung, die 1979 zum Sturz des Schahs führte – und zugleich den Keim für eine erneute Diktatur legte, diesmal durch die Ayatollahs.
So dokumentarisch angehaucht, wie man aufgrund dieses Hintergrunds glauben könnte, ist «Women without Men» nicht. Der Film erzählt in kunstvollen Bildern von vier Frauen, die in den Wochen des Militärputsches eine entscheidende persönliche Entwicklung durchmachen.
In der Tradition paradiesischer Vorstellungen schafft Shirin Neshat Bilder von der Versöhnung mit der Natur, die sich tief ins Gedächtnis brennen. So verzaubert, so intensiv und so spirituell hat man lange keine Naturaufnahmen mehr gesehen.
Beim Festival von Venedig 2009 bekam sie dafür den Silbernen Löwen für die beste Regie.
Freitag, 5. November 2010, 15:00 Uhr
Miral
Regie: Regie: Julian Schnabel, UK/F 2010, OV/d/f, 113’
Jerusalem, 1948.
In der Nähe des Tores von Damaskus. Hind, eine jung Palästinenserin entdeckt eine Gruppe von 55 Kindern zwischen zwei und zwölf Jahren. Sie sind aneinander gekuscht und zittern vor Angst. Sie sind Opfer eines israelischen Angriffs.
Hind nimmt die Waisenkinder zu sich nach Hause – Dar al Tifel ist geboren. Eine Notschule für palästinensische Kinder im Herzen einer über viereinhalb Dekaden anhaltende epische Geschichte eines Konflikts.
Nadia, ein weggelaufener Teenager, teilt sich eine Zelle mit Fatima, die wegen eines Bombenattentats auf ein Kino inhaftiert wurde. Fatima freundet sich mit der aufgewühlten Nadia an und stellt sie Jafal vor. Dieser heiratet Nadia nach ihrer Entlassung. Ihr Kind heisst Miral. Nach Nadias Selbstmord bringt Jafal Miral an den einzigen Ort, wo sie dem Kreis aus Gewalt und Hass entfliehen kann – in Hinds Schule.
Mit 17 steht Miral vor dem Scheideweg – zwischen dem Kampf für die Sache ihres Volkes und Mama Hinds Glaube, dass Bildung ihre einzige Chance ist.
Hind, Nadia, Fatima, Miral: Das Leben dieser vier palästinensischen Frauen reflektiert die Geschichte eines ganzen Volkes, seinen Kampf für Anerkennung, Menschenwürde und Autonomie.
Freitag, 5. November 2010, 17:00 Uhr
Medeni Mesec – Honeymoons
Regie: Goran Paskaljevic, Serbein 2009, OV/d/f, 85’
Maylinda und Nik leben in den albanischen Bergen, Vera und Marko in Belgrad. Alle vier wünschen sie sich, an einem anderen Ort ihre Träume zu verwirklichen. Das albanische Paar zieht es nach einem Hochzeitsfest in Tirana ins nahe Italien, die serbischen Verliebten möchten nach einer Hochzeit auf dem Land via Ungarn nach Wien, wo der Mann zum Vorspielen im Symphonieorchester eingeladen ist. An den Grenzen zu Europa bleiben die vier erst einmal hängen. Mit feinem Gespür für die unterschiedlichen Kulturen und unbeschönigendem Blick auf die Gegegenwart erzählt Goran Paskaljevic die doppelte Aufbruchsgeschichte. Still lässt er in den Figuren die Verletzungen der Vergangenheit anklingen, die noch nicht überwunden sind, zeigt er, was die Vorurteile des Alltags bewirken können und wie Fundamentalismen das freie Leben belasten. Maylinda, Nik, Vera und Marko wollen einfach leben und glücklich sein.
«Honeymoons» ist eine besinnliche und auf Versöhnung angelegte Geschichte aus dem Heute, ein Film, der einen Eintauchen lässt ins Leben auf dem Balkan.
Freitag, 5. November 2010, 20:15 Uhr
Na putu – On the Path
Regie: Jasmila Zbanic, Bosnien Herzegowina 2010, OV/d/f, 90’
Es ist die Geschichte eines jungen Paares in Sarajevo, die gewillt sind, gemeinsam eine Familie zu gründen. Durch seine Alkoholsucht verliert Amar seinen Job als Fluglotse und fühlt sich in der Orientierungslosigkeit zunehmend von den streng orthodox lebenden Muslimen, den Wahhabiten, angezogen. Luna, seine Freundin, leidet unter dem Graben, der sich immer weiter zwischen beiden auftut, und wehrt sich schliesslich ebenfalls, die orthodoxen Lebensformen anzunehmen. Wieder ein Meisterwerk von Jasmila Zbanic. Ein Film über Liebe, Religion, Vernunft und Kampf vor den Kulissen einer gebeutelten Stadt. Der Film reflektiert den Kampf zwischen zweier Gesellschaftsformen. Auf der einen Seite steht die liberale und tolerante Gesellschaftsform die Sarajewo berühmt gemacht hat und auf der anderen Seite die strenggläubigen Wahabiten, die eine konservative traditionelle islamische Lebensweise vertreten.
Freitag, 5. November 2010, 22:00 Uhr
Yumurta – Egg
Regie: Semih Kaplanogu, Türkei 2007, OV/d/f, 97'
Yusuf, ein Dichter, kehrt nach vielen Jahren Abwesenheit zurück in seinen Heimatort. Seine Mutter ist gestorben. In ihrem heruntergekommenen Haus trifft Yusuf überraschend auf Ayla, eine junge Frau, die viele Jahre mit seiner Mutter zusammengelebt hat, ohne dass er davon wusste. Sie verlangt von ihm die Ausführung einer Opferzeremonie. Yusuf, von Schuldgefühlen geplagt und auch angezogen von der ländlichen Atmosphäre mit ihrem ganz anderen Lebensrhythmus, willigt ein. Zusammen mit Ayla macht er sich auf zu der Grabesstätte eines heiligen Mannes, wo die Zeremonie stattfinden soll.
«Yumurta» ist der erste Teil einer filmischen Trilogie von Semih Kaplanoglu. Zentrales Thema ist ein subjektiver, poetischer Begriff von Zeit und Raum, Wahrnehmung und Erinnerung, orientiert an Filmemachern wie Bresson und Tarkowski. Ein herausragendes, lang nachwirkendes Meisterwerk.
Die 20. Weltfilmtage sind in der glücklichen Lage, Kaplanoglus Trilogie zu zeigen und den Regisseur an einem Filmgespräch zu erleben (Samstag 6.11. 16.45).
Freitag, 5. November 2010, 23:45 Uhr
Benda Bilili
Regie: Florent de la Tullaye, Renaud Barret, F 2010, OV/d/f, 85’
Das ist Kinshasa Social Club!
Ricky hat einen Traum: Er will, dass seine Musiktruppe «Benda Bilili» die erfolgreichste Band von Kinshasa am Kongo wird.
Roger, ein Strassenkind, wünscht sich nichts sehnlichster, sich diesen Musikern aus dem Ghetto an zu schliessen, und mit ihnen in ihren umgebauten, rollenden Fauteuils auf Tournee zu gehen. Um die Gefahren der Strasse zu umschiffen, schweisst sich die Gruppe noch enger zusammen. Und nicht zuletzt ist da die Musik, aus der sie und ihr Publikum die Kraft der Hoffnung schöpfen.
In den letzen fünf Jahren hat die Band aus Kinshasa unglaubliche Erfolge auf der ganzen Welt gefeiert. «Benda Bilili», auf deutsch «Jenseits des Scheins», erzählt von Rickys Traum, der die Wirklichkeit noch übertrumpft.
Samstag, 6. November 2010, 09:30 Uhr
Fräulein Stinnes fährt um die Welt
Regie: Erica von Moeller, D 2008, D, 94’
Das ist eine der wohl ungewöhnlichsten Abenteuergeschichten des 20. Jahrhunderts: Die Weltreise der Industriellentochter Clärenore Stinnes, die als erste Frau die Erde mit einem Auto umrundete. Die kleine zierliche Frau gilt als „enfant terrible“ der Unternehmerfamilie Stinnes, weil sie nicht nur schmückendes Beiwerk sein möchte. Als Rennfahrer hat Fräulein Stinnes sich bereits einen Namen gemacht und 17 Autorennen gewonnen.
Am 25. Mai 1927 ist es endlich soweit. Ohne die finanzielle Unterstützung ihrer Familie bricht sie am Steuer eines „Adler Standard 6“, einem normalen Strassenauto, zu ihrer Weltreise auf. Begleitet wird Clärenore Stinnes von zwei Technikern und dem schwedischen Kameramann Carl-Axel Söderström. Bald schon fällt einer der Techniker wegen Krankheit aus und auch der zweite gibt das Abenteuer Weltumrundung auf. Einzig Carl-Axel Söderström, der schwedische Kameramann, bleibt noch an der Seite von Clärenore Stinnes. Aus einer Bierlaune heraus sagt er der unbekannten Frau aus Deutschland für ihr Wahnsinnsprojekt zu.
Rund 48.000 Kilometer, alle Klimazonen der Erde und zahlreiche Krisengebiete muss das kleine Team bewältigen. Keine Schwierigkeit, keine nur denkbare Panne bleibt ihnen erspart. Sie stecken bei minus 53 Grad im sibirischen Winter fest und müssen, um die Expedition fortsetzen zu können, mit ihrem Adler den zugefrorenen Baikalsee überwinden. In der Wüste Gobi werden sie von chinesischen Deserteuren, den kriegerischen Hunghutzen, verfolgt und in Südamerika überqueren sie das mit einem herkömmlichen Automobil eigentlich nicht zu bewältigende Bergmassiv der Anden. Egal ob bei Krankheiten, Überfällen oder im Streit, Clärenore Stinnes und Carl-Axel Söderström müssen sich permanent bewähren. Sie überstehen mehrere lebensgefährliche Situationen, vor allem aber erleben sie auch wahre und tief empfundene Gastfreundschaft. All das schweisst die beiden zusammen. Als sie nach zwei Jahren schliesslich in Europa ankommen, werden sie stürmisch gefeiert. Dass es mehr ist als nur Freundschaft, welche die beiden miteinander verbindet, ahnt die Welt freilich nicht. Das Film- und Fotomaterial, das Carl-Axel Söderström während der Expedition rund um den Globus aufgenommen hat, ist komplett erhalten und bildet das Herz des Filmes. Die Regisseurin Erica von Moeller stellt den faszinierenden Originalbildern Spielfilmpassagen an die Seite, in denen Schlüsselszenen der Reise nacherzählt werden. Clärenore Stinnes findet in Sandra Hüller („Requiem“, „Madonnen“) ein kongeniales Alter Ego und der dänischen Schauspielstar Bjarne Henriksen („Das Fest“, „Kommissarin Lund“) als schwedischer Kameramann Axel Söderström schaffen einen ebenbürtigen Erzählstrang bei dieser aussergewöhnlichen Weltreise mit einem „Adler Standard 6“.
Samstag, 6. November 2010, 11:15 Uhr
Süt – Milk
Regisseur: Semih Kaplanoglu, Türkei 2008, OV/d/f, 102’
Yusuf, Anfang 20, lebt bei seiner Mutter Zehra am Rande einer anatolischen Kleinstadt. Gemeinsam verkaufen sie selbst hergestellte Milchprodukte auf dem Markt. Die Geschäfte gehen immer schlechter. Zehra verlangt von Yusuf durch geregelte Arbeit zum Lebensunterhalt beizutragen. Aber Yusuf kann diesen traditionellen Erwartungen als männliches Familienoberhaupt nicht gerecht werden, da er sich lieber in Tagträumen und Literatur verliert. Als eines seiner Gedichte in einer Literaturzeitschrift veröffentlicht wird, wächst in ihm der Wunsch nach künstlerischer Selbstverwirklichung und Anerkennung.
Einen Ausweg scheint der Einberufungsbescheid des Militärs anzubieten. Für die Musterung muss Yusuf in die Großstadt fahren. Dort lernt er Semra kennen, die sich auch für Lyrik interessiert. Aber bevor es zur Romanze kommt, wird Yusuf als untauglich ausgemustert. Er kehrt desillusioniert in sein Dorf zurück – und muss seinen Weg finden.
Samstag, 6. November 2010, 13:15 Uhr
Alive!
Regie: Artan Minarolli, Albanien 2009, OV/d/f, 100’
Koli studiert in Tirana albanische Literatur. Nachdem er ins Dorf zurückgekehrt ist, um seinen Vater zu beerdigen, sieht er sich in eine Blutfehde verwickelt, die sein Grossvater vor über sechzig Jahren ausgelöst hatte. Koli will mit der alten Geschichte nichts zu tun haben, will sein eigenes Leben in Frieden leben und zurück an die Uni. Es bleibt ihm allerdings nichts anderes übrig, als sich dem Gewohnheitsrecht zu fügen und zunächst unterzutauchen, in der Hoffnung, dass Vernunft einkehren würde. Damit beginnt ein dramatischer Lauf ums Leben, den der albanische Regisseur Artan Minarolli mit Liebe zu Landschaften und Figuren erzählt und in dem er zeigt, wie verhängnisvoll überholte Traditionen sein können. Der Film «Alive!» war nicht umsonst die albanische Nomination für die Oscars. Ein starkes Kinostück aus dem noch jungen albanischen Filmschaffen.
Samstag, 6. November 2010, 15:00 Uhr
Bal – Honey
Regie: Semih Kaplanoglu, Türkei/D 2010, OV/d/f, 103’
Yusuf lebt mit seinem Vater Yakup und seiner Mutter Zehra in Anatolien. Der Sechsjährige plagt sich mit der Schule und seinen Mitschülern und findet einzig Geborgenheit bei seinen Eltern. Insbesondere die Bindung zu seinem Vater, einem Imker, ist sehr innig. Deshalb möchte Yusuf ihm auch unbedingt eine Freude machen in Form eines roten Ansteckers, den die Kinder in der Schule für gutes Lesen erhalten. Eigentlich kann der Junge ganz gut lesen, wenn er mit seinem Vater am Morgen übt, doch in der Schule fällt es ihm sehr schwer. Durch sein ständiges Stottern wird er schnell zum Aussenseiter der Klasse und zieht sich immer mehr in sich zurück.
Nur wenn er seinen Vater bei der Arbeit im Wald begleiten kann, fühlt er sich wohl. Eines Tages beschliesst Yakup, für zwei Tage in einen schwer zugänglichen Teil des Gebirges zu gehen, um seine Bienenkörbe zu füllen. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt erhält Yusuf endlich die begehrte Auszeichnung. Als sein Vater auch nach einer Woche noch nicht zurückgekommen ist, macht sich der Kleine auf die Suche nach ihm.
Semih Kaplanoglu gewann mit «Bal» den begehrten Goldenen Bären am Filmfestival in Berlin. Im Anschluss an die Vorführung gibt es ein Filmgespräch mit dem Regisseur, moderiert von…
Samstag, 6. November 2010, 18:15 Uhr
Shahada
Regie: Burhan Qurbani, D 2010, OV/d/f, 90’
Der Episodenfilm erzählt von Maryam, Samir und Ismail, drei jungen Muslimen in Berlin. Es sind drei Menschen, die das Leben dazu zwingt, sich neu zu orientieren und sich zu fragen, wer sie sind, wen sie lieben und woran sie glauben. In der Moschee von Vedat, einem aufgeklärten islamischen Geistlichen, kreuzen sich ihre Wege.
Maryam ist Vedats Tochter – ein lebenslustiges und westlich orientiertes Mädchen, und ungewollt schwanger. Wegen ihrer freizügigen Art kommt es oft zu Auseinandersetzungen mit ihrem alleinerziehenden Vater.
Der Nigerianer Samir besucht gemeinsam mit seinem besten Freund Daniel, einem Deutschen, Vedats Koranunterricht. Schnell wird klar, dass Daniel in Samir mehr sieht als nur einen Freund – und dass seine Gefühle von Samir erwidert werden. Die beiden Jungen kommen sich langsam näher.
Ismail, Polizist und Familienvater, steht eines Tages bei einer Razzia auf dem Großmarkt Leyla gegenüber – der Frau, die vor drei Jahren von einem Querschläger aus seiner Waffe lebensgefährlich verletzt wurde. Ismails inneres Gleichgewicht gerät durch dieses Treffen völlig durcheinander.
Der Titel des Films bezieht sich auf die erste Säule des Islam: Shahada, das Glaubensbekenntnis. Shahada ist die Entscheidung für einen Weg.
Samstag, 6. November 2010, 20:00 Uhr
Loong Boonmee Raleuk Chat – Uncle Boonmee
Regie: Apichatpong Weerasethakul. Thailand 2010, OV/d/f, 114’
Onkel Boonmee ahnt nach einem Nierenversagen, dass ihm nur noch wenig Zeit bleibt, bis er sterben muss. Er macht sich deshalb in den Nordosten Thailands auf, um dort im Kreis seiner Familie auf den Tod zu warten. Als Boonmee abends mit seiner Schwester Jen und seinem Neffen Tong zusammensitzt, erscheint ihnen der Geist von Boonmees seit vielen Jahren verstorbener Frau Huay. Wenig später betritt ein affenartiges Wesen mit durchdringend rot leuchtenden Augen das einsame Farmhaus und entpuppt sich als Boonmees vor vielen Jahren auf mysteriöse Weise verschwundener Sohn Boonsong. Gemeinsam mit den Lebenden macht sich Boonmee auf zu einer letzten Reise zu der Höhle, in der er geboren wurde und in der nach seinem Willen sein Leben auch zu Ende gehen soll, während die Geister den Sterbenden ihn in das Geheimnis der Wiedergeburt einführen.
Apichatpong Weerasethakuls Filme sind Märchen, in denen es um Menschen in Tiergestalt geht, um Wiedergeburt. Film und Kunst vermischen sich, Grenzen zerfliessen – und auch die Politik gesellt sich mit dazu. "Uncle Boonmee" ist aber auch eine Einladung an die Zuschauer, selbst in andere Sphären zu entgleiten, in frühere Leben zurückzukehren.
Samstag, 6. November 2010, 22:00 Uhr
Frontier Blues
Regie: Babak Jalali, Iran 2009, OV/d/f, 96’
"Willkommen im Land von Liebeskummer und Traktoren", sagt eine der Figuren in «Frontier Blues», der in der Provinz Golestan an der iranisch-turkmensischen Grenze angesiedelt ist, in kargen Steppen am Kaspischen Meer. Ein herrlich-lakonisches Stück Kino aus der iranisch-turkmenischen Grenzregion. Aki Kaurismäki und Jim Jarmusch lassen grüssen. Alam ist ein 28-jähriger Turkmene, der bei seinem Vater lebt und auf einer Hühnerfarm arbeitet. Er lernt Englisch im Selbststudium, denn er will ein Mädchen namens Ana heiraten und sie nach Baku holen. Hassan ist ein 28-jähriger Iraner, der bei seinem Onkel lebt. Seine einzigen und ständigen Begleiter sind ein Esel und ein Kassettengerät. Hassans Onkel Kazem besitzt einen Kleiderladen, aber die Kleider, die er verkaufen will, scheinen nie jemandem zu passen. Ein 55-jähriger turkmenischer Balladensänger ist das Sujet eines Fotobandes von einem Fotografen aus Teheran, dessen Frau vor vielen Jahren von einem Schafhirten mit einem grünen Mercedes verschleppt wurde.
Samstag, 6. November 2010, 23:45 Uhr
Air Doll – Kûki ningyô
Regie: Hirokazu Kore-Eda, Japan 2009, OV/d/f, 116’
Ein Mann um die vierzig kehrt in einer regnerischen Nacht von seiner Arbeit als Kellner heim in seine kleine Vorortswohnung in Tokyo. Er freut sich darauf, den Abend mit Nozomi zu verbringen, einer aufblasbaren Puppe, die er sich für wenig Geld gekauft hat. Mit ihr spielt er Eheleben, ein bisschen einseitig zwar, aber er scheint zufrieden. Er hat Nozomi schöne Kleider gekauft und plaudert mit ihr am Tisch über den Arbeitstag. Im Bett knistert der Plastik. Eines Morgens, kaum ist der Herr aus dem Haus, beginnt die Puppe sich zu bewegen, kleidet sich und stakst hinaus auf die Strasse. Sie will das Leben entdecken und nimmt wissbegierig auf, was sie unterwegs zu sehen und hören bekommt. Nozomi, hervorragend verkörpert von der koreanischen Schauspielerin Duna Bae, entdeckt auf ihren Streifzügen das, was das Menschsein ausmacht und natürlich auch die Liebe. Ein verspielter Film über eine Puppe, die richtig Frau sein will.
«Air Doll» ist der neueste Film von Hirokazu Kore-Eda, von dem bereits mehrere Filme an den Weltfilmtage zu sehen waren, u.a. «Nobody Knows» und «Still Walking».
Sonntag, 7. November 2010, 10:30 Uhr
Gagma Napiri
Regie: George Ovashvili, Georgien 2009, OV/d/f, 90’
Tedo ist zwölf. Er lebt gemeinsam mit seiner jungen Mutter Keto in einer abgeschiedenen Hütte ausserhalb von Tiflis. Sie sind Flüchtlinge aus Abchasien.
Tedos Vater mussten die beiden zurücklassen, sein Herz war zu schwach, als dass er die anstrengende Reise hätte auf sich nehmen können. Inzwischen ist Tedo Lehrling in einer Autoreparaturwerkstatt, Keto arbeitet als Verkäuferin. Die wenigen Groschen, die Tedo verdient, steckt er seiner Mutter zu, damit die es nicht länger nötig hat, zu fremden, unfreundlichen Männern freundlich zu sein. Der Junge leidet sehr darunter, dass er zum Lebensunterhalt nur wenig beitragen kann, und auch der Lebenswandel seiner Mutter bereitet ihm grosse Probleme. Als er entdeckt, dass sie einen Liebhaber hat, ist das zu viel für ihn. Er fasst den Entschluss, zu seinem Vater nach Abchasien zurückzukehren. Vielleicht findet er ja dort die Lösung für all seine Probleme. Auf seiner Reise macht Tedo viele Bekanntschaften, und er muss viele Rückschläge einstecken. Nicht überall ist er willkommen. Aber als seine Reise zu Ende geht, hat er viele neue Einsichten gewonnen. Zum Beispiel, dass es nicht überall besser ist, wo man nicht ist. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch mit dem Regisseur, moderiert von …
Sonntag, 7. November 2010, 13:30 Uhr
Kinshasa Symphony
Regie: Claus Wischmann, Martin Baer, Kongo/d 2010, OV/d, 90’
Kinshasa Symphony handelt davon, wie Menschen inmitten einer der chaotischsten Städte der Welt eines der komplexesten Systeme menschlicher Zusammenarbeit aufbauen: ein Symphonieorchester. Es ist ein Film über den Kongo, über die Menschen von Kinshasa und über Musik.
Man darf sich ein afrikanisches Orchester nicht wie ein europäisches vorstellen. In Kinshasa gibt es weder Musikunterricht noch fertige Instrumente. Alle sind Autodidakten, die Geigen oder Celli haben sie selbst gebaut. Fürs Üben sind sie eigentlich viel zu müde, weil sie morgens um fünf aufstehen und nach der Arbeit bis in die Nacht proben. Trotzdem weiß man sofort, warum das Musizieren sie so gepackt hat. Man muss nur in ihre Gesichter schauen. Da stehen sie mit ihrer Geige auf der Straße, weil es in den Hütten und Häusern viel zu eng zum Üben ist. Drumherum lärmt der Verkehr, aber der Geiger steht wie entrückt in diesem Gewimmel, ganz konzentriert, als befände er sich in einer anderen Welt.
Die Dokumentarfilmer Claus Wischmann und Martin Baer erzählen von den Hintergründen und der Geschichte des Orchesters, das vor 15 Jahren gegründet wurde. Sie begleiten die Proben für das Open Air Konzert, das die Musiker bei der Feier zum Unabhängigkeitstag geben werden.
Sonntag, 7. November 2010, 15:15 Uhr
La Yuma
Regie: Florence Jaugey, Nicaragua 2009, OV/d/f, 91’
Yuma will Boxerin werden. Sie ist 18 Jahre alt und lebt im Elendsviertel von Nicaraguas Hauptstadt Managua. Nur als erfolgreiche Sportlerin hat sie eine Zukunftsperspektive, bei der sie ihre besondere physische Stärke und ihre aussergewöhnliche, rebellische Lebensenergie nutzen kann. Doch deshalb muss sie sich auch aus ihrem alltäglichen Umfeld, der Gang der Culebras, ein Stück weit lösen.
Dann begegnet ihr auch noch Ernesto, ein junger Journalismus-Student, den sie bei einem Raubüberfall retten muss. Ihr Leben erfährt eine plötzliche Wendung. Für Yuma eröffnet sich eine völlig neue Welt mit anderen Freizeitaktivitäten – mit Musik und einem anderen Lebensgefühl. Der Film wurde in den armen Stadtteilen von Managua gedreht.
„Die Menschen sind überrascht, wenn sie den Film sehen, weil sie ein düstereres Bild erwarten. Sie erwarten ein negativeres Bild von Nicaragua. Aber stattdessen spiegelt «La Yuma» die Wirklichkeit der Wohngegenden wider, die hart ist, aber der Film endet mit einem Hauch Hoffnung.
«La Yuma» ist nach zwanzig Jahren der erste Film aus Nicaragua. Im Anschluss an die Vorstellung findet ein Filmgespräch mit der Regisseurin, moderiert von ………, statt.
Sonntag, 7. November 2010, 18:15 Uhr
La mirada invisible
Regie: Diego Lerman, Argentinien 2010, OV/d/f, 97'
In Buenos Aires herrscht im Jahr 1982 eine Diktatur. Deren Tage sind gezählt, der Druck ist gross. Diego Lerman erzählt – dem Roman «Ciencias morales» (Sittenlehre) von Martín Kohan folgend – von einer 23-jährigen Schulangestellten, die für Ordnung sorgen muss und dabei eine Beobachtende, Spähende wird. Sie will alles richtig und korrekt machen, gleichzeitig lebt sie nicht ohne Empfindungen. Ein ungemein starker Film über den Alltag unter einem Regime, das dem Leben keinen Platz einräumt, eine der grossen Entdeckungen in der Quinzaine des réalisateurs in Cannes 2010. Lerman schafft es mit einem hervorragenden Schauspielerensemble, die Mechanismen aufzuzeigen, die unter den unmenschlichen Bedingungen einer Diktatur wichtig werden, das schwindende Vertrauen in alle und alles, die Gefahr, im Räderwerk der Perversion eine Rolle zu spielen. Ein Film, der in seiner Intensität an den frühen Bertolucci erinnert und an ein Kino, das das Politische in seine Bilder einzugravieren verstand und Einsichten bot, nicht bloss Ansichten.
Sonntag, 7. November 2010, 20:00 Uhr
Lola
Regie: Brillante Mendoza, Philippinen 2009, OV/d/f, 110’
Manila, Philippinen: Lola Sepa hat soeben ihren Enkel verloren, er wurde von einem anderen jungen Burschen niedergestochen. Der Täter wurde inzwischen verhaftet und ist nun in Polizeigewahrsam. Bei einer ersten Anhörung trifft sie auf dessen Grossmutter Lola Puring. Diese ist schwer getroffen von der Verhaftung und wünscht sich sehnlichst, dass ihr Enkel freigelassen wird, noch bevor sie stirbt. Deshalb offeriert sie Lola Sepa eine aussergerichtliche Einigung in Form einer Entschädigungszahlung. Doch diese will den Mörder seiner gerechten Strafe zugeführt sehen und lehnt das Angebot ab.
Doch erweist sich je länger, je mehr, dass die Kosten für Sarg und Bestattung ihres Enkels höher sind, als sie sich das leisten kann. Ausserdem beginnt sie zu realisieren, dass eine drastische Strafe für den Täter ihren toten Enkel auch nicht zurückbringt und damit niemandem Recht getan wird. So trifft sie sich also ein weiteres Mal mit Lola Puring.
Mit «Lola» von Brillante Mendoza gelangt erstmals ein Film aus dem fernen pazifischen Archipel in die Schweizer Kinos.
Dienstag, 1. November 2011, 17:30 Uhr
Vol spécial
Regie: Fernand Melgar, CH 2011, F/d, 103’
In der Schweiz leben mehr als 200’000 Menschen in ständiger Angst: Ohne ein Verbrechen begangen zu haben, riskieren sie per Sonderflug abgeschoben zu werden. Die Behörden des Staates, in dem sie sich ein neues Leben aufgebaut und eine Familie gegründet haben, können sie von heute auf morgen des Landes verweisen. Warum? Weil sie keine Papiere haben. Jedes Jahr werden Tausende von Männern und Frauen in eines der 33 Schweizer Ausschaffungsgefängnisse gebracht und bis zu zwei Jahre inhaftiert.
Fernand Melgar («La forteresse») hat sich in die Haftanstalt Frambois in Genf begeben. Er gibt sowohl den ausschliesslich männlichen Insassen wie auch den Angestellten Raum, er ist ein objektiver Beobachter und stets respektvoll gegenüber den Protagonisten. Er verzichtet auf eine explizite Stellungnahme und lässt die Bilder für sich sprechen: ein Angestellter, der über Dutzende von Monitoren die Räume überwacht, die Leibesvisitation, der sich die Männer vor ihrer Ausschaffung unterziehen müssen, oder die kurzen und emotionalen Besuche von Familienangehörigen. In solch starken Bildern wird immer wieder gezeigt, wie diese Menschen unter menschenunwürdigen Umständen leben müssen. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch mit Kitima Pitchou, einem der Protagonisten. Moderation: Daniel von Aarburg.
Dienstag, 1. November 2011, 20:00 Uhr
The Rasheda Trust
Regie: Jürg Neuenschwander, Bangladesh/CH 1993-2006, OV/d/f/e, 52’
Rasheda Begum ist heute eine weit über die Region Modukhali (Bangladesh) hinaus bekannte und respektierte Chefin einer grossen Baumschule. Dank unermüdlicher Arbeit und einem guten Sinn für das Geschäft hat sie es zu Wohlstand gebracht. Noch bis in die Achtzigerjahre lebte Rashedas Familie in extremer Armut. Das einzige Bargeld kam von Rashedas Ehemann Ali, der sich für ein Trinkgeld als Tagelöhner verdingen musste. Als Regierungsbeamte ins Dorf kamen und Mikrokredite in Aussicht stellten, packte Rasheda ihre Chance. Mit dem ersten Mikrokredit kaufte sie 20m2 Land und startete eine Baumschule. Bis heute konnten weder Rückschläge durch Überschwemmungen und Trockenheit noch harte Geschäfts- bedingungen von kommerziellen Banken oder Wucherzinse von Geldverleihern Raschedas Aufstieg zunichte machen. «The Rasheda Trust» zeigt den Alltag einer Frau, die aus dem Nichts kam und sich als Unternehmerin durchgesetzt hat, in einer von Männern dominierten Welt. Die DEZA führt in verschiedenen Ländern Mikrokreditprojekte durch und hat deshalb diesen beispielhaften Film finanziell unterstützt.
Einführung und Filmgespräch mit Hansruedi Pfeiffer. Moderation: Flurina Badel
Dienstag, 1. November 2011, 22:00 Uhr
Letters From the Desert
Regie: Michela Occhipinti, I 2010, OV/e, 88’
Laut ist es in der Grossstadt, mit der dieser Film beginnt. Ruhig und beschaulich hingegen ist die Wüste Thar in Nordindien, in der die Geschichte des Briefträgers Hari spielt. Bis in die entferntesten Dörfer trägt er die Post. Wenn er aufs Fahrrad verzichten muss, weil die Wanderdünen die Strasse verweht haben, packt er die Briefe in einen grossen Kartoffelsack und schleppt sie zu Fuss weiter. Nicht selten muss er die Briefe vorlesen, weil die Empfänger nicht lesen können. Meist bringt er Botschaften von Familienangehörigen aus der Stadt. "Bald werde ich Geld schicken können", schreibt der eine Sohn. Ein Vater kündigt seinen Besuch an. "Schön", freut sich eine Frau, "dann werden wir bald wieder ein Kind haben." Und manchmal spielt Hari auch Schicksal. Ganz traurige Post, etwa Todesanzeigen, stellt er gar nicht erst zu. Als guter Geist der Wüstenbewohner ist Hari jedenfalls ein wichtiger Teil der Gesellschaft.
Doch dann werden seltsame Türme errichtet und die beschaulichen Zeiten gehen zu Ende. Die Zukunft wird den Handys gehören. Auch Hari benutzt das mobile Telefon einmal, um die Stimme seines geliebten Sohnes zu hören. Doch das Gespräch ist kurz. Am anderen Ende ist die Hektik der Grossstadt zu hören. top
Mittwoch, 2. November 2011, 13:45 Uhr
L’autre coté du monde
Regie: David Bernet, Frédéric Gomseth. Thomas Gull, Daniel Maurer, Severin Rüegg, Marc-Antoine Schüpfer, Domonik Schnetzer,Theo Stich, Marcella Völgyi
Die Clips sind durch eine interaktive Struktur miteinander verknüpft. Das Publikum entscheidet in einer demokratischen Wahl mittels Fernbedienung, welche Geschichte als nächste gezeigt wird. Wenn das Publikum ein Objekt gewählt hat, wird zuerst eine Geschichte gezeigt, die das Thema umreisst oder beispielhaft darstellt. Dann werden weitere Geschichten zur Auswahl angeboten. Im Verlauf des Films wird das Thema vertieft. Im letzten Clip wird Bilanz gezogen und das Thema abgeschlossen. Das Publikum hat im Verlauf des Films auch die Möglichkeit, zu einem anderen Thema zu wechseln, oder zur ursprünglichen Auswahl zurückkehren, um ein neues Thema zu entdecken. top
Mittwoch, 2. November 2011, 15:45 Uhr
Soul Boy
Regie: Hawa Essuman, Kenia 2010, deutsch, 61’ ab 7
Dieses Jahr präsentiert euch die Zauberlaterne den Weltfilmtagen «Soul Boy».
«Soul Boy» ist das Spielfilmdebüt der kenianisch-ghanaischen Regisseurin Hawa Essuman, das Drehbuch stammt von dem kenianischen Autor Billy Kahora.
«Soul Boy» ist ein lebensfroher Film aus einer Welt, die gleichzeitig von Glaube, Aufgeklärtheit und Magie durchtränkt ist. Mit seinen ruhigen Totalen und den schnellen Kamerafahrten und dem Verweilen auf ernsten Gesichtern trägt der Film eine eigene Handschrift.
Abila lebt mit seinen Eltern in Kibera, einem riesigen Slum in Nairobi. Eines Morgens findet er seinen Vater zusammengekauert und wie von Sinnen vor. Der Vater stammelt, eine Frau habe ihm seine Seele gestohlen. Abila will seinen Vater retten. Unterstützt von seiner Freundin Shiku macht er sich auf den Weg zur Nyawawa, einer mysteriösen Geisterfrau, die seinem Vater die Seele gestohlen haben soll. Sie stellt Abila sieben Aufgaben, die er bis zum nächsten Morgen bewältigen muss, um seinen Vater zu retten. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
Wie immer bei der Zauberlaterne wird vor der Vorführung ein kleiner unterhaltsames Theaterstück mit Bezug zum Film gespielt. – Eine Entdeckung für die ganze Familie.
Mittwoch, 2. November 2011, 17:30 Uhr
17. Filmtage Nord/Süd
Bereits zum fünften Mal präsentiert die Filmstelle der Stiftung Bildung und Entwicklung ein Programm aus Kurz- und Dokumentarfilmen, die aktuelle Themen aufgreifen und speziell für Unterricht und Bildungsarbeit geeignet sind. In diesem Jahr geht es u.a. um den Zusammenhang zwischen Fischkonsum und Migration, um das weltweite Geschäft mit Pouletfleisch, um Kinderarbeit in Indien, um Armutsbekämpfung in Mosambik und um die Rolle der des Fernsehens im Iran.
Programm
17.30 Begrüssung
Eine Veranstaltung von: www.filmeeinewelt.ch , www.globaleducation.ch , www.kinothusis.ch
Ausführliches Programm: im Kino aufliegend oder unter www.filmeeinewelt.ch
Mittwoch, 2. November 2011, 17:40 Uhr
Alptraum im Fischerboot
Regie: Klaus Martens und Michael Grytz, D 2007, 60’, ab 14
Was hat unser Fischkonsum mit Afrikas Bootsflüchtlingen zu tun? Dieser Dokumentarfilm stellt einen Zusammenhang her zwischen der Überfischung vor Westafrikas Küste und der zunehmenden Zahl von Flüchtlingen, die mit ihren Pirogen die gefährliche und oft tödliche Überfahrt in den reichen Westen wagen.
Mittwoch, 2. November 2011, 18:45 Uhr
Quamers Alltag
Regie: Preeya Nair, Indien 2006, 23’, ab 10
Die 9-jährige Quamer lebt mit ihrer Mutter und den jüngeren Geschwistern in der indischen Millionenstadt Hyderabad. Zeit zum Spielen hat sie nicht, und auch die Schule kann sie nicht besuchen. Sie muss zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, indem sie Armreifen aus Glas mit Glitzersteinchen verziert.
Mittwoch, 2. November 2011, 19:10 Uhr
Chicken Curry für den Weltmarkt
Regie: José Bourgarel und Hubert Dubois, F 2005, 48’, ab 14
Der weltweite Verzehr von Pouletfleisch ist enorm. An drei Schauplätzen in Asien, Afrika und Europa beleuchtet der Film verschiedene Aspekte des globalisierten Geflügelgeschäfts: In Thailand bedrohen gigantische Fast-Food-Konzerne die kleinen Familienbetriebe, in Kamerun wehren sich Konsumentenschützer gegen Billigimporte aus Europa. Dokumentarfilm
Mittwoch, 2. November 2011, 20:15 Uhr
Beyond a Dollar a Day
Regie: Mark Galloway, David Syz, CH 2009, 17’, ab 14
Ein engagierter Unternehmer aus Mosambik investiert seine Ersparnisse in den Aufbau einer Fabrik für die Verarbeitung von Cashew-Nüssen. Damit schafft er ebenso viele Arbeitsplätze wie die Entwicklungsbanken mit ihren Milliardenkrediten. Dokumentarfilm
Mittwoch, 2. November 2011, 20:35 Uhr
Head Wind (Baad-e-daboor)
Regie: Mohammad Rasoulof, Iran 2008, 43’, ab 14
Satellitenfernsehen ist im Iran verboten, gleichzeitig aber eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Mittels der verbotenen Satellitenschüsseln verschaffen sich Iranerinnen und Iraner Zugang zu Informationen und Unterhaltung ausserhalb des von der strengen Zensurbehörde bewilligten Rahmens. Dokumentarfilm
Mittwoch, 2. November 2011, 21:20 Uhr
También la lluvia
Regie: Iciar Bollain, Mex/E/F 2010, OV/d/f, 104’
Sebastián und Costa befinden sich als Regisseur und Produzent in Bolivien. Das zentrale Thema ihres geplanten Films ist die Ausbeutung und Ermordung der Ureinwohner durch Kolumbus auf seiner Suche nach Gold. Doch die Filmer geraten zunehmend in Schwierigkeiten. Ein multinationaler Konzern will das Wasser der bolivianischen Bevölkerung privatisieren und löst dadurch eine Revolte aus. Sprachrohr des Aufstands ist der Indio Daniel, der auch eine Rolle im Film übernehmen soll. Sowohl Sebastián wie auch Costa geraten dadurch immer mehr in ein moralisches Dilemma und realisieren, dass zwischen den Conquistadores von einst und ihren eigenen Absichten kein wirklich grosser Unterschied besteht.
Paul Laverty, der zahlreiche Drehbücher für Ken Loach verfasst hat, hat mit «Tambien la lluvia» ein eindringliches, doppelbödiges Drama geschrieben. Gekonnt verknüpft er mehrere Erzählstränge, welche seine Lebensgefährtin Icíar Bollaín inszeniert. «Tambien la lluvia», ein ambitionierter, kluger, lyrischer wie wuchtiger Film, ist mit Luis Tosar und Gael García Bernal hochkarätig besetzt. Publikumspreis an der Berlinale 2011
Donnerstag, 3. November 2011, 10:00 Uhr
Waste Land
Regie: Lucy Walker, Karen Harley, João Jardim, Brasilien/UK 2010, OV/d, 90’
Künstler und Fotograf Vik Muniz, 1961 in Sao Paolo geboren und in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, zählt heute zu den wichtigsten und vermögendsten brasilianischen Gegenwartskünstlern. Vom Wunsch geleitet, seiner Heimat etwas zurückzugeben, beschliesst er, in eine der heruntergekommensten Gegenden Brasiliens, die Guanabara-Bucht, zu reisen. Dort, wo die berühmte Christus-Statue einem den Rücken kehrt, befindet sich die weltweit grösste Mülldeponie: der Jardim Gramacho. Wer hier ohne Prostitution oder kriminelle Geschäfte überleben will, dem bleibt nichts anderes übrig, als tagtäglich seinen Lebensunterhalt mit dem Durchwühlen von Müll zu sichern. Diesen "Müllpflückern", auch "Catadores" genannt, will Muniz einen Weg aus dem Abfall ebnen. In einem dreijährigen Projekt möchte er zusammen mit den Catadores ein Kehricht-Kunstwerk erschaffen, das die ganze Welt auf den Jardim Gramacho blicken lässt.
Donnerstag, 3. November 2011, 13:30 Uhr
Sira – Songs of the Crescent Moon
Regie: Sandra Gysi, Achmed Abel Mohsen, CH/Ägypten 2011, OV/e, 77’
Sira, das sind 5 Millionen Verse, die die Geschichten vom Volk des Halbmondes erzählen.
Sayyed es-Dawwy ist mit seinen 80 Jahren der letzte der lebenden Dichter des grössten arabischen Epos, der alle Verse auswendig kennt. Da seit Generationen die Verse nur mündlich weitererzählt werden, will er sie an seinen Enkel Ramadan weitergeben. Doch während Sayyed seinem Enkel die Sira im traditionellen Sinne weitergeben will, hat der mehr Interesse an zeitgenössischen Interpretationen im Einfluss von Pop und Soap-Operas.
Der Film begleitet die beiden auf ihren Konzert-Tourneen durch Ägypten und zeigt die Welt zwischen Tradition und Moderne. Im Ringen der Generationen um die Bedeutung der Sira zeigt sich eine Welt, die zwischen Tradition und Moderne steckt – auf der Suche nach ihren Helden. Gestern wie heute.
Donnerstag, 3. November 2011, 15:45 Uhr
Mein Haus stand in Sulukule
Regie: Astrid Heubrandtner, Österreich/Türkei 2010, OV/d, 94’
Anhand des Beispiels Sulukule gelingt Astrid Heubrandtner ein überschaubarer Blick auf das globale Phänomen von Umstrukturierungsprozessen urbaner Quartiere. Der Film ist ein einfühlsames Porträt derer, die dabei auf der Strecke bleiben.
Sulukule ist ein fast ausschliesslich von Roma bewohntes Viertel von Istanbul, ein alter, ärmlicher, heruntergekommener Stadtteil. Fast wie eine Grossfamilie leben hier zahlreiche Roma unterschiedlicher Herkunft und Stellung.
Aber eines Tages beschliesst die Stadtverwaltung, das Viertel zu sanieren, was nichts anderes heisst, als mit Gewalt die alten Häuser zu schleifen, um ein neues, nobles Villenviertel zu errichten.
«Mein Haus stand in Sulukule» legt Zeugenschaft ab von einer gewaltsamen Veränderung und Vertreibung und den Versuchen, sich ihr zu widersetzen. Das ist für einen kleinen Film eine sehr schöne, grosse und berührende Leistung.
Donnerstag, 3. November 2011, 18:15 Uhr
Kahlschlag
Regie: Marco Keller, Brasilien/D 2011, OV/d, 82’
«Kahlschlag» erzählt eindrucksvoll von den Auswirkungen einer intensiven und exportorientierten Landwirtschaft auf die einst dichten Wälder im Amazonas und auf die Menschen Brasiliens. Der Film gibt dem Zuschauer Raum, sich das Thema selbst zu erschliessen. Die Protagonisten sprechen von ihrem Schicksal, der Ausbeutung, der Zerstörung ihrer Natur, der Ansiedelung multinationaler Agrargrosskonzerne, aber auch von dem Kampf gegen die Umstände ihres momentanen Daseins. Dabei bleibt der Film nicht negativ, sondern bietet vielfältige Lösungsansätze zu den gezeigten Problemen. Die Brücke, die dabei geschlagen wird, reicht bis nach Europa und kann dem Zuschauer hier neue Lebensstrategien eröffnen. «Kahlschlag» ist damit ein Film, der trotz seiner höchst komplexen Thematik zu berühren versteht und der das Potential für eine gesellschaftliche Diskussion in sich trägt.
Der Film ermöglicht eine Begegnung mit Vertriebenen beim Versuch, in ihren zerstörten Lebensraum zurückzukehren. Apéro und Aufführung dieses Films werden vom Claro Laden Thusis gesponsort.
Donnerstag, 3. November 2011, 19:45 Uhr
La source des femmes
Regie: Radu Mihaileanu, B/I/F 2011, OV/d/f, 135’
In einem Dörfchen irgendwo zwischen Nordafrika und dem Nahen Osten gibt es weder Strom noch Handynetz. Die einzige Wasserquelle ist ein Brunnen ausserhalb des Ortes, bei dem die Frauen mühsam Wasser holen müssen, während die männlichen Bewohner Karten spielen und sich auf der Terasse sonnen. Auf die Dauer sind die Frauen nicht mehr einverstanden mit der Situation und fordern eine Wasserleitung. Um Druck auszuüben, starten die Frauen einen Sex-Streik. Die Idee dazu hat die zugwanderte Schönheit Leila. Sie ist eine der wenigen Frauen im Dorf, die lesen und schreiben kann. Leila beklagt die vielen Totgeburten, die es im Dorf gibt, weil die Frauen so hart arbeiten müssen. Beim gemeinsamen Bade aller Frauen macht sie den Vorschlag mit dem Liebesentzug. Vorerst bekommt sie nur die Unterstützung der Dorfältesten Vieux Fusil, deren gewalttätiger Zwangsgatte schon lange gestorben ist. Doch nach und nach schliessen sich den beiden mehr Frauen an, und die Männer kommen in Zugzwang. Gar keine Freude an Leilas Aktivitäten hat ihre Schwiegermutter Fatima. Sie war schon immer gegen die Liebesheirat ihres Sohnes und sieht sich nun bestätigt, eine Hexe in die Familie geholt zu haben.
Donnerstag, 3. November 2011, 22:10 Uhr
Havanna mi amor
Regie: Uli Gaulke, Kuba/D 2000, OV/d, 80’
In einem Land mit totalitärem Regime, wo es nur zwei Fernsehprogramme gibt und das eine ausschliesslich dazu dient, politische Sendungen zu verbreiten, erhält natürlich das andere grösste Aufmerksamkeit. Deshalb sitzen die meisten Bewohner Havannas allabendlich vor ihren Geräten, um die Telenovela zu gucken, welche sich mit dem Leben im heutigen Havanna beschäftigt. Doch immer öfter können die altersschwachen sowjetischen Lizenzgeräte den Wunsch nach Zerstreuung nicht mehr erfüllen. Besondere Bedeutung erhält in Gaulkes Film die Montage. Intelligent verbindet er Spielszenen mit Ausschnitten aus dem Leben von sieben Hauptstädtern. Liebe, Eifersucht, kleine und grosse Intrigen, Kampf um Gerechtigkeit, Suche nach dem grossen Glück; all dieses ist sowohl in der Telenovela wie in der Realität sehr wichtig. Gaulke setzt die klischeeüberladenen, vor Rührseligkeit nur so triefenden und für jedes Problem eine Lösung anbietenden Bilder aus dem Fernsehgerät mit den persönlichen Dramen von Gladys, Silai, Felix, Juana, Marino, Vilma und José in Beziehung. Dadurch entlarvt er das TV-Programm als abgeschmackte Light-Version der spannenden, tatsächlichen Geschichten in Kubas Hauptstadt.
Donnerstag, 3. November 2011, 23:40 Uhr
Rio Sonata
Regie: Georges Gachot, CH/Brasilien 2010, OV/d, 85’
Nana Caymmi, eine Ikone der brasilianischen Musik, wurde bereits in der Kindheit mit der musikalischen Tradition Brasiliens eng vertraut. Tochter des berühmten Komponisten Dorival Caymmi, Kindheitsfreundin von Nelson Freire, Milton Nascimentos Muse und ehemalige Ehefrau von Gilberto Gil, hat sie das Erbe nicht nur angetreten, sondern führte es schon bald als eigenständige, hoch talentierte Musikerin fort. Von den Brasilianern wird sie heute als eine der grössten Sängerinnen und Leitfiguren der brasilianischen Musikgeschichte der letzten fünfzig Jahre gefeiert. top
Freitag, 4. November 2011, 09:30 Uhr
Srebrenica 360°
Regie: Renate Metzger-Breitenfellner und Conny Kipfer, CH/Bosnien-Herzegowina 2010, OV/d, 55’
Das ostbosnische Städtchen Srebrenica erlangte 1995 traurige Berühmtheit: Serbische Nationalisten ermordeten während des Bosnienkrieges 8000 muslimische Männer und Knaben. Der Genozid von damals ist 15 Jahre später noch präsent: Den Frauen fehlen die Männer, die Brüder, die Väter, die Söhne.
Im Film kommen Menschen aus Srebrenica zu Wort. Sie erzählen vom harten Leben in Srebrenica, von der Arbeitslosigkeit, von der Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben und von ihrer Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Die Schweizer Filmemacherinnen Renate Metzger-Breitenfellner und Conny Kipfer zeigen in ihrem Film «Srebrenica 360°» das ganz normale Leben: Kinder, die Fussball spielen, Arbeiter in einer Fabrik und Schüler in einem Klassenzimmer. Sie zeigen Einschusslöcher in der Schule, in Wohnhäusern und in Ruinen – das ganz normale Leben. Und sie zeichnen mit den Gesichtern und Geschichten der Bewohner Srebrenicas ein Portrait der Stadt, das uns ebenso packt wie verstört.
Freitag, 4. November 2011, 10:40 Uhr
Buenos dias, seguimos en guerra
Regie: Anita Blumer, CH/Guatemala 2009, OV/d, 55’
Guatemalas Bevölkerung wird von Banden und der organisierten Kriminalität gleichermassen terrorisiert, von der Justiz im Stich gelassen und weiss sich bestenfalls mit Selbstjustiz zu helfen. Anita Blumers Dokumentarfilm schildert und analysiert die Lage auf prägnante Weise und schafft damit ein wichtiges Zeitdokument.
Blumer rollt Guatemalas Situation anhand des Schicksals der achtjährige Michelle auf. Das Mädchen verschwindet in ihrem eigenen Dorf, als sie ihr Heim verlässt, um Geschenkpapier zu kaufen. Sie möchte damit eine Karte für ihren aus Amerika zurückkehrenden Vater einpacken.
Das ganze Dorf sucht das Kind. Tags darauf wird seine Leiche gefunden. Die vermeintlich Schuldigen – entfernte Bekannte – sind schnell gefunden, werden an den nächsten Baum gestellt und angezündet. Denn an die staatliche Justiz, an Recht und ihre Gerechtigkeit glaubt sowieso niemand. Die Auftraggeber aber kommen ungeschoren davon.
Wie schon bei ihrem Erstling, «Jack V. Koby», der den Spuren ihres einst nach Alaska ausgewanderten Grossonkels folgte und an den Solothurner Filmtagen 2008 lief, war Blumer auch diesmal Regisseurin, Cutterin und Produzentin. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein kurzes Filmgespräch mit Anita Blumer, moderiert von Flurina Badel.
Freitag, 4. November 2011, 12:15 Uhr
La nostalgia de la luz
Regie: Patricio Guzman, Chile 2010, OV/d/f, 94’
Die Atacama-Wüste in Chile ist der trockenste Ort der Erde. Die grössten Teleskope der Welt stehen dort, denn aufgrund der aussergewöhnlich klaren Luft ist sie der ideale Ort für Astronomen, um ins Weltall und somit in die Vergangenheit zu blicken. Auch für Archäologen ist sie ein besonderer Ort, denn aufgrund des hohen Salzgehalts des Bodens werden Leichname für die Ewigkeit konserviert. Hier wurden die ältesten Mumien der Welt gefunden. Die Atacama-Wüste ist aber auch Zeuge der politischen Geschichte des Landes. Unter den Staubschichten des Bodens verbergen sich auch Überreste der Menschen, die während der Diktatur Pinochets verschleppt, gefoltert und getötet wurden. In keinem anderen Film hat Patricio Guzmán ein grösseres Mass an Allgemeingültigkeit erreicht als in «La nostalgia de la luz». Während die Astronomen in den Himmel blicken, suchen viele Frauen nach Überresten ihrer Liebsten, welche der Militärdiktatur in Chile zum Opfer fielen. Die Schergen von Augusto Pinochet vergruben die Leichen in der Wüste, und in einigen Fällen gruben sie sie wieder aus, um sie anderswo zu platzieren, sodass man sie niemals finden konnte. Obwohl es ein Ding der Unmöglichkeit scheint, etwas in dieser riesigen Wüste zu finden, geben die Frauen aber nicht auf.
Freitag, 4. November 2011, 14:00 Uhr
Paweogo
Regie: Daniel Sanou Kollo, Burkina Faso 1983, 82’
In diesem Film über die sozialen Konflikte der ehemals französischen Kolonie Obervolta erweist sich die Emigration aus einem Dorf mit seinen alten Traditionen und in den grösseren Arbeitsmarkt einer Stadt für einen jungen Bauern nicht als erfolgreich. Die Geschichte des Films verbindet die Unglücksfälle von drei ländlichen Emigranten in die Stadt und kündigt ein ernstzunehmendes Problem in Afrika an, was die Unvereinbarkeit der alten Traditionen mit der modernen Welt als Ursprung hat.
Das Dorf kann seine Bewohner nicht mehr ernähren. Bila will, wie viele andere Bauern auch, nach Côte d‘ Ivoire (heute Burkina Faso) auswandern. Die Nachbarn drängen sie die junge Pogbi zu ihrem zukünftigen Ehemann mitzunehmen, der bereits in Côte d’Ivoire lebt. Der Ehemann wurde schon von deren Eltern auserwählt. Nur liebt die junge Frau einen Mann aus einer anderen Ethnie. Auf ihrem langen Weg widersetzt sie sich der geplanten und erzwungenen Heirat und plant zu fliehen.
Freitag, 4. November 2011, 20:15 Uhr
Medianeras
Regie: Gustavo Taretto, Argentinien 2011, OV/d/f, 96’
Frisch verliebt im Zeitalter von Internet, Facebook und Twitter. Mariana und Martín sind die beiden Hauptfiguren in Gustavo Tarettos vergnüglichem Spielfilm. Sie leben an derselben Strasse im pulsierenden Buenos Aires. Er ist ein Computerfreak und muss erst wieder lernen, mit dem Tageslicht umzugehen, nachdem er die ganze Zeit vor dem Bildschirm sass und Spiele entwarf. Sie setzt sich zuhause eine Schaufensterpuppe zusammen, um eine Mannsfigur zu haben. Gleichzeitig ist Mariana ein Fan des Bildersuchrätsels «Wo ist Walter?», in dem es darum geht, aus dem Wirrwarr einer Szenerie die eine Figur herauszufinden. Wird Mariana ihren Martín finden? Die Stadt bringt sie zusammen und hält sie voneinander fern. Wir schauen den beiden zu und entdecken dabei auch Buenos Aires, das Taretto in seiner architektonisch reizvollen Komposition mit visuellem Spürsinn festhält.
Freitag, 4. November 2011, 22:05 Uhr
Bachir Lazhar
Regie: Philippe Falardeau, Kanada 2011, OV/d, 94’
Simon entdeckt sie im Klassenzimmer: seine Lehrerin Martine, an einem Schal erhängt. Diese menschliche Katastrophe versucht die Schulleitung dann mit einer neuen Zimmerfarbe und einer Psychologin aufzuarbeiten. Und mit einer neuen Lehrkraft, dem Algerier Bachir.
Nach einigen vor allem kulturell bedingten Startschwierigkeiten schafft es Bachir immer besser, den Draht zur Klasse zu finden. Dieser fällt es jedoch schwer, die Erinnerung über den Vorfall abzustreifen. Vor allem Simon und Alice (Sophie Nélisse) zeigen sich auffällig: Er reagiert mit Aggressivität, sie versucht den Selbstmord im Unterricht direkt zu adressieren. Bachir gibt sich ein und wird den Kindern eine Stütze – gleichzeitig sind die Kinder für ihn selbst eine Hilfe, denn auch er hat einen schrecklichen Schicksalsschlag zu verarbeiten. Doch über Bachir hängt ein Damoklesschwert: Als politischer Flüchtling ist sein Verfahren immer noch hängig. Wird es abgelehnt, kann Bachir von einem Tag auf den anderen abgeschoben werden.
Freitag, 4. November 2011, 23:45 Uhr
Chico & Rita
Regie: Fernando Trueba, Javier Mariscal, Tono Errando, E/UK 2010, OV/d, 94’
Kuba im Jahr 1948: Der junge talentierte Pianist Chico zieht mit seinem besten Freund Ramon um die Häuser. Als sie eines Abends in einen Club gehen, fällt Chico die Sängerin Rita auf. Er verliebt sich sofort in sie und versucht, sich an sie ranzumachen. Doch Rita zeigt ihm erstmal die kalte Schulter. Erst als er sie von seinen Künsten am Flügel überzeugen kann, kommen sich die beiden näher. Als jedoch nach einer gemeinsamen Nacht am nächsten Morgen eine Geliebte von Chico vor der Türe steht, läuft Rita davon. Als dann ein Gesangswettbewerb ansteht, will Ramon die beiden unbedingt wieder zusammenbringen, denn musikalisch sind die Sängerin und der Pianist unschlagbar. Gegen Bezahlung willigt Rita ein und gewinnt daraufhin mit Chico zusammen den Wettbewerb. Die Liebe ist dadurch wieder neu entfacht, und jetzt scheint die beiden niemand mehr aufhalten zu können – doch weiterhin steht ihre Beziehung unter keinem guten Stern.
Samstag, 5. November 2011, 11:00 Uhr
Life, Above All
Regie: Oliver Schmitz, SA/D 2011, OV/d, 106’
Im Mittelpunkt steht die zwölfjährige Chanda, die nach dem Tod ihrer kleinen Schwester in ihrem Dorf gegen böse Gerüchte, Aberglauben und Vorurteile ankämpfen muss. Schrittweise erfährt Chanda immer neue Details zu der tabuisierten "rätselhaften Krankheit", der ihre Schwester zum Opfer fiel und die nun auch das Leben ihrer Mutter und damit den Zusammenhalt der Familie bedroht. Und sie will das fatale (Ver-)Schweigen brechen. «Life, Above All» ist eine universelle Geschichte über Solidarität, Mut und Hoffnung. In eindrücklichen Bildern erzählt der aus der Kap-Republik stammende Regisseur Oliver Schmitz nicht nur von einer bewegenden Mutter-Tochter-Beziehung, sondern spiegelt auch schnörkellos das moderne Südafrika: lebendig, vielschichtig und voller Gegensätze.
Samstag, 5. November 2011, 13:15 Uhr
Los colores de la montaña
Regie: Carlos César Arbeláez, Kolumbien/Panama 2010, OV/d/f, 88’
Ein kleines Dorf in den kolumbianischen Bergen. Für den 9jährigen Manuel erfüllt sich ein Traum, als sein Vater ihm zum Geburtstag einen Fussball schenkt. Doch schon kurz darauf landet dieser unerreichbar in einem Minenfeld. Manuel lässt nichts unversucht, um mit seinen Freunden Julián und Poca Luz den Ball zurück zu holen.
Konsequent aus der Perspektive der Kinder, in grossartigen Bildern und mit einer schnörkellosen Erzählweise schildert Carlos César Arbeláez den Alltag
kolumbianischer Bauern zwischen den Fronten eines bewaffneten Konflikts. Kitschige Untertöne vermeidet er gekonnt durch seine sachliche und gleichzeitig poetische Art zu filmen und durch seine respektvolle und doch emphatische Haltung. Überzeugend macht Arbeláez in seinem ersten Spielfilm sichtbar, dass Menschen, die sich entschlossen für die Freiheit anderer einsetzen, ihre Träume nicht verraten müssen und sich stattdessen friedlich der Gewalt entgegenstellen können.
Carlos César Arbeláez gewann mit seiner Geschichte über Freundschaft, Publikumspreis und Preis der Ökumenischen Jury am Internationalen Filmfestival Fribourg 2011.
Samstag, 5. November 2011, 15:00 Uhr
Le poids du serment
Regie: Daniel Sanou Kollo, Burkina Faso 2009, OV/d, 87’
Eigentlich sind Sibiri und Nyama Freunde. Sie gehören einer Bruderschaft von Jägern an und haben sich mit einem Eid Treue und Loyalität geschworen. Als sie jedoch wieder einmal gemeinsam auf der Jagd sind, stösst Sibiri Nyama, in dessen Frau Sarah er heimlich verliebt ist, in einen Brunnen und lässt, zurück im Dorf, eine Todesanzeige veröffentlichen. Der Freund kehrt jedoch Monate später ins Dorf zurück. Er leidet an Amnesie und hat sich einer Sekte angeschlossen. Sibiri, der die ganze Zeit beruhigt in dem Glauben gelebt hat, Nyama wäre tot, rastet völlig aus. Und Nyamas Erinnerung kehrt zurück.
Preis der Jugendjury am Festival du cinéma d’Afrique in Angers, Sieger des internationalen Wettbewerbs am Internationalen Filmfestival von Innsbruck 2011. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch mit dem Regisseur Daniel Sanou Kollo. Moderation: Chasper Pult
Samstag, 5. November 2011, 17:45 Uhr
Silent Souls – Ovsyanki
Regie: Aleksei Fedorchenko, Russland 2010, OV/d/f, 77’
«Silent Souls» ist ein Road Trip durch den Westen Zentralrusslands. Gemeinsam mit einem seiner Angestellten bringt ein Firmenchef den Leichnam seiner verstorbenen Frau an den Ort, wo alles begann, um sie nach Riten des Merja-Volkes ins Jenseits zu entlassen. Es soll sich um ein finnisch-ungarisches Volk handeln, dessen Kultur in bestimmten Regionen immer noch lebendig ist.
«Silent Souls» ist ein grossartiger Film aus Osteuropa. Ein Film, der die fast schon vergessenen Qualitäten eines realistischen, teils dokumentarischen Kinos, das zugleich im Stande ist, höchst private Geschichten zu erzählen, auf sich vereint. Es ist ein melancholisches, dahinfliessendes Werk, das die weiten Landschaften und die Trauer über den Tod durchmisst wie nur das Kino Raum, Zeit, Erinnerung und Gegenwart in eines fügen kann. Ein Film, der lange im Gedächtnis nachhallt. In «Silent Souls» ist das Zusammenspiel zwischen Wahrheit und Lüge vielschichtig und subtiler. Wer sind die Merja? Aleksei Fedorchenko lässt an keiner Stelle durchscheinen, ob die Merjas seiner Fantasie entsprungen sind. Versuche, es aus ihm herauszulocken, gab es reichlich. Es könnte sein, dass er selbst daran glaubt und letztendlich deshalb Zweifel in uns weckt.
Samstag, 5. November 2011, 19:15 Uhr
Aftershock
Regie: Feng Xiaogang, China 2010, OV/d, 128’
Am 28. Juli 1976 bebt in Tangshan im Nordosten Chinas die Erde. Die Stadt hält dem Beben der Stärke 7.4 nicht stand, Hunderttausende sterben in den Trümmern, so auch der Familienvater Da Qing. Seine Frau Yuan Ni überlebt schwer verletzt, ihre kleinen Kinder, die Zwillinge Fang Deng und Fang Da, werden verschüttet. Es gelingt, Fang Da aus dem Geröll zu zerren, doch seine Schwester wird angeblich tot zurückgelassen.
Während Fang Da, der bei dem Unglück einen Arm verlor, mit der traumatisierten Mutter in eine andere Stadt zieht und die Schwester für tot hält, wird Fang Deng von einem freundlichen Rotarmistenpärchen adoptiert und wächst zu einer schönen, wenngleich verschlossenen jungen Frau heran.
Erst im Jahr 2008 kreuzen sich die Wege der beiden – in Wenchuan, wo die Erde wieder bebte. Chinas erste Darsteller- und Handwerkergarde tritt auf in diesem Familien- und Katastrophendrama, in dem am Beispiel einer zerrissenen Familie und der Geschichte ihrer versprengten Mitglieder auch die Entwicklung Chinas zur modernen Gesellschaft reflektiert wird. Die Katastrophe selbst spielt dabei nur eine Nebenrolle, vielmehr geht es um Wege, aus einer solchen stark hervorzugehen.
Samstag, 5. November 2011, 21:35 Uhr
An African Election
Regie: Jarreth J.und Kevin Merz, Ghana/CH/USA 2011, 89’
Wir schreiben das Jahr 2008. Die ganze Welt blickt auf die Präsidentschaftswahlen in den USA. Ein historischer Moment: Ein Schwarzer kandidiert für das höchste Amt. 9000 Meilen davon entfernt bereitet sich in Afrika ein kleines Land namens Ghana ebenfalls auf Wahlen vor. Nach 28 Jahren kehrt der in der Schweiz geborene Regisseur nach Accra zurück, in die Hauptstadt Ghanas, wo er aufgewachsen ist. Erinnerungen kommen auf, doch vor allem möchte er vor Ort sehen, wie sich das einst hoffnungsvolle Drittweltland entwickelt hat.
Samstag, 5. November 2011, 23:15 Uhr
Mama Africa
Regie: Mika Kaurismäki, SA/D 2011, OV/d, 91’
Mika Kaurismäkis Dokumentarfilm über die weltbekannte südafrikanische Sängerin Miriam Makeba (1932-2008), die ein halbes Jahrhundert lang die Welt bereiste und ihre politische Botschaft gegen Rassismus, gegen Armut und für Gerechtigkeit und Frieden verbreitete, ist die Hommage an eine Frau, die wie keine andere die Hoffnung und die Stimme Afrikas verkörperte. Miriam Makeba hat Musiker überall auf der Welt inspiriert und ein internationales Publikum begeistert. Gleichwohl ist sie den südafrikanischen Wurzeln ihrer Musik immer treu geblieben. Ins Exil wurde sie schon 1959 getrieben, nachdem sie in dem Apartheid-kritischen Dokumentarfilm «Come back, Africa» mitgewirkt hatte. Harry Belafonte verhalf ihr in die USA, wo sie 1962 unter anderem bei einer Geburtstagsfeier John F. Kennedys auftrat. Als sie 1968 den Black-Panther-Aktivisten Stokely Carmichael heiratete und ins Fadenkeuz des FBI geriet, liess sie sich in Guinea nieder und setzte ihr Engagement gegen das weisse Apartheid-Regime in ihrer Heimat von dort aus fort. Den Lebensweg dieser aussergewöhnlichen Künstlerin stellt der Film mit Hilfe von seltenen Dokumentaraufnahmen und zahlreichen Interviews dar.
Sonntag, 6. November 2011, 09:30 Uhr
Pink Taxi
Regie: Uli Gaulke, D/Russland 2009, OV/d, 85’
Marina, Alla und Viktoria fahren Frauen durch eine der schnellsten und härtesten Städte der Welt. Während draussen Moskau an allen Enden gleichzeitig unter Hochspannung steht, ist ihr Pink Taxi ein Ruhepol und Mikrokosmos fröhlicher Gelassenheit. Die drei Freundinnen können gut zuhören und das wissen ihre jungen, wohlhabenden Kundinnen zu schätzen. Bei ihnen fühlen sie sich aufgehoben, kommen ins Plaudern über Mode, Karriere und immer wieder Männer.
Männer, die bei Marina, Alla und Viktoria nicht mitfahren dürfen.
Ihre Männer hat die neue Zeit nach Perestroika und Wirtschaftskrise aus der Bahn geworfen – sie haben sich totgesoffen oder sind mit Jüngeren durchgebrannt. Die gemeinsamen Kinder bringen die drei nun mit Taxifahren alleine durch – Söhne, die lieber Fussballstars werden wollen, als sich kaputt zu arbeiten und Töchter, die mit ihrer ersten Liebe hoffentlich nicht dieselben Fehler wie die Mütter machen werden. Und täglich lehnt eine neue Generation Frauen auf dem Rücksitz, die in einem anderen Russland zu leben scheint. Modern, erfolgreich, unbelastet – ihre Träume seien eigentlich alle wahr geworden und die grosse Liebe haben sie auch schon gefunden – erzählen die Kundinnen. Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Filmgespräch mit Ulie Gaulke. Moderation: Sabine Gisiger
Sonntag, 6. November 2011, 12:15 Uhr
11’e 10 kala – 10 vor 11
Regie: Pelin Esmer, Türkei/F 2009, OV/d/f, 106’
Istanbul heute. Der passionierte Sammler Mithat und der eher nüchterne Hausmeister Ali leben in einem Wohnblock, jeder in seinem eigenen Kosmos. Als die Sanierung des Hauses beschlossen wird, droht ihrer Welt ein scheinbar unaufhaltsames Ende. Nur vereint können die beiden so unterschiedlichen Männer ihr altes Leben retten.
In diesem eindrücklichen türkischen Film gelingt Regisseur Pelin Esmer mit dem Portrait der beiden alleinstehenden alten Männer eine liebevolle und kritische Referenz an seine Heimatstadt Istanbul, der Metropole zwischen Tradition und Moderne, Erinnerung und Vergessen, Bewahren und Erneuern. Eine grosse Stärke des Films ist die respektvolle Beobachtung seiner Protagonisten. Mithats zärtlicher Umgang mit jedem Teil seiner Kollektion gibt den scheinbar wertlosen Alltagsgegenständen Bedeutung und Schönheit und dem Film eine Leichtigkeit und tiefe humanistische Färbung.
Neben «Mein Haus stand in Sulukule» ist dies der zweite Film im Programm, der sich mit den Umwälzungen in der Grossstadt Istanbul auseinandersetzt. Der Film wurde weltweit mit mehr als 20 Preisen ausgezeichnet.
Sonntag, 6. November 2011, 14:15 Uhr
Silent Snow
Regie: Jan van den Berg, NL 2011, OV/d, 72’
Die Arktis ist eine nahezu unberührte Landschaft mit riesigen Eisflächen. Endloses Nichts, in dem nur Wenige wissen, wie sie überleben können. Die Inuit trotzen der Kälte und den Gefahren, die das ewige Eis birgt. Doch gegen einen Feind, der Krankheit und Tod mit sich bringt, wissen sie nicht weiter. Pestizide, insbesondere DTT, aus der ganzen Welt werden durch Wind, Wasser und Schnee in den Norden geleitet, und gehen als stiller Schnee in der Arktis nieder.
Der Film zeigt die Reise der Inuit-Frau Pipaluk Knudsen-Ostermann auf der Suche nach der Herkunft, Verwendung und den negativen Auswirkungen von DDT auf die menschliche Gesundheit und Umwelt.
Er zeigt die Sichtweisen der Produzenten und der Opfer von DDT und derjenigen, die versuchen, Lösungen zu finden. Im Anschluss an den Film gibt es ein Filmgespräch mit dem Regisseur, Jan van den Berg, und einer Protganonistin, der Inuitfrau Pipaluk Knudsen-Ostermann. Das Gespräch wird moderiert von Andreas Schriber.
Sonntag, 6. November 2011, 16:45 Uhr
Hanyo, das Hausmädchen
Regie: Im Sang-soo, Südkorea 2010, OV/d, 106’
Die hübsche Eun-yi wird von einer reichen koreanischen Familie als neues Hausmädchen eingestellt. Sie soll sich um die kleine Tochter des Hauses und die mit Zwillingen schwangere Mutter kümmern. Der Hausherr Hoon ist es gewohnt, sich zu nehmen was ihm gefällt. Eines Abends verführt er das neue Hausmädchen und beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihr. Doch den wachsamen Augen der erfahrenen alten Hausdame Byung-sik entgeht nichts. Sie bemerkt auch als erste, dass Eun-yi von Hoon schwanger ist. Als sie die berechnende Schwiegermutter und die eifersüchtige Ehefrau einweiht, muss Eun-yi um ihr ungeborenes Kind und bald sogar um ihr eigenes Leben fürchten. Im Sang-Soos Remake des gleichnamigen koreanischen Klassikers ist ein facettenreicher Thriller, im Stile Hitchcocks und Chabrols. Gefeierter Wettbewerbsfilm in Cannes 2010 und gleichzeitig einer der erfolgreichsten koreanischen Filme der letzten Jahre, überzeugt «Hanyo, das Hausmädchen» mit einer exzellenten Besetzung, opulenter Ausstattung und einer betörenden Bildsprache.
Sonntag, 6. November 2011, 18:45 Uhr
Pequenas voces
Regie: Jairo Carrillo, Oscar Andrade, Kolumbien 2010, OV/d/f, 76’
Dieser animierte Dokumentarfilm hat seinen Ursprung in wahren Geschichten. Die gewalttätigen, überaus blutigen Konflikte zwischen der Volksarmee, den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC) und den Paramilitärs wurden von vier kolumbianischen Kindern hautnah miterlebt. Die Interviews zeigen, wie sie die Wirklichkeit wahrnehmen. Sie erzählen von den Guerilleros. Mal sind sie nett. Mal nehmen sie den Vater mit. Mal muss der Junge mit. Mal wird die Familie vertrieben. Regisseur Carillo nutzt die Stimmen und Zeichnungen der vertriebenen Kinder als Grundlage für seinen Film. Kraftvoll und überzeugend, mit Momenten der Zärtlichkeit und Freude, bearbeitet Carrillo die authentischen Zeugnissen dieser Kinder.
Sonntag, 6. November 2011, 20:15 Uhr
Cirkus Columbia
Regie: Danis Tanovic, Bosnien-Herzegowina 2010, OV/d, 113’
Der eiserne Vorhang in Jugoslawien ist gefallen, und nach 20 Jahren im Exil in Deutschland kehrt Divko in seine Heimat zurück. Mit viel Geld in der Tasche, einem dicken Auto und einer blutjungen, bildhübschen Frau an seiner Seite, trifft er im Sommer 1991 in seinem kleinen Dorf in Herzegowina ein. Dort lebt seine Frau mit ihrem Sohn noch immer in ihrem einst gemeinsamen Haus. In diesem Haus möchte Divko sein neues Leben beginnen und wirft die beiden kurzerhand raus. Sohn Martin hatte jedoch nie Gelegenheit, seinen Vater kennen zu lernen und taucht trotz Warnungen seiner Mutter immer wieder bei diesem und seiner neuen Geliebten auf.
Der Junge versteht sich prächtig mit der feurigen Azra, die sein Vater in Deutschland kennenlernte, und führt sie durch ihre zukünftige Heimat. Seine Mutter missbilligt dies jedoch und ist mit der Situation der Rückkehr ihres Noch-Ehemannes überfordert. So entstehen viele zwischenmenschliche Spannungen, während sich auch politisch der Wind wieder zu drehen scheint, denn der Jugoslawienkrieg steht vor der Tür. Es scheint, als habe Divko nicht den allerbesten Zeitpunkt ausgewählt, in sein Land zurückzukehren…
Dienstag, 30. Oktober 2012, 17:00 Uhr
Mille mois – Alf Chahr
Regie: Faouzi Bensaïdi, Marokko 2003, OV/d/f, 124’
Mit «Mille Mois» realisiert Faouzi Bensaïdi einen ersten eigenen Spielfilm, in dem er die Geschichte eines Jungen erzählt, der in den 80er Jahren in Marokko vaterlos aufwachsen muss in einer von Männern geprägten Gesellschaft. Die Erwachsenen erzählen dem Jungen, dass sein Vater nach Frankreich gefahren sei, um dort zu arbeiten und Geld für die Familie zu verdienen. In Tat und Wahrheit wurde er an einer Manifestation verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Es ist faszinierend, wie Faouzi Bensaïdi diese Geschichte in starke Bilder umgesetzt hat, die auch sehr viel von der Innenwelt des Jungen erzählen, währenddem sie uns eine prächtige nordafrikanische Landschaft vor Augen führen. Er ist ein visueller Künstler, der seine Handlung in Tableaus entfaltet, die von maghrebinischer Schönheit sind. «Mille mois» ist auch ein wohltuend leiser Film, der uns den Alltag des Knaben vor Augen führt, seine selbständige Suche nach Werten und Halt, den kleinen Stolz, den er als Hüter von Lehrers Stuhl hat. Es ist die Geschichte eines Jungen, der in bleierner Zeit aufwächst und mit dieser Erfahrung in sein erwachsenes Leben wird einsteigen müssen. Mit Regisseur Faouzi Bensaïdi gibt es am Samstag um 16.15 ein Filmgespräch nach der Aufführung seines neuesten Films: «Death for Sale».
Dienstag, 30. Oktober 2012, 20:00 Uhr
Mare chiuso
Regie: Stefano Liberti, Andrea Segre, Italia 2012, diverse Sprachen/d, 60’
Zwischen Mai 2009 und September 2012 wurden mehr als 2000 afrikanische Migrantinnen und Migranten im Mittelmeer aufgegriffen und aufgrund des Abkommens zwischen Ghaddafi und Berlusconi von der italienischen Marine-Polizei zurück nach Libyen gebracht. Dies geschah systematisch, obwohl die zurückgeführten Menschen in Libyen zahlreichen Missbräuchen ausgesetzt waren. Im UNHCR-Flüchtlingslager Shousha in Tunesien haben die Journalisten Stefano Liberti und Andrea Segre afrikanische Flüchtlinge getroffen, die im Dokumentarfilm «Mare Chiuso» von ihrem Schicksal erzählen. Es sind Zeugnisse von grossem Schmerz, aber auch von Würde, mit Präzision rekonstruiert und festgehalten. Der Film beleuchtet eine politische Strategie Italiens, für welches das Land vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in einem historischen Prozess verurteilt wurde.
Dienstag, 30. Oktober 2012, 21:30 Uhr
The Woman in the Septic Tank
Regie: Marlon N. Rivera, Philippinen 2011, OV/d/f, 87’
Er habe nicht Armut thematisieren wollen, sagt Regisseur Marlon Rivera, sondern die Art, wie Armut auf den Philippinen im Kino dargestellt werde. Und dass die meisten philippinischen Filme, die ein internationales Publikum erreichten, immer nur von Armut handelten oder sie zumindest in einer bestimmten Weise darstellten, die unter dem Begriff des Weltkinos laufen.
Warum also damit nicht gleich die ganz grossen Preise abräumen, wenn schon all diese Filme am breiten Publikum in der Regel komplett vorbeigehen? Das ist der Plan der Protagonisten aus «The Woman in the Septic Tank», einem jungen Filmemacher, seinem Produzenten und der tagträumerischen Assistentin.
Laufend diskutieren sie ihr Drehbuch, welche kommerziellen Abwägungen es zu machen gilt und wie man am allerbesten einen Oscar gewinnen könne. Wir Zuschauer bekommen zahlreiche Varianten vorgeführt, welche Gestalt eben dieser geplante Film am Ende theoretisch annehmen würde. Vom tristen Realismusdrama in langen Einstellungen bis hin zum bunten Colorgrading-Musical ist alles vertreten. Die Idee des Films ist grossartig, und es verwundert nicht, dass er bei der Aufführung an der Berlinale ein enthusiastisches Publikum gewann, das sein Vergnügen mit schallendem Gelächter und Szenenapplaus ausdrückte.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 13:20 Uhr
Lionel
Regie: Mohammed Soudani, CH 2010, deutsch, 86’
Es ist eine ganz besondere Freundschaft: Ein kleiner afrikanischer Bub hilft einem mächtigen Löwen zurück in die Freiheit.
Lionel lebt in Locarno zusammen mit seiner Mutter und seinem Adoptivvater. In der Schweiz hat sich der Bub gut integriert und hat viele Freunde. Doch seine Wurzeln hat Lionel nie vergessen, genau so wenig wie die letzten Worte seines Grossvaters, der ihm kurz vor seinem Tod ein Geheimnis anvertraute.
So waren vor vielen Jahren Menschen und Löwen verbündete: Sie beschützen sich gegenseitig. Mit der Zeit aber vergass der Mensch den Pakt. Während eines Zoobesuches fühlt sich Lionel aber plötzlich zu einem Löwen im Käfig hingezogen. Dieser bittet Lionel, ihn zu befreien und zurück nach Afrika zu bringen. Der Bub ist fest entschlossen, zusammen mit seinen Schulkameraden sein Versprechen zu erfüllen.
«Lionel» ist für Kinder zwischen sieben und neun Jahren besonders gut geeignet. Regisseur Mohammed Soudani ist anwesend und wird sich den Fragen der Kinder stellen.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 15:45 Uhr
Yuki & Nina
Regie: Masamichi Sawada, Krisitan Larsein, Yui Sadai, Japan 2009, OV/d, 92’
Yuki und Nina sind neun Jahre alt und beste Freundinnen. Gerade planen sie, die Sommerferien zusammen zu verbringen, Yukis Mutter muss nur noch zustimmen.
Als Yukis Mutter ihrer Tochter mitteilt, dass die Eltern sich trennen werden und Yuki mit ihrer Mutter nach Japan ziehen soll, versuchen die beiden Freundinnen die Trennung zu verhindern. Sie überlegen, ob sie einen Liebestrank beschaffen können und schreiben einen Brief der "Liebesfee" an Yukis Mutter. Schliesslich beschliessen die Freundinnen, gemeinsam fortzulaufen und sich im Wald zu verstecken. Das japanisch-französische Regie-Duo erzählt auf Augenhöhe der Mädchen. In ruhigen Einstellungen und mit einem Gespür für die kleinen Gesten des Alltags schildert «Yuki & Nina» eine Welt, die von den Bewegungen der Erwachsenen zwar schwer erschüttert wird, aber über eine eigene Magie verfügt. Mitten im Abschiedskummer gelingt Yuki und Nina, was die Eltern nicht mehr können: Sie verlieren sich im Spiel, im Wald, im Traum.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 17:30 Uhr
18. Filmtage Nord/Süd zu Gast in Thusis:
Kurzfilme «global21 – für eine nachhaltige Welt»
Wiederum präsentiert die Filmstelle der Stiftung Bildung und Entwicklung ein Programm aus Kurz- und Dokumentarfilmen, die aktuelle Themen aufgreifen und speziell für Unterricht und Bildungsarbeit geeignet sind, aber auch ein breiteres Publikum begeistern können. In In diesem Jahr stehen Themen wie die Fussballproduktion in Pakistan oder die Folgen der Verschuldung von Entwicklungsländern im Zentrum. Wir begleiten ein ausgedientes T-Shirt vom Altkleidercontainer bis in ein Dorf in Tansania und erhalten Einblick in das Leben von Müllsammlerkindern in Argentinien. Im preisgekrönten Kinderspielfilm aus Kenia schliesslich muss ein Junge sieben Aufgaben lösen, um seinen Vater zu retten.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 17:40 Uhr
Die goldene Kugel – Fussbälle made in Pakistan
C. Krönes, F. Weigensamer, A/Pakistan 2010. Dokumentarfilm, 24’ (Kurzfassung), ab 14
In Sialkot in Pakistan werden fast drei Viertel aller handgenähten Fussbälle gefertigt. Der Film begegnet Menschen, für die der Ball nicht Ruhm und Reichtum, sondern schlicht das Überleben bedeutet. Die Ballindustrie ist für die Region lebenswichtig. Doch der Druck auf die Handarbeiter in Pakistan wächst. Billigbälle aus China werden immer besser… Der Film zeigt die Folgen der Globalisierung an einem ganz konkreten Beispiel.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 17:40 Uhr
Der Preis der Schulden (Le salaire de la dette)
Jean-Pierre Carlon, Frankreich 2010, Dokumentarfilm, 31’ (Kurzfassung), ab 10
Der afrikanische Kontinent leidet unter seiner Schuldenlast, die Folge sind Armut und soziale Ungleichheit. Der Film thematisiert die komplexen Zusammenhänge am Beispiel der demokratischen Republik Kongo. Er besteht aus zahlreichen Interviews. Eine zentrale Rolle hat der kongolesische NGO-Vertreter Victor Nzuzi, der mit seiner bildhaften Sprache die Folgen dieses im Verborgenen wirkenden Wirtschaftskolonialismus deutlich macht.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 18:40 Uhr
Mitumba – Second Hand Kleider auf Reisen
Raffaele Brunetti, Italien/D 2005, Dokumentarfilm, 33’ (Kurzfassung), ab 14
Der Film begleitet ein ausgedientes Fussball-Trikot auf seinem Weg von Hamburg bis in ein Dorf in Tansania. Was als Spende in einem Altkleidercontainer begann, geht durch viele Hände, wird nach Farbe und Qualität sortiert, verkauft, transportiert, in Ballen verschnürt, weiterverkauft, verschifft, auf dem Markt versteigert und schliesslich mit Bus und Buschtaxi an den Ort seiner zweiten Existenz gebracht.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 18:40 Uhr
Marlen, la cartonera
Maria Goinda, D/Argentinien 2010, Dokumentarfilm, 28’ (Kurzfassung), ab 12
Die 8jährige Marlen, ihr Bruder Roberto, ihre Schwester Tamara und deren Freund Polaco wohnen in einem Vorstadt-Slum von Buenos Aires. Für ihre Arbeit als Müllsammler fahren sie mit dem Zug in die Innenstadt. Den ganzen Tag hindurch sind sie auf der Suche nach Karton, Papier oder Plastikflaschen. Der Film begleitet sie an einem Tag von früh morgens bis spät in die Nacht – bis sie der Müllsammlerzug zurück nach Hause fährt.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 19:55 Uhr
Soul Boy
Hawa Essuman, D/Kenia 2010, Spielfilm, 60’, ab 12
Für den 14jährigen Abila beginnt eine abenteuerliche Reise durch den heimatlichen Slum Kibera in Nairobi, denn seinem Vater wurde «von einer Hexe die Seele geraubt». Abila muss seinen ganzen Mut und viel Tatkraft aufbringen und sieben Aufgaben lösen, um seinen Vater zu retten. Der kenianische Film wurde aus afrikanischer Erzählperspektive und mit Nachwuchsfilmern in den Slums von Nairobi gedreht und mit dem Publikumspreis am International Film Festival Göteborg 2010 ausgezeichnet.
Mittwoch, 31. Oktober 2012, 21:20 Uhr
I Wish
Regie: Hirokazu Kore-Eda, Japan 2011, OV/d/f, 128’
In Japan, auf der Insel Kyushu, werden zwei Brüder nach der Scheidung ihrer Eltern getrennt. Der 12 Jahre alte Koichi zieht mit seiner Mutter zu seinen Grosseltern in den Süden der Insel. Sein kleiner Bruder Ryunosuke ist bei seinem Vater, im Norden der Insel geblieben. Koichi wünscht sich über alles, dass seine Familie wieder vereint ist. Als ein neuer Hochgeschwindigkeitszug endlich die beiden Regionen verbindet, organisieren Koichi und sein kleiner Bruder heimlich eine Reise mit ein paar Freunden. Diese führt bis zum Kreuzungspunkt der Züge, wo ein Wunder, sagen wir, geschehen könnte.
Donnerstag, 1. November 2012, 10:00 Uhr
Cinema Jenin
Regie: Marcus Vetter, Israel/D 2012, OV/d, 100’
In den Sechzigerjahren erbaut, avancierte das "Cinema Jenin" schon bald zum wichtigsten Lichtspielhaus Palästinas. 27 Jahre später musste es aufgrund des ersten palästinensischen Aufstandes gegen Israel geschlossen werden. Regisseur Marcus Vetter initiierte im Jahr 2010 die Wiedereröffnung des Kinos, das sich inzwischen zu einem neuen Kulturzentrum entwickelt hat. Die Dokumentation hält den Wiederaufbau des «Cinema Jenin» von der Idee bis zur Verwirklichung fest. Die Idee zur Wiedereröffnung des Kinos entstand 2008 bei den Dreharbeiten zu Vetters Film «Das Herz von Jenin» (Weltfilmtage 2009), der u.a. mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Der Regisseur zog dazu den Protagonisten des Vorgängerfilms, Ismail Khatib, hinzu, der ihm vor Ort mit Rat und Tat zur Seite stand. Das ehrgeizige Projekt wurde ein voller Erfolg: Mit zahlreichen freiwilligen Helfern entstand ein Ort frei von Gewalt und Terror. Die Dokumentation transportiert ein Gefühl von Freiheit und Normalität, das im Zusammenhang mit Jenin schon lange auf der Strecke geblieben ist.
Donnerstag, 1. November 2012, 12:30 Uhr
Vivan las antipodas
Regie: Victor Kossakowsky, Chile/Argentinien/NL/D 2011, OV/d, 108’
Zwei Brüder arbeiten an einer Brücke im Niemandsland in Argentinien, eine Aufgabe, die sie von ihrem Vater geerbt haben. Während ihre Brücke von nur wenigen Autos genutzt wird, herrscht auf der genau gegenüberliegenden Seite der Erde, der Antipode, mehr als reger Betrieb. In der Metropole Shanghai drängen sich Fahrräder, Mopeds und Autos auf eine Fähre. Ein Stück neuseeländischer Küste mit gestrandetem Wal, ein Vulkangebiet auf Hawaii, kaum bewohnte Gebiete in Spanien, Botswana, Chile und am Baikalsee sind ebenfalls Antipoden zueinander. Die für den Europäischen Filmpreis nominierte Doku ist ein Fest fürs Auge. Der russische Regisseur und Kameramann Victor Kossakowski setzt urtümliche Landschaften ins Zentrum, ihre Bewohner, oft skurrile Einsiedler, und ihr Alltag sind eher Beiwerk, sorgen für Humor. Die Übergänge zwischen den Orten sind assoziativ, manchmal begleitet vom selben Musikstück.
Donnerstag, 1. November 2012, 14:30 Uhr
Carte blanche
Regie: Heidi Specogna, CH/D 2011, OV/d/f, 91'
?Sie tragen weder Uniform noch Waffen, dafür Laptops, Videokameras und Tonbandgeräte. Sie tragen in mühsamster Kleinarbeit die Fakten für die Anklageschriften zu einigen der schwersten Verbrechen unserer Zeit zusammen: verübt in Darfur, Uganda, der Demokratischen Republik Kongo und in der Zentralafrikanischen Republik – die Ermittler des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.
«Carte blanche» ist ein Film der Kontraste. Hier der Angeklagte, beschuldigt des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, dort die Opfer dieser Verbrechen. Hier die kühle Architektur des Gerichtsgebäudes in Den Haag, dort die Ärmlichkeit der Lehmhütten in Zentralafrika. Hier die organisierte Langmut juristischer Verfahren, dort der Schrei des Mädchens, dessen Beinwunde nicht heilen will.
Zwischen diesen Polen verfolgt der Film, wie die Mitarbeiter des Gerichts arbeiten, um diese Verbrechen nachzuweisen. Dabei verfolgt er selbst eine Strategie, die jener des Gerichts gleicht: Er setzt auf Augenzeugenschaft und Beweissicherung.
Donnerstag, 1. November 2012, 16:15 Uhr
Treeless Mountain
Regie: So Yong Kim, USA/Republik Korea 2008, OV/d, 89’
Die sechsjährige Jin und ihre kleine Schwester Bin haben eine überforderte, alleinerziehende Mutter. Eines Tages lässt sie das kleine Apartment in Seoul räumen und bringt ihre Töchter zu deren Tante, die auf dem Land lebt. Die Mutter verschwindet, angeblich nur vorübergehend, um den Vater in Amerika zu suchen. Die Tante trinkt und überlässt die Mädchen sich selbst. Jin und Bin fangen Grashüpfer und grillen und verkaufen sie, im anrührenden, aber ernsthaften Versuch, sich in einer gar nicht kindgerechten Welt zurechtzufinden. Von ihrer eigenen Kindheitsgeschichte inspiriert, erzählt So Yong Kim in diesem Film vom Verrat an familiärer Geborgenheit. Gänzlich unsentimental gelingt es ihr mit Bildern mehr als mit Worten eine Welt zu erschaffen, in der die Zuschauer Zeuge eines Verbrechens werden. Obwohl niemand Gewalt ausübt – die Kinder sind nur einfach nicht mehr gewollt. Inmitten einer zu schnell industrialisierten Gesellschaft scheint die Sonne auf Wiesen voller Pampasgras zwischen den Baustellen, und das Prinzessinnenkleid der kleinen Bin tropft an der Wäscheleine. Mit einer seltsamen Wucht erlebt man, wie Kinder durch die Lügen der Erwachsenen aus ihrem Paradies vertrieben werden können.
Donnerstag, 1. November 2012, 18:00 Uhr
Taste the Waste
Regie: Valentin Thurn, D 2011, /OV/D/d, 91’
Es klingt fast unglaublich und ist doch traurige Realität: Nahezu 50 Prozent aller Lebensmittel werden weggeworfen – ob durch den Verbraucher oder schon vorher durch die Industrie selbst. Niemandem gefällt diese Wahrheit, und doch machen alle mit. Warum? Die Dokumentation sucht nach Antworten und befragt Akteure wie die Abfallwirtschaft, Supermarkt-Direktoren, Bauern oder Köche rund um den Globus. Gleichzeitig werden Alternativen zu verschwenderischem Verhalten sowie Möglichkeiten grösserer Wertschätzung aufgezeigt.
So alarmierend die weltweite Verschwendung von Lebensmitteln auch ist, macht die Dokumentation von Valentin Thurn doch auch Hoffnung auf Veränderung, versetzt den Zuschauer geradezu in Aufbruchstimmung. Ja, es gibt bereits kreative Vorbilder auf dieser Erde, von denen wir lernen können: Ob nun ein Supermarkt-Direktor, der seine Kunden zum Kauf klimafreundlicherer Produkte animiert, oder einer Forscherin, die in Eigeninitiative Aufklärungsarbeit bei Haushalten leistet, sie alle zeigen, dass etwas bewegt werden kann. Also: handeln statt jammern. Diese Aufführung wird vom Claro Laden Thusis gesponsort.
Donnerstag, 1. November 2012, 19:40 Uhr
El último aplauso
Regie: German Kral, Argentinien/Japan/D 2008, OV/d/f, 90’
In Pompeya, einem Viertel von Buenos Aires, lag die Tangobar "Bar El Chino", die landesweit für ihre melancholischen Sänger berühmt war. Heute sind die Barden gealtert und vergessen, ihr Ruhm Vergangenheit. Als der Besitzer 2001 unter mysteriösen Umständen starb, ruinierte seine Witwe den lebensfrohen Ort binnen Wochen. Die Sänger müssen seit der Wirtschaftskrise ums Überleben kämpfen. Sie träumen davon, noch einmal vor ihrem Publikum zu singen.
Bewegende und musikalisch famose Dokumentation über die Solisten der berühmtesten Tangobar Argentiniens. 30 Jahre lang sangen sie über Liebe, Trauer und ihre Stadt, bis sie entlassen wurden. German Kral versteht es, ihre Sehnsüchte mit einem klasse Soundtrack zu verbinden.
Donnerstag, 1. November 2012, 21:20 Uhr
Yossi – Ha-Sippur Shel Yossi
Regie: Eytan Fox, Israel 2012, OV/d/f, 84’
Yossi Hoffman ist ein angesehener und engagierter Kardiologe, der durch seinen unerbittlichen Einsatz für seine Arbeit versucht, einem tragischen Ereignis in seiner Vergangenheit zu entfliehen. Seit dem Tod seines Liebhabers Jagger (Yossi & Jagger) lebt er allein und zurückgezogen. Als der Chefarzt ihm nahelegt, eine Auszeit zu nehmen, reist Yossi in die südliche Stadt Eilat. Umgeben von Meer und Sanddünen trifft er eine Gruppe junger israelischer Offiziere. Einer von ihnen ist Tom, ein gutaussehender, selbstsicherer und lebenslustiger Mann, der seine Homosexualität offen lebt. Die Begegnung mit Tom ermöglicht Yossi aus seiner selbstgewählten Isolation herauszufinden und in eine neue Welt einzutauchen – eine Welt, die ganz anders ist, als alles, was Yossi bis jetzt geprägt hat. «Yossi» – Ha-Sippur Shel Yossi ist der Nachfolgfilm von «Yossy und Jagger» (2002)
Donnerstag, 1. November 2012, 22:50 Uhr
Le cochon de Gaza
Regie: Silvain Estibal, F/D/Be 2011, OV/d, 99’
Der Gazastreifen und Komödie, das passt zusammen wie Feuer und Wasser. Doch diese ungewohnte Kombination funktioniert, weil es der französische Schriftsteller und Journalist Sylvain Estibal unbekümmert und ohne Sympathie nur für die eine oder andere Seite angeht und das brisante Thema beherzt und ohne erhobenen Zeigefinger aufgreift, sondern witzig und mit immenser Menschlichkeit.
Einem vom Pech verfolgten Fischer Jaffar vom Gazastreifen gerät ein schwarzes Schwein ins Netz. Damit gehen die Probleme los. Borstenvieh gilt bei Moslems und Juden als unrein. Der Verkauf des lästigen Tieres an einen UN-Beamten oder der Todesschuss mit der Kalaschnikov misslingen. Und die Israelis wollen nur das Sperma zu künstlichen Befruchtung. Als die Islamisten Wind von der Sache kriegen, zwingen sie den armen Mann samt quiekender Begleitung zu einer tödlichen Mission. Der Film lebt von den Absurditäten auf beiden Seiten. Passend dazu wird das Schwein zur Friedenstaube. Da halten die Israelis das unreine Borstenvieh zum Aufspüren von Sprengstoff, damit es den heiligen Boden nicht berührt, wird es auf Brettern gehalten oder kriegt auch schon mal Socken angezogen. Der auf dem Dach stationierte israelische Soldat guckt genauso gerne Telenovelas wie Jaffars Frau, darüber entspinnt sich sogar ein Gespräch. Die Ähnlichkeiten zwischen den verfeindeten Gruppen sind grösser als die Unterschiede.
Freitag, 2. November 2012, 09:30 Uhr
Out of Darkness
Regie: Stefano Levi, D 2011, OV/d, 81’
Der nepalesische Augenarzt Dr. Sanduk Ruit reist quer durchs Land, um vor allem in abgelegenen Gebieten und Bergdörfern die Menschen von Augenkrankheiten wie dem Grauen Star zu heilen, die sonst zur totalen Erblindung führen würden. Ein Leben in Dunkelheit bedeutet für die Betroffenen unter den Lebensumständen, in den Bambushäusern inmitten der rauen Natur, eine persönliche Katastrophe. Mit einem verhältnismässig kleinen Eingriff kann die Krankheit vermieden werden, doch dafür bedarf es der medizinischen Ausrüstung und der beschwerlichen Anreise eines Arztes. Filmemacher Stefano Levi hat den Arzt auf seiner nicht nur körperlich anspruchsvollen Reise in die abgelegene Berglandschaft begleitet, bei bis zu viertägigen Fussmärschen über unebenes Terrain mit der gesamten medizinischen Ausrüstung, um dort Hausbesuche abzuhalten, die in unserer fortschrittlichen Welt eine Selbstverständlichkeit sind. Ein bewegender Film über einen Arzt, geleitet von bedingungsloser Caritas, der gleichzeitig auf eine vermeidbare Krankheit aufmerksam macht.
Freitag, 2. November 2012, 11:00 Uhr
Traumfabrik Kabul
Regie: Sebastian Heidinger, Afghanistan/D 2011, OV/d, 83’
Sebastian Heidingers Dokumentarfilm begleitet Saba Sahar – die erste Frau, die in Afghanistan eine offizielle Zulassung als Filmproduzentin erhielt. Die zielstrebige, junge Frau ist ausserdem Polizistin und Schauspielerin. Konsequent verfolgt sie ihr Anliegen, die Rolle der Frau in einem von Männern dominierten Land durch ihre aufklärerischen und zugleich unterhaltsamen Filme zu verbessern. Dabei wechseln sich dokumentarische Szenen mit Spielszenen aus Sahars Filmen ab. Mit einfachsten Mitteln und unter schwierigsten Bedingungen inszeniert, konterkarieren sie den Titel des Films: die Traumfabrik. Kein illusionistischer, sondern vielmehr ein idealistischer Traum ist es, den Sahar mit aller Verbissenheit und Konzentration verfolgt. Die stets zurückhaltende, nie intervenierende Kamera konzentriert sich in erster Linie auf Sahar und dokumentiert ihr Leben in einer kruden Alltagswirklichkeit sowie ihren Traum von Selbstbestimmung. Beiläufig entstehen dabei Bilder eines kargen, vom Krieg zerrütteten Landes, die sich (un-)angenehm von den allseits aus den Medien bekannten Bildern aus Afghanistan abheben. «Traumfabrik Kabul» ist ein sehr persönliches Porträt einer mutigen, unermüdlichen Frau und ein wichtiges kulturelles Zeitdokument.
Freitag, 2. November 2012, 12:45 Uhr
Der Müll im Garten Eden
Regie: Fatih Akin, D 2012, OV/d/f, 75’
Çamburnu ist ein kleines Bergdorf im Nordosten der Türkei. Eigentlich wäre es ein idyllisches Plätzchen Erde – wäre da nicht die Mülldeponie, die 2007 in unmittelbarer Nähe des Dorfes gebaut worden ist. Sie wurde errichtet, um das Schwarze Meer, in das früher der Müll einfach hineingekippt wurde, sauberer zu machen. Doch die neue Anlage entspricht in keiner Weise modernen Sicherheits- und Hygienestandards. So sind zum Beispiel keinerlei Vorkehrungen für den Fall starker Regenfälle getroffen worden – und dies in einer Region, in der diese durchaus häufig vorkommen. Im Dorf macht sich schon bald ein bestialischer Gestank breit, so dass die Bewohner kaum noch ihr Haus verlassen können. Auch auf die Qualität des geernteten Tees – des wichtigsten lokalen Exportproduktes – hat der Abfall verheerende Auswirkungen, und das Grundwasser droht verschmutzt zu werden. Obwohl sich die Bevölkerung, allen voran Bürgermeister Hüseyin Alioglu, seit Jahren gegen die Abfallberge zur Wehr setzt, wird sie von den Behörden konsequent abgeschmettert. Doch die Situation für Mensch und Umwelt spitzt sich zu.
Freitag, 2. November 2012, 14:15 Uhr
Weiterleben
Regie: Hans Haldimann, CH 2011, div/d/f, 92’
Alle haben sie für Freiheit gekämpft – und alle mussten dafür einen hohen Preis bezahlen. Ali Biçer kämpfte friedlich für die Freiheit der Kurden in der Türkei. Mit 21 Jahren wurde er verhaftet und verbrachte danach die nächsten 15 Jahre seines Lebens hinter Gitter. Folterungen waren während dieser Zeit keine Seltenheit. Die Tibeterin Phuntsog Nyidron erleidet ein ähnliches Schicksal: Als sie mit anderen Nonnen die Freiheit Tibets propagierte, wurde sie von chinesischen Soldaten geschnappt und verbrachte 17 Jahre im Gefängnis.
Ebenfalls nicht leicht hatten es Rose Catherine Karrer-Nzayamo und Jorge Molina. Während die Kongolesin tagelang von Schergen des Diktators Mobutu verprügelt wurde und deshalb ihre Nieren heute nicht mehr funktionieren, wurde der Chilene nach dem Putsch von General Pinochet 1973 mit Folter konfrontiert. Alle vier leben heute in der Schweiz und erzählen von ihren schrecklichen Erlebnissen, die sie erleiden mussten, weil sie sich eigentlich nur für eine bessere Welt für sich und ihre Mitmenschen einsetzten. Anschliessend findet ein Filmgespräch mit Hans Haldimann statt, Moderation Thomas Krempke
Freitag, 2. November 2012, 17:15 Uhr
Isda – Fable of the Fish
Regie: Adolfo Borinaga Alix Jr, Philippinen 2011, OV/d/f, 85’
Miguel und Lina – ein verarmtes, kinderloses Paar – ziehen vom Land nach Manila, in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen. Doch die Hauptstadt hat nicht auf Neuankömmlinge gewartet. In einer Müllhalde fristen sie ihr Dasein, als Lina plötzlich schwanger wird. Ihre Geburt wird zur Sensation: Sie gebärt einen Fisch. Isda erzählt die Geschichte eines Wunders, das die Menschen letztlich überfordert. In einer aussergewöhnlichen Mischung von magischem Realismus und dokumentarischer Genauigkeit schildert der Film den Alltag der Ärmsten in Manila. Isda ist eine moderne Fabel von Glaube, Liebe und Hoffnung. Christliche Werte und universale Themen menschlicher Existenz verbinden sich in diesem berührenden Film mit urbanen Mythen und Elementen philippinischer Volksmärchen.
Freitag, 2. November 2012, 18:45 Uhr
Hunger – genug ist nicht genug
Regie: Christian Neu, CH 2011, Div/d/f, 76’
Hunger, eines der schwerwiegendsten und komplexesten Probleme unserer Zeit. Laut der FAO (Food and Agricultur Organization) könnten heutzutage 12 Milliarden Menschen ernährt werden. Trotzdem leiden weltweit eine Milliarde Menschen an chronischem Hunger. Wie ist das erklärbar?
David Syz ist ehemaliger Schweizer Staatssekretär für Wirtschaft und war mitverantwortlich für die internationale Entwicklungspolitik. Auf einer Expedition durch drei Kontinente sucht er als Dokumentarfilmer nach Antworten.
Welchen Einfluss haben Subventionen in den reichen Agrarstaaten? Welche Rolle spielen Spekulanten an der Börse? Wie weit gehen die politische Verantwortung der internationalen Gemeinschaft und die jedes einzelnen Landes, um den Hunger zu bekämpfen? Haben die armen Länder eine Chance zur Selbstversorgung? Und wie sieht der tagtägliche Kampf gegen Hunger von afrikanischen Bauern aus?
«Hunger – genug ist nicht genug» ist eine weltweite Spurensuche nach Zusammenhängen und Lösungen. Und diese liegen gar nicht so weit entfernt. Vor der Aufführung wird David Syz die Weltfilmtage eröffnen und anschliessend an einem Filmgespräch teilnehmen.
Freitag, 2. November 2012, 21:45 Uhr
WWW – What a Wonderful World
Regie: Faouzi Bensaïdi, Marokko 2006, OV/d, 99’
Casablanca ist nicht nur ein legendärer Film aus Hollywood, es ist auch eine real existierende Stadt voller Kontraste, modern und archaisch in einem. Hier lebt Kamel als Auftragskiller in einer Art Einzimmer-Penthouse. Die Aufträge erhält er übers Internet, cool führt er sie aus. Nach jedem ausgeführten Auftrag ruft er Souad an, eine Gelegenheitsprostituierte, mit der er anschliessend ins Bett steigt. Wirklich den Kopf verdreht ihm aber Kenza, die an einer der am stärksten frequentierten Kreuzungen in Casablanca den Verkehr regelt oder besser: dirigiert, so, als würde sie ein Symphonieorchester leiten. Zunächst kennt Kamel nur Kenzas Stimme, aber er wird nicht locker lassen, bis er den Körper dazu gefunden hat. Der professionelle Hacker Hicham, der davon träumt, sich nach Europa abzusetzen, mischt sich übers Internet in die Kontakte von Kamel ein – und das schafft diesem Probleme. «WWW – What a Wonderful World» ist ein durch und durch moderner Film, burlesk im Spiel, schräg in der Bildkomposition, witzig und kühn. Mit Nezha Rahil und Faouzi Bensaïdi, einem grossartigen Liebespaar.
Freitag, 2. November 2012, 23:30 Uhr
Et maintenant, on va ou?
Regie: Nadine Labaki, Libanon/Ägypten/F/I 2011, OV/d/f, 110'
?Ein Hauch von arabischem Frühling als Feelgood-Movie ganz ohne Strassenschlachten und abgesetzte Diktatoren in einem staubigen Bergdorf im Nirgendwo. Dieses augenzwinkernde Kunststück gelingt Nadine Labaki in ihrem zweiten Spielfilm nach «Caramel».
Obgleich die Menschen harmonisch zusammenleben, kann der Konflikt zwischen Christen und Moslems in einem unbenannten Land wegen einer Nichtigkeit jeden Moment wieder aufbrechen. Als in der Region die Spannungen zwischen den Religionsgruppen wachsen, sind die Männer des Dorfs zu neuen gewalttätigen Auseinandersetzungen bereit. Die Frauen hingegen versuchen mit unorthodoxen Methoden, ein neues Blutvergiessen zu verhindern, und streuen statt Zimt und Koriander auch schon mal Haschisch und Schlafmittel ins Essen
Samstag, 3. November 2012, 09:00 Uhr
Balkan Melodie
Regie: Stefan Schwietert, CH 2011, OV/d/f, 92’
Vor über 50 Jahren reisten Marcel und Catherine Cellier das erste Mal hinter den Eisernen Vorhang und sammelten während Jahren die beste Musik Osteuropas. So verhalfen sie dem rumänischen Panflötenvirtuosen Gheorghe Zamfir und dem legendären bulgarischen Frauenchor «Le Mystère des Voix Bulgares» zu Weltruhm. Auf den Spuren der Celliers findet der Film nicht nur die Protagonisten von damals wieder, sondern er macht sich auch auf, neue musikalische Schätze zu entdecken. Ein sinnliches Stück Zeitgeschichte, das von der Veränderung der Menschen und ihrer Umgebung erzählt.
Regisseur Stefan Schwietert, der spätestens seit «A Tickle in the Heart» ein Experte für fremde, und seit «Das Alphorn» auch einer für einheimische Musikkulturen ist, hat «Balkan Melodie» als mehrschichtige Spurensuche angelegt. Dabei kommt er mit viel Archivmaterial, Filmausschnitten, privatem Super-8-Material von Cellier, Radiosendungen auch immer wieder auf die politische Situation während des Kalten Krieges zu sprechen. Der Film versucht hier aufzuzeigen, welche Rolle die staatlich geförderte Volksmusik in den kommunistischen Ländern hatte, und er zeigt andererseits auch, wie sich die total veränderte Situation dort heute präsentiert.
Samstag, 3. November 2012, 10:40 Uhr
Never Too Late
Regie: Ido Fluk, Israel 2011, OV/d/f, 93’
Der junge Hertzel kehrt nach Jahren im Ausland abgebrannt nach Israel zurück und heuert als Plakatierer an. Mit dem alten Volvo seines verstorbenen Vaters tourt er durchs Land und trifft auf Gestrandete, Verlorene, Suchende – bis ihn seine Reise mit sich selbst und mit offenen Fragen aus der Vergangenheit konfrontiert.
Entstanden ist ein Roadmovie, das von Menschen erzählt, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. «Never too Late» ermöglicht einen erhellenden Einblick in die Befindlichkeiten der israelischen Gesellschaft und ein Eintauchen in Landschaften, wie sie selten zu sehen sind. Bei der Entgegennahme des „Regard d’or“ dieses Jahr am Filmfestival von Fribourg betonte Ido Fluk, sein Film sei alles andere als politisch, sondern zeige die Realität eines anderen Israel. Ein grosser Teil der Bevölkerung sei wie er: Man wünsche sich den Rückzug aus den besetzten Gebieten und wolle Frieden.
Samstag, 3. November 2012, 12:20 Uhr
11 Flowers
Regie: Wang Xiaoshuai, China/F 2011, OV/d/f, 110’
China im Jahre 1975: Die Kulturrevolution neigt sich dem Ende zu, aber der 11-jährige Wang Han ist weniger am Klassenkampf interessiert, als an einem neuen Hemd. Er soll nämlich die morgendliche Turnstunde seiner Schule anleiten und dabei möchte er so gut wie möglich aussehen. Als sein Wunsch in Erfüllung geht und er endlich das schwierig zu beschaffende Kleidungsstück in den Händen hält, weiss er noch nicht, dass es ihn gradewegs in die Arme eines flüchtigen Mörders führen wird. «11 Flowers» ist der erste Film, der im Rahmen des 2010 unterzeichneten chinesisch-französischen Koproduktionsabkommen gezeigt wird, sowie um die erste chinesische Koproduktion mit einem anderen Land.
Samstag, 3. November 2012, 14:30 Uhr
Death for Sale
Regie: Faouzi Bensaïdi, Marokko 2011, OV/d/f, 117’
In einer korrupten Gesellschaft versuchen drei Freunde ihre Loyalität zueinander zu bewahren. Die jungen Männer leben in Tétouan, einer verarmten marokkanischen Stadt. Soufiane, der Jüngste, füllt die Tage mit Diebereien. Allal, der Älteste, will sich im Drogenschmuggel behaupten. Malik verliebt sich in Dounia, die als Prostituierte in einem Nachtclub arbeitet. Die drei trennen sich, um ihre eigenen Wege in ein unabhängiges Leben zu finden. Aber schnell sehen sie ihre mögliche Zukunft in einem Strudel aus Gewalt, Gier, Eifersucht und Verrat untergehen. Der gemeinsame Überfall auf ein Juweliergeschäft wird für sie zum letzten Ausweg.
Faouzi Bensaïdi lässt den Energien seiner ungezwungenen jungen Hauptdarsteller viel Raum. Er verzaubert mit lakonischen und zugleich wuchtigen Kinobildern. Sie zeigen, wie ihre jeweiligen Glücksentwürfe die Freunde voneinander isolieren. Doch unter den permanent bleiernen Stadtwolken erhalten sie schliesslich wieder genügend Luft, um einander mit Grosszügigkeit und Vertrauen zu begegnen. Anschliessend findet ein Filmgespräch mit Faouzi Bensaïdi statt, Moderation Christine Stemmermann
Samstag, 3. November 2012, 17:45 Uhr
The Green Wave
Regie: Ali Smadi Ahadi, D 2010, Farsi/D/d/f, 89’
Eindringlicher geht es nicht: «The Green Wave» schildert den demokratischen Widerstand in Iran im Sommer 2009 – und dessen Niederschlagung. Dass sich Regisseur Ali Samadi Ahadi dabei neben realen Bildern auch animierter Comics bedient, macht die Darstellung umso realistischer.
Erzählt wird die Geschichte zweier fiktiver Teilnehmer an den Demonstrationen vom Sommer 2009, angefangen mit der Mobilisierung zur Präsidentschaftswahl, als die Menschen in Iran die grosse Hoffnung hatten, den fanatischen Präsidenten Ahmadinedschad mit Stimmzetteln aus dem Amt jagen zu können. Der Film zeigt, wie die Hoffnung in Wut umschlägt, als Ahmadinedschad gegen jede Erwartung wieder zum Präsidenten erklärt wird, zeigt die Tage des Zorns und der wiederum grimmigen Hoffnung, dass der Protest ihn vertreiben könnte. Und er zeigt, wie der Widerstand gebrochen wurde. Die Entscheidung, die zahlreich vorhandenen Augenzeugenberichte und Blogeinträge von Teilnehmern an den Protesten, von Opfern der Polizeigewalt zur Grundlage einer Collage zu machen, verleiht "Green Wave" eine Eindringlichkeit, die anders kaum zu erreichen gewesen wäre. Manchmal kann das Kino eine grosse politische Kraft entwickeln: Wenn ein Film bewusst nicht im Realismus stecken bleibt, die Darstellung der Wirklichkeit dabei aber umso wahrhaftiger wirkt. «The Green Wave». ist so ein Film.
Samstag, 3. November 2012, 19:30 Uhr
La guerre est finie
Regie: Mitko Panov, Mazedonien/CH 2010, OV/d, 106’
Ein Kriegsfilm ohne Krieg, ein Flüchtlingsfilm ohne Flüchtlinge: Mit «La guerre est finie» schafft der in der Schweiz lebende Mazedonier Mitko Panov etwas, das bisher noch kaum ein Spielfilm in der Schweiz geleistet hat: Er bringt uns die Menschen näher, die täglich unter uns sind, deren Schicksal wir allenfalls erahnen, aber nicht wirklich erfassen. Das wirkt nie plakativ, aber immer mit kräftigen Strichen sehr einfach und emotional nachvollziehbar gezeichnet. Der Film bringt es sogar fertig, Heimatliebe ohne Nationalismus zu vermitteln. Die Rahmanis und ihre drei Kinder flüchteten 1999 während des Kosovokrieges in die Schweiz. Nach Jahren in ihrem neuen Heimatland sehen sie sich plötzlich mit der Zwangsausweisung konfrontiert. Im verzweifelten Wunsch bleiben zu können, versucht der Familienvater, der ehemalige Musiklehrer Rasim, einen albanische Tanzclub auf die Beine zu stellen, um unterstützende Unterschriften zu sammeln. Der Film wechselt immer wieder die Zeitebenen und zeigt so, wie sich der liebevolle Lehrer und Vater in einen verängstigten, verzweifelten und entwurzelten Flüchtling verwandelt.
Samstag, 3. November 2012, 21:30 Uhr
Sing your song
Regie: Susanne Rostock, USA 2010, E/d, 98’
Harry Belafonte ist Sänger, Schauspieler seit 70 Jahren im Showbusiness. Dass er aber auch politischer Aktivist war und ist, ist hierzulande weniger bekannt. Auf seinen Beruf angesprochen, antwortet Belafonte mit "Schauspieler", zumindest wenn er zum Vergleich die Sänger seiner aktiven Zeit heranzieht. Der beste Beweis für sein Schauspielerdasein sei die grosse Anzahl der Menschen, die ihn für einen Sänger hielten, sagt er. Die Kunst des 1927 in New York zur Welt gekommenen Entertainers wird durch ein lässiges Understatement und überschwängliche Freundlichkeit gekennzeichnet. Aufgrund der Diskriminierung von Afroamerikanern in den USA der 50er und 60er Jahre und seiner Freundschafft zu Bürgerrechtler Martin Luther King und linken Intellektuellen, begann auch Belafonte sich politisch zu engagieren. So wurde er neben seiner künstlerischen Tätigkeit zu einem der populärsten Propagandisten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, und auf diesen politischen Aspekt legt der Film sein Hauptgewicht.
Samstag, 3. November 2012, 23:20 Uhr
Shanghai, 89 Shimen Lu
Regie: Haolun Shu, China 2011, OV/d/f, 85’
Shanghai ist die Boomtown Chinas, atemberaubend in mancherlei Hinsicht. Regisseur Haolun Shu nähert sich der Stadt und ihrer Entwicklung von innen heraus, indem er in seinem Spielfilm die Geschichte von Xiaoli erzählt, der in den späten 1980er Jahren an der Shimen Strasse in Shanghai aufwächst. Es ist diese Welt im Kleinen, deren Wandel der Junge mit seiner Fotokamera festhält. Die Mutter lebt in den USA, und so sind sein Grossvater sowie seine Nachbarin und beste Freundin Lanmi die wichtigsten Bezugspersonen. Lanmi arbeitet in einer Fabrik, träumt von einem besseren Leben im Ausland und gerät auf Abwege. Mit der Klassenkameradin Lili entdeckt Xiaoli das Leben ausserhalb seiner Strasse, die Studentenunruhen in Beijing und das sich wandelnde China, das sich westlichen Lebensformen öffnet. Ein berührender Film über den Wandel in China, das Erwachsenwerden und die Träume junger Menschen, wie wir sie überall auf der Welt erleben. In China besonders intensiv und rasend schnell.
Sonntag, 4. November 2012, 09:00 Uhr
Forbidden Voices
Regie: Barbara Miller, CH 2012, OV/d, 97’
Das "Time Magazine" zählt sie zu den einflussreichsten politischen Stimmen der Welt. Basierend auf ihren bewegenden Zeugnissen und klandestinen Aufnahmen ist «Forbidden Voices» eine Hommage an ihren mutigen Kampf: Der Film erzählt von drei Bloggerinnen in Kuba, Iran und China, die unter Lebensgefahr arbeiten. Yoani Sánchez, Farnaz Seifi und Zeng Jinyan lassen sich von ihren diktatorischen Regimen nicht einschüchtern. Die jungen Frauen repräsentieren eine vernetzte Generation moderner Widerstandskämpferinnen, die mit ihren Blogs, mit Facebook, Youtube und Twitter das staatliche Informationsmonopol ihrer Länder ins Wanken bringen.
Vor der Eröffnung ihrer Blogs führten die drei Frauen aus den unterschiedlichsten Kulturen und politischen Brennpunkten ein ganz normales Leben. Erst durch ihre Äusserungen im Internet wurden sie zur Bedrohung für die Machthaber ihrer Länder.
Die Schweizer Dokumentaristin Barbara Miller begleitet die modernen Rebellinnen auf ihrer entbehrungsreichen und gefährlichen Reise und zeigt, wie sie mit Hilfe der neuen sozialen Medien die Missstände in ihren Ländern anprangern, dabei politischen Druck aufbauen und weltweit Resonanz auslösen. Anschliessend findet ein Filmgespräch mit Farnaz Seifi statt, Moderation Helena Nyberg
Sonntag, 4. November 2012, 11:50 Uhr
People’s Park
Regie: Libbie Dina Cohn, J.S. Sniadecki, China/USA 2012, ohne Worte, 78’
People’s Park ist ein 75-minütiger Dokfilm, der die Zuschauer auf eine Reise durch den berühmten Stadtpark in Chengdu (Sichuan) mitnimmt. Der Film fängt die vielfältigen Stimmungen, Rhythmen und Performances ein, die auf engstem Raum, im quaderförmigen Soziotop des Parks, existieren. Dabei dokumentiert er Walzer tanzende Paare, riesige Platanen, Karaokesänger und zirpende Grillen. Als sinnliche Meditation über Zeit und Raum im Film bietet People’s Park einen Blick auf soziale Interaktion, Freizeit und Selbstdarstellung in China.
Sonntag, 4. November 2012, 13:20 Uhr
Sing your song
Regie: Susanne Rostock, USA 2010, E/d, 98’
Harry Belafonte ist Sänger, Schauspieler seit 70 Jahren im Showbusiness. Dass er aber auch politischer Aktivist war und ist, ist hierzulande weniger bekannt. Auf seinen Beruf angesprochen, antwortet Belafonte mit "Schauspieler", zumindest wenn er zum Vergleich die Sänger seiner aktiven Zeit heranzieht. Der beste Beweis für sein Schauspielerdasein sei die grosse Anzahl der Menschen, die ihn für einen Sänger hielten, sagt er. Die Kunst des 1927 in New York zur Welt gekommenen Entertainers wird durch ein lässiges Understatement und überschwängliche Freundlichkeit gekennzeichnet. Aufgrund der Diskriminierung von Afroamerikanern in den USA der 50er und 60er Jahre und seiner Freundschafft zu Bürgerrechtler Martin Luther King und linken Intellektuellen, begann auch Belafonte sich politisch zu engagieren. So wurde er neben seiner künstlerischen Tätigkeit zu einem der populärsten Propagandisten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, und auf diesen politischen Aspekt legt der Film sein Hauptgewicht.
Sonntag, 4. November 2012, 15:15 Uhr
En el nombre de la hija
Regie: Tania Hermida, Ecuador 2011, OV/d/f, 102’
Sommer 1976, ein Tal in den Anden Ecuadors. Manuela, die nach den kommunistischen und atheistischen Ideen ihres Vaters erzogen wurde, glaubt, ihre Eltern befinden sich auf einer revolutionären Mission in Kolumbien, während sie und ihr fünfjähriger Bruder Camilo den Sommer bei ihren Grosseltern verbringen müssen. Natürlich ist in einem katholisch-konservativen Haushalt die marxistische Weltanschauung einer Neunjährigen problematisch. Die Grossmutter, die Manuelas schlechten Einfluss auf den Rest der Familie alarmierend findet, droht sie zurückzuschicken, wenn sie sich nicht taufen lässt. Regisseurin Tania Hermida war an den Weltfilmtagen 2008 mit ihrem Film «Que tan lejos» zu Gast.
Sonntag, 4. November 2012, 17:10 Uhr
The Black Power Mixtape 1967-1975
Regie: Götan Ollson, Schweden/USA 2011, E/d/f, 92’
«The Black Power Mixtape 1967-1975» hebt einen wahren Schatz von jahrzehntelang in den Archiven verschollen gewesenem, einzigartigem 16mm-Filmmaterial; ausschliesslich gefilmt von schwedischen Journalisten, die Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre in die USA reisten. Sie waren auf der Suche nach den Hintergründen und Tatsachen zu den Berichten über die US-amerikanische Bürgerbewegung der farbigen Bevölkerungsgruppen. Schnell fanden diese interessierten Europäer Zugang zu den Anführern des damaligen Black Power Movement – unter anderem zu Stokely Carmichael, Bobby Seale, Angela Davis und Eldridge Cleaver. Und es gelang den Reportern, diese Ikonen des Aufstands in sehr intimen, privaten Momenten zu filmen und bemerkenswert offene und ehrliche Interviews mit ihnen zu führen.
Sonntag, 4. November 2012, 18:50 Uhr
Hanezu no tsuki
Regie: Naomi Kawase, Japan 2011, OV/d/f, 91’
Gängige Geschichten hat die Japanerin Naomi Kawase noch nie erzählt. Sie setzt bei den Realitäten an, die sie in ihrer Heimatregion findet, und entwirft daraus zum Beispiel eine Liebesgeschichte. Diese spielt sich nicht nur um drei Menschen ab, die Natur wirkt da mindestens so prägend. Kayoko ist Textilfärberin und lebt mit dem Werber Tetsuya zusammen, der seine Leidenschaft in der Kochkunst auslebt. Der Dritte im Bunde ist Takumi. Er fertigt Holzskulpturen und lebt abgeschieden im Grünen. Man weiss nicht, wie lange das Dreiecksverhältnis andauert, aber ein dramatisches Element bringt es in Bewegung: Kayoko ist schwanger. Dies eröffnet sie ihrem Liebhaber nach einem Nachmittag voller Sinnlichkeit, als gehöre es zum Abschiedsgruss. Ein visuelles Gedicht über die Liebe, die Leiden schafft.
Sonntag, 4. November 2012, 20:30 Uhr
Modest Reception – Paziraie Sadeh
Regie: Mani Haghighi, Iran 2012, OV/d/f, 100’
Bereits die ersten fünf Filmminuten in «Modest Reception» sind eine Wucht. Selten wird man so tollkühn in eine Handlung eingeführt, in keinem Augenblick weiss man, wie die Dinge stehen und was sich da wirklich abspielt. Nicht, dass die Handlung zu diesem Zeitpunkt besonders komplex wäre, aber sie überrascht. Und damit ist der Tarif fürs Kommende vorgegeben: Ein Mann und eine Frau fahren durch eine entlegene Bergregion. In ihrem Kofferraum führen sie Plastiktüten voller Geld mit, die sie unterwegs an Menschen verteilen, egal, ob diese es wollen oder nicht. Warum sie das viele Geld haben und verteilen, bleibt nebensächlich in dieser Parabel über Geld und Moral. Immer wieder verknüpfen sie ihre milde Gabe an Bedingungen, und dabei schrecken sie vor nichts zurück. Sie säen auch Zwietracht mit ihren Almosen, knüpfen grausame Bedingungen an die Vergabe, verstecken das Geld und stellen den Dieb, lassen einen Lkw-Fahrer schwören, es keinesfalls mit seinem Bruder zu teilen, halten einen Bergbauern vom Gnadenschuss an seinem sterbenden Esel ab, nötigen einen Vater, sein totes Baby zu verkaufen. «Modest Reception» ist nach «A Separation» ein weiteres Beispiel der ungeheuren Erzählkraft des aktuellen iranischen Kinos, das nicht zuletzt verdeutlicht, wie unter schwierigen Bedingungen die explosivsten und kühnsten Filme entstehen können.
Dienstag, 29. Oktober 2013, 16:30 Uhr
Watermarks – Three Letters From China
Regie: Luc Schaedler, CH 2013, OV/d, 80’
Das Reich der Mitte war in den letzten Jahrzehnten zahlreichen Veränderungen unterworfen. Der Schweizer Dokumentarfilmer Luc Schaedler führt uns diese anhand dreier Beispiele vor Augen.
Der Film erzählt von den Brüchen, denen die Menschen im heutigen China durch die rasante Entwicklung ausgesetzt sind: im trügerisch-idyllischen Yangshuo im regenreichen Süden; im apokalyptischen Kohlebaugebiet von Wuhai im ausgetrockneten Norden und in Chongqing, dem urbanen Moloch am Jangtsekiang. Die Protagonisten sprechen über die unbewältigte Vergangenheit, die schwierige Gegenwart und ihre zaghaften Schritte in die Zukunft. Der Film zeichnet dabei ein vielschichtiges Bild der Befindlichkeit der Menschen dieses komplizierten Landes.
Der Bauer Wie lebt mit seiner Frau in einem Dorf im Norden des Landes. Trotz einsetzender Wasserknappheit in den Achtzigern hat das Ehepaar ihren Wohnort nicht aufgegeben.
Tausende Kilometer weiter südlich gibt es Regen genug. Dort aber ist das Dorf Jiuxiancun noch immer verwundet von einem Massaker, dass in den Sechzigerjahren zur Zeit der Kulturrevolution verübt wurde. Der dritte Schauplatz ist die Mega-City Chonqing. Chaomeis Adoptiveltern möchten, dass ihre Tochter studiert, respektieren sie ihren Entscheid, in den Tag hinein zu leben. Anschliessend Filmgespräch mit Luc Schädler, Moderation Thomas Krempke
Dienstag, 29. Oktober 2013, 21:00 Uhr
Milh Hadha Al-Bahr – Salt of this Sea
Regie: Annemarie Jacir, Palästina 2008, arabisch/d, 110’
«Salt of this Sea» ist ein Roadmovie, das die Suche nach den verlorenen Wurzeln beschreibt und nach dem, was man als Heimat bezeichnet.
Annemarie Jacir lädt uns in ihrem ersten Spielfilm auf eine verrückte Reise durch eine Region ein, die ihren Figuren eigentlich verschlossen wäre, weil es hier Freiheit nicht gibt. Ihr Roadmovie führt uns durch unbekannte Landstriche in Palästina und lässt uns eintauchen in die Geschichte ihrer Heimat. Es ist der Regisseurin gelungen, einen atmosphärisch dichten, berührenden Film zu machen, ohne polemisch zu sein.
Die 28-jährige Soraya reist aus Brooklyn, wo sie aufgewachsen ist, zum ersten Mal in die Heimat ihrer Vorfahren, nach Palästina. Hier sucht sie das eingefrorene Geld ihrer Grosseltern vom Konto in Jaffa abzuheben und begibt sich unverhofft mit dem hier geborenen Emad auf eine Reise durch die Landschaften. Jacir zeigt auf, was es heisst, wenn einem ganzen Volk die Heimat weggenommen wird und man das Haus der Vorfahren von anderen bewohnt vorfindet. Das ist alles andere als nur ein Phänomen des Nahen Ostens, es zeigt sich dort einfach besonders intensiv.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 10:00 Uhr
Bekas
Regie: Karzan Kader, Irak/S/Fin 2012, deutsch, 92’
Das Roadmovie «Bekas» erzählt die Geschichte zweier Brüder auf der Suche nach dem, was wirklich im Leben zählt.
Zwei kurdische Brüder, Zana und Dana, wachsen in den 1990er Jahren im von Saddam Hussein beherrschten Irak auf. Ohne Eltern und ohne ein Zuhause haben sie kein leichtes Leben. Eines Tages bietet sich ihnen die Möglichkeit, ein paar Szenen aus Superman heimlich durch ein winziges Guckloch zu sehen. Sie sind fasziniert und glücklich zugleich. Es scheint einen Weg aus ihrer Not zu geben: Sie entschliessen sich nach Amerika zu gehen, “die grosse Stadt, in der Superman lebt”. Superman kann dann all ihre Probleme lösen und alle Bösen, vor allem Saddam Hussein, bestrafen. Dana tüftelt also einen Plan aus, um nach Amerika zu kommen. Doch sie haben weder Geld noch Pässe und ihr einziges Transportmittel ist ein Esel, den sie “Michael Jackson” taufen.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 15:45 Uhr
Inuk
Regie: Mike Magidson, Grönland 2010, 90’, ab 12
Inuk hat ein schweres Leben in Grönlands kalter Hauptstadt. Er lebt mit seiner alkoholkranken Mutter und seinem brutalen Stiefvater zusammen. Eines Morgens wird der gänzlich unterkühlte Junge von der örtlichen Sozialarbeiterin aus einem verlassenen Auto gezogen. Kurz entschlossen schickt sie Inuk nach Norden auf ein kleines Inselchen inmitten der arktischen See, auf dem ein Kinderheim errichtet wurde. Hier lernt Inuk den Jäger Ikuma kennen. Er jagt Eisbären, doch sind seine ausserordentlichen Fähigkeiten im Schwinden begriffen, und er wird von Erinnerungen an seine Vergangenheit geplagt. Die Direktorin des Kinderheims, Aviaaja, schlägt Inuk und dem Jäger Ikuma vor, dass der Alte den Jungen mitnimmt auf die alljährliche Seehundjagd. Diese ist gefährlich und mit einer langen entbehrungsreichen Reise verbunden. Aviaaja glaubt, dass es Inuk gut tun würde, mit dem erfahrenen Ikuma zu reisen. Doch diese epische Reise verändert beide, und sie lernen sich selbst und die sich ihnen offenbarenden Herausforderungen zu meistern.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 17:30 Uhr
Zartbitter
Angela Spörri, Schweiz|Ghana 2012, Dokumentarfilm, 52', ab 14
Der Ghana-Schweizer Yayra Glover will mit der Produktion von Bio-Kakao den Bauern in Ghana zu mehr Unabhängigkeit und besseren Lebensbedingungen verhelfen. Der Film zeigt Chancen und Stolpersteine des Projekts und thematisiert verschiedene Mechanismen des Welthandels und Anforderungen an einen Kleinunternehmer.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 18:35 Uhr
The Story of Bottled Water
Louis Fox, USA 2010. Animationsfilm, 8 Min., ab 12 Jahren
Der Film plädiert thesenartig und in der Form eines Kampagnenfilms für den Verzicht auf Flaschenwasser. Provokativ und bisweilen auch etwas plakativ fordert er zum Trinken von Leitungswasser und zu einem nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser auf – aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Überlegungen.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 18:35 Uhr
Essen im Eimer
Valentin Thurn, Deutschland 2010. Dokumentarfilm, 30' (Kurzfassung), ab 14
Jedes fünfte Brot wird weggeworfen und jede zweite Kartoffel schon bei der Ernte aussortiert. Nüchtern und prägnant sucht der Film nach den Ursachen und lässt Menschen zu Wort kommen, die die Verschwendung stoppen wollen. Und er konkretisiert die globale Dimension des Themas am Beispiel des Bananenimports aus Kamerun.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 18:35 Uhr
Der digitale Friedhof in Ghana
Sébastien Mesquida, Frankreich/Ghana 2009. Dokumentarfilm, 16', ab 14
Alte Computer, Fernseher und Kühlschränke werden – oft illegal – nach Afrika verschifft. Der Film begleitet den ghanaischen Journalisten Mike Anane, der sich auf Ghanas Müllkippen umsieht und die Problematik des dortigen Elektroschrott-Recyclings erläutert. Er stellt den Verbrauch elektronischer Alltagsgeräte in einen überraschenden globalen Kontext.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 18:35 Uhr
Trash is Cash
Alessandra Argenti, Kenia 2008. Dokumentarfilm, 20' (Kurzfassung), ab 14
In Dandora, einem der Slums von Nairobi, wachsen die Abfallberge in den Himmel. Der Film stellt verschiedene kreative Recycling-Ideen vor. So entstehen aus den Müllbergen Biogas, Kompost und Sandalen. Jugendliche erklären, weshalb sie die Initiative wichtig finden, und laden die Betrachter/innen im Norden ein, ihre Vorstellungen von Afrika zu revidieren.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 20:05 Uhr
Die Welt im Ausverkauf (Planète à vendre)
Regierungsvertretern aus verschiedenen Ländern im Norden wie im Süden geben Einblick in ein zynisches Monopoly mit dramatischen Folgen. Zu Wort kommen dabei auch Kleinbauern aus den vom Verkauf betroffenen Ländern, die oft ohne Entschädigung enteignet werden.
Eine Veranstaltung von:
www.filmeeinewelt.ch
www.education21.ch
www.weltfilmtage.ch
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 21:15 Uhr
Le thé ou l’électricité
Regie: Jérôm le Maire, Marokko/Bel/F 2012, OV/d/f, 93’
Marokko, im Hohen Atlas. Die Hirtenfamilien im entlegenen Dorf Ifri leben wie im Mittelalter. Kein fliessendes Wasser, keine Strasse, keine Schule und keine medizinische Versorgung. Seit Jahren warten sie darauf, dass der Staat endlich eine Strasse baut, denn diese hat für alle, die Isolation und Armut hinter sich lassen wollen, absolute Priorität. Doch eines Tages steht fest, es wird keine Strasse geben, dafür werden Stromleitungen verlegt. Schon bald treffen die ersten Fernseher und damit die Verlockungen der Konsumwelt ein. «Le thé ou l’électricité» ist eine wunderbare Parabel über die Mühsal und die Dynamik des zivilisatorischen Fortschritts.
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 23:00 Uhr
Césars Grill
Regie: Dario Aguirre, CH/D 2013, OV/d, 88’
Dario Aguirre wurde 1979 in Ecuador geboren. Anstatt mit ins Grill-Geschäft seines Vaters einzusteigen, ist er mit 20 Jahren nach Deutschland gegangen – und Vegetarier geworden. Als solchen stilisiert ihn der Film gleich in der ersten Szene spielerisch. Oder vielmehr: Der Regisseur präsentiert sich selbst vor der Kamera: Salatblätter vertilgend und Maiskolben grillend. Festgehalten mit Stop-Motion-Technik, pointiert kommentiert durch die eigene Voice-Over-Erzählung.
Um das marode Grillrestaurant seines Vaters zu retten, reist Aguirre zurück nach Ecuador. Was als skurrile Debatte über Öffnungszeiten, Pommes und Exceltabellen beginnt, entwickelt sich zu einem berührenden Familiendrama. Dieser zweite abendfüllende Dokumentarfilm von Dario Aguirre könnte aber auch gut «Darios Vater» heissen. Denn der Film erzählt nicht nur mit heiterem und hellsichtigem Sinn für Absurdität davon, wie Dario César mit seinem verschuldeten Restaurant helfen will. «Césars Grill» erzählt auch davon, wie der Sohn sich an seinem Vater abarbeitet.
Donnerstag, 31. Oktober 2013, 09:30 Uhr
Botiza
Regie: Frédéric Gonseth und Catherine Azad, CH 2012, OV/d/f, 99’
Inmitten der grünen Lunge Europas gibt es eine Region, in der die Menschen ausserhalb unserer Epoche und unseres Handelssystems zu leben scheinen. In den rumänischen Karpaten arbeiten viele Bauern nicht für Geld, sondern nur gerade für ihren eigenen Bedarf. Ihre Methoden und Werkzeuge sind dieselben, wie wir sie im 19. Jahrhundert in ländlichen Gegenden der Schweiz kannten. Die Chronik eines Dorfes, wo alles mit dem Pferd gemacht wird – zum Zeitpunkt, da die Moderne einbricht.
Donnerstag, 31. Oktober 2013, 11:15 Uhr
Le sommeil d’or
Regie: Davy Chou, Kambodscha 2012, khmer, französisch/d/f,100’
Kambodscha ist zu einem beliebten Reiseziel geworden. In den 1970er Jahren herrschte hier ein Terrorregime, das die Bevölkerung dezimierte und die Kultur zerstörte. Vor der Roten Khmer blühte im Land des Mekong eine grosse Filmkultur. Davy Chou sucht ihre übriggebliebenen Spuren und gestaltet eine Liebeserklärung ans Kino und eine Ode an die Erinnerung. Zwischen 1960 und 1975 entstanden fast 400 Filme in Phnom Penh, von denen nur noch 30 existieren. Bilder waren dem Terrorregime ein Gräuel, die meisten Filmschaffenden wurden Opfer des Genozids. Davy Chou, Enkel eines der wichtigsten Produzenten der Goldenen Zeit, rekonstruiert in seinem sanften Filmessay das kinematografische Erbe des Landes. Wie ein Archäologe geht er dabei vor, wissend, wie unmöglich es eigentlich ist, mit Überlebenden über Lebenswerke zu sprechen, die zwar zerstört wurden – aber nicht vergessen.
Donnerstag, 31. Oktober 2013, 13:30 Uhr
Bocksiedlung
Regie: Melanie Hollaus, A 2012, deutsch, 44’
Die ehemalige „Bocksiedlung“ des Innsbrucker Stadtteiles Reichenau ist heute, achtzig Jahre nach ihrer Entstehung, nahezu in Vergessenheit geraten. Als Bettler, Gauner und Karrner waren die BewohnerInnen verschrien und mit dem Gesetz sollen sie häufig in Konflikt geraten sein. Zu Gunsten eines weitgehend selbstbestimmten Lebens verzichteten sie auf Komfort und soziale Sicherheit. Sechs berührende Geschichten erzählen vom Alltag, von Gewalt, von Liebe und Zusammenhalt. Ein Film über das Leben in seiner Verletzlichkeit. Im Anschluss Filmgespräch mit Melanie Hollaus, Moderation Helmut Groschup
Donnerstag, 31. Oktober 2013, 15:15 Uhr
The Orator
Regie: Tusi Tamasese, Samoa 2011, samoanisch/d/f, 111’
Der kleinwüchsige Saili lebt mit seiner schönen Frau und deren Tochter als Aussenseiter am Dorfrand. Die Nachbarn drohen, ihm das Land wegzunehmen, auf dem das Grab seines Vaters liegt. Eine Familienfehde bringt zusätzliches Unheil in das Leben Sailis. Um die Harmonie wieder herzustellen und sich den Respekt seiner Umgebung zu verschaffen, entscheidet sich der stolze Saili, den ihm zustehenden Platz als Dorfredner einzunehmen. Das darauffolgende Rededuell entwickelt seine ganz eigene Spannung und Dramaturgie, bei dem Gewinner und Verlierer schliesslich instinktiv das Ergebnis anerkennen. "Ich zeige das Bild meiner Heimat, das mir während meiner Kindheit begegnet ist," so Tusi Tamasese. In seinem Debütfilm verbindet er eine klassische Underdog-Geschichte mit einer Handlung um die in Samoa traditionell hochgeschätzte Redekunst. Es ist der erste Film, der ausschliesslich auf Samoa und in der Landessprache gedreht wurde.
Donnerstag, 31. Oktober 2013, 18:00 Uhr
Der Imker
Regie: Mano Khalil, CH 2013, 105’
Der kurdische Imker Ibrahim Gezer liebt es, wenn er sich um seine Bienen kümmern kann. Auf der Realp und in Andermatt hat er einige Kolonien untergebracht und versucht wann immer möglich vor Ort zu sein. Doch dies ist gar nicht so einfach. Da in der Schweiz das Bienenzüchten nicht als Beruf, sondern als Hobby angesehen wird, ist Gezer gezwungen einer "richtigen" Arbeit nachzugehen. Er verdient sein Geld am Förderband.
Was den Mann aber noch mehr bedrückt ist seine Vergangenheit. In der Türkei hatte er über 500 Bienenvölker, ein Haus und eine Familie mit elf Kindern. Doch durch den Kurdenkrieg verlor er alles, und so musste er in die Schweiz flüchten. Dort versucht er nun wieder Fuss zu fassen, was jedoch alles andere als leicht ist, da er die deutsche Sprache nicht beherrscht und er sich ständig Sorgen um seinen Sohn Ali machen muss, der als Guerilla in der Heimat kämpft. Filmgespräch mit Mano Khalil und Ibrahim Gezer, Moderation Flurina Badel Die Vorführung von «Der Imker» sponsort der Claro Laden Thusis
Donnerstag, 31. Oktober 2013, 21:00 Uhr
Nairobi Half Life
Regie: David `Tosh` Gitonga, Kenia 2012, swahili, kikuyu, englisch/d, 96’
«Nairobi Half Life» von Tosh Gitonga legt Zeugnis der Vitalität ab und zeigt, dass das Engagement sich lohnt. Ein packendes Stück afrikanisches Kino von heute.
Mwas lebt in der kenianischen Provinz und verkauft DVDs. Als er in der Hauptstadt Nairobi sein Glück versuchen will, wird er zuerst einmal mit dem schwierigen Alltag in der Metropole konfrontiert. Der Weg zu seinem Traumberuf Schauspieler ist mit vielen Hindernissen gespickt.
Mwas muss viel lernen. Allein kämpft er um seine Chance im Grossstadt-Dschungel, um seine Zukunft. Er landet in einer Gang, behält aber seinen Traum vom Schauspielen immer fest im Blick, beginnt ein gefährliches Doppelleben zwischen Off-Theatertruppe und Raubzügen. «Nairobi Half Life» überrascht. Das ist ein pulsierender Gangsterfilm aus Kenia: lustig, traurig, hart – wie das Leben in Nairobi, und ein authentischer Einblick in Afrikas Grossstädte, und der Film zeigt, wie erfrischend das junge Kino ist.
Donnerstag, 31. Oktober 2013, 22:45 Uhr
Malou
Regie: Jeanine Meerapfel, D 1981, 95’
Jeanine Meerapfels behutsamer Debütfilm von 1981 ist eine doppelte Identitäts-Suche mit zwei Lebens- und Liebesgeschichten: Mutter und Tochter, zwei Frauenschicksale, die sich in dem Film ineinanderspiegeln, sich vielfach kreuzen, sich gegenseitig ergänzen: Malou, Animierdame im Strassburg der 30er Jahre, heiratet einen wohlhabenden deutsch-jüdischen Kaufmann und wird in die Emigration nach Südamerika verschlagen – das ungewöhnliche Schicksal einer kleinen Französin, die nach oben wollte. Und Hannah, eine moderne, junge Frau, die im Berlin der 80er Jahre an ihrer Rolle in einer konventionellen Ehe mit einem Architekten zweifelt und im Leben der Mutter nach Antworten für ihre Probleme sucht.
Freitag, 1. November 2013, 09:00 Uhr
Violence. My Home, My Family
Regie: Claudia Pfäffli, CH 2012, OV/d, 57’
«Violence. My Home, My Family» ist ein Film über Wut, Mut und dem Willen neue Wege zu beschreiten. Ein Film über die Kraft der Gemeinschaft und über Frauen, von denen Frauen und Männer anderer Kulturen lernen können.
Die Hauptprotagonistinnen des Films sind sechs von häuslicher Gewalt betroffene Bewohnerinnen des Frauenhauses Kuteera in Kolar, einem kleinen Dorf in Südindien. Die Frauen sind zwischen 19 und 60 Jahren alt und wurden sehr jung verheiratet. Viele von ihnen mussten nach der Heirat bei der Familie ihres Mannes leben und dort für den Lebensunterhalt der ganzen Familie aufkommen. Etwa, weil die Männer arbeitslos, alkoholsüchtig oder aus anderen Gründen arbeitsunfähig waren. Die meisten der Frauen haben nur wenig Ausbildung genossen. Häusliche Gewalt haben sie durch den Ehemann, die Schwiegereltern, den Schwager oder die Schwägerin erlebt.
Anschliessend Filmgespräch mit Caudia Pfäffli, Moderation Flurina Badel
Freitag, 1. November 2013, 10:45 Uhr
Satellite Boy
Regie: Catriona McKenzie, Aus 2012, OV/d/f, 90’
Eine weite, sonnendurchflutete Landschaft im Nordwesten Australiens. Hier, in einer Wellblechhütte am Rande eines abgelegenen Ortes, lebt Pete mit seinem Grossvater, beide Aboriginals, den er «Jubi» nennt. Der Ort ist verwahrlost und doch romantisch. Immer brennt ein Lagerfeuer, nachts strahlen die Sterne in einzigartiger Klarheit. Der Grossvater lebt die alten Traditionen und erzählt von der mystischen Verbindung seines Volkes zum Land der Ahnen. Petes Mutter lebt in der Stadt und hat versprochen zurückzukommen, aber sie meldet sich nicht. Als eine Minengesellschaft droht, die Siedlung abzureissen, machen sich Pete und sein bester Freund heimlich auf den Weg, um den Boss der Firma von dem Plan abzubringen. Dabei verirren sie sich im Outback. Hier erfahren sie die magische Kraft der Natur, die sie zugleich beschützt und bedroht. Nur dank Jubis Wissen entgehen sie dem Tod. Am Ende muss Pete eine schwere Entscheidung treffen, fast zu schwer für einen Jungen von zehn Jahr.
Freitag, 1. November 2013, 12:30 Uhr
Pozitia Copilului
Regie: Cãlin Peter Netzer, Rumänien 2012, OV/d?, 112’
Die Berlinale-Jury hat «Mutter und Sohn» zum besten Film des Festivaljahrgangs 2013 gekürt. Jetzt kommt das Drama um einen tragischen Unfall und eine unerbittlich liebende Mutter ins Kino. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Cornelia. Als der von ihr heiss geliebte und verhätschelte erwachsene Sohn Barbu bei einem Verkehrsunfall ein Kind tötet, setzt sie alle Hebel in Bewegung, um ihn vor einer Haftstrafe zu verschonen. Und Barbu, seit dem Unfall im Schockzustand, kann nichts weiter tun, als seiner Mutter in seiner Hilflosigkeit die Kontrolle zu überlassen. Sie spielt dazu alle Trümpfe aus, die ihrer Meinung nach einer Oberschicht-Angehörigen zustehen: Sie versucht, Polizisten und Beamte zu bestechen und sogar die Nachsicht der in Armut lebenden Opferfamilie zu erkaufen. Was Cornelia aber nicht kaufen kann, das ist die Liebe ihres Sohnes.
Freitag, 1. November 2013, 14:30 Uhr
La amiga
Regie: Jeanine Meerapfel, D/Arg 1988, OV/d, 109’
Es ist die Geschichte einer engen und widersprüchlichen Freundschaft zweier Frauen vor dem Hintergrund der Militärdiktatur in Argentinien. Den Kinderschwur, Schauspielerin zu werden, hat nur Raquel verwirklicht. Maria heiratet einen Elektriker und wird Mutter dreier Kinder. Als die Militärs 1976 die Macht übernehmen, wird Marias ältester Sohn Carlos wie zahllose andere verschleppt. In ihrer Verzweiflung wendet sich Maria an die inzwischen prominent gewordene Freundin, die sich solange mit ihr auf die Suche nach dem Sohn begibt, bis sie selbst bedroht wird. Raquel zieht nach Berlin, in die Stadt, die ihre Eltern nach Hitlers Machtergreifung verlassen mussten. Maria schliesst sich unterdessen den Müttern der Plaza de Mayo an, einer Gruppe argentinischer Frauen, alle auf der Suche nach ihren verschleppten Verwandten.
Als sich die Freundinnen wieder begegnen, haben sich beide stark verändert. Raquel kehrt nach der Militärdiktatur 1983 nach Buenos Aires zurück. Sie ist ängstlich geworden, versucht sich anzupassen und zu vergessen. Sie will, dass ihre Freundin aufhört zu fordern, dass sie einsieht, dass Carlos tot ist. Aber Maria besteht darauf: ihr Sohn ist nicht tot, er ist "verschwunden". Nichts soll vergessen werden, so dass sich nichts wiederholt. Jeanine Meerapfel wird am Sonntag im Anschluss an «El amigo alemán» in einem Filmgespräch zu sehen und zu hören sein.
Freitag, 1. November 2013, 16:30 Uhr
The Last Friday
Regie: Yahya Alabdallah, Jordanien 2012, arabisch d/f, 88’
Der Arzt teilt Youssef mit, dass er sich dringend einer Operation unterziehen muss. Allerdings übersteigen die Kosten dieses Eingriffes seine spärlichen Einkünfte als Taxifahrer. Also muss er sein Alleinsein überwinden und versuchen, bei anderen das nötige Geld zu finden. «The Last Friday» ist der überzeugende Erstling des jungen jordanischen Filmemachers Yahya Alabdallah. Der Film besticht durch die Einfachheit der Inszenierung, die Ruhe der Betrachtung. Der Regisseur folgt dem erschöpften und entmutigten Taxifahrer Yousef, auf Schritt und Tritt unbeirrt durch den einsamen und wortkargen Alltag. Die Einfachheit mit den seltenen Dialogen lässt Platz für eine genaue und feinfühlige Beobachtung der täglichen Verrichtungen, festgehalten in sorgfältig gesetzten Bildern. Im Grunde genommen finden wir in all diesen Gesten und sogar in Situationen, die hoffnungslos scheinen, Kleinigkeiten, die uns ein Lächeln entlocken. Denn das Leben, das echte Leben, ist nie nur schwarz. Kleine Augenblicke voller Humor, den dunklen Nächten Ammans abgerungen, geben dem Film Farbe und eine unmerklich schwebende Leichtigkeit. «The Last Friday» hat nicht umsonst in Dubai den Darstellerpreis und den Jurypreis gewonnen. Der Film blickt ganz ruhig in den arabischen Alltag.
Freitag, 1. November 2013, 19:45 Uhr
Tepeni ardi
Regie: Emin Alper, Türkei/Griechenland 2012, OV/d, 94’
Inmitten der türkischen Einöde bewirtschaftet der pensionierte Förster Faik gemeinsam mit seinem jüngeren Sohn und dessen Familie ein Stück Land. Wilde Natur, abgeschiedene Einöde und karge Berglandschaft: Der Schauplatz korrespondiert mit dem Innenleben der Protagonisten. Entsprechend hält sich der offene Umgang mit Problemen in Grenzen.
Als Faiks älterer Sohn Nusret zu Besuch kommt, überschattet der Streit mit den „Anderen“ das Wiedersehen. Doch das gemeinsame Problem der Männer ist, dass die Familie den Konflikt im Stillen austrägt.
Die „Anderen“, das sind Nomaden, die sich hinter den Bergen, auf Faiks Grundstück, niedergelassen haben, um ihre Ziegen zu weiden. Es ist eine Bedrohung, die sich schon längst nicht mehr auf physischer, sondern vielmehr auf psychischer Ebene abspielt. In Emin Alpers Spielfilmdebüt verdichtet sich die Atmosphäre sichtbar, Gefühle brodeln unter der Oberfläche. Ein subtiles Meisterwerk, intelligent und spannend.
Freitag, 1. November 2013, 21:30 Uhr
Ilo Ilo
Regie: Anthony Chen, Singapour 2013, mandarin/englisch/d/f, 99’
In Cannes und ausgezeichnet als bester Erstling führt uns Anthony Chen mit «Ilo Ilo» vor Augen, was gutes Kino ausmacht: Humor, Emotion und Suspense.
Jiale ist ein aufgeweckter Junge, der 1997 mit seinen Eltern in der schillernden Geschäftsmetropole Singapur lebt. Er ist auf sich allein gestellt, weil Vater wie Mutter stark beruflich eingespannt sind. So entwickelt Jiale seine eigenen Tricks und Wege, um sich daheim und in der Schule zu behaupten. Das führt zwangsläufig dazu, dass er aneckt. Und das tut er auch, als die Eltern mit Teresa eine Nanny aus den Philippinen einstellen. «Ilo Ilo» war in Cannes einer jener Filme, die das Herz höher schlagen liessen. Dabei betreibt Anthony Chen gar keinen grossen Aufwand: Er erzählt ganz einfach aus dem Alltag eines Knaben in einer Welt, die für ihre Kinder keine Zeit hat, weil die Erwachsenen alle so stark beschäftigt sind. Es ist die Beziehung zwischen Jiale und Teresa, die er bald einmal ins Zentrum rückt, um über sie von ein paar elementare Dinge im Leben zu betrachten. Er tut dies auf ausgesporochen lockere Art, lässt den Alltag seine Spässe treiben, ohne dass er seine Figuren der Lächerlichkeit preisgeben würde.
Freitag, 1. November 2013, 23:15 Uhr
The Iran Job
Regie: Till Schauder, Iran/USA 2012, OV/d, 91
2008 nimmt der erfolgreiche amerikanische Basketballspieler Kevin Sheppard das Angebot an, in der Iranian Super League zu spielen. Eine grosse Herausforderung: Er soll das neu gegründete blutjunge Team A.S. Shiraz in die Playoffs führen. Während die Spannungen zwischen dem Westen und dem Iran zunehmen und die Eskalation kurz bevor zu stehen scheint, versucht Kevin, zwischen Sport und Politik zu trennen. Er muss feststellen, dass dies im Iran unmöglich ist. In dieser Zeit macht er die Bekanntschaft dreier unabhängiger und selbstbewusster Iranerinnen. Durch sie wird Kevins Wohnung zu einem Ort offener Diskussionen über Politik, Religion und Geschlechterrollen. Kevins Saison im Iran gipfelt in etwas Grösserem als Basketball: In der aufkommenden und anschliessenden Unterdrückung der «grünen Revolution» im Iran.
Samstag, 2. November 2013, 09:30 Uhr
San Zimei
Regie: Wang Bing, China 2012, 153’
Wenn sich die Menschen in Wang Bings neuem Dokumentarfilm in ihren Zimmern aufhalten, wird die Leinwand von einer beinah alles verschlingenden Dunkelheit bestimmt. Im Zentrum stehen drei Mädchen. Während sich die beiden Jüngeren ihrem Spieltrieb hingeben, versucht die Älteste Ordnung in dieses Chaos zu bringen. An den Wänden türmen sich Berge von Kartoffeln, ein offenes Feuer brennt in der Mitte des Zimmers, taucht nur Teile der kindlichen Gesichter in ein warmes Licht. Die Mutter ist seit langer Zeit verschwunden, der Vater arbeitet in einer mehrere hundert Kilometer entfernten Stadt. Lediglich Tante und Grossvater, die einige Häuser weiterleben, kochen den Kindern ab und zu ein Mittagessen gegen Arbeitsleistungen.
Trotzdem wird «Three Sisters» nie zum reinen Elendsdokument. Die Bilder sind stets von einer unaufdringlichen Schönheit durchsetzt, und gerade weil Wang sich so viel Zeit nimmt, versucht sein Film immer der Komplexität der Situation gerecht zu werden. Wang dreht Filme darüber, was in seiner Heimat schiefgelaufen ist. Neben dem von Armut und Isolation geprägten Leben der Mädchen erzählt der Film auch von einem Dorf, an dem die Industrialisierung vorübergezogen ist. Ein Ort, an dem nur sehr Alte und sehr Junge zurückbleiben, während die dazwischen in der Stadt ihr Glück suchen.
Samstag, 2. November 2013, 12:15 Uhr
Deine Schönheit ist nichts wert
Regie: Hüseyin Tabak, A 2012, OV/d, 86’
Der 12-jährige Veysel halb Kurde, halb Türke, lebt mit seiner Familie seit wenigen Monaten in Wien. In der Schule ist der schüchterne Junge ein Aussenseiter und ein Problemschüler. Zuhause lehnt sich sein älterer Bruder Mazlum gegen den Vater auf, der als kurdischer Freiheitskämpfer jahrelang in den türkischen Bergen verbracht hat und somit aus Mazlums Sicht die Familie im Stich gelassen hat. Als der Konflikt zwischen Vater und Sohn eskaliert, läuft Mazlum von zuhause weg, was wiederrum zum Streit zwischen Mutter und Vater führt.
All diese Probleme und Konflikte drohen Veysel zu erdrücken, wären da nicht seine hoffnungsvollen Tagträume in denen er zu seiner Ana flüchtet, einem Mädchen aus seiner Klasse, in das Veysel unendlich verliebt ist. Als Veysel ein deutsches Gedicht vor der Klasse vortragen muss, bittet er seinen Nachbarn Cem um Hilfe. Der 33 jährige türkische Macho soll ihm dabei helfen, Veysels Lieblingsgedicht „Deine Schönheit ist nichts wert“ von Asik Veysel ins Deutsche zu übersetzen. Cem ist erstaunt, dass ein 12 Jähriger sich für die Musik und Texte des berühmtesten türkischen Dichters und Sängers des 20. Jahrhunderts interessiert. Mit seiner Hilfe gibt sich Veysel grosse Mühe das Gedicht auf Deutsch auswendig zu lernen, um so vor der ganzen Klasse auf Ana Eindruck machen zu können.
Samstag, 2. November 2013, 13:45 Uhr
Robert Mugabe – What Happend?
Regie: Simon Bright, Sombabwe 2011, englisch/d, 84’
Der Film zeichnet den Werdegang des aus armen Verhältnissen stammenden Robert Mugabe nach, der – inspiriert von seinem Ghana-Aufenthalt und unter dem Eindruck des dortigen Präsidenten Nkruhma – zunächst zum „Helden der Unabhängigkeit“ Simbabwes und zu dessen erstem gefeierten Präsidenten nach der Unabhängigkeit aufsteigt. Zunächst gilt das unabhängige Simbabwe als vorbildliches Modell einer Gesellschaft, wo Schwarz und Weiss friedlich zusammenleben. Doch schon während des Befreiungskampfes wird auch die Rücksichtslosigkeit Mugabes gegenüber echter oder vermeintlicher Opposition erkennbar – und so erscheint dann seine spätere Transformation zum Dauer-Präsidenten und rücksichtslosen Autokraten weniger überraschend als vorhersehbar. Der Film verwebt die Biographie Mugabes mit dem zeitgeschichtlichen Kontext des vormaligen Rhodesien, dann Simbabwe – auch und gerade im Kontext des Kalten Krieges bzw. des Kampfes gegen das Apartheids-Regime in Südafrika. Freunde und politische Weggefährten Mugabes kommen zu Wort – mit ihrer Bewunderung für den politischen Aktivisten, aber auch ihrem zunehmenden Unverständnis, das sich später in Distanz und dann teils offene Gegnerschaft verwandelt. Einschätzungen von Kritikern werden ergänzt durch Aussagen direkt betroffener Opfer. Enttäuschte Anhänger Mugabes fragen sich selbst, warum sie sich nicht früher und entschiedener gegen ihn gewandt haben.
Samstag, 2. November 2013, 15:30 Uhr
Lamma Shoftak
Regie: Annemarie Jacir, Jordanien 2012, arabisch/d/f, 97’
«When I Saw You» erzählt von den Fähigkeiten eines Kindes, Erwachsene daran zu hindern, sich mit etwas abzufinden, wenn es doch Hoffnung auf Veränderungen gibt. Der elfjährige Tarek ist mit seiner Mutter Ghaydaa 1967 im Flüchtlingscamp Harir gestrandet. Palästina ist nah, aber unerreichbar, so wie sein Vater. Zwischen Zelten und improvisierten Behausungen haben sich die Erwachsenen im Wartezustand eingerichtet. Der Junge hasst die Enge, den blöden Lehrer, das schleimige Essen – und die Geduld der anderen. Als eine ältere Frau ihm erzählt, sie sei schon über 20 Jahre im Camp, reift sein Entschluss auszubrechen. Er will nach Hause, zu seinem Vater, haut ab, findet den Weg in ein Rebellencamp. Tarek ist nur halb so gross wie die coolen Männer mit Bärten und langen Haaren, Waffen und PLO-Tüchern, die rebellische Musik hören und entschlossen sind zu kämpfen. Als Ghaydaa Tarek endlich findet, zwingt sie erst nur die Dickköpfigkeit ihres Sohnes, selbst auch zu bleiben. Doch das Verhältnis der Mutter zu ihrem Sohn verändert sich mit jedem Tag im Camp, wo die beiden spüren, dass eine Zeit des Aufbruchs begonnen hat, nicht nur in Jordanien und Palästina. Anschliessend Filmgespräch mit Annemarie Jacir, Moderation Helena Nyberg
Samstag, 2. November 2013, 18:30 Uhr
An Episode in the Lofe of an Iron Picker
Regie: Danis Tanovi, Bosnien und Herzegowina 2013, bosnisch/d/f, 74’
Der Eisenpicker Nazif findet seine schwangere Frau in Schmerzen. Der Arzt stellt fest, dass das Ungeborene tot sei und unverzüglich entfernt werden müsse. Nur: woher das Geld nehmen? Nazif versucht alles, um seine Frau zu retten.
Er hat etwas Atemloses, dieser Film, und man spürt es schon nach wenigen Minuten: Das ist eine Geschichte, die der Filmemacher rasch erzählen musste. Zu unglaublich, um wahr zu sein. Einen Dokumentarfilm wollte Danis Tanovic nicht drehen, das wäre ihm zu versachlicht geworden. Ein Spielfilm sollte es sein, aber keiner der falschen Emotionen. Und so entschied er sich zu etwas Ungewöhnlichem: Er lässt die Geschichte, die sich in seiner bosnischen Heimat ereignet hat, von denen nachspielen, die sie erlebt haben. Einzig die Ärzte, die die Frau abgewiesen haben, waren nicht bereit, ihre Rolle nachzuspielen.
Wie oft spürt man noch diese Dringlichkeit im Kino? Wie häufig sitzt man noch da, schaut zu und staunt, erzählt noch Wochen später vom Gesehenen. Oder müsste man hier sagen: Vom Erlebten? Gerade weil er nichts dramatisiert, gerade weil er einfach hinschaut, lässt uns Danis Tanovic teilhaben und gewährt uns einen Einblick in den Alltag einer Roma-Familie am Rand Europas. Es ist ein Leben aus dem Tag heraus, hautnah mit Elementen des Wirklichen, ein atemloser Realismus.
Samstag, 2. November 2013, 20:00 Uhr
Gozetleme kulesi
Regie: Pelin Esmer, Türkei 2012, OV/d, 96’
Nach einem Unfall übernimmt Nihat eine einsame Arbeit als Brandwächter an. In der Nähe seines Überwachungsturms befindet sich eine Tankstelle. Sie ist der einzige Ort in der Gegend, wo sich Menschen begegnen. Nur ab und zu wird er abgelöst. Zur Aussenwelt hat er ansonsten über Funk Kontakt, meist zu seinen Kollegen, ebenso Wächtern, die von anderen Berggipfeln aus ebenso ihren Dienst tun.
Als Nihat eines Tages zum Busbahnhof des im Tal liegenden Städtchen Tosya hinabsteigt, um sich Essen zu holen, lernt er die schöne und scheue Literatur-Studentin Seher kennen, die, wie sich bald herausstellt, Hals über Kopf aus der nächst grösseren Stadt Bolu hat fliehen müssen.
Zögerlich kommen sich Nihat und Seher näher. Die beiden Einzelgänger tragen dunkle Geheimnisse mit sich herum. Als sich die Situation für Seher jedoch zuspitzt, finden beide Zuflucht und Sicherheit in Nihats Turm. Regisseur Pelim Esmer gelingt es in seinem Drama „Watchtower“, ausgesprochen feinfühlig und intensiv die bewegende Geschichte zweier Aussenseiter zu erzählen, die beide in schwierigen Lebenssituationen gefangen sind, aber auch vor einem möglichen Neubeginn ihres Lebens stehen.
Samstag, 2. November 2013, 21:45 Uhr
Valley of Saints
Regie Musa Syeed, Indien 2012, kashmiri/d, 82’
Regisseur Musa Syeed hat ein ausserordentlich vielschichtiges Porträt seiner Heimat vor dem Hintergrund der globalen, ökologischen und politischen Umwälzungen geschaffen.
An den Ausläufern des Himalaya in der indischen Provinz Kaschmir liegt der idyllische Dal-See, ein Ort voller Mythen, wo der junge Bootsmann Gulzar in einem Stelzenhaus direkt über dem See wohnt. Er verdient seinen Lebensunterhalt, indem er Touristen im Boot über den See fährt. Um Armut und Kriegsgefahr zu entkommen, beschliesst er, mit seinem besten Freund Afzal nach Delhi zu reisen. Dieser Plan wird plötzlich durch eine über ganz Kaschmir verhängte Ausgangssperre vereitelt.
Durch Zufall lernt Gulzar die junge Wissenschaftlerin Asifa kennen, der er dabei hilft, für eine Umweltstudie Wasserproben aus dem See zu entnehmen. Als ihm das Ausmass der Umweltverschmutzung klar wird und er sich zusätzlich in Asifa verliebt, gerät seine Welt aus den Fugen. Wofür soll er sich entscheiden? Für ein fortschrittliches Leben in der glitzernden Grossstadt oder für seine Heimat? Der See ist zwar vom schleichenden Untergang bedroht, Gulzar aber könnte durch sein Bleiben dazu beitragen, ihn zu retten, um so das traditionelle Leben an seinen Ufern zu bewahren.
Samstag, 2. November 2013, 23:15 Uhr
Searching for Sugar Man
Regie: Malik Bendjelloul, UK/S 2012
Bob Dylan, The Beatles, The Rolling Stones: Wer auch nur ein kleines bisschen von Musik versteht, kennt diese Namen. Der Name Sixto Rodriguez wird aber bei den meisten für Fragezeichen sorgen. So nicht in Südafrika. Dort ist der Mann aus Detroit ein Superstar. Niemand weiss zwar genau, wie seine Musik über den grossen Teich kam, doch dort mal angekommen, verbreitete sie sich wie ein Lauffeuer und wurde zum Soundtrack der Anti-Apartheid-Bewegung.
«Searching for Sugar Man» ist eine bewegende Dokumentation über den tot geglaubten Folksänger Sixto Rodriguez, der von zwei südafrikanischen Fans aufgespürt wurde. In den Siebzigerjahren war Rodriguez ein bekannter Name in der Musikbranche: Entdeckt wurde er in einer kleinen Bar in Detroit, wo zwei Produzenten von seinen eingängigen Songs und tiefgründigen Texten sofort angetan waren. Gemeinsam haben sie ein Album aufgenommen, das die Charts eroberte. Von einem Tag auf den anderen wurde es jedoch ruhig um ihn. Er war verschollen, ja sogar für tot gehalten, während seine Fangemeinde vor allem in Südafrika sein Andenken lebendig hielt. Zwei seiner südafrikanischen Fans machten sich auf die Suche nach dem Künstler – mit überraschendem Ergebnis.
Sonntag, 3. November 2013, 09:30 Uhr
On the Way to School
Regie: Pascal Pilison, F 2013, OV/d, 77’
Das Kinodebüt des französischen filmemachers Pascal Pilison zeigt mit überwältigenden Aufnahmen, wie unterschiedlich und abenteuerlich der Weg zur Schule sein kann. Ob gefährlich nah an einer Elefantenherde vorbei, über steinige Gebirgspfade, durch unwegsame Flusstäler oder mit dem Pferd durch die Weite Patagoniens – Jackson (10) aus Kenia, Zahira (11) aus Marokko, Samuel (11) aus Indien und Carlito (11) aus Argentinien haben eines gemeinsam: Ihr Schulweg ist sehr lang und gefahrvoll, doch ihre Lust am Leben und am Lernen ist grösser. Sie wissen alle, welches Privileg ihre Ausbildung ist. Trotzdem sind sie natürlich auch ganz normale Kinder, die einfach Spass haben wollen: So räumen sie mit viel Eigensinn und noch mehr Einfallsreichtum Hindernisse aus dem Weg, überwinden Ängste und leben vor, was so oft in den Industrienationen vergessen wird: Dass auch der Weg ein Ziel sein kann. Mit viel Gespür für Situationskomik porträtiert der Film seine kleinen Helden und feiert ganz nebenbei die Bildung, die oft zu Unrecht als Beschwernis wahrgenommen wird.
Sonntag, 3. November 2013, 10:45 Uhr
El limpiador
Regie: Adrian Saba, Peru 2012, OV/d, 77’
Der analythische Forensiker Eusebio, dessen Aufgabe die Reinigung von Fundorten menschlicher Leichen ist, hat Schwierigkeiten mit seiner Sozialkompetenz. Eines Tages gerät er jedoch in die Verantwortung für ein achtjähriges Waisenkind, das nach einer mysteriösen Epidemie in Lima als einziger Mensch überlebt hat. Wider Erwarten erwachen elterliche Gefühle. Während Filme mit ähnlichen Themen mit ihrer beschuldigenden Schwarzmalerei durchschnittlich abschneiden, erfindet der zum Zeitpunkt des Drehs erst 22-jährige Adrián Saba sowohl das Genre des «Virusfilms» als auch das Bild von Lima neu. «El Limpiador» erhält den Sonderpreis am San Sebastian International Film Festival 2012 und erfreut sich grosser Anerkennung an zahlreichen anderen Festivals.
Sonntag, 3. November 2013, 12:30 Uhr
El amigo alemán
Regie: Jeanine Meerapfel, D 2010, OV/d, 100’
Die junge Jüdin Sulamit Löwenstein wächst mit ihren Eltern in den 1950er Jahren in Argentinien auf und verliebt sich in ihren deutschen Nachbarn Friedrich, dessen Vater ein Nazi-Scherge war. Argentinien ist in den 50er-Jahren der beliebteste Zufluchtsort von Alt-Nazis auf der Flucht vor der Verantwortung für ihre grauenvollen Verbrechen. Dort wächst die junge Jüdin Sulamit Löwenstein auf, deren Eltern es nicht gerne sehen, dass ihre Tochter Zeit mit dem deutschen Nachbarsjungen Friedrich Burg verbringt. Immerhin wird gemunkelt, dass dessen strenger Vater ein untergetauchter Nazi-Scherge sei. Sulamit und Friedrich verlieben sich ineinander und ziehen zum Studieren nach Deutschland. In der Zwischenzeit konnte Friedrich die tragische Wahrheit über seinen Vater herausfinden und bricht mit ihm. Um sich so weit wie nur möglich von der väterlichen Schuld zu entfernen, setzt sich Friedrich verbissen gegen jede Ausprägung des Faschismus ein und unterstützt die deutsche Studentenbewegung. Wenig später kehrt er nach Argentinien zurück, um gegen die dortige Militärdiktatur zu kämpfen. Erst sehr viel später und nach vielen Irrwegen finden sich Sulamit und Friedrich schliesslich im fernen Patagonien wieder.
Anschliessend Filmgespräch mit Jeanine Meerapfel, Moderation Helena Nyberg
Sonntag, 3. November 2013, 15:30 Uhr
Tokyo Monogatari
Regie: Yasuijro Ozu, Japan 1953, japanisch, 136’
Ein Meisterwerk des japanischen Kinos und einer der schönsten Filme über familiäre Beziehungen überhaupt. Die Grosseltern Shukichi und Tomi Hirayama beschliessen, ihre erwachsenen Kinder und deren Familien in Tokyo zu besuchen. Dort angekommen erkennen sie, dass der älteste Sohn Koichi, ein Arzt, und die älteste Tochter Shige, die einen Schönheitssalon betreibt, wenig Zeit für sie haben. Einzig Noriko, die Witwe des im Zweiten Weltkrieg gefallen Sohns, bemüht sich um ihre Schwiegereltern. Nach nur wenigen Tagen in Tokyo schieben Koichi und Shige ihre Eltern in ein Seebad ab. Dort fühlen sie sich aber nicht wohl, so dass sie nach Tokyo zurückkehren. Shukichi verbringt dort einen Abend mit ehemaligen Freunden und Nachbarn in einer Kneipe, während Tomi die Nacht bei Noriko verbringt. Bei der Rückfahrt in den Heimatort erkrankt Tomi schwer, weshalb die Reise bei dem jüngsten Sohn in Osaka unterbrochen werden muss. Zurück in der eigenen Wohnung verschlechtert sich Tomis Zustand, und die Kinder eilen an das Sterbebett ihrer Mutter. Nach der Beerdigung reisen alle Kinder möglichst schnell wieder ab, einzig die Schwiegertochter Noriko und die noch im Elternhaus lebende jüngste Tochter bleiben bei Shukichi zurück.
Sonntag, 3. November 2013, 18:00 Uhr
Tokyo Family
Regie: Yoji Yamada, Japan 2013, japanisch/d/f, 146’
Ein Regisseur verbeugt sich vor seinem Lehrer und Vorbild: Yoji Yamada war Regieassistent bei Yazujiro Ozus «Toky o Monogatari», jener bewegenden Familienstudie aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Nun hat er ein Remake dieses Meisterwerks gedreht und holt mit nur wenigen Abweichungen die Geschichte des älteren Ehepaares Shukichi und Tomiko Hirayama in das gegenwärtige Japan. Noch einmal möchte das Paar sein beschauliches Leben in der Provinz verlassen, um Kinder und Enkel in Tokyo zu besuchen. Doch die beiden müssen erleben, dass weder der älteste Sohn Koichi, ein Arzt, noch die älteste Tochter Shigeko, die einen Schönheitssalon betreibt, Zeit für sie haben. Sie sind zu beschäftigt mit ihren Alltagssorgen. Auch der jüngste Sohn geht seiner eigenen Wege. In der hektischen Grossstadt wirkt das alte Paar einsam und verloren. Yamada übernimmt Ozus ruhigen Blick auf die Familiensituation, und auch 60 Jahre später hat dieser Stoff nicht an Aktualität verloren. Die Generationen sind sich nicht nähergekommen. Die Jüngeren müssen sich in einer noch viel unübersichtlicheren Welt behaupten, und das in einem Land, in dem die Folgen des Tsunamis von 2011 noch immer den Alltag bestimmen.
Sonntag, 3. November 2013, 20:30 Uhr
Wadjda
Regie: Haifaa al Mansour, Saudi Arabien 2012, deutsch, 97’
«Wadjda» ist der Erstlingsfilm einer Frau, die aus einem Land stammt, in dem Frauen das Autofahren untersagt ist. Und Mädchen das Radfahren.
Jeden Tag, wenn Wadjda zur Schule geht, führt sie ihr Weg an einem Spielzeuggeschäft vorbei, das ein grünes Fahrrad führt. Jeden Tag schlägt Wadjdas Herz höher, denn dieses grüne Fahrrad zu besitzen würde auch bedeuten, sich endlich gegen den Nachbarsjungen Abdullah durchzusetzen und ihm, schnell wie der Wind, davonflitzen zu können. Obwohl es Mädchen untersagt ist Fahrrad zu fahren, heckt Wadjda einen Plan aus, wie sie mit verbotenen Geschäften auf dem Schulhof Geld für das grüne Fahrrad verdienen kann. Doch Wadjdas Geschäfte fliegen auf und es bleibt ihr nur ein letzter Strohhalm: sie muss unbedingt den Koran-Rezitationswettbewerb gewinnen, der mit einem hohen Preisgeld dotiert ist. Mit viel Eifer und Erfindungsgeist macht sich Wadjda an die schwierige Aufgabe und wird zur allgemeinen Überraschung zur frömmsten aller Schülerinnen erkoren. Doch der Weg zum eigenen Fahrrad birgt noch grössere Schwierigkeiten für sie. «Wadjda» ist der erste Film, der je in Saudi Arabien gedreht wurde.
Sonntag, 3. November 2013, 21:00 Uhr
The Story of Film
Mark Cousins’ «The Story of Film: An Odyssee» ist ein Ereignis. Der nordirische Filmkritiker hat auf der Grundlage seines Buches „The Story of Film“ (2004) eine Reise durch die Filmgeschichte angetreten, die unterhaltsam, abenteuerlich und zugleich angenehm persönlich ist.
In 15 Teilen, insgesamt 900 Minuten, erkundet er die Geschichte des Films von den Anfängen bis in die Gegenwart und denkt über die Zukunft des Kinos nach. Behutsam wie ein Archäologe legt er verborgene Schichten frei, schildert etwa die bedeutende, später verdrängte Rolle von Frauen in den Anfangstagen von Hollywood. Sein Blick richtet sich nicht nur auf die Filmzentren in Europa und den USA.
Cousins ist ein cineastischer Weltbürger, der uns das asiatische, lateinamerikanische und afrikanische Kino nahebringt und damit die verengte Sicht vieler bisheriger Filmgeschichten überwindet. Aber auch das Vertraute erscheint bei ihm neu und überraschend. Cousins analysiert als scharfsinniger Beobachter klassische Szenen, beschreibt Aufbau und Rhythmus, vergleicht und stellt oft verblüffende Zusammenhänge zwischen Filmen und ihrer Bildsprache her. Seine Filmreise wird so zu einer Schule des Sehens. Das grosse Thema von Mark Cousins, der den Kommentar im Original selbst spricht, ist die filmische Innovation. In jeder Epoche, in jeder nationalen Schule sucht er nach den Quantensprüngen, nach den Pioniertaten, die das Kino verändert und geprägt haben, deckt Neuerungen auf, nach denen nichts mehr war wie vordem – ob in den fantastischen Welten des George Méliès oder in den mystischen Visionen des Andrej Tarkowski. Cousins‘ ungeheures Wissen, die Komplexität seines Herangehens haben dabei niemals etwas Einschüchterndes, denn immer ist spürbar: Hier spricht ein Liebender, der Kurosawa, Hitchcock und Scorsese als grosse Bildererfinder tief verehrt, ein exzellenter Kenner, der bewundern und sogar schwärmen kann. Für mich war die Arbeit an der deutschen Fassung dieses Jahrhundertwerkes, unter der Regie des erfahrenen Synchronmeisters Erik Paulsen, eine grosse Ehre, aber auch ein Intensiv-Lehrgang der Filmgeschichte. Nach jedem Tag im Tonstudio bin ich sofort in die Videothek meines Vertrauens geeilt, um die Filme sofort zu sehen, von denen er mit so viel ansteckender Begeisterung zu uns spricht. Ich garantiere Ihnen, es wird Ihnen nicht anders gehen.
( Knut Elstermann, Filmexperte von radioeins und Synchronsprecher von «The Story of Film»)
«The Story of Film» läuft von Do bis So jeweils von 10:00 bis 20:00 im xy Saal des Hotel Weiss Kreuz. Der Eintritt ist frei.
Dienstag, 4. November 2014, 14:40 Uhr
Crossing the Dust
Regie: Shawkat Amin Korki, Irka 2006, OV/d, 73’
In seinem Spielfilmdebüt zeichnet Shawkat Amin Korki ein sensibles Bild des Tages von Saddams Husseins Fall aus der Sicht zweier kurdischer Freiheitskämpfer (Peshmerga), die auf der Strasse einen kleinen, weinenden, arabischen Jungen treffen. Der erste, der sich an seinen eigenen Bruder erinnert, hat Mitleid und will ihm helfen, während sich der andere zunächst weigert, einzugreifen. Unglücklicherweise heisst der Junge auch noch Saddam.
Dienstag, 4. November 2014, 16:10 Uhr
Melaza
Regie: Carlos Lechuga, Kuba/F/Panama 2013, OV/d, 80’
Carlos Lechuga erzählt ihre Liebesgeschichte und betrachtet dabei mit leisem Humor die Tücken des Lebens und wie die Menschen in Kuba sie meistern.
Aldo und Monica sind ein kubanisches Liebespaar, das mit seinem spärlichen Einkommen irgendwie durchkommen muss. Um dieses aufzubessern, vemieten sie ihre Wohnung an eine Prostituierte aus der Stadt, bis das Geschäftsmodell auffliegt. In Kuba gab es vor mehr als 50 Jahren eine Revolution, die vieles bewegt hat, auch viele Gemüter. Irgendwann hat sich die Revolution, die definitionsgemäss eine Bewegung ist, verlangsamt, und heute bewegt sich an vielen Orten auf der wunderbaren Insel nichts mehr. Alles wirkt wie eine eingefrorene Bewegung. Von diesem Stillstand erzählt uns Carlos Lechuga in seinem ersten Spielfilm mit ausgeprägtem Sinn für die Fotografie und Gespür für die Rhythmen. Auffallend ist schon die Tatsache, dass er seine Geschichte fernab von Havanna ansiedelt, der Hauptstadt mit ihrem noch immer unübertroffenen Charme des Zerfalls, den wir auch aus unzähligen Filmen kennen.
Dienstag, 4. November 2014, 17:40 Uhr
Good Morning, Karachi
Regie: Sabiha Sumar, Pakistand/UK/D 2011, OV/d, 77’
Rafina ist eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen. Mit ihrem Bruder und ihrer Mutter teilt sie eine kleine Wohnung in Karachi. Eigentlich sind ihre Zukunftsaussichten klar umrissen, sie soll heiraten, Kinder bekommen, eine bescheidene, den Traditionen gehorchende Ehefrau sein. Aber Rafina hat anderes vor Augen: Vom Balkon ihres Zimmers aus fällt ihr Blick jeden Tag auf eine überlebensgrosse Werbetafel mit einem perfekten Model. Zu gern wäre Rafina ein Teil der luxuriösen Welt der Mode und Schönheit. Sie überredet Rosie, eine Freundin von Rafinas Mutter, ihr eine Stelle als Aushilfe im exklusiven Schönheitssalon „Radiance“ zu verschaffen. Hier treffen sich die Reichen und Schönen der Stadt, hier wird getratscht, geraucht und sehr freizügig geredet und hier werden Models für Werbung und Modenschauen ausgebildet und vermittelt. Rafina ist begeistert von dieser neuen Welt, doch plötzlich findet sie sich zwischen zwei Männern wieder, deren Vorstellungen von Pakistan und der Rolle der Frau in der Gesellschaft höchst unterschiedlich sind.
Dienstag, 4. November 2014, 19:15 Uhr
Millions Can Walk
Regie: Christoph Schaub/Kamal Musale, CH 2013, OV/d/f, 88’
Hunderttausend Inderinnen und Inder, landlose Bauern und Ureinwohner – die Adivasi – unterwegs zu Fuss. Auf staubigen Strassen, auf dem National Highway, durch Dörfer und Städte. Der im grossen Stil betriebene Abbau von Bodenschätzen, das Anlegen immenser Plantagen und mächtige Infrastrukturprojekte haben dazu geführt, dass sie vertrieben und der Grundlagen ihres friedvollen Lebens beraubt wurden – und werden. Jetzt sind sie aus dem ganzen Land angereist, um gemeinsam für eine Existenz in Würde zu kämpfen. Unter ihnen der charismatische Rajagopal, Leader und Vordenker der Bewegung. Ihr Protestmarsch führt von Gwalior ins 400 Kilometer entfernte Delhi. Sie widersetzen sich der Hitze, trotzen Krankheiten, nehmen Entbehrungen auf sich. Nicht zum ersten Mal beweist Christoph Schaub Gespür für ein interessantes Thema. Leider machte ihm die Politik einen Strich durch die Rechnung: Als er nach ausführlicher Recherche nicht zum Dreh einreisen durfte, musste Kamal Musale, ein indischer Regisseur mit Schweizer Pass, seinen Platz vor Ort einnehmen. Schaub mutierte so zum Fernbedienungsregisseur und für den Schnitt Verantwortlichen.
Dienstag, 4. November 2014, 21:45 Uhr
El secreto de Wakolda
Regie: Lucía Puenzo, Argentinien 2013, OV/d, 93’
Argentinien, 1960. Das Mädchen Lilith ist schon zwölf, wirkt aber höchstens wie neun. Es wächst kaum noch. Das fällt auch dem deutschen Arzt Helmut Gregor auf, der Liliths Familie nach dem Weg nach Bariloche fragt. Da die Familie ohnehin dorthin reist, fährt er hinter ihrem Wagen her.
Schon in diesen Anfangsszenen kreiert die Regisseurin und Autorin Lucía Puenzo mitten in der Weite Patagoniens eine beklemmende Atmosphäre.
Nach und nach wird dem Zuschauer bewusst, dass Helmut Gregor ein medizinisches Interesse an Lilith hat. Als Gast im Familienhotel im Skiort Bariloche bietet Gregor an, das Mädchen kostenlos mit Hormonen zu behandeln, um ihr Wachstum wieder anzuschieben.
Liliths Vater ist dagegen, die Mutter jedoch dafür. Der Vater scheint zu ahnen, dass mit dem Deutschen etwas nicht stimmt. Mit «El secreto de Wakolda» verfilmte Lucía Puenzo einen eigenen Roman, der schildert, wie der untergetauchte Nazi-Arzt Josef Mengele in ihrem Heimatland Argentinien gelebt haben könnte.
Mittwoch, 5. November 2014, 13:30 Uhr
Kinder des Himmels
Regie: Majid Majidi, deutsch, 88’
Als Ali das einzige Paar Schuhe seiner Schwester Zahra zum Schuster bringt, wird es ihm von einem blinden Müllsammler geklaut. Er traut sich nicht, es seinen Eltern zu sagen. Seiner Schwester leiht er seine eigenen Schuhe. Künftig muss sie nachmittags zurückrennen, um sie ihrem Bruder für seinen Schulgang zu geben. Weil es das Mädchen nicht immer rechtzeitig schafft, fehlt Ali, eigentlich ein fleissiger Schüler, immer öfters beim Unterricht. Doch da bietet sich bei einem Wettkampf zwischen den besten Läufern aller Schulen die Möglichkeit, ein Paar Turnschuhe zu gewinnen.
Mittwoch, 5. November 2014, 15:15 Uhr
Glückspilze
Regie: Verena Endtner, CH/Russland 2013, OV/d, 96’
«Glückspilze» ist eine Reise aus den Tiefen eines russischen Slums zu den Lichtern der Zirkuswelt und den Abenteuern einer Tournee durch die Schweiz. Der quirlige Danja ist Halbwaise, und sein Vater sitzt im Gefängnis. Der streitlustige Igor wurde kürzlich um ein Uhr morgens auf der Strasse aufgegriffen. Seine alleinerziehende Mutter ist mit ihren vier Kindern überfordert. Nastja und Mischa sind von Zuhause abgehauen, weil sie es nicht mehr aushielten. Doch da ist Larissa mit ihrem innovativen Kinderzirkus «Upsala». Sie nimmt sich der Rabauken an und katapultiert sie in ungeahnte Höhen. Eine geplante Tournee in die Schweiz lockt, und das Training mit der Clownin Gardi Hutter wird zum einmaligen Erlebnis. Bilder des schillernden St. Petersburg kontrastieren mit den heruntergekommenen trostlosen Plattenbauten der Stadt. Doch die herzliche bunte Zirkuswelt überstrahlt alles. Dieser äusserst berührende Dokumentarfilm ist wunderschön, witzig und sehr berührend. In einer Zeit in der die Adoption von russischen Kindern nicht nur in diplomatischen Kreisen für Schlagzeilen sorgt, gewinnt der Film zusätzlich an Bedeutung.
Mittwoch, 5. November 2014, 17:00 Uhr
Filmtage 21
Regie: Ian Connacher, Kanada 2008, Dokumentarfilm, 52 Minuten, ab 14 Jahren
Im pazifischen Ozean sind Plastikabfälle zum "sechsten Kontinent" gewachsen. Die in kleinste Partikel zerfallenen Abfälle gelangen inzwischen in die Nahrungskette. Der Film lässt Wissenschaftler und Experten aus den Bereichen Produktion, Umweltschutz, Wissenschaft und Forschung zu Wort kommen und sucht dabei alternative Lösungen und Vorschläge, wie die Umweltprobleme gelöst werden können.
Mittwoch, 5. November 2014, 18:00 Uhr
Abi – leere Teller, Pinguine
Regie: Simone van Dusseldorp, Niederlande 2009, ab 6/8 Jahren, zweimal 8’
Die 6-jährige Abi lebt in einem Wohnblock, in dem Menschen aus verschiedensten Ländern wohnen. Abi’s Abenteuer handeln auf spielerische Weise von Verständnisproblemen, die durch Unkenntnis der Tradition anderer Kulturen entstehen können. Im 1. Film wird sie von einem äthiopischen Freund zum Essen eingeladen, im 2. Film begegnet sie muslimischen Nachbarinnen mit Hijab und gelben Lederschuhen.
Mittwoch, 5. November 2014, 18:00 Uhr
Eine Giraffe im Regen
Regie: Pascale Hecquet, Belgien/Frankreich 2007, Animationsfilm, 12’, ab 8
Eine Giraffe, die sich gegen Ungerechtigkeit zur Wehr zu setzt, wird aus ihrer Heimat vertrieben und landet im Land der Hunde. Alleine und nur auf sich gestellt kämpft sie mit ihrer Grösse, dem ungewohnten Essen und der abweisenden Haltung der Hunde. Endlich findet sie bei einem Gärtner Arbeit und Freundschaft. Doch dann wird ihr Asylantrag abgelehnt …
Mittwoch, 5. November 2014, 18:00 Uhr
Heimatland
Loretta Arnold, Andrea Schneider u.a., CH 2010, Animationsfilm, 7’, ab 12 Jahren
Der Patriot Hausi führt ein geregeltes Leben in seinen vier Wänden. Als ein Nachbar ausländischer Herkunft einzieht, ertönen statt vertrauter Jodler plötzlich türkische Klänge aus dem Radio. Hausis Ängste werden so übermächtig, dass er daran zu ersticken droht. Erst die Rettung durch seinen neuen Nachbarn lässt die Begegnung mit dem Fremden zu.
Mittwoch, 5. November 2014, 18:00 Uhr
Wagah
Regie: Supriyo Sen, D/Indien/Pakistan 2008, Dok, 13’, ab 12
Am einzigen Grenzübergang zwischen Indien und Pakistan auf 3‘323 Kilometern kommt es allabendlich zu einem einzigartigen Spektakel, bei dem tausende Menschen – Inder/-innen wie Pakistani – ihren Nationalstolz zur Schau stellen. Mit dem Ritual wird die Trennung zelebriert. Gleichzeitig kommen sich die ehemaligen Nachbarn so nahe wie sonst nie.
Mittwoch, 5. November 2014, 19:00 Uhr
Yellow Fever
Regie: Ng'endo Mukii, Grossbritannien 2012, animierter Dok, 7’, ab 16
Helle Haut als Schönheitsideal verführt viele Mädchen und Frauen in Afrika dazu, ihr Äusseres verändern zu wollen. Der Film inszeniert die Befindlichkeit des Ungenügens in einem spannenden Mix von Collage, Animation und Tanz. Er thematisiert dabei geschickt die rassistischen Ursachen des Minderwertigkeitsgefühls und deren Verfestigung durch die heutigen Medien.
Mittwoch, 5. November 2014, 19:15 Uhr
Something Necessary
Regie: Judy Kimbinge, Kenia 2013, OV/d, 85’
Zwei unterschiedliche Geschichten während der Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen in Kenia 2007/2008: Die Kenianerin Anne hat es besonders schlimm erwischt. Ihr Ehemann ist tot und ihr Sohn liegt im Koma. Hinzu kommt, dass sie vergewaltigt und ihre Farm niedergebrannt wurde. Sie steht vor den Trümmern ihrer Existenz. Doch Anne gibt alles, um sich wieder zu rehabilitieren und langsam ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Anne ist fest entschlossen, ihren Peinigern, die so viel Leid über sie und ihre Lieben gebracht haben, zu vergeben. Dann ist da noch Joseph, der bei dem Überfall auf Anne einer der Mittäter gewesen ist. Sein Gewissen plagt ihn, er weiss nicht recht mit der Sache umzugehen. Joseph versucht die Vergangenheit hinter sich zu lassen und neue Perspektiven in seinem Leben zu finden. Anschliessend Filmgespräch mit Judy Kimbinge, Moderation Helena Nyberg
Mittwoch, 5. November 2014, 21:15 Uhr
Siddhar
Regie: Richie Mehta, Kanada 2013, OV/d, 96’
Ein Vater aus Neu-Delhi, der mit dem Reparieren von Reissverschlüssen die Familie kaum über Wasser halten kann, schickt seinen 12-jährigen Sohn zum Geldverdienen in eine andere Provinz. Der Junge sollte eigentlich nach einem Monat wieder nach Hause kommen, taucht aber nicht mehr auf. Auf der Suche nach seinem Kind trifft er, ein Analphabet, auf all die Widrigkeiten, denen die Kinder in Indien ausgesetzt sind. Richie Mehta drehte seinen "Siddharth" in Delhi und Mumbai, wodurch ihm ein realistisches Abbild von Indien gelungen ist. Kommentarlos zeigt er die derben Abgründe, welche die Armut mit sich zieht. Der 2013 in Venedig und Toronto präsentierte Film beweist, dass ein Filmemacher der Diaspora auch einen differenzierten Blick auf sein Herkunftsland haben kann, ohne auf westliche Klischees und lokale Tabus zurückzugreifen.
Donnerstag, 6. November 2014, 10:00 Uhr
Everyday Rebellion
Regie: Arash Riahi, Arman T. Riahi, A/CH 2013, OV/d, 118’
Was haben Occupy, die spanischen Indignados und der arabische Frühling gemeinsam? Was verbindet die Demokratiebewegung im Iran mit dem Kampf in Syrien? Wo sind die Berührungspunkte zwischen den ukrainischen Oben Ohne-Aktivistinnen von Femen und den oppositionellen Protesten in Ägypten? Die Gründe für den Protest sind in jedem Land ganz unterschiedlich, aber die kreativen gewaltfreien Taktiken sind sehr ähnlich und inspirieren sich gegenseitig auf überraschende Weise.
Als roten Faden zeigt «Everyday Rebellion» die unkonventionellsten und kreativsten Methoden von Widerstand und stellt das Leben und Arbeiten von Aktivisten rund um den Globus vor, die oftmals das eigene Leben im Kampf um eine bessere Zukunft riskieren. Der Film ist eine Hommage an die Kraft und die Macht, die zivilem Ungehorsam und den kreativen, gewaltfreien Protestformen weltweit innewohnt. Ein hoffnungsvolles und mitreissendes Filmexperiment.
Donnerstag, 6. November 2014, 13:30 Uhr
Wir kamen um zu helfen
Regoe: Thomas Isler,CH 2013, OV/d, 87'
«Wir kamen um zu helfen» reflektiert die Geschichte der Schweizer Entwicklungshilfe in Ruanda von 1960 bis zum Genozid 1994. Der Film basiert auf Erzählungen der ehemaligen ruandischen und Schweizer Mitarbeiter zweier erfolgreicher Projekte, der Verkaufsgenossenschaft TRAFIPRO und der Banque Populaire.
Ruanda 1973 – eines Morgens fand sich an den Eingangstüren der Schweizer Entwicklungshilfe eine Liste mit Namen von Tutsis, die per sofort aus der Verkaufsgenossenschaft TRAFIPRO entlassen wurden. Die Schweizer Entwicklungshelfer waren empört über diese rassistische Massnahme, doch keiner wehrte sich, weil keiner das erfolgreiche Entwicklungsprojekt gefährden wollte.
20 Jahre später wiederholte sich diese Geschichte und mündete in einen Genozid von über 800’000 Menschen. Erst diese Katastrophe führte zu einer Neuorientierung der Schweizer Entwicklungshilfe und ihrem temporären Rückzug aus dem Land.
Diese ruandische Erfahrung war eine harte Bewährungsprobe für die Schweizer Entwicklungshilfe, und der Film stellt Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen von Entwicklungshilfe im Kontext einer grossen politischen Krise.
Donnerstag, 6. November 2014, 15:10 Uhr
Bai Ri Yan Huo – Black Coal, Thin Ice
Regie: Diao Yinan, China/Hong Kong 2014, OV/d, 106’
1999 kommt es in einer Kleinstadt im Norden Chinas zu schrecklichen Leichenfunden. Bei der Festnahme der mutmasslichen Mörder ereignet sich ein blutiger Zwischenfall, bei dem zwei Polizisten sterben und einer schwer verletzt wird. Der überlebende Polizist, Zhang Zili, wird vom Dienst suspendiert und arbeitet fortan als Wachmann in einer Fabrik. Fünf Jahre später geschehen wieder mysteriöse Morde. Mit Hilfe eines ehemaligen Kollegen nimmt Zhang auf eigene Faust Ermittlungen auf. Er entdeckt, dass alle Opfer in Beziehung zu einer jungen Frau standen, die in einer Reinigung arbeitet. Zhang gibt sich als Kunde aus, nimmt ihre Verfolgung auf und verliebt sich in die schweigsame Wu Zhizhen. An einem kalten Wintertag macht er eine furchtbare Entdeckung. Er gerät in Lebensgefahr und muss erfahren, dass Schuld und Unschuld nicht immer zu trennen sind. Mit den Figuren des einsamen Ex-Polizisten und der Femme fatale zitiert Diao Yinan den klassischen Detektivfilm. Sein dritter Spielfilm ist ein Film noir in entsättigten Farben, der mit diesem Genre spielt und gleichzeitig in das Leben ganz gewöhnlicher Menschen führt. «Bai Ri Yan Huo» gewann dieses Jahr den Goldenen Bären in Berlin.
Donnerstag, 6. November 2014, 17:30 Uhr
My Name is Salt
Regie: Farida Pacha, Indien 2013, OV/d, 92’
Die Wüste erstreckt sich endlos – flach, grau, unerbittlich. Kein einziger Baum, kein Grashalm oder Felsen. Nur eines gibt es hier im Überfluss: Salz. Salz ist überall, nur wenige Meter unter der sonnengebackenen Erdoberfläche. Dies ist die Little Rann of Kutch, ein 5’000 Quadtratkilometer grosser, ehemaliger Meerbusen.
Jahr für Jahr ziehen tausende Familien in Indien für endlose acht Monate in diese Wüste, um Salz aus dem glühenden Boden zu holen. Mit jedem Monsun werden ihre Salzfelder weggespült und die Wüste verwandelt sich in Meer. Trotzdem kehren die Salzbauern zurück, voller Stolz, das weisseste Salz der Erde zu produzieren. Fasziniert von dem Thema hat Farida Pacha in der Salzwüste von Kutch, im Westen Gujarats, im Laufe eines ganzen Jahres unglaubliches Material sammeln können und daraus einen preisgekrönten Dokumentarfilm gestaltet. Diese Vorstellung wird vom Claro Laden Thusis gesponsort. Um 17.00 offeriert der Claro Laden einen Apéro. Anschliessend Filmgespräch mit Farida Pacha, Moderation Helena Nyberg
Donnerstag, 6. November 2014, 20:15 Uhr
Difret
Regie: Zeresenay Mehari, Äthiopien 2013, OV/d, 99’
Drei Stunden ausserhalb von Addis Ababa wird die 14-jährige Hirut auf ihrem Schulweg von Männern auf Pferden entführt. Die mutige Hirut greift nach einem Gewehr und versucht zu fliehen, doch der Versuch endet damit, dass ihr zukünftiger Ehemann erschossen wird. In ihrem Dorf gehört die Entführung in die Heimat zu den alten Traditionen Äthiopiens. Die Anwältin Meaza Ashenafi kommt aus der Stadt, um Hirut vor Gericht zu vertreten. Zeresenay Berhane Mehari, in Äthiopien geboren und in den USA ausgebildet, drehte «Difret» in der Nationalsprache Amharisch. Das Wort „difret“ hat doppelte Bedeutung: Es heisst „mutig sein“, aber auch „vergewaltigt werden“. Der auf wahren Begebenheiten beruhende Film fragt nach einem möglichen Aufbruch des Landes in die Moderne und danach, was geschieht, wenn jahrhundertealte Traditionen gebrochen und Glaubenssätze aufgekündigt werden.
Donnerstag, 6. November 2014, 22:00 Uhr
Workers
Regie: José Luis Valle, Mexika/D 2013. OV/d, 120’
Rafael putzt bei Philips und bereitet sich akribisch auf seine Pensionierung vor. Ein paar neue Schuhe, eine neue Frisur – der neue Lebensabschnitt will bestens vorbereitet sein. Aber dann kommt alles anders, Pensionierung Fehlanzeige. Das andere Leben, das parallel zu Rafaels verläuft, ist das von Lidia. Sie kümmert sich um eine kranke ältere Dame, deren Hündin Princesa und Haus. Als die Chefin stirbt, erbt Princesa alles, mit samt den Angestellten. Lidias Aufgabe ist es, die Hündin genau so weiter zu hegen und zu pflegen wie bisher. Ist alles gleich geblieben? Nicht ganz. Mit langsamen und kleinen Schritten versuchen die Beiden dem monotonen Alltag zu entfliehen.
Freitag, 7. November 2014, 09:00 Uhr
Kick Off
Regie: Shawkat Amin Korki, Irak 2009, OV/d, 81’
Das Fussballstadion in Kirkuk, dem kurdischen Norden Iraks, ist der Hauptschauplatz des Spielfilms von Shawkat Amin Korki. Hier haben sich die verschiedensten Familien eingenistet, um darauf zu warten, dass sich ausserhalb des Stadions das Leben wieder normalisiert. Ihr improvisierter Alltag ist zur Normalität geworden. Die Gegenwart ist alles, was sie haben, jede Minute eine Preziose, denn schon die nächste kann die letzte sein. Das gilt ja eigentlich überall auf der Welt und für alles Leben, aber hier und in diesem Stadion, das zum Lebensraum einer bunten Menschengruppe geworden ist, ganz besonders intensiv und verrückt.
Amin Korki hat sich für Schwarzweiss als Hauptfarbe entschieden und darin einzelne Tupfer eingebaut, die mit zum Charme seiner stillen Komödie gehören und zum Spiel, das er sich erlaubt. Es ist, als würde er uns bedeuten: Verliert nur zwei Dinge nie im Leben: Die Liebe und den Humor. Auch wenn alles zum Verzweifeln ist.
Freitag, 7. November 2014, 10:30 Uhr
Manuscripts Don’t Burn
Regie: Mohammad Rasoulof, Iran 2013, OV/d, 127’
Wie kann man von extremer Gewalt erzählen, ohne sich in Exzessen zu verlieren? Regisseur Mohammad Rasoulof zeigte in Cannes einen Film, der im Iran aufgrund der Zensur nie ins Kino kommen wird.
Der Film dreht sich um das Manuskript eines Romans, dessen Veröffentlichung um jeden Preis verhindert werden soll. Morteza und Khosrow erhalten in Teheran die Anweisung, drei regimekritische Schriftsteller zu liquidieren. Das Attentat ist so angelegt, es als Selbstmord aussehen zu lassen. Bald wechselt die Perspektive zu den drei renitenten Schriftstellern. Diese werden, einem Paranoia-Thriller entsprechend, mit Überwachungskameras rund um die Uhr beobachtet. Rasoulof wechselt ständig den Blick zwischen den drei Schriftstellern, deren Lage immer bedrohlicher wirkt, und einem der auf sie angesetzten Killer. Es ist verstörend zu sehen, dass Quälen und Töten für diesen Mann etwas ganz und gar Alltägliches geworden sind. Im letzten Bild lässt ihn Rasoulof in einer Menschenmenge verschwinden. Die Mörder sind unter uns. 2010 wurde Rasoulof wegen seiner regimekritischen Arbeiten zu sechs Jahren Haft verurteilt; später wurde die Strafe auf ein Jahr mit Bewährung reduziert.
Freitag, 7. November 2014, 12:50 Uhr
Herencia
Regie: Paula Hernández, Argentinien 2001, OV/d, 90’
Peter reist von Deutschland nach Buenos Aires, um jene Frau zu finden, in die er sich vor einiger Zeit Hals über Kopf verliebt hat und mit der er zusammenleben will. Er hat von ihr aber nicht viel mehr als den Namen, eine Adresse, die nicht mehr stimmt, und die Erinnerung an verzaubernde Momente. Peter trifft fürs Erste auf Olinda, die eine Quartierkneipe führt und selber vor einem halben Jahrhundert auf der Suche nach ihrer grossen Liebe in Argentinien gestrandet war. Allein schon das Dekor und die gute Küche lohnen den Besuch in Olindas Kneipe und Hernández‘ stimmigen Film über das Lieben im Leben.
Die Filmemacherin Paula Hernández gehört heute zu den Schlüsselfiguren des argentinischen Filmschaffens. Filme wie «Lluvia» oder «Un amor» waren auch bei uns zu sehen und haben mit ihrem sensiblen Blick in den Beziehungsalltag überzeugt. Jetzt ist es trigon-film gelungen, Paula Hernández Erstling «Herencia» in die Schweiz zu bringen. Auch wenn die Premiere schon ein paar Jährchen alt ist: Hier lohnt es sich bestimmt. Eine kleine Perle, in der es bereits um das zentrale Thema im Werk der Argentinierin geht, um die Liebe, die Welten versetzen kann und Menschen in jeder Beziehung bewegt.
Freitag, 7. November 2014, 14:30 Uhr
Roque Dalton, erschiessen wir die Nacht
Regie: Tina Leisch, Österreich/El Salvador/Cuba 2013, OV/d, 85’
Dalton (1935-1975) war, wenn man so will, der Bertolt Brecht von Mittelamerika, ein marxistischer Dichter mit revolutionärer Überzeugung und klarer Sprache, die nicht vor volkstümlicher Ausdrucksweise oder Schimpfworten zurückschreckte. Er war ein antikapitalistischer Pionier, half beim Aufbau von Guerillagruppen, war zwei Mal zum Tode verurteilt (und entkam zwei Mal), bereiste im Exil ganz Lateinamerika, Europa (u.a. auch Wien), China und Korea. Die Umstände seiner Ermordung durch eine Fraktion seiner eigenen Organisation sind bis heute nicht ganz geklärt.
Leisch inszeniert die Spurensuche in “Roque Dalton – Erschiessen wir die Nacht!” als Reise durch das Land, bewaffnet mit einem (teils animierten) Pappaufsteller Daltons und einem dicken Buch mit ausgewählten Werken. Sie spricht mit Wegbegleitern, Freunden, seiner Witwe und seinen Geliebten, fängt die warme Erinnerung an den Volkshelden ebenso ein wie die Bewunderung für dessen Kampf – und wie schon bei “Gangster Girls” werden teils Dialoge in Form eines Theaterstücks auf die Bühne und damit vor die Kamera gebracht. Anschliessend Filmgespräch mit Tina Leisch, Moderation Daniel von Aarburg
Freitag, 7. November 2014, 16:20 Uhr
Tour du Faso
Regie: Wilm Huygen, D/F 2013, OV/d, 92’
Culture-Clash auf den Sandpisten Burkina Fasos. Die Tour du Faso ist Afrikas grösstes Radrennen. Auf zehn Etappen quer durch Burkina Faso kämpfen europäische Radsport-Abenteurer und afrikanische Lokalmatadoren leidenschaftlich um die Verwirklichung ihrer Träume.
Zwar ist das seit 1987 jährlich stattfindende Rennen eine Adaption der Tour de France. Dennoch hat es sich einen Charakter als zwar „gescheiterte“, aber viel sympathischere Kopie des europäischen Originals bewahrt. So fährt man teilweise bei 40 Grad im Schatten auf unbefestigten Strassen, die Werbekarawane besteht aus zwei Jeeps und die Fahrer schlafen in Zeltlagern mitten in der Savanne. «Tour de Faso» nimmt die Zuschauer mit auf eine Zeitreise zurück in vorkommerzialisierte Radsport-Jahrzehnte. Wir lernen den Radsport, Afrika und den Kampfgeist sympathischer Underdogs in ihrem ursprünglichen Charakter kennen. Es bleibt spannend bis zum Schluss – nicht nur in der Frage, wer am Ende siegt, sondern auch inwieweit sich die kulturellen Fronten überwinden lassen.
Freitag, 7. November 2014, 18:40 Uhr
Focus WFTT
Wir freuen uns sehr, dass der bekannte indische Menschenrechtsaktivist Rajagopal P.V. an diesem Focus spricht. Rajagopal wird auch bei den beiden Aufführungen von «Millions Can Walk» (Di 4.11. 19:15 und So 9.11. 9:00) anwesend sein und an Filmgesprächen teilnehmen Diese werden von Küde Meier von CESCI moderiert.
Freitag, 7. November 2014, 19:30 Uhr
Waiting for the Clouds
Regie: Yesim Ustaoglu, Türkei/D/F GR 2004, OV/d, 87’
Im Jahre 1975 lebt die sechzigjährige Ayshe in einem türkischen Fischerdorf westlich von Trabzon, wo sie seit dem Tod ihrer älteren Schwester zunehmend vereinsamt. Der Nachbarsjunge Mehmet, zu dem sie ein grossmütterliches Verhältnis entwickelt hat, sorgt sich um sie. Niemand weiss um Ayshes seit fünf Jahrzehnten gehütetes Geheimnis: Vor ihrer Adoption war sie die Tochter orthodoxer pontischer Griechen, die in der Türkei lebten. Ihr Taufname war Eleni. Fünfzig Jahre nach der Separation von ihrem Bruder, von dem sie als Kind getrennt wurde, nun willens, ihre eigenen Wurzeln zu erkunden und den verlorenen Bruder zu finden, reist sie nach Griechenland.
«Waiting for the Cloud» ist nicht nur ein Film über ein dunkles und nach wie vor mit einem Tabu behaftetes Thema türkischer Geschichte, sondern er erzählt auch von erlebten Traumata und dem schmerzhaften Prozess der Bewusstwerdung und Auseinandersetzung mit erlebtem und erlittenem Schrecken. Eingebettet ist das Ganze in unvergleichlich schöne Naturaufnahmen eines fast unwirklichen Ortes, vor dessen atemberaubendem Hintergrund die menschlichen Tragödien noch schärfer konturiert erscheinen.
Freitag, 7. November 2014, 21:15 Uhr
Timbuktu
Regie: Abderrahmane Sissako, Mali 2014, OV/d, 100’
Die von Mythen umwobene malische Stadt Timbuktu wird von Dschihadisten übernommen, die ihre Vorstellungen des Lebens mit Mitteln von Gewalt und Einschüchterung der muslimischen Bevölkerung aufzwingen wollen. Diese lebt zwar längst nach den Regeln des Korans und sieht sich mit einem Mal Vorschriften gegenüber, die mit ihrem Glauben nichts zu tun haben. Sissako zeichnet seine religiöse Extremisten nicht als üble Kerle, sie sind vielmehr ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Fanatikern, unfähig, im Alltag zu bestehen und voll von Widersprüchen. Für die Menschen in Timbuktu ist es nicht nachvollziehbar, warum sie nicht mehr rauchen, musizieren oder Fussballspielen sollen, warum selbst die Fischverkäuferin auf dem Markt Handschuhe tragen muss. Zu den Glanzpunkten dieses federleicht daherkommenden Films über die Tragödie religiösen Fundamentalismus› gehört ein Fussballspiel ohne Ball. Bravourös erzählt Sissako in atmenberaubenden Bildern und einer Sanftheit, die das Drama, das er betrachtet, erst recht hervorhebt.
Freitag, 7. November 2014, 23:00 Uhr
Eduardo Falú
Regie: Oliver Primus Arno Oehri, Argentinien 2009, OV/d, 82’
Das ist ein poetischer Reisebericht zur einzigartigen Musik des argentinischen Maestro Eduardo Falú (1923 – 2013) und gleichzeitig ein lebensnahes Portrait dieses grossartigen Musikers. Ausgehend von seiner speziellen Beziehung zur Landschaft im Nordwesten Argentiniens, zu seiner Heimatstadt Salta, zu den weiten Ebenen der Pampa, zum hochaufragenden Gebirge der Anden mit seinen dramatischen Schluchten, fruchtbaren Tälern und kargen Hochebenen, verfolgt das Filmportrait die Stationen seines Lebens und seiner Karriere.
Samstag, 8. November 2014, 09:00 Uhr
Ahimsa – Die Stärke von Gewaltfreiheit
Regie: Karl Saurer, CH/Indien 2012, OV/d, 65’
Die Geschichte der Dorfgemeinschaft Sannai im indischen Madhya Pradesh gibt einen faszinierenden Einblick in die Stärke von Gewaltfreiheit: «Ahimsa». Nach einem langen gewaltfreien Kampf gelingt es den Adivasi – Teil der indischen Urbevölkerung – mehr Recht auf Land und Wasser zu erstreiten. In einer von Korruption und Kastenkonflikten geprägten Gesellschaft unterstützen Aktivist/-innen der Basisbewegung «Ekta Parishad» die Adivasi in ihrem beharrlichen Kampf.
Allen voran der charismatische Begründer von «Ekta Parishad»: P.V. Rajagopal. Er berichtet über die Geschichte und die Erfolge seiner beharrlichen Arbeit, die in den 70er Jahren begann. Damals gelang es ihm und seinen Gefährten, eine grosse Gruppe von «Dacoits» – Rebellen, die grosse Teile des Cambal Valley beherrschten – zur Niederlegung ihrer Waffen zu überzeugen. Im Film berichten ehemalige «Dacoits» von ihrem Gesinnungswandel und wie sie sich den Gandhi-Nachfahren anschlossen. Gemeinsam kämpfen sie heute für die Rechte der Landlosen, Vertriebenen und unterdrückten Minderheiten in Indien.
Samstag, 8. November 2014, 10:15 Uhr
Inequality for All
Regie: Jacob Kornbluth, USA 2013, OV/d/f, 85’, doc
Welche Rolle spielt die Ungleichheit der Löhne in der Verschlechterung der wirtschaftlichen Gesundheit, für die soziale Struktur und die Demokratie eines Landes? Eine ernste Frage, der sich der amerikanische Ökonom Robert Reich in seiner Vorlesung für die Berkeley-Studierenden mit einer gehörigen Portion Schalk annimmt. Grafiken, Interviews und bewusst absurde Beweisführungen begleiten den Unterricht des ehemaligen US-Arbeitsministers unter Bill Clinton.
«Inequality For All» schafft es, eine Debatte über die Krise auszulösen und einfache Antworten zu liefern. Insofern kann der Film als eine Art ökonomische Entsprechung zu Al Gores «An Inconvenient Truth» (2006) betrachtet werden. Für seinen als Komödie angelegten Dokumentarerstling erhielt Jacob Kornbluth den Jury-Spezialpreis am Sundance Film Festival 2013.
Samstag, 8. November 2014, 11:50 Uhr
The Square
Jehane Noujaim, Ägypten/USA 2013, OV/d, 104’, doc
Leidenschaft, Konflikte, Überzeugungen, Zweifel: «The Square», dessen Titel eine Hommage an den Tahrir-Platz in Kairo ist, begleitete über mehrere Jahre Demonstranten bei der ägyptischen Revolution, die mit Hosni Mubaraks Sturz nicht und noch lange nicht zu Ende gehen sollte. Monat über Monat, Demonstration über Demonstration versuchen die Protagonisten mit opferwilligem Einsatz, eine neue Gesellschaft aufzubauen.
Seit seiner Weltpremiere am Sundance Film Festival 2013, wo er den Publikumspreis erhielt, kann «The Square» eine beeindruckende Sammlung von Auszeichnungen vorweisen: Den People’s Choice Award beim Toronto International Film Festival im September, den IDA Award für den besten Film der International Documentary Association, und nicht zuletzt ein Platz in der Endauswahl für den Oscar 2014 in der Kategorie bester Dokumentarfilm.
Samstag, 8. November 2014, 13:50 Uhr
Un mundo secreto
Regie: Gabriel Mariño, Mexiko 2012, OV/d, 87’
„Maria, irgendwann wird dich jemand bemerken und erkennen, wie besonders du bist …“, notiert Maria in ihr Tagebuch. Sie schreibt sich auch sehnsüchtige Liebesbriefe. Niemand bemerkt ihre Verzweiflung. Wie auch, Maria ist unscheinbar und spricht kaum. Auch nicht mit den Jungs, die sie öfter mit sich schlafen lässt, einfach so. Danach schlägt sie sich fest ins Gesicht. So kann ihr Leben nicht weitergehen.
Anstatt ihren letzten Schultag mit den anderen zu feiern, packt Maria ihren Rucksack, nimmt einen Überlandbus und fährt los, quer durch Mexiko. Sie erlebt ein ebenso schönes wie verkommenes Land mit jungen, alleine gelassenen Müttern und Männern auf der Suche nach anderen Frauen. Wer Glück hat, schafft es über die Grenze in die USA. Dann begegnet Maria einem jungen Mann, der anders ist. Respektvoll, aufmerksam und sogar zu schüchtern, um ein Hotelzimmer mit ihr zu teilen. Der Film ist nicht nur ein stilles Roadmovie. Er ist auch ein Gedicht aus sorgfältig komponierten Bildern und Tönen. Unschärfen spiegeln die Wahrnehmung der introvertierten Protagonistin.
Samstag, 8. November 2014, 15:30 Uhr
Memories on Stone
Regie: Shawkat Amin Korki, Irak 2014, OV/d/f, 97’
Nach dem Sturz Saddam Husseins im Irak, beschliessen die kurdischen Jugendfreunde Hussein und Alan einen Film über die Anfal Operationen, den Genozid des irakischen Regimes gegen die kurdische Bevölkerung im Nordirak, zu drehen. Aber das Filmemachen im Nachkriegskurdistan ist kein einfaches Spiel und die schwierigste Aufgabe scheint das Finden der weiblichen Hauptdarstellerin. Doch dann taucht plötzlich Sinur auf: jung, schön und vom Projekt begeistert. Aber Sinur kann nicht alleine entscheiden: ihr Cousin Hiwar und sein Vater, Onkel Hamid, haben ihr Schicksal in der Hand. Die Probleme werden immer grösser, sie haben kein Geld mehr, aber Hussein und Alan opfern alles um weiterdrehen zu können. Doch dann, in einem tragischen Moment, wird Hussein während des Drehs der finalen Szene angeschossen. Die grösste Frage von allen: Wird es der Film jemals auf die Leinwand schaffen? Anschliessend Filmgespräch mit Shawkat Amin Korki, Moderation Hüseyin Haskaya
Samstag, 8. November 2014, 18:20 Uhr
Lock Charmer
Regie: Natalia Smirnoff, Argentinien 2014, OV/d, 77’
Schlosser Sebastián ist dreiunddreissig und nicht wirklich beziehungsfähig. Dies ändert sich natürlich auch nicht, als seine Freundin Mónica ihm mitteilt, sie sei schwanger, wisse aber nicht genau von wem. Als er eines Tages ganz normal am arbeiten ist, legt sich plötzlich ein merkwürdiger Nebel über die Stadt. Sebastián hat spannende Visionen von einigen seiner Kunden. Denen liest er gehörig die Leviten. In ungewöhnlich poetischer Manier nimmt sich Natalia Smirnoff den Themen Engagement, Vaterschaft und Abtreibung an. Sowohl visuell als auch akustisch vervielfacht sie Elemente, die dadurch zum Ausdruck für das Fantastische werden: Sebastiáns spezielle Gabe, der Nebel, das Klimpern der Schlüssel sowie die Spieldosen mit ihren obsessiven Melodien. «Lock Charmer» lief im Wettbewerb des letzten Sundance Film Festivals.
Samstag, 8. November 2014, 19:50 Uhr
Tao Jie – ein einfaches Leben
Regie: Ann hui, Hong-Kong 2013, OV/d, 123’
Ah Taos Leben ist von Beginn an von wenig Freude geprägt: Sie wächst als Waise auf und darf auch danach nie erfahren, wie es ist, eine Familie zu haben. Sie wird zwar von einer Familie adoptiert, allerdings stirbt ihr Adoptivvater nur kurze Zeit später während der japanischen Besetzung Chinas. Die verbliebene Adoptivmutter sieht sich ausser Standes, Ah Tao allein grosszuziehen und schickt sie auf Arbeitssuche. Die junge Frau findet eine Anstellung als Haushälterin und Mädchen für alles im Hause der Familie Leung. Seither sind 60 Jahre vergangen und sie war für die Erziehung von drei Generationen mitverantwortlich. Allerdings sind bis auf den Filmproduzenten Roger (Andy Lau) mittlerweile alle Familienmitglieder emigriert. Dann erleidet Ah Tao einen Schlaganfall und benötigt erstmals in ihrem Leben selbst Hilfe. Da Roger wenig Zeit hat, gibt er sie in ein Altersheim. Dort angekommen, hat Ah Tao erhebliche Schwierigkeiten, sich an diese neuartige Situation zu gewöhnen. Sie ist es nicht gewöhnt, anderer Leute Plänen und Zeitvorgaben zu folgen.
Samstag, 8. November 2014, 22:10 Uhr
You Drive me Cracy
Regie: Andrea Thiele, F/D 2012, OV/d, 88’
Mumbai, München und Tokio: Drei Fahrschulen, drei Fahrschüler und fünf Nationen: Wenn man den Führerschein in einem anderen Land noch einmal machen muss, prallen Kulturen aufeinander.
Der Amerikaner Jake ist fasziniert von Japan und versucht als Grafikdesigner in Tokio Fuss zu fassen. Mirela hängt ihren Job in der Modebranche in Deutschland an den Nagel, um ein eigenes Fashionlabel in Indien zu gründen. Hye-Won ist ihrem Mann aus Südkorea nach Deutschland gefolgt, lebt nun mit Kind und Hund in München und studiert Musikwissenschaften. Um in ihrer neuen Wahlheimat selbstständig zu werden, müssen alle drei Auto fahren – und brauchen dafür einen neuen Führerschein. «You Drive me Cracy» lässt uns teilhaben am grossen und amüsanten Drama hinter dem Lenkrad, am charmanten „Kampf der Kulturen“ zwischen Fahrschülern und ihren Lehrern. Im Aufeinandertreffen mit ihren Fahrlehrern zeigt sich die Komik des „Andersseins“, aber auch die Verzweiflung an der Sprachlosigkeit, das Fremdsein jenseits der Heimat.
Samstag, 8. November 2014, 23:40 Uhr
Rio 2096: A Story of Love and Fury
Drehbuch: Luiz Bolognesi, Animation Designer: Bruno Monteiro, Brasilien 2013, OV/d/f, 98’
Janaína liebt einen Indigenen, der sich nach seinem Tod in einen Vogel verwandelt und danach mehr als ein Jahrtausend auf ihre Auferstehung wartet. Die Liebe überdauert alle Widrigkeiten, die sich im Laufe dieser Zeit zutragen: Im Jahre 1500 entdecken die Portugiesen Brasilien, 1800 hält die Sklaverei Einzug und 1970 findet die Militärdiktatur ihren Höhepunkt. Und 2096 bricht in Rio ein Krieg um Wasser aus.«Rio 2096: A Story of Love and Fury» erhielt 2013 am Internationalen Festival für Animationsfilm in Annecy den Crystal d’or und räumte auch sonst weltweit dutzende von Preisen ab. Eine echte Meisterleistung für einen der seltenen Animationsfilme für Erwachsene, der in Brasilien mit einem Budget von 4 Millionen produziert wurde und es in die Schweizer Kinos geschafft hat.
Sonntag, 9. November 2014, 09:00 Uhr
Millions Can Walk
Regie: Christoph Schaub/Kamal Musale, CH 2013, OV/d/f, 88’
Hunderttausend Inderinnen und Inder, landlose Bauern und Ureinwohner – die Adivasi – unterwegs zu Fuss. Auf staubigen Strassen, auf dem National Highway, durch Dörfer und Städte. Der im grossen Stil betriebene Abbau von Bodenschätzen, das Anlegen immenser Plantagen und mächtige Infrastrukturprojekte haben dazu geführt, dass sie vertrieben und der Grundlagen ihres friedvollen Lebens beraubt wurden – und werden. Jetzt sind sie aus dem ganzen Land angereist, um gemeinsam für eine Existenz in Würde zu kämpfen. Unter ihnen der charismatische Rajagopal, Leader und Vordenker der Bewegung. Ihr Protestmarsch führt von Gwalior ins 400 Kilometer entfernte Delhi. Sie widersetzen sich der Hitze, trotzen Krankheiten, nehmen Entbehrungen auf sich. Nicht zum ersten Mal beweist Christoph Schaub Gespür für ein interessantes Thema. Leider machte ihm die Politik einen Strich durch die Rechnung: Als er nach ausführlicher Recherche nicht zum Dreh einreisen durfte, musste Kamal Musale, ein indischer Regisseur mit Schweizer Pass, seinen Platz vor Ort einnehmen. Schaub mutierte so zum Fernbedienungsregisseur und für den Schnitt Verantwortlichen. Am anschliessenden Filmgespräch nehmen Rajagopal und Karl Saurer teil, Moderation Küde Meier.
Sonntag, 9. November 2014, 12:30 Uhr
Class Enemy
Regie: Rok Bicek, Slowenien 2013. OV/d, 112’
Der neue Deutschlehrer ist streng und gerecht und von einer grossen Liebe zur Literatur beseelt. Er will seine Schülerinnen und Schüler auch auf den Ernst des Lebens vorbereiten, der in den grossen Werken der Klassiker natürlich enthalten ist. Doch von Anfang an herrscht eine angespannte Stimmung zwischen den Jugendlichen, die gerade ihre Lieblingslehrerin verloren haben, und dem neuen, anspruchsvollen Lehrer. Nach einem Gespräch mit ihm ist die 17-jährige Sabina in Tränen aufgelöst. Als sie sich wenig später das Leben nimmt, hält die Klasse den neuen Lehrer Robert für den Schuldigen. Sie beginnt einen Klassenkampf mit ihm. Auch wenn ihnen jeder Beweis fehlt, wollen sie mit allen Mitteln seine Autorität brechen. Der Schulaufstand beschreibt die Identitätskrise des Lehrer-Daseins in unseren Gesellschaften ebenso präzise wie die Hybris einer Schülergeneration, die vor nichts mehr Respekt hat. Die Geschichte von «The Dead Poets Society» von Peter Weir erreicht uns hier in ihrer vollkommenen Umkehrung. Wo landen wir, wenn keinerlei Autoritäten mehr akzeptiert werden, nicht einmal mehr die der Poesie?
Sonntag, 9. November 2014, 14:30 Uhr
Tumult im Urwald
Regie: Lisa Faessler, CH 1998, OV/d, 80’
«Tumult im Urwald» nimmt endgültig Abschied von der Idee, die Naturvölker, so heissen sie wohl noch immer, müssten allesamt bessere Menschen sein als die zivilisationsverdorbenen Bewohner des Planeten, wie seinerzeit von Rousseau (und Karl May) kategorisch gefordert. Lisa Faessler beschreibt unbehauen und kommentarlos, mit frischer Neugier, was sie gesehen hat, wie immer schlecht es ihr oder andern in den Kram passt. Faessler beobachtet die Beobachteten bei ihren alltäglichen Verrichtungen und zugleich die Beobachterin Rival – (die französische Anthropologin Laura Rival doktorierte über die Huaorani. Sie lebte mehrmals einige Monate mit ihnen und interessiert sich insbesondere auch für das ,Speeren›, das Töten und Getötetwerden) – bei ihrer Forschung. So reflektiert sie als filmische Mittlerin das Unbehagen gegenüber diesem forschen Ethnographenblick.
Im Anschluss würdigt der Kameramann Pio Coradi Lisa Faesslers Leben und Schaffen.
Sonntag, 9. November 2014, 16:30 Uhr
Kuzu
Regie: Kutlug Ataman, Türkei/D 2014, OV/d, 87’
Traditionell wird in den Dörfern in den Hochländern Ostanatoliens die Beschneidung in den Familien mit rauschenden Festen gefeiert. Eigentlich müsste sich auch Mert dem Zeremoniell unterziehen, doch fehlt seinem Vater einfach das Geld dafür. Auch Merts Mutter verdient mit dem Sammeln von Weidenruten zu wenig, als dass sich die Familie das erforderte Lamm leisten könnte. Aus Spass neckt Merts Schwester ihn mit der Aussage, dass, wenn sie sich kein Lamm kaufen können, eben Mert geschlachtet werden müsste. Doch damit beginnt das Chaos erst. Der Film zeichnet sich durch eine grosse Liebe zu seinen Figuren aus und beleuchtet sowohl die seelischen Nöte des verunsicherten Kindes als auch die Irrwege des schwachen, von der Last der Verantwortung überforderten Vaters. Dass die Mutter schliesslich eine Lösung findet, die ihr und den Kindern einen Weg in die Zukunft ermöglicht, gehört zu den überraschenden Wendungen des Films, in dem die winterliche Natur Anatoliens eine besondere atmosphärische Rolle spielt.
Sonntag, 9. November 2014, 18:15 Uhr
Nelson Mandela: The Myth & Me
Regie: Khalo Mathabale, SA/CH 2014, OV/d, 85’
Khalo Matabane hinterfragt Nelson Mandela, den Helden seiner Kindheit, dessen Bilder damals offiziell verboten waren. Obwohl dazu erzogen, ihn vorbehaltlos zu idealisieren, entwickelte der Filmemacher eine wachsende Skepsis: Ging Mandelas Politik der Versöhnung zu weit? Welchen Preis muss das Land dafür zahlen? In Interviews mit internationalen Persönlichkeiten greift der Film die anhaltenden Kontroversen um den Mythos Mandela auf. Khalo Matabane ist preisgekrönter Filmemacher, Autor und Produzent. Die Doku-Fiktion „Conversations on a Sunday Afternoon“, die die Lage von Flüchtlingen in Südafrika erkundet, war Teil des offiziellen Programms auf dem Toronto Film Festival und gewann den Preis der ökumenischen Jury auf der Berlinale 2006. Sein erster Spielfilm „State of Violence“ (2010) fand regen Zuspruch unter Kritikern auf zahlreichen Filmfestivals, u.a. von Toronto und Berlin. 2013 erschien sein neuer Film «Nelson Mandela: The Myth and Me» ist ein Dokumentarfilm über die Kontroversen um Mandelas Politik der Versöhnung.
Sonntag, 9. November 2014, 20:00 Uhr
The Nightingale
Regie: Philippe Muyl, China/F 2012, OV/d, 101’
Zhigen löst das Versprechen ein, das er seiner Frau gemacht hat: Er kehrt in sein Heimatdorf zurück, um seinem Vogel die Freiheit zu geben, der sein einziger Freund im Alter war. Er wollte diese Reise allein machen, aber man vertraut ihm seine Enkelin Renxing an. Sie ist ein verhätscheltes Stadtkind, das gezwungen wird, mit ihm mitzugehen. Auf der Reise zur Grenze des traditionellen China – inmitten einer prächtigen Landschaft – lernen sich diese zwei Menschen kennen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie teilen Erinnerungen und erleben zusammen Abenteuer. Das kleine Mädchen entdeckt neue Werte – vor allem jene des Herzens. Gedreht wurde der Film hauptsächlich in Peking sowie in der Provinz Guangxi in Yangshuo, Guilin und in der Nähe von Sanjiang in Dörfern der Dong-Minderheit.
Dienstag, 27. Oktober 2015, 15:00 Uhr
Pepe Mujica – el presidente
Regie: Heidi Specogna,Uruguay/D 2014, Spanisch/d/f, 94’, doc
Ein ehemaliger Widerstandskämpfer, der zum Präsidenten von Uruguay gewählt wird und fast 90 Prozent seines Gehalts für soziale Projekte spendet: Pepe Mujica, eine der charismatischsten Persönlichkeiten Lateinamerikas, ist als «der ärmste Präsident der Welt» bekannt geworden. Stets ist er, der aus politischen Gründen viele Jahre im Gefängnis sass, seinen Idealen treu geblieben. Sein bescheidener Lebensstil – statt im Regierungspalast wohnt er in einer kleinen Finca – und sein unkonventionelles Auftreten untermauern seine Glaubwürdigkeit bei Jung und Alt. Pepe Mujica vertritt seine Anliegen mit Humor, Verstand und Leidenschaft, sein politisches Engagement für eine gerechtere Gesellschaft stösst international auf Aufmerksamkeit und Zuspruch. José Mujica, genannt El Pepe, ist als „der ärmste Präsident der Welt“ ein Begriff geworden. Der ehemalige Guerrillero gilt als eine der charismatischsten politischen Persönlichkeiten Lateinamerikas. Sein bescheidener Lebensstil und sein unkonventionelles Auftreten im politischen Protokoll machen ihn glaubhaft für Jung und Alt – nicht nur, weil er fast 90% seines Präsidentengehalts an soziale Projekte und NGOs spendet. Die politischen Visionen des ehemaligen Präsidenten Uruguays erregten weltweites Aufsehen.
Dienstag, 27. Oktober 2015, 16:45 Uhr
Refugiado
Regie: Diego Lerman, Arg 2014, Spanisch/d/f, 93’
Der Junge Matias und seine Mutter Laura verlassen in Panik ihre Wohnung, nachdem die Frau einmal mehr von ihrem Mann geprügelt wurde. Matias ist achtjährig und Laura wieder schwanger. Zusammen suchen Mutter und Kind einen Ort, an dem sie sich sicher fühlen können. Diego Lerman erzählt von einem Flüchtlingspaar in der eigenen Stadt. Buenos Aires ist austauschbar, denn das, was die beiden erleben, könnte sich überall abspielen, auch bei uns. Packend ist der Film inszeniert, konsequent beschreibt der Regisseur die Wahrnehmung des Kindes in einer Situation, die für die Mutter unhaltbar geworden ist.
Es ist zutiefst beeindruckend, wie Diego Lerman es schafft, von der Gewalt an einer Mutter zu erzählen, ohne äusserliche Gewalt zu zeigen. Die Absenz des Mannes macht einen schönen Teil der ungemeinen Kraft dieses Filmes aus, der uns nach innen blicken lässt, indem er aufs Ablenkende an der Oberfläche verzichtet. Er wählt dabei den unschuldigen Blick eines aufgeweckten Knaben, der wahrnimmt, aber nicht wirklich einordnen kann. Entstanden ist ein eigentlicher Krimi, der die schiere Ausweglosigkeit fühlbar macht.
Dienstag, 27. Oktober 2015, 18:30 Uhr
Io sto con la sposa
Regie: Antonio Augugliaro, Khaled Soliman al Nassiry, Gabriele del Grande, Palästina/Italien 2014, OV/d, 89’
Verkleidet als Hochzeitsgesellschaft schleusen die Regisseure Gabriele del Grande, Khaled Soliman al Nassiry und Antonio Augugliaro fünf syrische Flüchtlinge durch Europa. Unterstützt von italienischen und syrisch-palästinensischen Aktivisten und immer begleitet von der Kamera halten sie diese aussergewöhnliche Reise von Mailand nach Stockholm dokumentarisch und in poetischen Bildern fest.
Auf emotional berührende, aber auch humorvolle Art und Weise beleuchtet der Film die Ursachen und Hintergründe der Flucht. Die Protagonisten dieser Reise erzählen ihre persönliche, zumeist tragische Geschichte. Manchmal geschieht dies unerwartet, etwa während einer Feier, nachdem die französische Grenze passiert worden ist: Manar rappt seine Geschichte von Flucht und Vertreibung und Ahmad bringt in Bochum die zynische Realität der europäischen Flüchtlingspolitik mit der Frage auf den Punkt: "Wie kann es sein, dass jemand 1000 Dollar bezahlt, um zu sterben?"
Der Film wurde unter anderem 2014 auf den Internationalen Filmfestspielen in Venedig mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Im Anschluss an die Vorstellung spricht Mussie Zelai, eritreischer Priester und wichtige Kontaktperson für eritreische Flüchtlnge. Der Trägerverein der Bündner Beratungsstelle für Asylsuchende wird im Foyer mit einem Infostand anwesend sein.
Dienstag, 27. Oktober 2015, 21:15 Uhr
Umrika
Regie: Prashant Nair, Indien 2015, OV/d, 98'
Als Udai beschliesst, sein kleines Heimatdorf zu verlassen, um in das geheimnisvolle Land Umrika auszuwandern, sind die Bewohner von Jitvapur in hellster Aufregung. Alle haben sie schon von diesem wunderbaren Ort gehört. Der Abschied von seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder Ramakant findet unter den neugierigen Blicken des ganzen Dorfes statt. Alle Einwohner wünschen ihm nur das Beste, und Udai verspricht, regelmässig zu schreiben. Nach dem Abschied wartet Udais Mutter Woche für Woche vergeblich auf eine Nachricht von ihrem Sohn. Als dann schliesslich doch noch ein Brief von Udai eintrifft, hellt sich die Stimmung im ganzen Dorf sichtlich auf und ein regelrechter Umrika-Hype entsteht. Fortan treffen in regelmässigen Abständen neue Briefe ein, und die Bewohner verzehren sich nach den neuen Geschichten und Fotos aus Umrika. Einige Jahre und viele Briefe später stirbt der Vater von Udai nach einem tragischen Unfall. In der Folge erfährt Ramakant, was wirklich hinter den Briefen seines Bruders steckt. So beschliesst er kurzerhand, Udai zu folgen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 13:30 Uhr
Die Stimme des Adlers
Regie: René Bo Hnasen, S/D/DK 2009, deutsch, 82’
Mit der teils prächtig bebilderten Selbstfindungsreise eines mongolischen Nomadenjungen versucht sich der norwegische Dokumentarfilmer Rene Bo Hansen erstmals an einem Spielfilm.
Der 13-jährige Bazarbai lebt mit seiner Nomadenfamilie im westlichsten Teil der Mongolei. Eigentlich würde er gerne wie sein älterer Bruder die Einöde verlassen und sein Glück in der Hauptstadt Ulan-Bator suchen. Doch sein Vater will ihn der Familientradition entsprechend zum Adlerjäger ausbilden. Als der Adler durch Bazarbeis Unachtsamkeit davonfliegt, gerät die Suche nach ihm zum Abenteuer. Er wird von Wölfen bedroht, landet bei einem skrupellosen Zirkusdirektor und flüchtet mit einem Mädchen in ein Kloster, bis er sogar seinen grossen Bruder retten kann, der bei einem Minenunfall verschüttet wurde.
«Die Stimme des Adlers» besticht durch imposante Aufnahmen der rauen, kargen und unendlich weiten mongolischen Landschaft sowie in der Beobachtung des Alltagslebens der Nomaden.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 15:30 Uhr
Felix
Regie: Roberta Durrant, SA 2013, OV/d, 93’
Felix Baba ist 14 Jahre alt, lebt in Südafrika und träumt davon, Saxofonist zu werden wie sein Vater. In der Zwischenzeit spielt er Flöte und verdient so sein Taschengeld. Für seine Mutter geht schon das zu weit. Sie hält Jazz für Musik des Teufels und schickt ihren Sohn auf eine Privatschule weit weg von der Township. Felix bittet nun Freunde seines Vaters, ihm bei der Vorbereitung für das Schul-Jazzkonzert zu helfen.
2013 gewann Felix den Publikumspreis am Durban International Film Festival in Südafrika und 2014 den TIFF Kids Adult Jury Award am Toronto International Film Festival. Der Film ist zweifellos ein später Erfolg für die Autorin. Aber es braucht Erfahrung, um eine südafrikanische Familiengeschichte zu erzählen, die mit Finesse und Humor Rassismus, Jazz und Familienkonflikte miteinander verwebt.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 17:40 Uhr
Wenn Shodai lernt, wird’s laut
Dokumentarfilm von Urs Krüger, Deutschland|Bangladesch 2005. 14', ab 6
Der Film begleitet den 8-jährigen Shodai in seinen Alltag. Nach dem Frühstück geht er mit den anderen Kindern des Dorfes zur Schule. Dort lernen sie das bengalische Alphabet und zählen auf ihre eigene Art mit den Fingern. Shodai ist der einzige in der Familie, der zur Schule gehen kann, sein grosser Bruder arbeitet in den Reisfeldern.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 17:40 Uhr
Ein Tag mit … Aicha
Dokumentarfilm von Mamounata Nikiéma, Burkina Faso|F 2011. 13', ab 10
Die 9jährige Aïcha wohnt in einem Aussenquartier von Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, in einem einfachen Haus ohne Wasser und Strom. Jeden Morgen bringt die Mutter Aïcha mit dem Moped zur weit entfernten Schule. Da Aïcha später Ärztin werden möchte, legt sie Wert darauf, eine gute Schülerin zu sein.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 18:10 Uhr
Zuflucht gesucht: Rachel
Animierter Dokumentarfilm von Andy Glynne, Grossbritannien 2012. 6', ab 14
Die 17jährige Rachel erzählt die Geschichte ihrer Flucht: Sie und ihre Familie wurden als Christen in ihrem Land diskriminiert und flüchteten nach Europa. Aber sie wurden ausgeschafft und mussten erneut fliehen. Nun haben sie eine definitive Aufenthaltsbewilligung, Rachel kann ein normales Leben führen und möchte Anwältin werden.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 18:10 Uhr
Slaves
Animierter Dokumentarfilm von David Aronowitsch and Hanna Heilborn, Schweden 2008. 15', ab 14
Die 9jährige Abuk und der 15jährige Machiek aus dem südlichen Sudan wurden Opfer von Kindersklaverei und Menschenhandel. Im Film erzählen sie hre erschütternde Lebensgeschichte. Während des Bürgerkriegs im Sudan wurden sie von bewaffneten Milizen entführt und als Arbeitskräfte verkauft. Mit Glück konnten sie fliehen.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 18:35 Uhr
Billig. Billiger. Banane
Dokumentarfilm von Sarah Zierul, Deutschland 2012. 44', ab 14
Bananen sind äusserst beliebt – und sehr billig. Der Film thematisiert am Beispiel Banane soziale, ökologische und ökonomische Aspekte einer globalisierten Wirtschaft. Er zeigt Chancen und Hindernisse von nachhaltiger Produktion auf und regt die Diskussion um Einflussmöglichkeiten von Konsument/-innen an.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 19:45 Uhr
The Second Mother
Regie Anna Muylaert, Brasilien 2015, Portugiesich/d, 111’
Val arbeitet seit über 13 Jahren im brasilianischen São Paulo als Haushälterin einer wohlhabenden Familie. Dort lebt sie nach strengen Regeln: sie isst brav in der Küche anstatt am Esstisch, geht nicht in den hauseigenen Pool und verzichtet sogar darauf, es sich im Wohnzimmer des Hauses für ein paar Minuten gemütlich zu machen.
Alles ändert sich, als Vals Tochter Jéssica vor der Tür steht und der Mutter mitteilt, dass sie gerne in São Paulo studieren möchte. In den folgenden Wochen bringt die selbstbewusste Jéssica den Haushalt gehörig durcheinander, da sie sich – im Gegensatz zu Val – den starren Regeln und dem strengen Machtgefüge im Haus nicht unterordnen will.
Die brasilianische Regisseurin Anna Muylaert bringt mit ihrem aktuellen Film eine so universelle wie bezaubernde Sozialkomödie auf die Leinwand. Die liebevoll gezeichneten Figuren – allen voran die charismatische Val – wachsen einem sofort ans Herz. «The Second Mother» ist ein leichtfüssig erzählter Film mit ernsten Untertönen, voller berührender Momente und Situationskomik.
Mittwoch, 28. Oktober 2015, 21:40 Uhr
Nur die Toten kehren heim
Regie: Tina Leisch, Ali Can, A/Kurdistan 2015, OV/d, 84’
Über eine Million KurdInnen leben als politische Flüchtlinge in Europa im Exil und viele können nicht in die Türkei zurückkehren, weil sie dort sofort eingesperrt werden würden. Aber auch in vielen EU-Staaten werden kurdische FreiheitskämpferInnen als TerroristInnen verfolgt. Der Film porträtiert diese KurdInnen und fährt an die Orte, an die sie selber nicht zurück können. Er zeigt eine Befreiungsbewegung, die von demokratischen, multiethnischen und feministischen Idealen genauso inspiriert ist wie vom Kampf für die kurdische Sprache und Kultur.
Tina Leisch war 2014 mit ihrem Film «Roque Dalton, erschiessen wir die Nacht» an den Weltfilmtagen zu Gast. Beitrag des Internationalen Filmfestivals Innsbruch IFFI.
Donnerstag, 29. Oktober 2015, 09:30 Uhr
Lampedusa in Winter
Regie: Jakob Brossmann, I/A/CH 2015, OV/I/d, 93'
Es ist Winter. Wehmut befällt die italienische «Flüchtlingsinsel» Lampedusa: Die Touristen sind weg, und die verbleibenden Immigranten kämpfen dafür, aufs Festland überführt zu werden. Nachdem ein Feuer die alte Fähre zerstörte, welche die Insel mit dem Festland verband, bemühen sich die Bürgermeisterin Giusi Nicolini und die Fischer nun, ein neues Schiff zu finden. Als die Flüchtlinge schliesslich mit dem Flugzeug transportiert werden, besetzen die Fischer aus Protest den Hafen. Die Insel ist nun gänzlich isoliert, und als die Lebensmittel langsam ausgehen, entsteht gar ein Zwist unter den Protestierenden. Die kleine Gemeinschaft am Rande Europas kämpft verzweifelt um Solidarität mit den afrikanischen Bootsflüchtlingen.
Donnerstag, 29. Oktober 2015, 11:15 Uhr
Le masque de San
Regie: Jacques Sarasin, Mali/F/CH 2014, OV/F/d, 84’
Der Film erzählt die Geschichte einer Maske aus einer westlichen Sammlung, die in ihre Heimat Mali zurückkehrt. Es ist aber auch die Geschichte eines Mannes, der zu einem Vermittler geworden ist zwischen der europäischen und der afrikanischen Welt. In Form eines ethnologischen Roadmovies steigern sich die Ereignisse – bis die beiden im afrikanischen Busch landen, wo Magie und Realität Hand in Hand gehen.
Donnerstag, 29. Oktober 2015, 13:00 Uhr
El botón de nácar
Regie: Patricio Guzmán, Chile 2015, Spanisch/d/f, 82’
Der Chilene Patricio Guzmán (Nostalgia de la luz) ist ein wunderbarer Erzähler. Sanft führt er uns durch seine Geschichten, die er dem Leben entnimmt und der Geschichte. In Nostalgia de la luz lud er uns ein in die Wüste und ins Universum. Dieses Mal sind es Patagonien und der Ozean.
Der Ozean enthält die gesamte Menschheitsgeschichte. Die See fängt alle Stimmen der Erde auf und auch die aus dem Weltraum. Wasser erhält Impulse von den Sternen und überträgt sie auf lebende Organismen. Wasser, das den größten Teil der Ländergrenze Chiles ausmacht, birgt auch das Geheimnis von Perlmuttknöpfen, die auf dem Meeresgrund gefunden wurden. Chile – mit seinen 4300 Kilometern Küste und dem größten Archipel der Welt – hat eine übernatürliche Landschaft. Dort gibt es Vulkane, Berge und Gletscher. Dort gibt es auch die Stimmen der Ureinwohner Patagoniens, der ersten englischen Seeleute und die seiner politischen Gefangenen. Manche Leute behaupten, Wasser habe ein Gedächtnis. Dieser Film zeigt, dass es auch eine Stimme hat.
Donnerstag, 29. Oktober 2015, 14:45 Uhr
Köpek
Regie: Esen Isik, Türkei/CH 2015, Türkisch/d/f, 100’
Ein ganz gewöhnlicher Tag in der Metropole Istanbul: Der zehnjährige Cemo verkauft Papiertaschentücher auf der Strasse und trägt somit zum Lebensunterhalt seiner Familie bei. Er verehrt ein junges Mädchen aus einem besseren Quartier. Hayat wird von ihrem ungeliebten Ehemann terrorisiert. Als ihr ehemaliger Verlobter den Kontakt wieder sucht, verabreden sie sich zu einem heimlichen Treffen. Die transsexuelle Ebru muss sich prostituieren, um über die Runden zu kommen. Sie liebt einen Mann, der sich in der Öffentlichkeit nicht zu ihr bekennen mag. Die drei setzen alles daran, dass sich ihre Sehnsucht nach Liebe erfüllt, wenn auch nur für einen Moment.
Authentisch und mit einem aufmerksamen Blick für die Poesie des Alltags erzählt Esen Isiks erster langer Spielfilm eine zärtliche und erschütternde Geschichte über die Liebe, den Tod und die türkische Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Donnerstag, 29. Oktober 2015, 17:30 Uhr
10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?
Regie: Valentin Thurn, Indien 2015, D, 107’
Regisseur Valentin Thurn rückt in seinem neuen Dokumentarfilm die Landwirtschaft als Basis der Welternährung in den Mittelpunkt.
Im Laufe dieses Jahrhunderts wird die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden anwachsen. Wo soll die Nahrung herkommen, die jeder Einzelne täglich zum Überleben benötigt? Wie können wir verhindern, dass die Menschheit allein durch ihr Wachstum die Grundlage für ihre Ernährung zerstört?
Zwei Lager behaupten, die Lösung zu kennen: Einerseits die industrielle Landwirtschaft, die global immer weiter expandiert und hocheffizient auf Massenproduktion setzt. Demgegenüber stehen die biologische und die traditionelle Landwirtschaft, die zwar weniger Masse produzieren, dafür aber schonend mit den begrenzten Ressourcen umgehen. Von beiden Seiten will der Filmemacher wissen, wie sie die Welt künftig ernähren wollen. Der Film zeigt die globalen Wechselwirkungen in der Landwirtschaft anhand von Protagonisten aus den zentralen Produktionsbereichen Saatgut, Düngung, Schädlingsbekämpfung, Futtermittelherstellung, Tierproduktion und Handel.
Filmgespräch mit Valentin Thurn
Moderation Flurina Badel
Donnerstag, 29. Oktober 2015, 20:30 Uhr
Nahid
Regie: Ida Panahandeh, Iran 2015, OV/d/f, 105’
Die kürzlich geschiedene Nahid lebt mit ihrem zehnjährigen Sohn Amir Reza in einem kleinen Dorf am Kaspischen Meer. Nach iranischem Recht liegt das Sorgerecht eigentlich beim Vater Ahmad, aber der hat es nur unter der Bedingung, dass Nahid nicht mehr heiratet, an sie abgetreten. Als sich Nahid in den Hotelbesitzer Mas’ood verliebt, und er um ihre Hand bittet, wird die junge Frau vor eine folgenschwere Entscheidung gestellt. Sareh Bayat («Nader und Simin – Eine Trennung») spielt die Hauptrolle in dieser Chronik einer iranischen Frau, die couragiert um ihre gesellschaftlichen Freiheiten kämpft.
Donnerstag, 29. Oktober 2015, 22:30 Uhr
Le Challat de Tunis
Regie: Kaouther Ben Hania, Tunesien 2014, OV/d, 90’
Tunesien, vor der Jasminrevolution. 2003 soll in Tunis ein Unhold auf einem Motorrad unter-wegs gewesen sein, der es mit einem Rasiermesser auf die Hintern von Frauen abgesehen hatte. Zehn Jahre später macht sich Regisseurin Kaouther Ben Hania daran, «Die Klinge von Tunis» aufzuspüren. Je länger ihre Recherche dauert, desto zwielichtiger schillert die Wahrheit darin: eine Enquête, ein Metafilm oder alles ein grosser Jux?
Man hört bald auf, sich Fragen zu stellen, denn die Interview- und Actionszenen in den Quartieren von Tunis jagen sich förmlich und widerlegen laufend das eben Gehörte oder Gesehene, so dass man bald mehr die meisterliche Jongliernummer der jungen Regisseurin bestaunt, als versucht, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Auch das Interesse herauszufinden, welche Figur nun real oder erfunden ist, lässt nach, denn am Ende spielen sie alle ihre Rolle in diesem Film, sei diese nun von der Gesellschaft auferlegt oder von der Regisseurin zugesprochen.
Freitag, 30. Oktober 2015, 09:00 Uhr
Mulhapar
Regie: Paolo Polini, Indien/CH 2014, OV/d, 93’
Mulhapar – ein Dorf in der weiten Ebene des Punjab in Pakistan. Ein Land, das in den Köpfen vieler Menschen, gespiesen von wiederholt negativen Pressemeldungen, mit Gewalt und Intoleranz in Verbindung gebracht wird.
Der Film bewegt sich jenseits dieser dunklen Thesen und Vorurteile und taucht ein in das pralle Leben einer Gemeinschaft von Armen und Reichen, Muslimen und Christen, Jungen und Alten, Frauen und Männern. In «Mulhapar» verdichten sich ihre Familien und Einzelschicksale, Geschichten und Anekdoten zu einem lebhaften Mosaik.
Der Film zeigt auf sehr leise und subtile Weise gesellschaftliche Strukturen, gewachsen über die Jahrhunderte. Er porträtiert das bunte Leben im Dorf, das zwar friedliche, aber nicht gleichberechtigte Zusammenleben von Christen und Muslimen im Dorf.
Freitag, 30. Oktober 2015, 10:30 Uhr
L’homme, qui répare les femmes
Regie: Thierry Michel, Republik Kongo/Belgien 2015
Doktor Mukwege , Sacharow Preisträger 2014, ist international bekannt als der Mann, der Tausende von Frauen geheilt hat, die während des 20jährigen Konflikts im Osten der Demokratischen Republik Kongo Opfer sexualisierter Kriegsgewalt wurden – in einem Land, das trotz seiner wertvollen Bodenschätze zu den ärmsten Ländern der Welt gehört. Mit seinem unablässigen Kampf, diesen Grausamkeiten ein Ende zu setzen und die Straffreiheit der verantwortlichen Täter anzuprangern, eckt er an. Nur knapp entgeht er einem Mordanschlag. Trotz wiederholter Mordandrohungen kehrt dieser Mediziner mit dem ausserordentlichen Schicksal in sein Spital in Bukavu zurück, beschützt von Blauhelmen. Aber er ist in seinem Kampf nicht mehr alleine. An seiner Seite stehen die Frauen, denen er ihre physische Integrität und ihre Würde wiedergegeben hat und die durch ihn zu wahrhaften Friedenaktivistinnen geworden sind, durstig nach Gerechtigkeit.
Freitag, 30. Oktober 2015, 12:40 Uhr
Miners Shot Down
Regie: Rehad Desai, Südafrika 2014, OV/d, 86’
August 2012: Am siebten Tag eines Minenarbeiterstreiks eskaliert die Polizeigewalt zum „Massaker von Marikana“: 34 Arbeiter sterben, viele mehr werden verletzt. Rehad Desai begleitete den Streik von Tag eins und stellt Filmaufzeichnungen der Vorfälle, Interviews mit Streikführern und Rechtsanwälten sowie Aufnahmen der anschliessenden Untersuchungskommission gegenüber. Ein beeindruckendes Dokument über einen bitteren Tiefpunkt der jungen südafrikanischen Demokratie.
Rehad Desai ist Produzent und preisgekrönter Regisseur zahlreicher Dokumentarfilme. Er studierte Geschichte und Sozialgeschichte an der University of Zimbabwe und der University of the Witwatersrand. «Miners Shot Down», seine neueste Produktion, hat bereits einige Auszeichnungen erhalten, u.a. als Bester Film beim One World Film Festival in Prag. Als Eröffnungsfilm oder im regulären Programm ist er auf verschiedenen Festivals rund um den Globus vertreten und hat darüber hinaus internationale Unterstützung für die Marikana Justice Campaign ausgelöst.
Freitag, 30. Oktober 2015, 14:15 Uhr
La pantalla desnuda
Regie: Florence Jaugey, Nicaragua 2014, Spanisch/d/f, 93’
Matagalpa, Nicaragua: Octavio, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt, ist Student und freundet sich mit Alex, dem Sohn der reichsten Familie des Ortes an. Er ist fasziniert von seinem Freund und dem Lebensstil seiner Familie, die ihn herzlich aufnimmt. Als sich Alex in Esperanza, eine Studienkollegin, verliebt, fühlt sich Octavio zurückgestossen. Durch Zufall entdeckt er auf Alex’ Handy ein sehr intimes Video der beiden Verliebten und stellt es aus Rache und Eifersucht ins Internet.
Nach ihrem erfolgreichen Spielfilmerstling «La Yuma» stellt die Filmemacherin Florence Jaguey erneut Jugendliche in den Mittelpunkt, die selbstbewusst ihren Platz in der Gesellschaft suchen, die nach wie vor von sozialen Gegensätzen geprägt ist. in «La pantalla desnuda» (Der nackte Bildschirm) macht sie den sorglosen Umgang mit den neuen Medien zum Thema. Sensibel und genau zeichnet sie dabei die Charaktere ihrer Protagonisten und präsentiert eine junge Generation mit ihren Wünschen und Ängsten.
Freitag, 30. Oktober 2015, 16:00 Uhr
Unforgiven: Rwanda – Unversöhnt
Regie: Lukas Augustin, Ruanda/D 2013, OV/d, 71’
Im April 2014 jährte sich der Genozid in Ruanda zum 20. Mal. Ruanda scheint ein in Opfer und Täter geteiltes Land zu sein, in dem Mörder und Überlebende unversöhnt Tür an Tür wohnen. «Unversöhnt» begleitet sechs Menschen, Opfer und Täter. Innocent ist ein Tutsi. Sein Gesicht ist mit Narben von Machetenschlägen durchkreuzt. Er wurde von mehreren Männern entstellt.
„Selbst wenn du sagst: ‚Ich vergebe dir’“, sagt Innocent heute, „ist es doch fast unmöglich, wirklich Vergebung zu spüren.“ Dennoch spaziert er jetzt mit Wellars, einem seiner Peiniger, durch sein Dorf. Die beiden teilen sich eine Milchkuh, sie üben Vergebung aus gemeinsamer Verantwortung.
Nur zu Beginn des Filmes werden Szenen des Schlachtens und Brandschatzens von damals auf die Körper der Überlebenden projiziert. Die Bilder wirken wie Narben, die für immer bleiben. Dann verzichtet «Unversöhnt» fast komplett auf historische Aufnahmen. Was entsteht, ist eine Dokumentation, die nicht erklärt oder belehrt, was damals im April 1994 in Ruanda geschah – sondern die dem Zuschauer einen Einblick in das Geflecht aus Schuld und Sühne im heutigen Ruanda verschafft.
Freitag, 30. Oktober 2015, 19:15 Uhr
Theeb
Regie: Naji Abu Nowar, Jordanien/arabische Emirate/UK/Katar 2014, OV/d, 100’
Theeb (Wolf) ist ein aufgeweckter Beduinenjungen, der seinem älteren Bruder folgt, als dieser im Jahr 1916 mit einem britischen Offizier auf eine heikle Begleiter-Mission durch die Wüste geht.
Naji Abu Nowar lädt uns ein, einzutauchen in die ferne Zeit, sie aus einer anderen Perspektive heraus zu betrachten und Theeb auf einer Reise zum Erwachsenwerden zu begleiten. Das ist eine Art Western, der im Osten entstanden ist, gleichenorts wie der legendäre «Lawrence Of Arabia» von David Lean. Eine allein schon in ihrer Machart erstaunliche Geschichte aus dem immensen Wadi Rum in der jordanischen Wüste erzählt uns Naji Abu Nowar in seinem ersten Spielfilm. Eine echte Entdeckung.
2014 erinnerte man überall an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs 100 Jahren zuvor. In unseren Breitengraden lag der Fokus im Erinnern in der Regel auf Europa. Afrika, Ostasien und der Nahe Osten aber waren genauso betroffen, und wenn man die Gegenwart heute betrachtet, erkennt man, dass vieles von dem, was die Welt beschäftigt, damals angelegt worden war.
Freitag, 30. Oktober 2015, 21:15 Uhr
Still the Water
Regie: Naomi Kawase, D 2013, OV/d, 121’
Auf der japanischen Insel Amami-Oshima entdeckt der 16-jährige Kaito eines Tages die Leiche eines Mannes. Die Polizei ist ratlos, und so versucht Kaito zusammen mit seiner Schulkameradin Kyoko, das Rätsel um den Mann mit dem grossen Drachentattoo auf dem Rücken zu lösen. Dabei haben die beiden schon genug Sorgen. Kaitos alleinerziehende Mutter ist selten zuhause und scheint mit reihenweise Männern zu schlafen. Kyokos Mutter ist derweil erkrankt und wird wohl nicht mehr gesund werden. Während dieser schwierigen Zeit werden Kaito und Kyoko ein Liebespaar.
Die Filme von Kawase sind mysteriös und rätselhaft. So faszinieren und irritieren auch hier Verrätselungen wie ein Leichenfund zu Beginn im Meer, der sukzessive an Bedeutung verliert. Nach einem Prolog mit gewaltsamen Szenen – ein Taifun fegt über die Insel, eine Ziege wird blutig geschlachtet – kreist die Handlung um das Teenager-Paar, um die zärtliche Annäherung und die emotionalen Widersprüchlichkeiten, um den schmerzhaften Prozess an der Schwelle zum Erwachsensein. Kawase erschafft Bilder von flirrender Schönheit und – wie beim Taifun – von monumentaler Wucht.
Freitag, 30. Oktober 2015, 23:20 Uhr
Star
Regie: Anna Melikian, Russland 2014, Russisch/d/f, 128’
Mascha ist eine aufgestellte junge Frau, die bereit ist alles zu opfern, um gängigen Schönheitsidealen zu entsprechen und Filmstar zu werden. Sie ist nicht besonders begabt, dafür sehr optimistisch. Sie meint aber, ihr Körper würde nicht in allen Belangen dem entsprechen, was die Medien und die Werbung ihr und Tausenden von anderen aufgestellten jungen Frauen in der ganzen Welt als Ideal vorführen. Also macht sich Mascha eine Liste mit jenen Dingen, die sie an sich ändern möchte. Ohren anpassen, Beine begradigen, Busen auspolstern, Lippen aufpumpen. Zum Teil geht das ohne grossen Aufwand, zum Teil ist es mit Kosten verbunden, die Mascha sich nicht leisten kann. Woher nur das Geld nehmen, ohne zu stehlen?
Anna Melikian erzählt mit einem leisen Schalk vom Schönheitswahn unserer Gegenwart, und sie tut dies in städtischen Dekors, die von der Zerrissenheit der Gesellschaft künden. Das ist ein weiteres starkes Kino-Stück aus Russland: es trifft mit seinem Thema die ganze Welt.
Samstag, 31. Oktober 2015, 09:30 Uhr
Cowspiracy: The Sustainability Secret
Regie: Kip Anderson, Keagan Kuhn,USA 2014, Englisch/d, 91’
Produzent Kip Andersen widmet sich in seinem neuen Dokumentarfilm der Frage, warum Umweltschutzverbände den grössten Klimakiller verschweigen.
Nutztierhaltung ist die führende Ursache von Waldrodung, Wasserverbrauch und -verschmutzung, Artensterben, Bodenerosion, Todeszonen in Ozeanen und nahezu jedes andere Umweltproblem und ist dazu für mehr Klimagase verantwortlich als der gesamte Transportsektor. Trotzdem kann diese Industrie unbehelligt weiterarbeiten.
Wenn Anderson Kaderpersonen in Umweltorganisation in Interview darauf anspricht, entdeckt er mehr und mehr eine innere Verweigerung über die Nutztierhaltung zu diskutieren. Gleichzeitig beginnen ihn Wistleblower zu warnen, dass er Freiheit und Leben aufs Spiel setzt… Anderson wagt es aber weiterzudrehen.
Diese schockierende und gleichzeitig humorvolle Doku zeigt nicht nur den zerstörerischen Einfluss der Massentierhaltung auf unsere Erde, sondern auch Wege in eine globale Nachhaltigkeit trotz wachsender Bevölkerung.
Samstag, 31. Oktober 2015, 11:15 Uhr
Reel Injun
Regie: Diamond Neil, Canada 2009, OV/e/d/f, 85’
Jungs lieben es, Cowboy und Indianer zu spielen. Doch die meisten sind lieber Cowboys, denn am Ende verlieren fast immer die Indianer. Neil, der junge Cree, nimmt diese Gesetzmässigkeit als Ausgangspunkt zu einer faszinierenden Reise durchs Unbewusste der Kinogänger. Was zeigt sich dabei? Das mächtige Hollywood hat eine ganz erstaunliche Wahrnehmung der Indianer.
Dieser unterhaltsame und bewegende Dokumentarfilm macht sich die Form des Roadmovies zu eigen und zeigt die Darstellung der Indianer auf der grossen Kinoleinwand im Verlauf der Jahrzehnte – vom ersten Tonfilm-Western bis zu jüngsten Superproduktionen des Typs Dances with Wolves (Kevin Costner, 1990). Unter den Beteiligten finden sich so grosse Künstler wie Zacharias Kunuk, Jim Jarmusch oder Clint Eastwood.
Samstag, 31. Oktober 2015, 13:00 Uhr
Nabat
Regie: Elchin Musaoglu, Aserbaidschan 2014, OV/d/f, 105’
Der Dokumentarist Elchin Musaoglu zeigt sich bei seinem zweiten Spielfilm als Meister der hintergründigen Inszenierung. Ausgehend von einer wahren Geschichte, erzählt er von der alten Bäuerin Nabat und ihrem kranken Mann, die auf ihrem Hof ausharren, während das nahe Dorf wegen wachsender Kriegsgefahr zur Geisterstadt wird. Musaoglu destilliert aus dieser schmalen Handlung eine berückende Parabel, die unmerklich vom Realistischen ins Traumhafte übergeht.
Nabat spielt in Berg-Karabach, der seit langem umkämpften Grenzregion zwischen Aserbaidschan und Armenien, in der es 1992 – 1994 zum offenen Krieg kam. Der Film beginnt wie eine soziale Chronik, minimalistisch verarbeitet. Allein das ist schon eindrücklich. Dann kommt unvermutet der Tod von Nabats Mann, der in eine fantastische Atmosphäre getaucht ist. Die folgende Beerdigung des Verstorbenen, überwältigend gefilmt, ist ein heroischer Kraftakt, der einem an die Nieren geht. Von da an weicht die soziale Chronik zunehmend einer ganz anderen, allegorischen Dimension.
Samstag, 31. Oktober 2015, 15:00 Uhr
Direct Democracy: Changes and Challenges
Regie: S. Byamba, Mongolei/CH 2014, OV/d, 41’
Wie kann die junge mongolische demokratische Republik die Hoffnungen ihrer Bevölkerung auf ein besseres Leben und eine ehrliche Regierung erfüllen? Wie erleben Mongolinnen und Mongolen nach siebzig Jahren Sozialismus ihre neue Verantwortung? Wie kann das Volk mitreden über die Verwendung der riesigen Einkünfte, die dem Land in den letzten zehn Jahren vor allem aus dem Boom der Bergbauindustrie erwachsen sind? «Direct Democracy: Changes and Challenges» fokussiert auf den Prozess der Dezentralisierung und die Einführung der Partizipation von Bürgerinnen und Bürger bei der Entscheidfindung. Unter der Führung von Präsident Ts. Elbegdorj, der die Schweiz einlud, die Dezentralisierung und Einführung der direkten Demokratie in der Mongolei zu unterstützen, hat die Regierung bedeutende Fortschritte bei der Einführung der direkten Demokratie gemacht und damit die Partizipation ihrer Bürgerinnen und Bürger an Entscheidprozessen verstärkt
Samstag, 31. Oktober 2015, 16:00 Uhr
Ixcanul Volcano
Rehie: Jayro Bustamante, Guatemala 2015, OV/d/f, 91’
María, eine 17-jährige Kaqchikel-Maya-Frau, lebt mit ihren Eltern auf einer Kaffeeplantage am Fusse eines aktiven Vulkans. Sie soll mit dem Vorarbeiter der Farm verheiratet werden. Doch das Mädchen sehnt sich danach, die Welt jenseits des Berges kennenzulernen, von der sie keine Vorstellung hat. Deshalb verführt sie einen Kaffeepflücker, der in die USA fliehen möchte. Als dieser sie alleine zurücklässt, entdeckt María ihre eigene Welt und Kultur noch einmal neu. Regisseur Jayro Bustamante wuchs in Guatemala in der Region der Kaqchikel Mayas auf und kehrte für seinen Film dorthin zurück. Er veranstaltete Workshops, liess sich Geschichten aus ihrem Leben erzählen und schaute sich die heutigen Lebensbedingungen der Maya aus nächster Nähe an. Dabei lernte er den besonderen Umgang der Frauen mit den Ritualen ihrer Mütter und Grossmütter kennen. Die Handlung nimmt den Rhythmus eines Lebens auf, das vom Glauben und den Traditionen der Vorfahren bestimmt ist. Fern der globalisierten Welt erwartet die Zuschauer ein unbekannter Alltag. «Ixcanul Volcano» ist kein Film über indigene Kultur, sondern wurde aus ihr heraus entwickelt.
Filmgespräch mit Jayro Bustamante
Moderation
Samstag, 31. Oktober 2015, 18:30 Uhr
A Girl at My Door
Regie: July Jung, Südkorea 2014, Koreanisch/d; 119’
Young-nam lag eine vielversprechende Karriere bei der städtischen Polizei vor den Füssen, bis sie einen verhängnisvollen Fehler beging und nun ist sie in ein kleines Fischerdorf zwangsversetzt worden. Über die Gepflogenheiten im Ort ist sie entsetzt: Der Chef der lokalen Reederei verdrischt seine minderjährige Tochter Sun Do-Hee regelmässig, und von ihren Mitschülern wird Sun Do-Hee gemobbt. Young-Nam setzt sich für das Mädchen ein und entwickelt für es zunehmend mütterliche Gefühle. In ihrem Debüt schneidet July Jung gleich zwei heikle Themen an: Wenn auch versteckt, ist häusliche Gewalt an Kindern in Südkorea an der Tagesordnung, und ähnlich verhält es sich mit der Diskriminierung von homosexuellem Polizeipersonal. Die Geschichte hat lokalen Kolorit, ist aber von globaler Tragweite und lief 2014 am Festival de Cannes in der Sektion Un Certain Regard.
Samstag, 31. Oktober 2015, 20:45 Uhr
Caricaturistes, fantassins de la démocratie
Regie: Stéphanie Valloatto, F 2014, div. Sprachen/d, 106’, doc
Zwölf grossartige, verrückte, lustige und tragische Menschen aus zwölf Ländern der Welt: Sie sind Karikaturisten und verteidigen die Demokratie mit ihrer einzigen Waffe, dem Bleistift. Sie riskieren ihr Leben fürs Lachen. Sie sind Franzosen, Tunesier, Russen, Mexikaner, US-Amerikaner, Chinesen, Algerier, Ivorer, Venezolaner, aus Burkina Faso oder Israel. So viele Lektionen in Menschlichkeit und Intelligenz.
Der erste Kinofilm von Stéphanie Valloatto lief 2014 in einer Spezialvorführung am Festival de Cannes und bekam mit dem Massaker im Charlie Hebdo in Paris am 7. Januar 2015 leider eine dramatische Dimension. Hier wird deutlich, wie wichtig und notwendig die Meinungsfreiheit ist. Ein Film wird zur Hommage und ruft zu Mut auf.
Samstag, 31. Oktober 2015, 22:45 Uhr
El ultimo tango
Regie: German Kral, Argentinin 2015, Spanisch/d/f, 85’
«El ultimo tango» ist eine emotional berührende und visuell beeindruckende Liebeserklärung an den Tango, die Leidenschaft und das Leben. Vor allem aber ist es die Liebesgeschichte der beiden berühmtesten Tangotänzer der Geschichte: María Nieves (78) und Juan Carlos Copes. Nahezu ein halbes Jahrhundert haben sie miteinander getanzt, sich geliebt, gehasst, getrennt und wieder vereint. Kein anderer Mann tanzte wie Juan, keine andere Frau wie María. Bis er sie eines Tages für eine 25 Jahre jüngere Frau für immer verlässt… Erst heute, fast am Ende ihres Lebens, sind María und Juan bereit ihre Geschichte zu erzählen: von ihrer Liebe, ihrem Hass und ihrer Leidenschaft.
Sonntag, 1. November 2015, 09:30 Uhr
Lamb
Regie: Yared Zeleke, Äthiopien 2015, OV/d/f, 94’
Der neunjährige Ephraim hat seine Mutter verloren und wird vom Vater zu Verwandten auf einen entlegenen Hof gebracht. Sein bester Freund Chuni ist ein Lamm, mit dem er herumzieht. Von Heimweh geplagt, versucht der Junge, für sich und sein Schaf eine Fahrkarte zu ersparen. Dabei hilft ihm die rebellische Tsion, die auch weg möchte von hier.
Die anrührende Geschichte erzählt vom Weg eines Jungen und eines Lamms in ihre Freiheit. Das Lamm Chuni ist für Ephraim so etwas wie ein Teddybär, einfach lebendiger. Die beiden leben in der vulkanischen Natur Äthiopiens, in einer grünen und traumhaft schönen Berglandschaft. Atemberaubend ist die Aussicht, die der Junge von der Spitze jenes Berges geniesst, der in einer verbotenen Zone liegt und ihn allein schon deshalb anzieht. Der Vater ist abwesend, dem Onkel gefällt es nicht, dass Ephraim lieber kocht, als Ochsen durch den Acker peitscht. Kochen sei Mädchensache, bekommt er zu hören.
Der äthiopische Filmemacher Yared Zeleke hat seinen Erstling in starken Aufnahmen gestaltet, die die Verlorenheit genauso zeigen wie die Geborgenheit; sie sind einander nah. Filmgespräch mit Yared Zeleke
Moderation Helena Nyberg
Sonntag, 1. November 2015, 12:15 Uhr
Grozny Blues
Regie: Nicola Bellucci, Tschetschenien/CH 2015, OV/d/f, 104’
«Grozny Blues» von Nicolas Bellucci («Nel giardino dei suoni») schildert
den Alltag einzelner Frauen in Grosny, der kriegsversehrten Hauptstadt Tschetscheniens. Die anhaltende Repression, eine beschleunigte Islamisierung, einengende Traditionen, Perspektivenlosigkeit und die fehlende Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit prägen das tägliche Leben. Vier Freundinnen, die unter schwierigen Bedingungen für die Menschenrechte kämpfen, sowie eine
Gruppe von jungen Musikern erzählen von Ängsten und Träumen, von den Folgen zweier Kriege, von Liebesgeschichten, Zwangsheiraten und den Auswirkungen der religiösen und staatlichen Knebelung. Der Film zeigt auf eindringliche
Weise, was es bedeutet, in einer gespaltenen Gesellschaft zu leben, die in einem Niemandsland zwischen Krieg und Frieden, Repression und Freiheit, Moderne und archaischen Sitten feststeckt.
Sonntag, 1. November 2015, 14:15 Uhr
Corn Island
Regie: George Ovashvili, Kasachstan, Georgien u.a. 2014, OV/d/f, 100’
Jeden Frühling ist im georgischen Enguri-Fluss zu beobachten, wie die Strömung grosse Mengen an fruchtbarem Boden aus dem Kaukasus-Gebirge in die an dessen Fusse liegenden Ebenen befördert. Dort bilden sie mitunter kleine, bepflanzbare Inseln. Der alte Bauer Abga will sich eine solche zu Nutze machen und das Fleckchen Land mit Mais bepflanzen. Zu diesem Zweck baut er sich auf einer der neu entstandenen Inseln eine Hütte, in die er gemeinsam mit seiner Enkelin Asida zieht – fortan stets mit der Gefahr lebend, dass der Boden unter ihren Füssen jederzeit weggespült werden könnte. Eines Tages findet Asida in den spriessenden Maisfeldern einen Soldaten, der im tobenden Konflikt zwischen Georgien und der Region Abchasien schwer verwundet wurde. Sie beschliesst, ihn zu verstecken. Doch seine Verfolger lassen nicht lange auf sich warten.
Sonntag, 1. November 2015, 16:10 Uhr
Als die Sonne vom Himmel fiel
Regie: Aya Domenig, CH 2015, Japanisch/D/d/f, 78’, doc
Im Dokumentarfilm «Als die Sonne vom Himmel fiel» erinnert die japanisch-schweizerische Regisseurin Aya Domenig anhand ihrer Familiengeschichte an den Atombomben-Abwurf auf Hiroshima. Entstanden ist ein berührendes Zeitdokument über das kollektive Verdrängen.
Auf den Spuren ihres verstorbenen Grossvaters, der nach dem Abwurf der Atombombe als junger Arzt im Rotkreuzspital von Hiroshima gearbeitet hat, begegnet die Regisseurin einem ehemaligen Arzt und einer Krankenschwester, die Ähnliches erlebt haben wie er. Zeit seines Lebens hat ihr Grossvater nie über seine Erfahrungen gesprochen, doch durch die grosse Offenheit ihrer Protagonisten kommt sie ihm näher. Als sich am 11. März 2011 in Fukushima eine neue Atomkatastrophe ereignet, nimmt ihre Suche eine neue Wendung.
Aya Domenig ist die Gratwanderung zwischen der persönlichen Nacherzählung der Familiengeschichte und der historischen Aufarbeitung geglückt. "Als die Sonne vom Himmel fiel" ist ein universelles Lehrstück über ein Stück Zeitgeschichte, das bis heute nichts von seiner Aktualität eingebüsst hat. Filmgespräch mit Aya Domenig
Moderation Thomas Krempke
Sonntag, 1. November 2015, 18:30 Uhr
Capitaine Thomas Sankara
Regie: Christophe Cupelin, Burkina Faso/CH 2014, OV/d, 90’
1983 wird der 33-jährige Thomas Sankara nach einem Staatsstreich Präsident Obervoltas. Mit Burkina Faso verpasst der sozialistische Revolutionär dem Land nicht nur einen neuen Namen, sondern versucht mit einer Mischung aus jugendlichem Elan und visionärem Weitblick die burkinische Gesellschaft zu reformieren: Gleichstellung von Mann und Frau, Ausrottung des Analphabetismus und Bekämpfung der Korruption sind seine wichtigsten Anliegen. Mit seiner Forderung an den Westen um Schuldenerlass, will er sein Land und den ganzen afrikanischen Kontinent stärken. Sein Traum von einer fortschrittlicheren und gerechteren Welt findet jedoch schon 1987 ein jähes Ende: Er fällt einem Staatsstreich zum Opfer. Sein Tod am 15. Oktober 1987 ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt.
Mit Archivaufnahmen entwirft Christophe Cupelin ein packendes und humorvolles Porträt eines charismatischen Staatschefs, der mit seinen unkonventionellen Ideen die Politiker des Westens herausforderte und zu den wichtigsten Staatsmännern Afrikas des 20. Jahrhunderts gezählt wird.
Sonntag, 1. November 2015, 20:15 Uhr
Mr. Kaplan
Regie: Álvaro Brechner, Uruguay/UK/D 2014, Spanisch/d/f, 95’
Jacobo ist ein Mann, wie es sie viele gibt. Hoffnungsfroh als Junge ins Leben geschickt und unversehens ins Alter gekommen. Besonders an seiner Biografie ist, dass er als Kind jüdischer Eltern aus Nazideutschland fliehen musste, um überhaupt eine Lebenschance zu haben. So ist er als Señor Kaplan in Montevideo gestrandet, am südlichen Zipfel des lateinamerikanischen Kontinents, hat hier gearbeitet, Familie gegründet und ist alt geworden. Álvaro Brechner erzählt uns auf amüsante Weise von diesem netten, leicht griesgrämigen Herrn, der sich an einem Fest als Nichtschwimmer auf dem Sprungbrett eines Pools wiederfindet und den anderen etwas beweisen möchte, was er vielleicht besser lassen würde. Von Enkelin Lotti erfährt er von einem Deutschen, den die Jungen Nazi nennen, und nun hat Jacobo Kaplan seine Mission: Er will den vermeintlichen Kriegsverbrecher entführen und einem Gericht zuführen. Assistiert wird er dabei von Wilson, einem entlassenen Polizisten, der selber so etwas wie ein Ziel in seinem Leben verloren hat. Álvaro Brechner liess sich vom Exil seines Grossvaters im Jahr 1939 inspirieren, als er einen komischen und zärtlichen Don Quichotte erfand. Ein bunter, tiefgründiger Film mit beissendem Humor.
Dienstag, 1. November 2016, 15:00 Uhr
Hedi
Regie: Mohamed Ben Attia, Tunesien/Belgien 2016, OV/d/f, 93’
Der tunesische Mittzwanziger Hedi steht komplett unter den Fittichen seiner Mutter Baya. Sie verwaltet sein Geld. Sie hat ihm den Job als Verkäufer bei einer Peugeot-Garage vermittelt. Und sie ist auch die treibende Kraft hinter der bevorstehenden Hochzeit mit Khedija. Ein ansehnliche und nette Braut, gewiss, aber bis auf ein paar heimliche Treffen in Hedis Auto kennen sich die Brautleute eigentlich gar nicht. Hedi lässt das bisher alles über sich ergehen.
Bis er von seinem Chef in die Küstenstadt Mahdia geschickt wird, um neue Kundenstämme zu generieren. Leidenschaftslos und ohne viel Geschick versucht Hedi Autos an den Mann zu bringen. Viel lieber zeichnet er Comics – seine wahre Passion. Und bald schon liegt er nur noch am Strand, anstatt zu arbeiten. Dort wirft er ein Auge auf die Touristen-Animateurin Rim – einen Freigeist auf dem beruflichen Sprung nach Europa. Die beiden beginnen eine Affäre. Dabei zeigt das Muttersöhnchen Hedi erstmals in seinem Leben so etwas wie Eigensinn. Wird er sich gegen seine Mutter auflehnen können und Rym von seiner Braut erzählen?
Dienstag, 1. November 2016, 16:45 Uhr
Rara
Regie: Pepa San Martin, Chile 2016, Spanisch/d7f, 120’
Das einfühlsame Spielfilmdebüt von Pepa San Martín beruht auf wahren Ereignissen und betrachtet alles aus der Perspektive der 13-jährigen Sara. Auf den ersten Blick sieht der Alltag in Saras Familie ganz normal aus: Schule, Aufgaben, Knatsch mit der Schwester, Herzklopfen bei einem der Jungs in der Klasse, Hänseleien, gemeinsames Essen am Familientisch. Sara ist 12, bald kann sie ihren 13. Geburtstag feiern und freut sich schon auf ihr Fest. Eigentlich möchte sie das ganz normal zu Hause feiern, doch in der Schule hört sie ab und an Fragen, die sie verunsichern. Denn Saras Mutter hat den Vater ihrer beiden Töchter verlassen und lebt mit ihnen und einer Frau zusammen. Für Sara und ihre jüngere Schwester Catalina die selbstverständlichste Sache der Welt, fürs Umfeld nicht immer. Und gerade jetzt wieder nicht, wenn es um die Einladungen geht und darum, wer denn alles an die Geburtstagsparty kommen soll und auch kommen darf.
Dienstag, 1. November 2016, 18:30 Uhr
Reise der Hoffnung
Regie Xavier Koller, CH 1989, OV/d, 108’
Zusammen mit dem siebenjährigen Sohn Mehmet Ali, dem aufgewecktesten seiner sieben Kinder, tritt das türkische Ehepaar Haydar und Meryem in einem kleinen Dorf im Südost der Türkei die „Reise der Hoffnung“ an, die sie aus der armen Heimat in die reiche Schweiz führen soll. Die Familie hat Hab und Gut verkauft, um die Reise finanzieren zu können. Zunächst reisen die drei nach Istanbul, wo sie von einem Vermittler als blinde Passagiere auf ein Containerschiff nach Neapel verfrachtet werden. Dort verspricht Ihnen der Schweizer Lastwagenfahrer Ramser den direkten Transport ins vermeintliche Paradies. Der Versuch scheitert an der Zollkontrolle in Chiasso. In Mailand gerät die Familie in die Hände von Schleppern, die sie mit einer Gruppe von weiteren Asylanten in die Berge fahren. Trotz unsicherer Wetterlage schickt man die Flüchtlinge ohne ortskundige Begleitung auf ihren gefährlichen, illegalen Weg in die Schweiz. Ihre Reise der Hoffnung wird zum Kampf ums nackte Überleben.
Restaurierte Version
Eine Veranstaltung der Gastorganisation „Verein Hilfe für Asylsuchende“
Filmgespräch mit Denise Graf von Amnesty International, Moderation Gusti Ott
Anschliessend Apéro im Kirchgemeindesaal der evangelischen Kirchgemeinde
Dienstag, 1. November 2016, 21:00 Uhr
Die Schwalbe
Regie: Mano Khalil, CH 2015, OV/d/f, 102’
Mira, eine junge Berner Fotografin mit kurdischen Wurzeln, erfährt überraschend, dass ihr totgeglaubter Vater doch lebt. Jahrelang glaubte Mira, dass ihr Vater im Kampf gegen das Saddam-Regime als Held gestorben sei, doch neu gefundene Briefe beweisen das Gegenteil. Desillusioniert von dieser neuen Erkenntnis, macht sich Mira auf die Suche nach ihrem Vater und reist ins irakische Kurdistan. Da die Schweizerin weder die kurdische Sprache beherrscht, noch die Kultur und Sitten der Region kennt, droht ihre Suche bereits früh zu scheitern. Doch wie aus dem Nichts kommt ihr Ramo, ein charmanter deutschsprachiger Kurde, zu Hilfe. Zusammen machen sie sich auf die Suche nach Miras verschollenem Vater und kommen sich in der träumerischen Landschaft näher. Wie sich mit der Zeit herausstellt, ist Ramo allerdings nicht der noble Helfer, sondern verfolgt seine eigenen Ziele. Er will Miras Vater nämlich genauso finden wie sie, allerdings aus anderen Gründen.
Mittwoch, 2. November 2016, 12:30 Uhr
The Chinese Recipe
Regie: Jürg Neuenschwander, CH 2016, 95’
Rasant wachsende Mega-Citys und eine Wirtschaft, die sogleich kopiert, was irgendwo auf der Welt entwickelt wird – solche Eindrücke prägen die im Westen gängigen Bilder von China. Jürg Neuenschwander zeigt, was diese meist verdecken: Optimistische, neugierige, witzige, warmherzige, ehrgeizige Menschen. Neuenschwander, der sechs Jahre in Shanghai gelebt hat, wirft in «The Chinese Recipe» einen fundierten und ebenso spannenden wie unterhaltsamen Blick hinter die Kulissen. Er zeigt dies am Beispiel von drei Geschichten, die in China neugierig, kompetent, voll sympathischer Ambitionen und Schlitzohrigkeit leben und wirtschaften: Der Ingenieur Xiaohui Zhou baut Stereoanlagen "besser als das Original". Die Baupläne findet er im Internet, die Highend-Komponenten auf Abfalldeponien, die Kunden via Webshop. Ruilin Wang entwickelt Maschinen weiter und arbeitet mit einem Schweizer Partner zusammen, der es vorzog, zu fusionieren statt um Patente zu prozessieren. Der Drohnen-Tüftler Chuan Angelo Yu und sein Team haben grosse Träume: Sie möchten in die Weltgemeinschaft der High-Tech-Pioniere aufgenommen werden und suchen ihr Glück in Kalifornien.
Mittwoch, 2. November 2016, 14:15 Uhr
Blanka
Regie: Kohki Hasei, Japan, Philippinen, Italien 2015, OV/d/f, 75'
Als Strassenkind in der Grossstadt Manila führt die elfjährige Blanka kein leichtes Leben. Aber sie ist so taff, dass sie sogar die Jungs der Strassengang in die Schranken weist. Mit kleinen Tricksereien hält Blanka sich über Wasser. Immer wieder zieht es sie zu dem blinden alten Strassenmusiker, der so schön Gitarre spielt. Wenn sich die beiden zusammen täten, könnten sie ein perfektes Duo abgeben. Also lernt Blanka, seine Lieder zu singen. Ein Barbesitzer engagiert die beiden, gegen Kost und Logis. Doch das Glück währt nicht lange, Blanka wird zu Unrecht des Diebstahls bezichtigt. Blanka läuft davon. Sie trifft auf den kleinen, fröhlichen Sebastian und dessen „Bruder“ Raul. Zu dritt klauen und betrügen sie in grösserem Stil, aber Blanka will das nicht mehr. Brenzlig wird es, als eine Frau Blanka weglockt und an ein Striplokal verkaufen will. Dank Sebastian findet Peter Blanka und rettet sie. Im Waisenhaus ist Blanka sicher, aber dort fehlt ihr etwas ganz Entscheidendes. Nachts bricht sie auf, um „nach Hause“ zu gehen. Und tatsächlich hört sie das vertraute Gitarrenspiel.
Mittwoch, 2. November 2016, 15:45 Uhr
The Black Hen
Regie: Min Bahadur Bham, Nepal 2015, OV/d/f/e, 90’
Ein vorübergehender Waffenstillstand im Jahr 2001 lässt die Bewohnerinnen und Bewohner eines kleinen Dorfes im Bürgerkriegsgebiet Muru im Nordwesten Nepals aufatmen. Prakash und Kiran, zwei Knaben unterschiedlicher Kasten, werden dicke Freunde, als sie sich auf die Suche nach einem vermissten Huhn machen, das Prakash von seiner Schwester erhalten hatte und das plötzlich verschwunden ist. Sie hoffen, Eier verkaufen zu können und so zu etwas Taschengeld zu gelangen. Die Suche nach dem verlorenen Huhn führt sich durch schöne Landschaften Nepals und durch die wirre politische Situation.
Mittwoch, 2. November 2016, 17:30 Uhr
Serengeti – kein Platz für Menschen?
Dokumentarfilm von Andreas Apostolidis, Griechenland |Tansania 2009, 41', ab 16
Im Serengeti-Nationalpark in Tansania prallen unterschiedliche Interessen aufeinander: Im Spannungsfeld von Naturschutz und Tourismus kämpfen die einheimischen Hadza dafür, ihre traditionelle Lebensweise weiterzupflegen. Aber ihre Rechte werden zunehmend eingeschränkt, sie werden umgesiedelt und dürfen keine Tiere mehr jagen. Der Film dokumentiert die Problematik und stellt die Frage nach neuen Modellen von Nationalparks, wo alle Beteiligten auf ihre Rechnung kommen.
Mittwoch, 2. November 2016, 17:30 Uhr
La buena vida – das gute Leben
Dokumentarfilm von Jens Schanze, D/Kokumbien 2015/16, 52' (Kurzfassung), ab 14
Der Film erzählt vom Kohleabbau im Nordosten von Kolumbien. Die gewaltige Cerrejón-Mine, mit 700 km2 der grösste Kohletagbau der Welt, rückt Tag für Tag näher an das Dorf einer Wayúu-Gemeinschaft, die deshalb umgesiedelt werden soll. Die Bevölkerung willigt nach langen Verhandlungen ein, wenn ihre Forderungen, insbesondere ausreichend Wasser in der neuen Siedlung, erfüllt werden. Doch der multinationale Bergbaukonzern hält die Verträge nicht ein.
Mittwoch, 2. November 2016, 17:30 Uhr
Die Rechnung
Kurzfilm von Peter Wedel, Deutschland 2009, 4 , ab 14
Wer bezahlt die Rechnung für schnelle Benzinfresser, Fernreisen und Golfspielen in der Wüste? Der Kurzfilm von Germanwatch e.V. zeigt auf ebenso provokante wie unterhaltsame Weise die Auswirkungen unseres energieverschwenderischen Lebensstils auf das Klima und die Folgen für Menschen in Entwicklungsländern, ohne den pädagogischen Zeigefinger zu heben.
Mittwoch, 2. November 2016, 17:30 Uhr
When I Grow up I Want to Be a Tourist
Kurzfilm von Magdalena Piotrowski, Eva Kondzielnik, D 2005, 5', ab 12
Ein einsamer Strand, ein wunderschöner Sonnenuntergang – Traumbild so vieler Tourist/-innen, die sich nach Erholung, Auszeit und Ausstieg aus ihrem Alltag sehnen. Der Kurzspielfilm erzählt in einer Rückblende vom Berufswunsch eines Jungen in Gambia, der davon träumt, eines Tages Tourist zu werden. Aus seiner Perspektive führt er durch ein Urlaubsresort und lässt uns typische Urlaubsszenen erleben.
Mittwoch, 2. November 2016, 19:45 Uhr
El abrazo de la Serpiente
Regie: Ciro Guerra, Kolumbien 2015, OV/d, 125’
Zwei Forscher dringen ins Innerste des Amazonas vor: Der deutsche EthnologeTheodor Koch-Grunberg im Jahr 1909, der nordamerikanische Botaniker und Abenteurer Richard Evan Schultes im Jahr 1940. Begleitet werden beide vom gleichen Schamanen, der selber der einzige Überlebende eines ausgelöschten Stammes ist und sie je zum Ziel ihrer Wünsche führen soll: Sie suchen eine im Urwald verborgene Wunderpflanze. Absolut halluzinierend.
Packend, wie uns Guerra über Mensch, Natur und die destruktive Macht des Kolonialismus nachdenken lässt, wie er die Rollen umkehrt, unvergesslich seine Tauchfahrt ins Innere des immensen Regenwalds. Erst ganz am Ende des sehr bewusst und in prächtigem Licht-Schattenspiel in Schwarzweiss gedrehten Films taucht er mit seiner Breitwand-Kamera, die von David Gallego präzis geführt wird und den Sog des Orts erfasst, auf aus dem Regenwald, in dem wir uns zwei Stunden lang bewegt haben, verschafft einen Überblick über die schiere Unendlichkeit des Amazonasbeckens und lässt uns aufatmen. Zumindest wir sind noch einmal davongekommen. Was für ein ausserordentlicher Sehgenuss.
Mittwoch, 2. November 2016, 22:00 Uhr
Mali Blues
Regie: Lutz Gregor, D 2013, OV/d, 92’, doc
Der westafrikanische Wüstenstaat Mali gilt als die Wiege der Bluesmusik, und die einheimischen Sänger und Instrumentalisten sind auf die Griot-Tradition stolz, das musikalische Erzählen von Geschichten. Musik gehört schon immer ganz elementar zum gesellschaftlichen Leben in Mali, dessen Norden 2012 von Islamisten besetzt wurde. Auf einmal war dort selbst das Hören von Musik verboten und Komponisten wie der Tuareg Ahmed Ag Kaedi flohen in den Süden des Landes, wo auch die Hauptstadt Bamako liegt.
Lutz Gregor stellt Kaedi und drei andere Musiker aus Mali vor – Fatoumata Diawara, Bassekou Kouyaté und Master Soumy –, die mit ihren Liedern für Frieden und Toleranz werben und gegen islamistischen Terror protestieren. Musiker, die in Mali öffentlich auftreten, haben Grund zur Angst. Auf dem renommierten Festival sur le Niger in Ségou gibt Fatoumata Diawara, die sich international längst einen Namen gemacht hat, 2015 ihr erstes Konzert in Mali. Die jungen Frauen im Publikum jubeln ihr zu, denn sie thematisiert die Rolle der Frau in der Gesellschaft, die Not mittelloser Mütter, die Beschneidung von Mädchen, Männer, die Frauen schlecht behandeln.
Donnerstag, 3. November 2016, 09:30 Uhr
Sonita
Regie: Rokhsareh Ghaem Maghami, Iran/CH/D 2015, OV/d, 91’
Die 18-jährige Sonita lebt in Teheran als illegale Immigrantin. Vor zehn Jahren musste sie ihre Heimat Afghanistan aufgrund des Taliban-Terros verlassen. Da die Mutter inzwischen in die Heimat zurückkehrt ist, schlägt sich Sonita nun alleine durch. Um sich über Wasser zu halten, reinigt sie tagsüber in einer Wohltätigkeitsorganisation für Kinder die Böden. Doch sie hat andere Ziele. Zusammen mit einem befreundeten Bauarbeiter träumt sie von einer Karriere als Rapcombo. Doch ihr Ziel scheint unerreichbar zu sein.
Denn zuerst braucht man als Musikgruppe im Iran eine Bewilligung von der Regierung. Dass Sonita zudem in den Musikstücken auch Solos hat, kommt nach iranischem Recht gar nicht in Frage. Ausgerechnet in dieser schon schweren Zeit erreicht Sonita eine Hiobsbotschaft. Ihre Familie plant, sie für 9’000 Dollar an einen unbekannten Ehemann zu verkaufen. Doch Sonita denkt nicht dran, sich für Geld verheiraten zu lassen und wehrt sich mit ihrer Musik.
Donnerstag, 3. November 2016, 12:00 Uhr
Trading Paradise
Regie: Daniel Schweizer, CH 2016, OV/d, 78’
«Trading Paradise» präsentiert sich als Chronik eines angekündigten Skandals. Nach dem Nazigold und dem Bankgeheimnis werden die Praktiken der in der Schweiz ansässigen Rohstoff-Firmen für die nächste Rufschädigung des Landes verantwortlich sein. Grosse Teile des Welthandels mit verschiedensten Ressourcen laufen über Firmen mit Sitz in Zug oder Genf. Die Firmen arbeiten intransparent, zahlen kaum Steuern und übernehmen nur selten Verantwortung für verursachte Umweltschäden. Der Film zeigt, wie engagierte Mitarbeiter von Nichtregierungs-Organisationen sich für eine Verbesserung der Transparenz und der Haftung dieser Rohstoff-Giganten einsetzen.
Donnerstag, 3. November 2016, 13:30 Uhr
Paradise – Ma dar behesht
Regie: Sina Ataeian Dena, Iran/D 2015, OV/d, 99’
Hanieh arbeitet als Lehrerin an einer iranischen Mädchenschule. Sie hat einen netten Freund, wohnt bei der bereits verheirateten Schwester in Teheran und muss deshalb jeden Tag extrem lang pendeln, bis sie ihre Arbeitsstelle in einem der Vororte erreicht. Das nervt Hanieh so sehr, dass sie die Versetzung an eine andere Schule anstrebt, was aber mit einigem Papierkrieg und mehreren frustrierenden Behördengängen verbunden ist. Da möchte Hanieh sich aber durchbeissen.
Haniehs bürokratisches Problem ist aber klein im Vergleich zur Vermisstmeldung zweier Mädchen an ihrer Schule. Von den siebenjährigen Nafiseh und Mina fehlt seit Tagen jeglich Spur. Ob das die Schuldirektorin wirklich kümmert, ist unklar. Die ärgert sich lieber über die Fussballverrücktheit ihrer Schützlinge. Tschutten sei den Buben vorbehalten – man habe ja schliesslich gerade wunderschöne Volleyballnetze auf dem Hof gespannt. Ausserdem sind ihr auch die Nagellackfläschen ein Dorn im Auge, die tagtäglich konfisziert werden.
Donnerstag, 3. November 2016, 15:30 Uhr
She, a Chinese
Regie: Xiaolu Guo, UK/F/D 2009, OV/d, 103’
Mei will weg. Ihr Heimatdorf ödet sie an, ihre Mutter geht ihr auf die Nerven und ihr Job im Billard-Center verspricht keine Aufstiegsmöglichkeiten. Mei entschliesst sich, in die nächste grosse Stadt zu ziehen. Nach einem kurzen Intermezzo als Näherin landet sie in einem "Love Salon", wo sie Männern Kopfmassagen gibt. Einer davon ist Spikey, ein Killer für die lokale Mafia. Er wird ihre erste Liebe. Diese jedoch wird eines Abends jäh zerstört, als Spikey sterbend vor ihr zusammenbricht.
Mei ist schockiert, weiss, dass sie hier nicht mehr länger leben kann. Aus Spikeys Geld kauft sie sich ein Flugticket nach London. Dort schlägt sie sich mit schlechten Jobs durch, bis sie den älteren, verwitweten Mr. Hunt kennenlernt. Bald schon heiraten die beiden.
Doch das Glück währt nicht lange. Mei fühlt sich vernachlässigt und immer unzufriedener. Sie verlässt ihren Mann und startet eine Affäre mit den Indier Rachid. Es scheint so, als hätte Mei nun doch ihre wahre Liebe gefunden.
«She, a Chinese» ist ein bewegendes, stark autobiografisch gefärbtes Culture-Clash-Road-Movie der chinesischen Schriftstellerin und Regisseurin Guo Xiaolu, die dafür den Goldenen Leoparden gewann.
Donnerstag, 3. November 2016, 18:00 Uhr
The Beekeeper and his Son
Regie Diedie Weng, China/CH 2016, OV/d, 81’
«The Beekeeper and his Son» zeigt die Innenansicht einer Familie auf dem Land im heutigen China, die wie Millionen andere Familien Brüche zwischen den Generationen erfährt und versucht, die tiefe Kluft zwischen Tradition und Moderne zu überwinden.
Desillusioniert von seinen Erfahrungen als Wanderarbeiter kehrt Maofu aus der Stadt zu seiner Familie in ein Dorf im Norden Chinas zurück. Sein Vater, ein alternder Bienenzüchter, hofft, dass sein Sohn nun das Handwerk der Bienenzucht von ihm erlernt. Doch stossen in der Zusammenarbeit der beiden verschiedene Lebensentwürfe aufeinander, was zu Spannungen und aufreibenden, meist sprachlos ausgetragenen Konflikten führt. Selbst die Tiere auf dem Hof reagieren auf die davon geprägte Atmosphäre und kommentieren das Verhalten auf zum Teil bizarre und humorvolle Art.
Eine Veranstaltung des Claro Laden Thusis
Der Claro Laden bietet ab 17:30 einen Apéro im Foyer des Kinos an
Donnerstag, 3. November 2016, 20:30 Uhr
Worlds Apart – Enas Allos Kosmos
Regie: Christoforos Papalaliatis, GR 2016, OV/d, 103’
Sebastian und Maria, Giorgos und Elise, Farris und Daphne: Drei unterschiedliche Liebespaare aus drei Generationen. Sie stehen im Zentrum dieser packenden Liebesgeschichte über alle Alter und Zeiten hinweg, die mitten im Griechenland von heute angesiedelt ist, in der aufgewühlten Stadt Athen.
Regisseur und Schauspieler Christoforos Papakaliatis versteht es vortrefflich, einerseits das Drama, das sich im südlichen Europa abspielt, in seinen Facetten und seiner Eigendynamik zu zeigen, andererseits von der ungebrochenen Kraft des antiken griechischen Liebesgottes Eros mit stupender Leichtigkeit zu erzählen. Ein Liebesfilm, über alle Grenzen und Generationen hinweg, packend, bewegend und brennend aktuell.
Donnerstag, 3. November 2016, 22:30 Uhr
Angry Indian Goddesses
Regie: Pan Nalin, Indien 2015, OV/d, 115’
Die erfolgreiche Fotografin Frieda lädt ihre besten Freundinnen zu sich nach Hause ein. Aus ganz Indien reisen die Frauen nach Goa, um eine unvergessliche Zeit zusammen zu verbringen. Friedas anstehende Hochzeit ist dabei nicht die einzige Überraschung für die Gruppe. Sie müssen feststellen, wie unterschiedlich sich ihre Leben entwickelt haben und dass jede mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat.
Die Geschäftsfrau und Mutter Suranjana trifft ausgerechnet auf die Politaktivistin Nargis. Die Bollywoodschauspielerin Joanna leidet genauso unter dem gesellschaftlichen Sexismus wie das Hausmädchen Laxmi und die Hausfrau Pamela, während die Sängerin Madhureeta endlich den grossen Durchbruch schaffen will. Wann treffen die Gäste endlich den mysteriösen Bräutigam, und warum will Friedas Vater nicht zur Hochzeit kommen?
Freitag, 4. November 2016, 09:30 Uhr
Fuocoammare
Regie: Gianfranco Rosi, I 2016, OV/d, 108’, doc
Samuele ist gerade mal 12 Jahre alt und lebt auf Lampedusa. Seinen Alltag verbringt er meist damit, nach der Schule seine Freunde zu treffen oder mit seiner selbstgebauten Steinschleuder durch die Gegend zu streifen. Eines Tages will er wie sein Vater Fischer werden, denn auf der Mittelmeerinsel war das Leben schon immer sehr von dem beeinflusst, was die See bringt.
Doch seit einiger Zeit sind das nicht mehr nur Fische, sondern auch Menschen. Tausende Flüchtlinge kommen in kaum brauchbaren Booten und voller Verzweiflung, aber auch Hoffnung auf ein besseres Leben an den Stränden an. Denn obwohl Lampedusa zu Italien und damit zu Europa gehört, ist die Insel näher an Afrika und damit der ideale Ort, um einem Leben voller Gefahren zu entkommen. Für seine Dokumentation „Seefeuer“ beobachtete Regisseur Gianfranco Rosi ein Jahr lang das Geschehen direkt vor Ort. Goldener Bär Berlin 2016
Freitag, 4. November 2016, 11:30 Uhr
Mountains May Depart
Regie: Zhangke Jia, China 2015, OV/d, 131’
Der chinesische Ausnahmeregisseur («Still Life», «A Touch of Sin») legt mit „Mountains May Depart“ ein weiteres herausragendes Werk vor. In seinem epischen Drama über eine Dreicksbeziehung zwischen zwei Männern und einer Frau verbindet er die persönliche Ebene der Liebesgeschichte brillant mit einer subtilen Reflektion über die Entwicklung Chinas vom Kommunismus zu einer Form des staatlich gelenkten Kapitalismus.
1999: In Fenyang leben die aufgeweckte Tao, der reiche Unternehmer Zhang und der arme Minenarbeiter Liangzi. Alles ist wunderbar zwischen den dreien, bis Zhang Tao für sich alleine haben will.
2014: Tao und Zhang sind ein geschiedenes Ehepaar, haben jedoch aus ihrer gemeinsamen Zeit noch einen achtjährigen Sohn, der auf den Namen Dollar hört. Dollar darf ein paar Tage bei seiner leiblichen Mutter verbringen, wobei das von seinem Vater verwöhnte Kind in dieser Zeit auch das einfache Leben zu schätzen lernt. Im Jahr 2025 lebt Dollar in Melbourne, hat den Kontakt zu seiner Mutter völlig verloren, sich mit seinem Vater verkracht und seine Muttersprache verlernt. Der deprimierte Junge weiss nicht, was mit seinem Leben anfangen, findet dann aber in seiner Lehrerin eine Stütze und noch mehr.
Freitag, 4. November 2016, 14:00 Uhr
La casa más grande del mundo
Regie: Ana V. Bojórquez, Lucía Carreras, Guatemala / Mexiko 2015, 74’
Morgens muss die Herde zum Weiden in die Berge und abends wieder zurück. Jeden Tag begleitet das verträumte Maya-Mädchen Rocío im Hochland Guatemalas ihre schwangere Mutter beim Schafe hüten. Als bei der Mutter vorzeitig Wehen einsetzen, muss Rocío alleine mit der Herde losziehen, obwohl sie dafür noch zu klein ist. Wie immer vertreibt sich Rocío die Zeit mit einer Freundin. Aus kleinen Steinchen bauen sie die grössten Häuser der Welt. Doch dann passiert es: das kleinste Schaf fehlt. Die Freundin kann nicht lange bei der Suche helfen, denn sie muss mit ihren eigenen Tieren zurück. Alleine treibt Rocío ihre Schafe durch die zerklüfteten Berge und sucht das Lamm. Als sie es schliesslich findet, kommt ihr die restliche Herde abhanden. Schlimmer hätte es nicht kommen können. Im aufziehenden Nebel muss sie über eine schwankende Seilbrücke in unbekanntes Land. Auf sich alleine gestellt, wächst Rocío über sich selbst hinaus und überwindet ihre Ängste. So schliesst sich auf poetische Weise ein ewiger Kreis: Ein Mädchen wird erwachsen und das nächste erblickt das Licht der Welt.
Freitag, 4. November 2016, 15:30 Uhr
Ken Bugul – Personne n’en veut
Regie: Silvia Voser, Senegal 2015, f, 62’
Ken Bugul ist eine Schriftstellerin, die dort lebt, wo ihre Seele zu Hause ist: in Afrika. Sie wird als eine der hervorragendsten senegalesischen Schriftstellerinnen der französischsprachigen Literatur der letzten Jahrzehnte betrachtet. Ihre Romane sind ein wichtiger und radikaler Bezugspunkt, da sie es versteht, in einem eigenwilligen Stil, eine hochliterarische Sprache mit den Rhythmen, den Ausdrucksweisen und den gedanklichen Grundstrukturen des Wolof, ihrer Muttersprache, dicht zu verweben.
Die persönliche Geschichte der Autorin ist durch die historischen Ereignisse Afrikas geprägt. Sie kommt 1947 in einem isolierten Dorf in Senegal, das noch französische Kolonie ist, zur Welt. Ihr Vater ist bei ihrer Geburt 85 Jahre alt. Als Ken Bugul fünfjährig ist, verlässt die Mutter den Haushalt. Diese Erfahrung des Verlassenwerdens ist grundlegend. Sie fühlt sich nicht geliebt, ist aber voller trotziger Entschlossenheit und strebt nach Freiheit.
Silvia Voser führt uns mit Feingefühl in dieses geheimnisvolle und bewegte Leben. Sie lässt eine mutige und verletzliche Ken Bugul selber zu Wort kommen, und evoziert das Leben einer Künstlerin, deren Werk uns zu einem neuen Blick auf eine Welt voller komplexer Beziehungen verhilft.
Filmgespräch mit Ken Bugul, Maderation…
Um 20.00 Lesung mit Ken Bugul in der Buchhandlung Kunfermann
Freitag, 4. November 2016, 19:30 Uhr
Mary Kom
Regie: Omung Kumar, Indien 2014, OV/d/f, 122'
Dieser Film basiert auf einer wahren Geschichte. Mary Kom, die aus einer ostindischen Provinz stammt, war schon in jungen Jahren fest entschlossen, Profi-Boxerin zu werden. Um ihre Schlagkraft zu erhöhen und ihren Siegeswillen zu schüren, hielt sie sich immer die vielen Ungerechtigkeiten vor Augen, denen sie und ihresgleichen tagtäglich ausgesetzt sind. Sie setzt sich gegen alle Widerstände durch und gewinnt schliesslich bei den Olympischen Spielen in London die Bronzemedaille.
Freitag, 4. November 2016, 21:45 Uhr
Yo
Regie: Matias Meyer, Mexiko/Kanada/CH 2015, Spanisch/d/f, 80’
Yo ist 30 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter in einem entlegenen Winkel Mexikos. Als ein neuer Mann ins Leben seiner Mutter tritt, wendet er sich ab und erlebt seine ersten amourösen Abenteuer. Vier Jahre nach «Los ultimos Cristeros» kehrt Matias Meyer mit «Yo» zurück. Der Film wurde unterstützt durch den Schweizer Filmfonds visions sud est und am Morelia International Film Festival 2015 ausgezeichnet. Wir zeigen «Yo» als Vorpremiere.
Freitag, 4. November 2016, 23:15 Uhr
Raving Iran
Regie: Susanne Regina Meures, Iran/CH 2016, OV/d, 84’
Arash und Anoosh arbeiten als DJs in Teherans wachsender Underground-Technoszene. Müde und desillusioniert vom ewigen Versteckspiel vor der Polizei und ihrer stagnierenden Karriere, organisieren sie unter gefährlichen Umständen einen letzten ekstatischen Rave in der Wüste. Zurück in Teheran versuchen sie vergeblich ihr illegales Musikalbum unter die Leute zu bringen. Als Anoosh an einer Party verhaftet wird, erlischt auch der letzte Funke Hoffnung auf eine Zukunft im Iran. Doch dann erreicht sie ein Anruf von der Streetparade in Zürich, der grössten Techno Party der Welt. Nach langem Bangen erhalten die beiden ein 5-Tage Visum. In der Schweiz angekommen, katapultieren sie Radio- und Zeitungsinterviews, Millionen von Ravern und DJ Kollegen in eine andere Sphäre. Die Euphorie verfliegt jedoch schnell, denn die näher rückende Abreise stellt sie vor eine grosse Entscheidung.
Samstag, 5. November 2016, 09:30 Uhr
Tanna
Regie: Martin and Bentley Butler and Dean, Aus 2015, OV/d/f, 104’
Der Spielfilm «Tanna» gehört wohl zu den schönen Überraschungen, die uns das Kinojahr beschert. Er entstand auf der entlegenen gleichnamigen Insel in der Südsee. Das Filmemacherduo erzählt mit der lokalen Bevölkerung als Darstellenden eine Romeo-und-Julia-Geschichte, sanft in die Natur eingebettet und atemberaubend fotografiert. Ein Film, der uns im besten Sinn aus der Zeit und ihrer Atemlosigkeit holt und ganz einfach in eine andere Welt versetzt.
Im Dorf der Yakel leben die Menschen in Symbiose mit der Natur. Aber nicht alles ist so friedlich, wie es scheint. Die benachbarten Imedin haben einen Yakel umgebracht. Zu viel der Gewalt für die Ältesten. Sie wollen Frieden schliessen und versprechen die schöne Wawa dem Sohn des Imedin-Chefs. Nun ist Wawa allerdings unsterblich verliebt in Dain, den Sohn des Yakel-Anführers. Die beiden weigern sich und fliehen durch die Wälder in die Höhen des Funken speienden Vulkans. Eine klassische Geschichte, die an Romeo und Julia erinnert und hier noch einmal in unglaublicher Frische und Schönheit erzählt wird.
Samstag, 5. November 2016, 11:30 Uhr
Alias Maria
Regie: José Luis Rugeles, Frankreich, Argentinien, Kolumbien 2015, OV/d/f, 92’
Maria ist eine 13-jährige Guerilla-Kämpferin und wird auf eine Mission mit drei anderen Kinder-Soldaten geschickt: Sie soll das Neugeborene des Kommandeurs sicher in das Nachbardorf schaffen. Doch keiner kennt Marias eigenes Geheimnis: Sie ist schwanger, was unter den Guerilla-Kämpfern verboten ist. Während des Auftrags wird ihr Geheimnis gelüftet. Um eine Abtreibung zu verhindern, läuft Maria weg.
Durch Marias Augen erlebt man die verheerenden Konsequenzen von Columbiens bewaffneten Konflikt: Städte, die durch Massaker dem Erdboden gleichgemacht werden, Eltern, die ihre Kinder verloren haben und Kinder, die inmitten all dieses Wahnsinns versuchen, normal aufzuwachsen. Wird Maria die Stärke finden, ein neues Leben in Angriff zu nehmen?
Samstag, 5. November 2016, 13:15 Uhr
Heavenly Nomadic
Regie: Mirlan Abdykalykow, Kirgistan 2015, OV/d/f, 81’
Es gibt immer noch Orte auf dieser Welt, wo die Menschen in Harmonie mit Natur und Naturmythologien leben. Die Nomadenfamilie von Schaiyr lebt glücklich mit ihren Pferden in den kirgisischen Bergen, frei von den Bedürfnissen, die die moderne Bequemlichkeit uns vorgibt. In der Welt der 7-jährigen Enkelin Umsunai ist die Wirklichkeit mit den Legenden der sie umgebenden Natur fest verwoben, das schenkt ihr die Mittel, der Trauer um ihren verstorbenen Vater zu begegnen. Sie glaubt fest daran, dass er – wie es in einer der schönsten Legenden erzählt wird – in einen Steinkauz verwandelt wurde, der seine Kreise über den Gipfeln zieht. Als ihr Bruder aus der Stadt zurückkehrt, saugt sie gierig Einzelheiten aus dem urbanen Studentenleben auf. In den Ohren der Grosseltern scheinen diese Geschichten Vorboten einer Entfremdung zu sein. Als sie sich neu verliebt, kann sich auch Umsunais Mutter Schaiyr kaum vorstellen, diese Welt der Stille zurückzulassen. Für das in die Jahre gekommene Hirtenpaar wirkt das Baugerät, das auf den Wiesen auftaucht, wie ein dunkles Omen. Mit jedem Stück Natur, das langsam verschwindet, scheint sich auch ein Stück ihrer Seele zu verflüchtigen.
Samstag, 5. November 2016, 15:00 Uhr
A Dragon Arrives!
Regie: Mani Haghighi, Iran 2016, Farsi/d/f, 108’
Ein orangefarbener Chevrolet Impala fährt über einen Friedhof inmitten einer Wüstenlandschaft auf ein verlassenes Schiffswrack zu. Es ist der 22. Januar 1965, am Vortag ist der iranische Premierminister vor dem Parlament erschossen worden. Im Inneren des Wracks hat sich ein verbannter politischer Gefangener aufgehängt. Die Wände sind übersät mit Tagebuchaufzeichnungen, Romanzitaten und rätselhaften Zeichen. Können sie Kommissar Babak Hafizi bei seinen Ermittlungen nutzen? Geben sie Aufschluss über die Frage, warum sich stets ein Erdbeben ereignet, wenn ein Toter auf dem Wüstenfriedhof beerdigt wird? Mithilfe eines Toningenieurs und eines Geologen beginnt Hafizi seine Recherchen auf der archaischen Insel Qeshm im Persischen Golf. 50 Jahre später werden das gesammelte Beweismaterial und geheimdienstliche Tonbandaufnahmen in einer Schachtel gefunden, die belegt, dass der Kommissar und seine Mitstreiter verhaftet wurden. Warum?
In seinem neuen Film entwirft Mani Haghighi ein weiteres Mal eine absurd-groteske Versuchsanordnung. Spielerisch stellt er mysteriöse Ereignisse nach, die um eine wahre Begebenheit kreisen – und zugleich ihre eigene Wahrheit imaginieren.
Filmgespräch mit Mani Haghigi, Moderation…
Samstag, 5. November 2016, 18:00 Uhr
Mountain
Regie: Yaelle Kayam, Israel, Dänemark 2015, OV/d/f, 83’
In ihrem Film beschreibt Regisseurin Yaelle Kayam eine junge orthodoxe Jüdin, die mit ihrer Familie am Rande des Jerusalemer Ölbergs lebt. Die Riten der orthodoxen Juden scheinen ihr mehr und mehr fremd. Zu den Arabern darf sie keinen Kontakt haben. Langsam erkundet sie die Welt ausserhalb der strengen Regeln ihres Ehemannes. Auf dem Ölberg kommt sie in Kontakt mit Prostituierten und Drogenhändlern. Sie stellt ihnen einen Topf Suppe hin. Geraume Zeit später, als sie wieder für die Familie – oder die Prostituierten und Drogenhändler – kocht, schüttet sie Rattengift in das Essen.
«Mountain»wurde an der Mostra di Venezia und am Toronto International Film Festival 2015 ausgewählt.
Samstag, 5. November 2016, 19:45 Uhr
As I Open My Eyes
Regie: Leyla Bouzid, Tunesien 2015, OV/d/f, 131’
Jede Gesellschaft hat ihre eigenen Gesetze und Spielregeln, gleichzeitig gibt es Ähnlichkeiten im Menschsein quer durch die Welt. Zu ihnen gehören die jugendliche Neugier und der Freiheitsdrang, von denen auch die 18-jährige Farah im ersten Spielfilm von Leyla Bouzid beseelt ist.
Farah hat ihre Mittelschule abgeschlossen und singt in einer Band. Sie singt fürs Leben gern und wird dabei auch den einen oder anderen Frust los, der sich aufgestaut hat. Zuhause versucht die Mutter, sie zu bändigen und ihr deutlich zu machen, dass eine junge Frau in Tunesien sich nicht alles erlauben könne und dass es manchmal besser sei, sich zurückzuhalten. Aber genau das will Farah nicht, sie steht für jene Generation, die vor wenigen Jahren auf die Strasse ging, um die Dinge zu ändern.
Die Tunesierin Leyla Bouzid erzählt die Geschichte der jungen Rebellin mit Feingefühl und einer geteilten Lust am Aufbruch und Ausbruch. Das Umfeld lässt in ihrer Heimat den Frauen wenig Spielraum; die Mutter weiss selber nur zu gut, was sie meint, wenn sie ihre geliebte Tochter zu besänftigen versucht. Der freie Flug kann rasch zum Absturz führen. Bouzids Film steckt voller Elan einer Generation, die auch in der Wirklichkeit des so genannt arabischen Frühlings erfahren musste, dass alles seine Zeit braucht und mitunter mehr Geduld, als Jugendliche aufbringen mögen.
Samstag, 5. November 2016, 21:45 Uhr
Mohenjo Daro
Regie: Ashutosh Gowariker, Indien 2016, hindi/d/f, 153’
Bollywood at it’s best und gleichzeitig ein historisches Kampf-Melodrama, das mit aller Wucht zeigt, was in einer Leinwand stecken kann.
Während der prähistorischen Besiedlung des Indus-Tals droht im Jahr 2016 v. Chr. die Habgier eines niederträchtigen Mannes Mohenjo Daro, eine der ältesten Städte der Welt, zu zerstören. Sarman, ein junger und tüchtiger Indigo-Bauer, geht in die Stadt und verliebt sich in Chaani, die Tochter des Priesters, der man prophezeit hat, die Gründerin einer neuen Gesellschaft zu werden. Sie ist aber schon bei ihrer Geburt Moonja versprochen worden. Dieser, Sohn des Senatsoberhaupts, ist ein grausamer Mann, vor dem sich die ganze Stadt fürchtet. Nach einem epischen Entscheidungskampf zwischen den beiden Männern wird Sarman nicht nur seine wahre Identität erfahren und weshalb er so eine starke Verbindung zu Mohenjo Daro hat, sondern auch, wie er die neue Ordnung zu führen hat – auch wenn dies bedeutet, dass die alte Stadt dem Flussgott geopfert werden muss.
Sonntag, 6. November 2016, 09:30 Uhr
Wolf and Sheep
Regie: Shahrbanoo Sadat, Afghanistan 2016, OV/d/f, 86’
In einer entlegenen Region in den Bergen von Afghanistan glauben die Menschen an die Geschichten, die sie selber erfinden, um die Mysterien des Lebens und der Welt zu erklären. Die Mädchen und Buben hüten die Schafe und üben mit ihren selbst gebastelten Steinschleudern. Vor allem wollen sie die Wölfe vertreiben. Die Welt hier gehört ihnen, und die Regisseurin zeigt uns in ihrem berührenden Erstling den Alltag, wie sie ihn kennt.
Man weiss gar nicht, was man mehr bewundern soll, die wilde Schönheit der Landschaft oder die zarten Beziehungen der Kinder, die mitten in ihr aufwachsen. Klar ist: Die junge Afghanin Shahrbanoo Sadat will uns nicht einfach in eine idyllische Dorfgemeinschaft entführen. Die Beziehungen im Alltag hier sind von Tratsch und kleinen Konflikten geprägt, das Leben ist hart und einfach, jeder Tag bringt seine Bürde mit sich, und die will getragen sein. Ausgehend von einem Begräbnis folgt die Handlung der Wiederverheiratung der Witwe mit einem alten Mann. Genau dafür wird ihr elfjähriger Sohn Qodrat gehänselt. Es zieht ihn zu Sediqa hin, die ihrerseits von den Mädchen gemieden wird, weil sie das Böse in sich trage.
Filmgespräch mit Shahrbanoo Sadat, Moderation….
Sonntag, 6. November 2016, 12:00 Uhr
Dukhtar
Regie: Nathaniel Afia, USA, Pakistan, Norwegen 2014, OV/d/f, 93'
«Dukthar» der pakistanischen Filmemacherin Afia Nathaniel feiert auf dem Toronto Film Festival 2014 seine Weltpremiere. Der Film erzählt die Geschichte einer Mutter und ihres Kind auf der Flucht. Als Allah Rakhi vor zwanzig Jahren mit ihrem Mann verheiratet wurde, war sie erst fünfzehn Jahre alt. Nun soll ihrer zehnjährigen Tochter Zainab das gleiche widerfahren. Es gibt nur einen Weg das zu verhindern, die Flucht ins Unbekannte, gejagt von dem eigenen Ehemann und den Handlangern des Bräutigams.
«Dukhtar» erhielt 2015 den Publikumspreis des Festival International de Films de Femmes von Créteil.
Sonntag, 6. November 2016, 13:45 Uhr
Madonna
Regie: Shin Su-won, Südkorea 2015, OV/d/f, 120’
Mina, genannt Madonna, wird Opfer eines mysteriösen Unfalls. Die Krankenschwester Hae-Rim versucht, das Einverständnis für eine Organspende einzuholen, die das Leben eines Patienten retten könnte.
«Madonna» erinnert an einen dieser französischen Romane aus dem 19. Jahrhundert, in denen eine überraschende Wende die andere jagt, die an unwahrscheinlichen Orten spielen und deren Figuren raffinierte Intriganten sind.
Auch die düstere, ans Fantastische grenzende Atmosphäre ist beiden gemein.
Aber natürlich ist dieser hybride, schwer einzuordnende Streifen auch eine Erzählung aus Korea. Regisseurin Shin Su-won zeigt ein Land, in dem offenbar jeder bestechlich ist.
Wie in den meisten Werken des koreanischen Genres wird nichts angedeutet, sondern alles offen ausgebreitet, auch das Schreckliche: Vergewaltigungen, Demütigungen, die Gier nach Reichtum, um – wie es einer der widerlichsten und groartigsten Dialoge auf den Punkt bringt – „nicht die Augen eines Armen zu haben“! Politische Korrektheit ist «Madonna» also völlig egal.
Sonntag, 6. November 2016, 16:00 Uhr
Alda et Maria
Regie: Pocas Pascoal, Portugal 2011, OV/d/f, 94’
Alda und Maria sind zwei Schwestern, die 1980 vor dem Bürgerkrieg in Angola nach Portugal flüchten. Sie wissen nichts vom Land ihrer ehemaligen Kolonialherren, kennen einzig seine Sprache. Ganz auf sich allein gestellt, lernen sie, sich ohne Geld durchzuschlagen. Erst 16 und 17 Jahre alt, müssen sie sich im Exil eine Identität schaffen, erwachsen werden und über ihr weiteres Schicksal entscheiden.
Die angolanische Regisseurin Pocas Pascoal thematisiert in diesem Drama eine Erfahrung, die sie in ihrer Kindheit selber machte. Wie Alda und Maria landete auch sie Ende der 1970er Jahre auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg zusammen mit ihrer Schwester alleine im Exil.
Sonntag, 6. November 2016, 17:45 Uhr
The Dark Horse – Das Talent des Genesis Potini
Regie: James Napier Robertson, Neuseeland 2016, OV/d, 124’
Der in die Jahre gekommene Maori Genesis Potini (Cliff Curtis) musste seine Leidenschaft zum Schachspiel vor geraumer Zeit aufgrund einer psychischen Krankheit aufgeben. Doch der ehemalige Champion bekämpft seine Depression und sucht nach seiner psychiatrischen Behandlung den Neueinstieg in die Gesellschaft. Nach einigen Monaten unter der Obhut seines Biker-Bruders Ariki entschliesst sich Genesis, seiner Heimat Gisborne etwas zurückzugeben und diejenigen zu unterstützen, die noch weniger als er selbst haben: die Kinder aus ärmlichen Verhältnissen. Voller Tatendrang unterrichtet der passionierte Spieler seine jungen Schützlinge in der Kunst des Schachs und beweist seinem Umfeld, welche Kraft von dem anspruchsvollen Denksport ausgehen kann. «The Dark Horse» basiert auf der wahren Lebensgeschichte des ehemaligen m?orischen Schach-Champions Genesis Potini.
Sonntag, 6. November 2016, 20:15 Uhr
Barakah Meets Barakah
Regie: Mahmoud Sabbagh, Saudi Arabien 2016, OV/d, 88’
Das Forum des Jungen Films in Berlin brachte es auf den Punkt: «Würde man eine Umfrage unter Filmexperten starten, welches Land ihrer Einschätzung nach derzeit das am wenigsten geeignete ist, eine sehr lustige und echt abgefahrene ‹Romantic Comedy› anzusiedeln, Saudi-Arabien hätte beste Chancen, die Top-Position einzunehmen. Falsch geraten – nichts weniger beweist Barakah Meets Barakah.»
Er ist Ordnungsbeamter in Dschidda und Laiendarsteller im «Hamlet», nicht wirklich aus bester Familie. Sie ist eine wilde Schönheit, Adoptivtochter eines reichen Paares mit Eheproblemen. Mit atemberaubender Raffinesse hebeln die beiden das System von Tradition, Etikette und Religionspolizei aus in einer Komödie für all jene, die schon immer mal wissen wollten, was in Saudi-Arabien eigentlich so los ist, und sich gerne überraschen lassen.
Dienstag, 31. Oktober 2017, 14:30 Uhr
Hello Hemingway
Regie: Fernando Pérez, Kuba 1990, Spanisch/d, 85'
Er gehört zu den Schlüsselwerken der modernen Literatur: Ernest Hemingways Kurzroman «Der alte Mann und das Meer». Der Kubaner Fernando Pérez hat das Buch filmisch gelesen, im besten Sinne des Wortes umgesetzt. Im Zentrum steht kein alter Fischer, vielmehr die Schülerin Larita, die in ärmlichen Verhältnissen in nächster Nachbarschaft zu Hemingways Villa lebt und fasziniert ist von seinem letzten Buch. Larita bereitet sich aufs Abitur vor und träumt von einem Stipendium fürs Studium in den USA. Fernando Pérez verwebt ihre Geschichte mit der Lektüre von Hemingways Buch, führt die Allegorie raffiniert auf den Boden der Realität zurück. Da wird das Meer Hemingways zum gesellschaftlichen Umfeld Laritas, da wird der Schwertfisch zum Stipendium, werden die Haie zu Menschen, die dem Mädchen Biss um Biss ein Stück ihres Traumes, ihrer Hoffnung nehmen. Immer wieder zeigt Pérez seine Schülerin auch an jenem Ozean, der als verbindendes Bild zum Buch bestehen bleibt, kulminierend in jenem Punkt, da Hemingways Text sich mit der Befindlichkeit Laritas deckt: «Er blickte über das Meer, und er wusste, wie allein er jetzt war.»
Dienstag, 31. Oktober 2017, 16:10 Uhr
A Good Wife – Dobra zena
Regie: Mirjana Karanovic, Serbien/Bosnien-Herzegowina/Kroatien 2016, OV/d, 90’
In der ersten Regiearbeit der serbischen Schauspielgrösse Mirjana Karanovic ist sie selbst als titelgebende gute Ehefrau und Mutter zu sehen. Doch eines Tages entdeckt sie ein Video, das ihren Mann bei der Ausführung von Kriegsverbrechen zeigt. Sie muss sich entscheiden, wie sie damit umgeht.
Milena, eine Frau mittleren Alters, ist vor allem eines: Ehefrau und Mutter. In einem gediegenen Viertel in Belgrad hat sie sich ihr Leben gut eingerichtet. Im Stillen macht sie sich zurecht. Pflichtbewusst bekocht und unterhält sie die Familie. Regelmässig geht sie zur Chorprobe. Sie schläft mit ihrem Mann. Hin und wieder gehen sie sogar aus und verbringen beschwingte Abende mit befreundeten Paaren. Doch ihr geordnetes Leben droht aus den Fugen zu geraten, als Milena beim Putzen auf ein Video stösst, das ihren Mann schwer belastet.
Dienstag, 31. Oktober 2017, 18:00 Uhr
Die Zukunft pflanzen
Regie: Marie-Monique Robin, F 2012, OV/d, 96’
Die Menschenrechtserklärung von 1948 beinhaltet das Grundrecht auf Nahrung. Aber wie soll man diesem Grundrecht Geltung verschaffen angesichts klimatisch bedingter Hungerkatastrophen, der Erschöpfung von Böden und Wasserquellen, dem Verlust der Artenvielfalt und der weltweiten Landflucht von Bauern? Die Filmautorin Marie-Monique Robin besuchte Agronomen, Ökonomen und Vertreter internationaler Hilfsorganisationen, um eine Antwort auf die drängende Frage zu finden, wie wir die Weltbevölkerung in Zukunft ernähren können.
Dienstag, 31. Oktober 2017, 19:45 Uhr
The Handmaiden
Regie: Chan-wook Park, Südkorea 2016, OV/d, 144’
Chan-wook Parks neuer Film, ein erotischer Thriller nach dem Roman von Sarah Waters, verwirrt und betört – mit sinnlicher Opulenz und nach den kunstvollen Regeln des «Rashomon»-Prinzips (zu jeder Geschichte, die wir erzählt bekommen, gibt es mindestens eine zweite Fassung, in der alles ganz anders war und die dennoch als ebenso wahr gelten darf).
1930 um Korea, von japanischen Invasoren besetzt. In diesem Klima der Unterdrückung spinnt die Taschendiebin Sookee zusammen mit dem aalglatten Hochstapler Fujiwara einen perfiden Plan: Sie wollen die japanische Erbin Hideko «beerben». Sookee verdingt sich als Dienstmädchen, und er macht seine Aufwartung als (falscher) Graf. Die japanische Adelige ist von der Schönheit der koreanischen Bediensteten fasziniert, verliebt sich. Und doch heiratet die Lady den Heiratsschwindler… Das Drama entpuppt sich als perfider Erotikthriller, fantastisch und betörend vom Koreaner Park Chan-wook inszeniert. Ein Meisterwerk der Täuschung.
Mittwoch, 1. November 2017, 11:45 Uhr
Where to, Miss?
Regie: Manuela Bastian, Indien/D 2015, DOK, OV/d, 83’
Die junge Inderin Devki will sehnlichst ihren Führerschein machen und Taxifahrerin werden. Ausgerechnet in einer Millionenmetropole wie Delhi, in der selbst emanzipierte Frauen nachts nur in Begleitung von Männern oder in Gruppen auf die Straße gehen. Devki bewirbt sich bei der Initiative „Woman on Wheels“. Hier werden Frauen zu Taxifahrerinnen ausgebildet, damit sie finanziell unabhängig werden und andere Frauen sicher nach Hause bringen können. Doch in Devkis Familie herrscht kein Verständnis für ihre Zukunftspläne. In Indien sagt ein Sprichwort: Eine Frau gehört zuerst ihrem Vater, dann ihrem Ehemann und zuletzt ihrem Sohn. Regisseurin Manuela Bastian begleitet ihre Protagonistin durch diese drei Lebensphasen als Tochter, Ehefrau und Mutter. Sie zeigt eindrücklich, in welchen Konflikt eine Frau in Indien gerät, wenn sie aus den traditionellen Rollenvorgaben ausbrechen will: Denn während Devki versucht, sich selbst und ihren Träumen treu zu bleiben, muss sie immer mehr Angst haben, ihre Familie zu verlieren. „Where to, Miss?“ ist das bewegende Porträt einer jungen Inderin, die mutig in einer männerdominierten Gesellschaft für ihre Rechte kämpft. Ein Dokumentarfilm mit poetischen Bildern und der grandiosen Musik von Milky Chance.
Mittwoch, 1. November 2017, 13:30 Uhr
The Eagle Huntress
Regie: Otto Bell, Mongolei, USA, UK 2016, 87’
Aisholpan ist ein 13-jähriges Mädchen aus dem Nordwesten der Mongolei, das hart dafür trainiert, die erste weibliche Adlerjägerin ihrer zwölf Generationen umfassenden kasachischen Familie zu werden. Damit würde sie einen Platz an der Spitze einer männerdominierten Tradition einnehmen, die seit Jahrtausenden klassischerweise vom Vater an den Sohn weitergegeben wird. Viele der älteren Vertreter der Adlerjagd in Kasachstan und der Mongolei beäugen das Vorhaben mit Skepsis und können sich nicht mit der Idee anfreunden, einer jungen Frau einen Platz in den Reihen ihrer alten Tradition zuzugestehen. Doch Aisholpans Vater Nurgaiv setzt andere Massstäbe an: Er ist fest davon überzeugt, dass ein Mädchen ebenso viel erreichen kann wie ein Junge, wenn sie nur die dafür notwendige Entschlossenheit aufbringt. ?Mitglieder der Zauberlaterne dürfen diese Vorstellung gratis besuchen. Wir danken dem Förderverein für dieses Sponsoring aus Anlass der 10-jährigen Mitgliedschaft des Kino Rätia bei der Zauberlaterne.
Mittwoch, 1. November 2017, 15:15 Uhr
Le ciel attendra
Regie: Marie-Castille Mention-Schaar, F 2016, OV/d, 105’
Ein Film, wie aus den aktuellsten Schlagzeilen gebaut: Marie-Castille Mention-Schaar will mit «Le ciel attendra» auf die Gefahren der Radikalisierung junger Menschen in Europa durch den Islamischen Staat über das Internet aufmerksam machen. Vor allem die Darstellerinnen sowie die teilweise brutalen Szenen tragen ihren Teil dazu bei, dass «Le ciel attendra» nicht in ein gewöhnliches Melodrama abdriftet.
Die Teenagerin Mélanie lebt ein ganz normales Leben – bis sie eines Tages übers Internet einen Jungen kennenlernt, für den sie schnell Feuer und Flamme ist. Leider handelt es sich bei diesem um einen islamistischen Fundamentalisten, der sie auf die dunkle Seite zieht. Auch Sonia war in die Hände der Islamisten geraten und hätte beinahe ihr Leben geopfert um ihrer Familie einen Platz im Paradies zu sichern.
Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
éducation21 | Filme für Welt
éducation21 ist das nationale Kompetenz- und Dienstleistungszentrum für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) in der Schweiz.
Im Auftrag der Kantone, des Bundes und der Zivilgesellschaft unterstützt éducation21 die Umsetzung und Verankerung von BNE auf Ebene obligatorische Schule und Sek II. éducation21 trägt dazu bei, Kinder und Jugendliche auf ein selbständiges und selbstverantwortliches Leben in einer immer komplexer werdenden Welt vorzubereiten. Sie unterstützt die Umsetzung von BNE in den Lehrplänen der Volksschule (Lehrplan 21, plan d’étude romand, piano di studio della scuola obbligatoria ticinese).
Lehrpersonen, Schulleitungen und weitere Akteure finden bei éducation21 pädagogisch geprüfte Lernmedien, Orientierung und Beratung, Finanzhilfen für Schul- und Klassenprojekte und Angebote von schulexternen Akteuren. Auf der Ebene der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen arbeitet éducation21 mit den Pädagogischen Hochschulen und anderen Aus- und Weiterbildungsstätten für Lehrpersonen zusammen. éducation21 ist für die nationale Koordination des Schulnetz21 zuständig und arbeitet dafür mit der Stiftung RADIX zusammen.
Die privatrechtliche Stiftung ist seit 2013 operativ und hat die früheren Stiftungen Bildung und Entwicklung (SBE) und Umweltbildung Schweiz (SUB) abgelöst.
Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Black Out
Dokumentarfilm von Eva Weber, UK/Guinea 2012/2016, 28' (Kurzfassung)
Während der Prüfungszeit machen sich tausende Schüler/-innen in der Hauptstadt Guineas allabendlich zum Lernen auf den Weg zu öffentlichen beleuchteten Plätzen, Tankstellen oder dem Flughafen. Denn nur dort haben sie Licht; in vielen Haushalten gibt es keine Elektrizität und die staatliche Stromversorgung ist unstabil. Der Film zeigt nächtliche Stimmungsbilder aus Conakry und lässt lernende Jugendliche, einen Lehrer und Angestellte eines Elektrizitätswerkes zu Wort kommen.
Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
No problem! Solaringenieurinnen für Afrika
Dokumentarfilm von Yasmin Kidwai, Indien/Tanzania 2012, 28' (Kurzfassung)
Eine Gruppe von Frauen aus Liberia, Malawi, Sudan und Tansania lässt sich im indischen Rajasthan im «Barefoot College» zu Solaringenieurinnen ausbilden. Nach 6 Monaten kehren sie in ihre Dörfer zurück und bringen Solartechnik und Know-how in entlegene ländliche Gebiete, die bisher keinen Zugang zu Strom hatten. Das Süd-Süd-Entwicklungsprojekt qualifiziert Frauen und ermöglicht eine autonome, dezentrale Energieversorgung.
Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Die Gans mit den Goldenen Eiern
Dokumentarfilm von Charlene Music und Peter Jordan, US/Costa Rica 2013, 35'
An der Pazifikküste Costa Ricas schreitet die touristische Entwicklung rasant voran. Luxusresorts und all-inclusive Angebote wirken sich zunehmend negativ auf die Natur und die Bevölkerung aus. Gestützt auf Interviews mit Behörden, Personen aus der Bevölkerung, Wissenschaftlern und Politiker/-innen erzählt der Film von den Nachteilen des Massentourismus und stellt diesem den sogenannten Ökotourismus als mögliches positives Szenario gegenüber.
Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Ein Tag mit Moussa
Dokumentarfilm von Maman Siradji Bakabe, F/Niger 2011, 13'
Moussa ist 12 Jahre alt und lebt mit seinen drei Brüdern und sechs Schwestern in einem Savannendorf im Osten Nigers. Er möchte einmal Tierarzt werden. Seine Eltern züchten Ziegen und Kühe. Der Vater, Oberhaupt in seiner Region, kann wie die meisten Erwachsenen weder lesen noch schreiben. Deshalb schickt er Moussa zur Schule. Die Mädchen müssen zu Hause auf die Tiere aufpassen. Deshalb gibt es in der Schule viel weniger Mädchen.
Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Petit Carré – Ein kleines Stück Schokolade
Music-Clip von Jonas, Schweiz 2015, 4'
Woher stammt Schokolade? Wie kommt es, dass sie als typisches Schweizer Produkt gilt, wo Kakaobäume doch nur in den Tropen wachsen? In seinem Musikclip zeigt der Genfer Rapper Jonas Zusammenhänge rund um Kakao und Schokolade auf. Ausgehend von Kolonialgeschichte und Dreieckshandel prangert er die Ausbeutung des Weltsüdens durch die nördlichen Länder an.
Mittwoch, 1. November 2017, 18:15 Uhr
Palmöl aus Indonesien
Dokumentarfilm von Inge Altemeier, D/Indonesien 2010/2016, 9'
Pia und Mogi leben in einem Dorf auf der Insel Borneo. Schon von klein auf lernen sie, wie wichtig der Wald ist: sie finden darin Nahrung und Baumaterial für ihre Häuser. Doch der Urwald ist bedroht. Er wird grossflächig abgeholzt, um Palmölplantagen Platz zu machen: Palmfett ist in Europa sehr beliebt, es steckt in Fertigpizzen, Lippenstiften und vielem mehr.
Mittwoch, 1. November 2017, 20:45 Uhr
After the Storm
Regie: Hirokazu Kore-eda, Japan 2016, Japanisch/d/f, 117’
In seinem feinfühligen Drama «Our Little Sister» erzählte der japanische Regisseur Hirokazu Kore-eda 2015 von vier Schwestern nach dem Tod ihres Vaters. Nun widmet er sich in «After the Storm» einer weiteren Familiengeschichte, diesmal mit einer männlichen Hauptfigur. Einmal mehr erweist sich der Japaner dabei als genauer Beobachter, der so unspektakulär erzählt, dass seine Filme manchmal die Beliebigkeit zu streifen scheinen. Doch gerade die Beiläufigkeit, mit der er die Dinge in den Blick nimmt, lässt umso deutlicher die Feinheiten unter der Oberfläche erkennen, das unterschwellige Scheitern, die verborgenen Gefühle und die schleichende Entfremdung.
Früher war Ryota ein preisgekrönter Schriftsteller. Mittlerweile verdingt er sich jedoch mehr schlecht als recht als Privatdetektiv, der kaum den Unterhalt für seinen Sohn Shingo berappen kann und den Rest bei Wetten verzockt. Seine geschiedene Frau Kyoko hat dafür keinerlei Verständnis und auch das Verhältnis zu seiner alten Mutter Yoshiko könnte deutlich besser sein. Beide scheinen ihr Leben nach dem Tod von Ryotas Vater in den Griff bekommen zu haben, während Ryota damit zu kämpfen hat, wieder Kontrolle über seine Existenz zu bekommen und einen festen Platz im Leben seines Sohnes einzunehmen.
Donnerstag, 2. November 2017, 11:30 Uhr
Machines
Regie: Rahul Jain, Indien 2016, OV/d, 71’
Seit den 1960er Jahren hat sich das Gebiet Sachin im Westen Indiens einer beispiellosen, unregulierten Industrialisierung unterzogen, die in zahlreichen Textilfabriken zum Ausdruck kommt. Rahul Jain präsentiert mit «Machines» eine sehr intime, aufmerksame Darstellung des Rhythmus des Lebens und der Arbeit in einer gigantischen Textilfabrik in Gujarat, Indien. Förmlich gleitend durch die langen Korridore und enormen Tiefen dieser verwirrenden Struktur, entführt die Kamera den Betrachter auf eine Reise zu einem Ort der Entmenschlichung von körperlicher Arbeit und intensiver Härte. Hierbei werden sehr filigran Denkanstösse hinsichtlich anhaltender vorindustrieller Arbeitsbedingungen und die grosse Kluft zwischen der ersten Welt und Entwicklungsländern generiert. «Machines» porträtiert nur eine dieser Fabriken und stellt gleichzeitig Tausende von Arbeitern dar. Mit starker Bildsprache, unvergesslichen Bildern und sorgfältig ausgewählten Interviews mit einzelnen Arbeitern erzählt Jain eine Geschichte von Ungleichheit und Unterdrückung, Menschen und Maschinen.
Donnerstag, 2. November 2017, 12:50 Uhr
Taste of Cement
Regie: Ziad Kalthoum, Libanon, Syrien, Vereinigte Arabische Emirate, Qatar, D 2017, OV/d, 85’
Syrische Bauarbeiter bauen in Beirut einen Wolkenkratzer, während in ihrer Heimat zur gleichen Zeit ihre eigenen Häuser unter Beschuss stehen. Der libanesische Krieg ist vorbei, aber in Syrien toben die Kämpfe weiter. Die Arbeiter werden auf der Baustelle eingeschlossen, die sie nach 19 Uhr nicht mehr verlassen dürfen, denn die libanesische Regierung hat eine nächtliche Ausgangssperre für die Flüchtlinge verhängt. Der einzige Kontakt zur Aussenwelt ist für sie das Loch, durch das sie am Morgen klettern, um einen neuen Arbeitstag zu beginnen. Von ihrer Heimat abgeschnitten, versammeln sie sich jeden Abend vor einem kleinen Fernseher, um Nachrichten aus Syrien zu erhalten. Von Angst geplagt und der grundlegendsten Menschen- und Arbeitsrechte beraubt, hoffen sie weiter auf ein anderes Leben. Nach The Immortal Sergeant stellt Ziad Khaltoum ein eindringliches, schmerzhaftes Essay darüber vor, was es bedeutet, ohne die Möglichkeit einer Rückkehr in die Heimat in einer von Kriegen zerrütteten Welt im Exil zu leben. Präzise Einstellungen, ein unorthodoxer Schnitt und eine traumähnliche Erzählstruktur kennzeichnen diese gewagte, einfallsreiche und optisch anspruchsvolle filmische Arbeit.
Donnerstag, 2. November 2017, 14:30 Uhr
China’s van Gog
Regie: Haibo Yu, Tianqi Kiki Yu, China/NL 2016, OV/d, 80’
In dem chinesischen Dorf Dafen leben alle Einwohner von der Malerei. In kleinen, vor Schmutz strotzenden, aber vor Leben nur so brummenden Familien-Ateliers werden den ganzen Tag und einen Grossteil der Nacht lang Meisterwerke kopiert. Jeder hat sein Spezialgebiet. Xiaoyong Zhao hat sich auf die gesammelten Werke Vincent Van Goghs spezialisiert und verkauft über einen Auftraggeber in Amsterdam Sonnenblumen, Sternennacht oder das Selbstbildnis mit verbundenem Ohr in hundertfacher Ausfertigung. Bei jedem neuen Auftrag ist die gesamte Familie daran beteiligt, den idealen Pinselstrich zur Wiedergabe des Lichthofs der Sterne im Himmel über Arles oder der Emotion des starren Blicks des Künstlers zu finden. Pinselstriche, die er, so sein Traum, gerne einmal im Original sehen würde … Die unwahrscheinliche Geschichte Xiaoyong Zhaos ist auch die einer modernen Welt, in der vom Süden Chinas bis nach Amsterdam alle miteinander verbunden sind, ohne sich zu kennen. Die Enttäuschung, die Xiaoyong Zhao erlebt, als sein Traum wahr wird, kommt der gleich, die das maoistische China erlebte, als es den Kapitalismus entdeckte.
Donnerstag, 2. November 2017, 16:05 Uhr
Suite Habana
Regie: Fernando Pérez, Kuba 2003, Spanisch/d/f, 86’
Mit dem Spielfilm "La vida es silbar" hatte der Kubaner Fernando Pérez vor vier Jahren die Herzen des Schweizer Kinopublikums erobert und uns das Pfeifen aufs Leben beigebracht. Jetzt kehrt er zurück mit «Suite Habana», einem faszinierenden Filmgedicht von der Karibikinsel, einer Ode an die kubanische Hauptstadt und an Menschen, die er dort kennengelernt hat.
In «Suite Habana», lässt uns Fernando Pérez teilhaben an 24 Stunden im Leben seiner geliebten Heimatstadt. Er betrachtet ein knappes Dutzend Menschen auf dem Gang durch ihren Alltag, inszeniert sie über eine atemberaubende Montage und lässt sie am Abend die überraschendsten Wandlungen vollziehen. Nach der Arbeit kommt der ganz besondere Rhythmus, tauchen die Figuren ein ins Nachtleben, wo sie erst richtig aufblühen.
Der Film spricht uns an in reinster Filmsprache. Pérez komponiert aus Beobachtungen, Klängen, Musik, Gesichtern, Geräuschen, Gesten, Rhythmen seine visuelle Suite und ein Stück Kino, wie man es noch selten gesehen hat. Dabei folgt seine Montage den Tageszeiten, setzt ebenso amüsante wie sinnliche, nachdenklich stimmende wie beschauliche Akzente.
Eine Liebeserklärung an die kleinen Dinge im Leben und an die Menschlichkeit. Ein wunderbares Kinoerlebnis!
Donnerstag, 2. November 2017, 18:15 Uhr
Banana Pancakes and the Lonely Planet
Daan Veldhuizen – Laos, Demokratische Volksrepublik – 2015
Reisen ist in Mode, mehr denn je. Und Fernost ist angesagt. Zu den Boom-Ländern gehört Laos. Der niederländische Filmemacher Daan Veldhuizen betrachtet das entlegene Dorf Muang Ngoi in Indochina und lässt Jugendliche, die da leben, auf jene treffen, die als Backpacker oder Individualtouristen hierherreisen. Selten hat ein Film die unterschiedlichen Aspekte des Reisens so unaufgeregt, anregend und umfassend auf den Punkt gebracht.
Wie reisen wir, wohin und warum? Erzählen können denn nach unserer Reise nicht nur wir, erzählen können auch Menschen, die von unserem Reisen betroffen waren, die ihre eigenen Träume haben und nach der Moderne streben mögen, der wir mitunter vorübergehend entfliehen wollten.
Der niederländische Filmemacher Daan Veldhuizen hat sich in ein entlegenes Dorf in Laos begeben, um mit Einheimischen und Reisenden übers Reisen nachzudenken und übers da und anderswo Sein. Muang Ngoi ist mit seiner Lage am Fluss allein schon landschaftlich einzigartig, aber man kann das, was der Filmemacher beobachtet, übertragen in ungezählte andere Länder, und das ist eine der grossen Stärken des Films.
Donnerstag, 2. November 2017, 20:00 Uhr
Félicité
Regie: Alain Gomis, Demokratische Republik Kongo 2017, OV/d/f, 123'
Was für eine feine Liebesgeschichte! Félicité ist eine stolze, unabhängige Frau, die als Sängerin in einer Bar in Kinshasa arbeitet. Wenn sie auf die Bühne geht, scheint sie den Alltag zu vergessen, lassen sich alle vom Rhythmus der melancholischen und kraftvollen Melodien anstecken. Als Félicités Sohn nach einem Unfall im Krankenhaus liegt, versucht sie verzweifelt, das Geld für eine Operation aufzutreiben, während Tabu ihren Kühlschrank flickt.
Dieser Film ist eine Wucht, erzeugt durch seine elementar wirkenden Kräfte: Eine Frau, die Liebe, die Musik, die Stadt Kinshasa, das wunderbar Krude der Bilder. Die Sängerin und Theaterschauspielerin Véro Tshanda Beya verkörpert die starke Frauenfigur Félicité, und es kommt nicht alle Tage vor, dass das Wort verkörpert dermassen angebracht ist wie hier.
Die Geschichte, die uns Alain Gomis erzählt, ist eine denkbar einfache. Sie könnte sich überall auf der Welt abspielen, wo die Verhältnisse prekär sind: Eine Mutter setzt sich dafür ein, dass ihr mit dem Motorrad verunglückter Sohn im Spital operiert wird. Wie der in Frankreich geborene Filmemacher mit Wurzeln in Senegal und Guinea-Bissau sie erzählt, ist atemberaubend und herzergreifend. Von den ersten Einstellungen an lädt er uns ein zu einem fiebrigen Trip nach Kinshasa, in die Nacht der Grossstadt, in die von Smog und Hitze diesig flirrende Stimmung, in den Rhythmus eines Alltags und seiner Musik, in eine überraschende Liebesgeschichte.
Donnerstag, 2. November 2017, 22:15 Uhr
The Wound
Regie: John Trengove, SA 2017, OV/d, 88’
Eine Gruppe junger Männer kommt in einer ländlichen südafrikanischen Bergregion zusammen, wo ein uraltes, traditionelles xhosaisches Initiationsritual namens Ukwalukan stattfindet; eine Beschneidungszeremonie, die sie zu Männern machen soll. Unter ihnen befindet sich auch Kwanda, ein Teenager aus Johannesburg, dessen Vater ein wohlhabender Geschäftsmann ist, der aus diesem Dorf stammt und beschlossen hat, seinen Sohn dieses Ritual durchlaufen zu lassen. Während des schmerzhaften Heilungsprozesses wird der 17-Jährige von vielen der anderen geächtet, doch bietet ihm Xolani, ein schüchterner Junge aus dem Dorf, seine Hilfe an. Dessen Freund Vitcha scheint die neuentstandene enge Bindung der beiden verdächtig, und er versucht die anderen heranwachsenden Männer gegen die beiden aufzubringen.
Bald schon entdeckt Kwanda endlich den Grund für Vitchas Grausamkeiten, denn Xolani und der verheiratete Vitcha führen eine heimliche Liebesbeziehung, was bislang ein gut gehütetes Geheimnis war. Weil nun die Gefahr droht, dass Kwanda sie zu entlarven droht, muss Xolani in Folge dieser Umstände eine fürchterliche Entscheidung treffen, und eine Kette von tragischen Ereignissen wird in Gang gesetzt.
Freitag, 3. November 2017, 09:00 Uhr
Rue de blamage
Regie: Aldo Gugolz, CH 2016, 80’, DOK
Die «Rue de Blamage» – so wird die Baselstrasse im Volksmund genannt – ist eine lärmige Ausfallstrasse in Luzern, mit zwanzigtausend Autos pro Tag, eingezwängt zwischen Gütschberg und Bahngeleisen. Wer an dieser Strasse seine Bleibe findet, lebt nicht im Rampenlicht der Gesellschaft. Hier führt man – wie die Strasse selbst – ein Schattendasein. Daniele, der stadtbekannte Strassenmusiker, versucht trotz Drogenabhängigkeit sein Leben als Vater in den Griff zu bekommen. Amal bangt um ihre Tochter, die sie bei ihrer Flucht in Damaskus zurücklassen musste. Beim Kreuzstutz plagt sich Christoph bei seinem monumentalen Vorhaben, für den pensionierten Strassenkehrer Heinz ein würdiges Denkmal zu schaffen. Und Connie, die gelangweilte Bordellbesitzerin, kommt unverhofft zu einem neuen Fetisch. Jeden Tag inszeniert die Realität neue Wendungen und Dramen – und zwei Kilometer Asphalt spiegeln das Leben im Bauch einer Schweizer Kleinstadt wider. Filmgespräch mit Aldo Gugolz, Moderation Flurina Badel
Freitag, 3. November 2017, 11:10 Uhr
Insyriated
Regie: Philippe Van Leeuw, Libanon/Belgien 2017, arabisch/d, 90’
Verzweifelt versucht die energische Oum Yazan in Damaskus den Familienalltag aufrechtzuerhalten, während draussen der Krieg wütet. Man trifft sich mittags am grossen Esstisch und versucht, gegen das Dröhnen der Bomben und Maschinengewehre anzusprechen. Es gibt kaum noch Wasser, jeder Gang vor die Tür ist gefährlich, weil auf den Dächern Scharfschützen positioniert sind. Der Grossvater spielt mit dem kleinen Enkel, die älteste Tochter flirtet in ihrem Zimmer mit ihrem Freund. Nebenan plant ein junges Pärchen mit Baby die Flucht. Von oben hört man bedrohliche Geräusche. Wer klopft an der Tür? Oum Yazans Ehemann, auf den sie unruhig wartet, oder fremde Männer, die wissen wollen, ob es dort noch wertvolle Gegenstände zu holen gibt?
Es braucht nur wenige Einstellungen, um den Zuschauer in den permanenten Ausnahmezustand eines Krieges hineinzuziehen. Die Wohnung, einst trautes Heim, ist zum Gefängnis geworden. Philippe Van Leeuws Kammerspiel zeigt Menschen in einer extremen Situation, die extremes Verhalten mit sich bringt. Jede Entscheidung kann existenziell sein: Ist es moralisch zu verantworten, ein Familienmitglied zu opfern, um das Überleben der anderen zu garantieren?
Freitag, 3. November 2017, 12:50 Uhr
Dr. Jack
Regie: Benoît Lange, Pierre-Antoine Hiroz, CH/F 2016, OV/d, 90’
Wie kommt es dazu, dass ein Kind mit jüdischen Wurzeln, aufgewachsen in Manchester, zuerst Landwirt wurde und sich 40 Jahre später in den Strassen Kalkuttas als Arzt wiederfindet? Wie konnte er aus dem Nichts eine der ersten NGOs in Indien gründen, die sich heute in der bengalischen Metropole weiterentwickelt? Der Film nimmt uns mit in das Leben von Jack Preger, der mittlerweile über 84 Jahre alt ist und jeden Morgen aufsteht, um Leben zu retten. Die Kamera begleitet ihn zu seinen Einsatzorten in Krankenstationen und auf der Strasse und gibt unbekannten Personen ein Gesicht.
Freitag, 3. November 2017, 14:30 Uhr
Como nossos pais
Regie: Laís Bodanzky, Brasilien 2017, Port/d/f, 102’
«Como nossos pais» zeigt den Alltag einer Frau, die neben ihren Verpflichtung als Mutter, Ehefrau und Tochter, auch ihre eigenen Probleme zu bewältigen hat.
Rosa ist Ende dreissig, verheiratet, hat zwei Töchter. Ihre Mutter eröffnet ihr, dass sie Krebs im Endstadium und nicht mehr lange zu leben hat. Kurz davor hat sie ihr schon ziemlich brutal ins Gesicht gesagt, dass sie nicht die leibliche Tochter ihres Vaters ist, sondern bei einem Seitensprung mit einem mittlerweile hochrangigen Politiker gezeugt wurde.
«Como nossos pais» zeigt den Versuch Rosas, all diese Rollen auszufüllen, ohne auch nur eine davon zu vernachlässigen.
Freitag, 3. November 2017, 16:30 Uhr
Apprentice
Regie: Boo Junfeng, Singapur/Hongkong 2016, OV/d/f, 96’
Der junge Gefängniswärter Aiman lebt mit seiner Schwester zusammen ein bescheidenes Leben. Er freundet sich in seinem neuen Job mit einem älteren Kollegen an. Bald findet er heraus, dass es sich bei ihm jedoch um den Chef-Henker des Gefängnisses handelt, der schon mehrere hundert Insassen exekutiert hat. Als dessen Assistent nach einer misslungenen Hinrichtung den Dienst quittiert, soll ausgerechnet Aiman der neue Lehrling des Henkers werden. Doch ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit stellt sich zwischen Schüler und Meister.
Freitag, 3. November 2017, 20:15 Uhr
Honeygiver Among the Dogs
Regie: Dechen Roder, Bhutan 2016, OV/d/f, 132’
Unwahrscheinlich schön sei sie und eine echte Dämonin. Was der Polizist Kinley über das Objekt seiner Ermittlungen, die mysteriöse Choden, hört, macht ihn neugierig. Von seinem Chef ist er in den bhutanischen Distrikt Bumthang geschickt worden, um das Verschwinden einer religiösen Führerin zu untersuchen. In den Augen der engstirnigen Einheimischen ist die zugezogene Choden längst als Hauptverdächtige identifiziert. Kinley, mit Handy und stoischer Ungläubigkeit gegen den spirituellen Zirkus seiner Umgebung gewappnet, begegnet ihr in einem Bus. Doch nicht er, der bemüht sachliche Undercover-Ermittler, nähert sich der Frau: Sie spricht ihn an und bringt ihn mit ihren Gleichnissen von Göttinnen und Tieren völlig aus dem Konzept. Die Maultrommel gibt den Takt für den ersten bhutanischen Film Noir vor, dessen Zutaten – geheimnisvolle Frau, zunehmend von Zweifeln gequälter Ermittler – von der bhutanischen Regisseurin Dechen Roder in ihrem Langfilmdebüt zwischen Tradition und Moderne, Religion und Rationalität kräftig durcheinandergewirbelt werden. Es ist eine eigenwillige, feministische Interpretation des Genres, nicht nur, weil in den Bergen Bhutans die Männer Rock und Kniestrümpfe tragen.
Freitag, 3. November 2017, 22:45 Uhr
The Train of Salt and Sugar
Regie: Licínio Azevedo, Mosambik 2016, Portugiesisch/d/f, 93'
In Mosambik ist Ende der 1980er Jahre ein militärisch bewachter Zug unterwegs auf der Strecke zwischen Nampula und Malawi. Die Fahrgäste sind bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um ein paar Salzsäcke gegen Zucker einzutauschen. Licínio Azevedo erzählt in seinem auf der Piazza Grande in Locarno uraufgeführten Spielfilm Geschichten, die das Leben in und um den Zug schreibt. Eine Art Stagecoach in Afrika.
Mariamu, eine Vielreisende, ist unterwegs mit ihrer Freundin Rosa, einer Krankenschwester, die auf dem Weg in ihr neues Spital ist. Schützend dabei sind Leutnant Taiar, der die Realität nur aus seinem Militäralltag kennt, und der Soldat Salomão, mit dem Taiar nicht auskommt. Unter Gewehrkugeln und Gelächter werden Geschichten von Liebe und Krieg erzählt, während der Zug sich der nächsten Station nähert. Der Film The Train of Salt and Sugar spielt vor dem Hintergrund einer völlig zusammengebrochenen Versorgung inmitten einer Bürgerkriegssituation. Um das Überleben ihrer Familien zu sichern, haben Frauen einen informellen Handel und ein Netz im grenzüberschreitenden Güterverkehr mit dem Nachbarland Malawi aufgebaut. Bilder von kargen Landschaften und durchlöcherten Bahnhöfen überlagern sich mit den Geschichten, die die Frauen über Leben und Krieg erzählen. Politische Maximen entpuppen sich als Willkür. Licínio Azevedo hat seinen in die Landschaft hinein choreografierten Spielfilm bewusst im Genre des Westerns gehalten. Hier sind krasse Milieuschilderungen erlaubt, können Situationen hervorgehoben werden, lässt sich auch die Vorbereitung einer Handlung in Details atmosphärisch dicht zeigen. Die Figuren bewegen sich in einer Atmosphäre der Bedrohung. Mühe und Schrecken, Erleichterungen und lockere Momente sorgen auf der Reise voller technischer Pannen und Attacken für ein Wechselbad der Gefühle.
Samstag, 4. November 2017, 09:00 Uhr
Sami – A Tale From the North
Regie: Amanda Kernell, Schweden 2017, OV/d/f, 113’
Im Schweden der 1930er Jahre besucht die angehende Rentierjägerin Elle Marja mit ihrer Schwester die Internatsschule in Lappland. Sie gehört dem Volk der Samen an, deren Alltag von Diskriminierung und Ausgrenzung geprägt ist. Elle Marja bemüht sich um die Anerkennung ihrer Lehrerin in der Hoffnung, so ihrem Traum von einem schwedischen Leben näher zu kommen. Als an der Schule erniedrigende, rassenbiologische Untersuchungen durchgeführt werden, entscheidet sie sich für einen radikalen Schritt: Das willensstarke und rebellische Mädchen bricht mit ihrer Familie und macht sich auf den Weg nach Uppsala – Doch die Identität zu wechseln erweist sich als viel schwieriger, als sich Elle Marja das vorgestellt hat.
Samstag, 4. November 2017, 11:10 Uhr
Rauf
Regie: Soner Caner, Baris Kaya, Türkei 2016, OV/d/f, 94’
Zur Schule gehen macht Rauf nicht allzu viel Spass, deshalb schickt ihn sein Vater in eine Schreinerlehre im nächsten Dorf. Im tief verschneiten Winter in den Bergen Anatoliens ist der Weg beschwerlich, und nicht immer kann Rauf seiner Arbeit nachgehen. Am Ziel wartet jedoch eine Belohnung auf ihn, denn Rauf ist unsterblich in Zana, die Tochter des Schreiners, verliebt. Wie gerne würde er ihr etwas in ihrer Lieblingsfarbe – rosa – schenken, aber er weiss ja nicht einmal, wie die Farbe aussieht. Zana ist um einige Jahre älter als Rauf und hat ihre eigenen Träume.
Ohne den politischen Konflikt zwischen Kurden und Türken plakativ in den Vordergrund zu stellen zeichnet der Film ein sehr bewegendes Bild des kargen Lebens einer gesellschaftlichen Minderheit unter extremen Bedingungen.
Samstag, 4. November 2017, 12:50 Uhr
The World of Us
Regie: Ga-eun Yoon, Südkorea 2016, OV/d/f, 95’
«The World of Us» ist der erste Spielfilm der südkoreanischen Regisseurin Ga-eun Yoon, der die Geschichte einer aufblühenden und zerbrechlichen Freundschaft zwischen zwei jungen Mädchen erzählt. Der Film taucht in die faszinierende Welt der Kinder ein, in der innerhalb von Sekunden neue Freundschaften entwickelt und wieder zerstört werden können. Allein im Sommer auf den Strassen unterwegs, entsteht zwischen den beiden elfjährigen Mädchen Sun und Jia eine zarte Freundschaft. Doch was einfach klingt, ist in Wahrheit eine komplexe Entwicklung voller emotionaler Höhen und Tiefen. So drohen soziale Strukturen in ihrer Schulklasse die junge Freundschaft der beiden zu zerstören. Der erste Spielfilm der koreanischen FilmemacherinGa-eun Yoon feierte 2016 auf den 66. Internationalen Filmfestspielen in Berlin seine Weltpremiere. Für Yoon war es allerdings nicht der erste Besuch auf der Berlinale. Schon 2014 gewann sie den Gläsernen Bären für ihren Kurzfilm Sprout.
Samstag, 4. November 2017, 14:40 Uhr
Ultimos dias en La Habana
Regie: Fernando Pérez, Kuba 2016, Spanisch/d/f, 93'
Diego und Miguel sind Mitte 40 und leben in einer heruntergekommenen Wohnung mitten in Havanna. Komfort ist hier ein Fremdwort, Lebenskunst Alltag. Miguel lernt Englisch, weil er hofft, so ein Visum für die USA zu bekommen. Diego liegt mit Aids im Bett. Während Diego versucht, seine Lebensfreude und den Humor zu erhalten, hat Miguel sich verschlossen, geht seinen Trott. Als sich Diegos Zustand verschlechtert, bringt seine schwangere Nichte Yusi frische Luft in die Bude.
Der Kubaner Fernando Pérez ist bei uns kein Unbekannter. Mit «La vida es silbar» hat er 1999 im Kino einen Grosserfolg gelandet. Unvergessen auch «Suite Habana», seine musikalischvisuelle Liebeserklärung an seine Heimatstadt, die er auch in «Últimos días en La Habana» wieder besingt, und der Titel deutet es an: Es ist ein nostalgisch gefärbter Blick, ein sanft-ironischer Abgesang auf die Hauptstadt eines Landes, das einst viele Hoffnungen in sich bündelte. Heute bröckelt es an allen Ecken und Enden, und es grenzt an ein Wunder, mit welcher Gelassenheit die Menschen die Situation tragen.
Bleiben oder Gehen? Das war schon in exzellenten Filmen der 1960er Jahre in Kuba eine zentrale Frage. Fernando Pérez gehört zu denen, die sich fürs Bleiben entschieden haben, wobei er als renommierter Künstler immer frei reisen konnte. Seinen Filmen ist die Liebe zum eigenen Land anzumerken, gleichzeitig betrachtet er hier eine Gesellschaft, die sich kaum noch bewegt, obwohl sie sich auf immer wieder neue Situationen einstellen muss: flexibel, einfallsreich, mitunter listig. Filmgespräch mit Fernadno Pérez, Moderation Niels Walter
Samstag, 4. November 2017, 17:30 Uhr
Centaur
Regie: Aktan Arym Kubat, Kirgisistan 2017, Kirgisisch/d/f, 89’
Der Kirgise Aktan Arym Kubat hat uns bereits mit Filmen wie «Beshkempir» oder «The Light Thief» verzückt. Hier erzählt er die Geschichte eines Mannes, der ein friedliches Leben in der Bergwelt Kirgisistans lebt und dennoch spürt, wie die Zeiten sich ändern. Pferde verleihen ihm Flügel, und weil die stolzen Tiere heute immer mehr Handelsobjekte sind, klaut er ab und zu eines – nicht um Geld zu machen, nein: um gemeinsam die Freiheit zu träumen.
Ein Pferdedieb geht um am Rande von Bischkek, hoch oben in den Bergregionen der Hauptstadt Kirgisistans. Sonst passiert nicht viel in der kleinen Gemeinde, die doch so gross ist, dass sie einmal ein Kino besass. Dort öffneten Geschichten vom Krieg in Afghanistan, indische Bollywood-Märchen oder die Filme von Tolomush Okeyev aus der ehemaligen Sowjetunion Fenster zur Welt. Der frühere Filmvorführer Centaur lebt nach wie vor hier mit seiner gehörlosen Frau und dem kleinen Sohn. Doch sein friedliches Leben scheint zunehmend von Missgunst und Intrigen anderer bestimmt.
Centaur, gespielt vom Regisseur Aktan Arym Kubat selber, glaubt, dass das Volk der Kirgisen von den Zentauren abstammt, jenen mythologischen Mischwesen aus Pferd und Mensch, und dass die Pferde «die Flügel des Menschen» seien. In ruhigen Bildern und verschmitztem Spiel erzählt der kirgisische Regisseur seine allegorische Geschichte über das Zusammenleben von Mensch, Tier und Natur zwischen Glauben und Aberglauben, Moderne und Tradition. Das hat etwas Befreiendes, wohltuend Leichtes.
Samstag, 4. November 2017, 19:15 Uhr
Wajib
Regie: Annemarie Jacir, Palästina 2017, Arabisch/d/f, 96’
Annemarie Jacir begibt sich auf eine humorvoll ernsthafte Fahrt durch Nazareth. Der in Rom lebende Architekt Shadi ist zu Besuch in seinem Heimatort. Er soll seinem Vater dabei helfen, die Einladungen zur Hochzeit seiner Schwester persönlich zu überbringen, wie dies in Palästina traditionell gemacht wird. Die beiden haben sich während der jahrelangen Abwesenheit von Shadi voneinander entfremdet, und so wird ihre Beziehung während der gemeinsamen Reise auf die Probe gestellt. Wir erleben die Tücken einer Vater-Sohn-Beziehung und tauchen ein in die Gegenwart Nazareths. Die Tatsache, dass das Darstellerpaar Mohammad und Saleh Bakri, zwei der bekanntesten Schauspieler im arabischen Raum, im wirklichen Leben Vater und Sohn sind, gehört zu den reizvollen Elementen von Jacirs Film.
Samstag, 4. November 2017, 21:00 Uhr
The Truth Beneath
Regie: Kyoung-mi Lee, Südkorea 2016, OV/d/f, 103’
Ein aufstrebender Politiker kandidiert für einen Sitz im Nationalrat. Doch 15 Tage vor den Wahlen verschwindet seine Tochter spurlos.
Die Mutter sucht auf eigene Faust nach ihr, weil der Vater, der für das Parlament kandidiert, mit seinem Wahlkampfteam lieber auf Stimmenfang geht.
Für «The Truth Beneath» hat die Filmemacherin 2016 den Preis für Beste Regie von der Korean Association of Film Critics erhalten. Die Schauspielerin Son Ye-jin wurde ebenfalls ausgezeichnet.
Samstag, 4. November 2017, 23:00 Uhr
The Cinema Travellers
Regie: Shirley Abraham, Amit Madheshiya, Indien 2016, OV/d, 96’ - DOC
Wenn die Erntezeit im ländlichen Indien beginnt, beginnt auch die Zeit der reisenden Kinos, und dies seit fast 70 Jahren. Die Dorfbewohner versammeln sich, um die bewegten Bilder zu bestaunen, die auf Lastwagen selbst in weit abgelegene Regionen gebracht werden. Doch seit Fernsehen und digitale Filme sich etabliert haben, kämpfen die reisenden Kinos ums Überleben.
Über fünf Jahre hinweg begleitet«‚The Cinema Travellers» die Crew eines reisenden Kinos auf ihrer schönen aber schwierigen Mission, das reisende Kino vor dem Aussterben zu bewahren. Eine Hommage an das Kino, an die Filmrolle und an die Menschen, die beides vor dem technologischen Wandel bewahren.
The Cinema Travellers hat am Festival de Cannes 2016 einen Sonderpreis errungen.
Sonntag, 5. November 2017, 09:30 Uhr
Life in Progress
Regie: Irene Loebell, CH/SA 2014, E/Zulu/d/f, 99’
Irene Loebell hat drei Jahre lang Teenager in ihrer südafrikanischen Heimat Katlehong begleitet. Sie alle haben grosse Träume und wollen mit dem Tanzen Geld verdienen. Doch die Apartheid macht den Einwohnern auch 20 Jahre nach der Abschaffung immer noch zu schaffen.
Jerry (39) hat die Tanzschule Taxido ins Leben gerufen, in Katlehong, einem Johannesburger Township. Er leitet sie, will die jungen Leute disziplinieren. Zu ihnen gehören Tshidiso (18), Venter (17) und die 16-jährige Seipati. Jerry ist für diese drei zu einer Art Ersatzvater geworden. Sie suchen ihren Weg, rebellieren gegen die harsche und autoritäre Art Jerrys. Tshidiso nimmt’s locker mit den Mädchen, Venter will an die Uni und Seipati wird schwanger. Die Filmerin Irene Loebell hat deren Vertrauen gewonnen, sie über zwei Jahre begleitet und ihren Weg mit viel Empathie dokumentiert. Filmgespräch mit Irene Loebell, Moderation Ruedi Küng
Sonntag, 5. November 2017, 12:15 Uhr
Celestial Camel
Regie: Yuri Feting, Russland 2015, OV/d/f, 90’
Bair ist 12 Jahre alt und als Hirtenjunge schon fest in den familiären Arbeitsstrukturen verankert. Doch eines Tages reisst eine Kamelmutter aus seiner Herde aus und es liegt an dem Jungen, das entlaufene Tier wieder einzufangen. Somit begibt er sich auf seinem Motorrad auf eine genauso fantastische wie auch gefährliche Reise, die ihn durch die einzigartige Steppe der Mongolei führt.
Sonntag, 5. November 2017, 14:00 Uhr
A Plastic Ocean
Regie: Craig Leeson, UK/Hongkong 2016, 102’
Eigentlich wollte sich Craig Leeson auf die Suche nach dem Blauwal begeben, der ihn schon als Kind faszinierte. Doch bei dem Vorhaben stiess er stattdessen auf tonnenweise Plastikmüll, und so änderte er seine Pläne.
«A Plastic Ocean» zeigt in eindrucksvollen Bildern, wie dramatisch das Plastikmüll-Problem in den Meeren wirklich ist – und erinnert uns daran, welch zerstörerische Folgen unsere Wegwerf-Kultur für den Planeten hat.
Über fünf Jahre hinweg recherchierte und filmte das Team an 20 verschiedenen Orten rund um die Erde. Das Ergebnis sind wunderschöne und schockierende Aufnahmen, welche die globalen Effekte der Plastikverschmutzung dokumentieren. Doch der Film zeigt auch Technologien und politische Lösungen, die das Potenzial haben, die Situation zu verbessern.
Sonntag, 5. November 2017, 16:00 Uhr
Das Kongo Tribunal
Regie: Milo Rau, CH/D, ...., 100’
Der Schweizer Theaterregisseur Milo Rau beschäftigt sich in «Das Kongo-Tribunal» mit den Auswirkungen des seit bald 20 Jahren andauernden Bürgerkrieges im Gebiet der Grossen Seen. Milo Rau übernimmt dafür Elemente aus dem Dokumentartheater und zeigt ein fiktives Tribunal, jedoch mit echten Beteiligten, die stellvertretend die Konflikte aufarbeiten würden. Der Film lebt von seinem erschreckenden, dokumentarischen Material und stellt nur ein Beispiel für die Ausbeutung eines ganzes Kontinents dar. Wir lernen die Menschen und ihre Geschichten kennen: Opfer und Täter, Regierung und Opposition, Militärs und Rebellen, Menschenrechtsaktivisten, lokale Bergleute und Vertreter multinationaler Minenkonzerne. Der Film zeichnet mittels eindringlicher Untersuchungen ein unverschleiertes Porträt dieses gewaltigen Wirtschaftskriegs – seiner ökonomischen und politischen Ursachen genauso wie seines konkreten Gesichts vor Ort.
Dabei entsteht ein menschlich erschütterndes, analytisch tiefgründiges Tableau der neokolonialen Weltordnung.
„Ein Wahnsinnsprojekt! Wo die Politik versagt, hilft nur die Kunst.“ (DIE ZEIT) Filmgespräch mit dem Produzenten Olivier Zobrist, Moderation Ruedi Küng
Sonntag, 5. November 2017, 18:45 Uhr
La novia del desierto
Regie: Cecilia Atan, Valeria Pivata, Argentinien 2017, Span/d/f, 102’
Die spröde 54-jährige Teresa Godoy arbeitet als Haushaltshilfe in Buenos Aires. Seit Jahrzehnten ist ihr Alltag immer derselbe. Doch eines Tages beschliesst die Familie, für die sie arbeitet, ihr Anwesen zu verkaufen. Plötzlich braucht Teresa einen neuen Job. Den findet sie im weit entfernten San Juan. Auf dem Weg dahin verliert sie ihren Koffer versehentlich im Camper des reisenden Verkäufers El Gringo. Gemeinsam passieren sie die Wüste – und lernen sich näher kennen.
«La novia del desierto» ist ein charmanter Roadtrip aus Argentinien.
Sonntag, 5. November 2017, 20:15 Uhr
White Sun
Regie: Deepak Rauniyar, Nepal 201, Nepali/d/f, 89'
«White Sun» ist im Heute von Nepal angesiedelt, in der Zeit nach dem Bürgerkrieg und dem schweren Erdbeben. Chandra begibt sich nach Jahren der Abwesenheit auf den Weg nach Hause, und der ist, wie wir bald zu sehen bekommen, ein langer, sein letztes Stück lässt sich nur zu Fuss bewältigen. Das kleine Dorf, aus dem Chandra stammt und das er einst verlassen hatte, um sich dem maoistischen Widerstand anzuschliessen, liegt an einem Hang hoch über einem der unzähligen Täler im Himalaya. Zurückgelassen hatte der junge Mann nicht einfach sein Dorf, er verliess für den Kampf um eine vermeintlich bessere Sache auch seine Frau und ihr uneheliches Kind, verliess den Vater, der bis in den Tod ein getreuer Royalist geblieben war und mit dem Chandra sich genauso gestritten hatte wie mit dem eigenen Bruder. Auch dieser konnte und kann noch immer noch nicht die Ansichten des Grösseren teilen. Chandra kehrt heim und wird vom Busbahnhof aus begleitet von einem Buben namens Badri, der sich ihm als Träger anbietet. Er gehört zur untersten Kaste, ist damit ein Wertloser, und gleichzeitig könnte er sein Sohn sein. Chandra wirkt nachdenklich, aber bestimmt. Die Rückkehr aus der Stadt ist nicht nur eine Heimkehr zur Familie, die ihn mit Zwiespalt empfängt, es ist auch ein Wechsel von der Stadt mit ihren Aspekten der Moderne, aufs Land und in ein Dorf, in dem Traditonen gross geschrieben werden.
Dienstag, 30. Oktober 2018, 14:00 Uhr
Yol
Regie: Yilmaz Güney, Türkei/CH/F 1982, Reedition 2017, OV/d, 112’
Yilmaz Güney war in den 80ern in der Türkei das, was Jean-Paul Belmondo in Frankreich und Marcello Mastroianni in Italien waren: der berühmteste Schauspieler des Landes. Er hatte in über 100 Filmen mitgewirkt. Oft verkörperte er Banditen, die ihre Beute in Robin-Hood-Manier an die Armen verteilten. Aber im Unterschied zu Mastroianni und Belmondo genoss Güney nicht die Gunst der Politiker. Weil er Marxist war und kritische Schriften veröffentlichte, wurde er mehrmals verhaftet. 1976 traf Güney in einem Restaurant auf einen Staatsanwalt, der ihn einmal verurteilt hatte. Als dieser Güneys Frau Fatos als Hure bezeichnete, ging Güney auf ihn los. Es fielen Schüsse. Güney wurde wegen versuchten Mordes zu 19 Jahren Haft verurteilt. Das Drehbuch zu «Yol» (Der Weg) schrieb er im Gefängnis. Der Film erzählt, wie schwierig es für Häftlinge in der Türkei ist, sich nach der Entlassung wieder in eine Gesellschaft einzugliedern, die archaische Vorstellungen von Ehre und Rache hochhält.
«Yol» ist ein Abgesang auf eine repressive Türkei, der heute (wieder) so gültig ist wie damals. Der Film wurde von einem Gewährsmann von Güney gedreht, dem Güney aus dem Gefängnis heraus genaue Anweisungen gab. Der Film wird in einer neu restaurierten und erweiterten Fassung gezeigt.
«Yol» gewann 1982 am Festival von Cannes die Goldene Palme.
Dienstag, 30. Oktober 2018, 16:00 Uhr
Fortuna (CH Vorpremiere)
Regie: Germinal Roaux, CH/Belgien 2018, OV/d, 106’
«Bitte erhöre mein Gebet. Du weisst, dass ich deine Hilfe brauche. Du weisst, dass ich allein bin. In einem Land, das ich nicht kenne. In einer Sprache, die ich nicht spreche. In einem Leben, das ich nicht verstehe.» In einem Kloster, mitten im vom Schnee bedeckten Bergmassiv des Schweizer Simplon, faltet die 14-jährige Fortuna, vor einer Marienstatue kniend, die Hände zum Gebet. Ein Foto erinnert an ihre Eltern, die sie seit der traumatisierenden Überquerung des Mittelmeers nicht mehr gesehen hat. Wie viele andere Geflüchtete ist das äthiopische Mädchen bei katholischen Ordensbrüdern untergekommen – übergangsweise, bis ihr Aufenthaltsrecht geklärt ist. Einsam und voller Sehnsucht nach Geborgenheit trägt Fortuna ein Geheimnis in sich, von dem sie nicht einmal dem Vorsteher des Ordens erzählen kann. Mit einem Bogen aus Bildern, vom gewaltsam brausenden Meer bis zur erhaben drohenden Gebirgskette, zeichnet Germinal Roaux das Porträt einer Gestrandeten und lotet die Grenzen der Liebe aus.
Deutschschweizer Vorpremiere
Dienstag, 30. Oktober 2018, 18:00 Uhr
Malaria – The Vibes of Tehran
Regie: Parviz Shahbazi, Iran 2016, OV/d/f, 90’
Am Anfang liegt ein gefundenes Smartphone in den Händen eines Polizisten. Er versucht es wieder in Gang zu setzen, und er stöbert als erstes in den Videos, die sich darauf finden. Über sie steigen auch wir in die Geschichte einer jungen Frau mit Namen Hanna ein, die zusammen mit ihrem Freund Mori von zuhause in der Proviz abgehauen ist und sich nach Teheran durchschlägt. Der Zufall bringt die beiden in den Kleintransporter des Strassenmusikers Azi. Azi ist Mitglied einer Gruppe von Musikern, welche sich «Malaria» nennt. Azi bemüht sich, dem Liebespaar zu helfen. Immer mehr gerät er dadurch selber in den Strudel der Suche nach der vermeintlich entführten Tochter und wird schliesslich gar als Kidnapper verhaftet.
Parviz Shahbazi erzählt ihre Geschichte in fiebrigen Aufnahmen, die er teils im Stil von Handy-Videos rekonstruiert, um der Jugend im Iran den Puls zu nehmen.
«Malaria – The Vibes of Tehran» erhielt am 10. Iran Filmfestival San Franzisco 2016 den Preis für die beste Regie und bestes Drehbuch.
Dienstag, 30. Oktober 2018, 19:45 Uhr
Woman at War (CH Premiere)
Regie: Benedikt Erlingsson, Island 2018, OV/d, 100’
Halla lebt auf Island, ist 50 Jahre alt und gibt sich nach aussen hin als eine Frau, die ein ruhiges Leben führt. In Wahrheit führt sie hinter dieser Fassade des Anstandes jedoch einen leidenschaftlichen Kampf als Umwelt-Aktivistin. Ihr Gegner ist dabei die lokale Aluminium-Industrie, gegen die sie zuerst mit Vandalismus und schliesslich sogar mit Sabotage vorgeht. Als ihre schonungslosen Aktionen erste Früchte des Erfolgs tragen und die Verhandlungen zwischen Regierung und Investoren unterbrochen werden, mischt sich allerdings ihr Privatleben in ihre Existenz als radikale Umweltkämpferin ein: Sie darf endlich ein Kind adoptieren und ihre neue Tochter wartet in der Ukraine schon auf sie. Also beschliesst Halla, ihr Dasein als wehrhaftes Phantom, mit einem letzten grossen Ding zu beenden, bevor sie Mutter wird.
Mittwoch, 31. Oktober 2018, 11:20 Uhr
L’insulte
Regie: Zias Doueiri, Libanon/Zypern 2017, OV/d, 112’
Der Palästinenser Yasser bessert als Vorarbeiter einer Baufirma im Libanon kleinere Schäden in einem Beiruter Quartier aus. Als er eines Tages nass gespritzt wird, weil der Abfluss auf dem Balkon des Garagisten Toni falsch gelegt wurde, möchte er auch dieses flicken. Doch Toni, ein libanesischer Christ, schlägt Yasser und seinen Leuten die Türe vor der Nase zu. Yassers darauf folgender Fluch beleidigt Toni sehr.
Eine Entschuldigung wäre fällig – und Yassers Boss setzt alles daran, dass diese Yasser über die Lippen geht. Sein bester Mann ist rein technisch gesehen ein Flüchtling im Land und kann sich keine Problem leisten. Als es aber zum Handschlag zwischen Toni und Yasser kommen soll, kann ersterer seinen Hass nicht unter Kontrolle halten und zischt, dass Ariel Sharon besser alle Palästinenser vernichtet hätte, worauf ihm Yasser ein paar Rippen bricht. Es kommt zur Gerichtsverhandlung, bei der es bald um mehr geht als nur Schadensersatz.
Gewinner Zurich Film Festival 2017
Mittwoch, 31. Oktober 2018, 13:30 Uhr
Tesoros
Regie: María Novaro, Mexiko 2017, OV/d/deutsch eingesprochen, 96’, ab 7
Mit diesem bezaubernden Film taucht man ganz in den Alltag der beiden Geschwister Dylan und Andrea und ihre Träume ein. Die beiden ziehen mit ihren Eltern in ein Strandhaus in Barra de Potosi, einem mexikanischen Dorf an der Küste des Pazifiks. Die Kinder werden in das familiäre Küstendorf integriert und begeben sich schon bald mit ihren neuen Freunden auf Entdeckungsreise. Denn Dylan denkt, dass er den Geist des Entdeckers Francis Drake gesehen hat. Die Kinder machen sich daraufhin auf die Suche nach einem jahrhundertealten Piratenschatz, finden auf ihrer Reise aber etwas weitaus Wertvolleres.
Der Film wird von Stephan Kaufmann deutsch eingesprochen.
Der Eintritt ist für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren frei dank der Kostenübernahme durch den Förderverein.
Mittwoch, 31. Oktober 2018, 15:15 Uhr
What Will People Say
Regie: Iram Haq, Indien/Norwegen 2017, OV/d/f, 106’
Wenn der Vater in der ersten Sequenz spätabends die Lichter löscht und liebevoll die schlafenden Kinder zudeckt, dann äussern sich darin sowohl Fürsorge als auch Kontrolle. Nisha schafft es in dieser Nacht nur ganz knapp, vom verbotenen Disco-Ausflug rechtzeitig vor dem väterlichen Kontrollgang zurück zu sein. Während der grosse Bruder nur an seine Karriere denkt und die kleine Schwester für Rebellion noch zu klein ist, will Nisha wie ihre Freundinnen leben. Als sie eines Abends aus Übermut einen Jungen in ihr Zimmer schmuggelt und erwischt wird, muss sie schmerzlich erfahren, dass es nicht möglich ist, individuelle Freiheit und familiäre Bindungen zusammenzubringen. Die Fürsorge des Vaters schlägt in Wut und Hass um. Von da an ändert sich Nishas Leben radikal: Der Vater kidnappt sie und bringt sie zu seiner Schwester nach Pakistan.
In ihrem zweiten Spielfilm erzählt die in Norwegen aufgewachsene Pakistanerin Iram Haq ihre eigene Geschichte: Mit vierzehn Jahren wurde sie von ihren Eltern für eineinhalb Jahre nach Pakistan gebracht, zur «Umerziehung». Der Eintritt ist für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren frei dank der Kostenübernahme durch den Förderverein.
Publikumspreis 2018 FIFF Fribourg
Mittwoch, 31. Oktober 2018, 17:15 Uhr
Filme für eine Welt – éducation21
Kurzfilm-Programmblock ca. 105‘
KINDERALLTAG
RADIO AMINA
Dokumentarischer Spielfilm von Orlando von Einsiedel, GB/Nigeria 2011, 8 Min., ab 9 Jahren
Die 12-jährige Amina lebt in Nigeria und arbeitet als Strassenverkäuferin. Sie findet es nicht in Ordnung, dass Mädchen und Frauen in ihrem Land systematisch benachteiligt werden. Um ihre Gedanken öffentlich bekannt zu machen und in ganz Nigeria gehört zu werden, stellt sie sich vor, Radiomoderatorin mit einer eigenen Sendung zu sein …
ANGELUS NOVUS – Reise ins Ungewisse
Kurzspielfilm von Aboozar Amini, GB/D 2017, 25 Min., ab 12 Jahren
Eine afghanische Flüchtlingsfamilie ist in der Türkei gestrandet und hat sich provisorisch eingerichtet. Der neunjährige Ali geht zur Schule. Nachmittags arbeitet er mit seinem jüngeren Bruder Mohammad als Schuhputzer, um etwas Geld für den Lebensunterhalt und für die geplante Weiterreise nach Deutschland zu verdienen. Als ein anderer Flüchtlingsjunge den beiden ihren Stammplatz streitig macht, kommt es zum Eklat …
MENSCHENRECHTE oder
VERANTWORTUNGSVOLL KONSUMIEREN – KLEIDER UND KAFFEE
DER FALL MUBENDE
Dokumentarfilm von Michael Enger, D/Uganda 2015, 30 Min., ab 16 Jahren
Der Film dokumentiert einen Fall von Landgrabbing in Uganda: Über 2000 Menschen, die seit Generationen als Kleinbauern in einer fruchtbaren Region im Südwesten Ugandas lebten, wurden im Jahr 2001 vertrieben, um einer Kaffeeplantage Platz zu machen, die zu einem Hamburger Kaffeekonzern gehört. Die Vertriebenen strebten ein Gerichtsverfahren an und erhielten nach 12 Jahren juristischem Ringen eine Entschädigung von 11 Millionen Euro zugesprochen. Der Konzern verzögert jedoch bis heute die Zahlung …
THE TRUE COST – Der wahre Preis der Mode
Dokumentarfilm von Andrew Morgan, USA 2015/17, 39 Min. (Kurzfassung), ab 14 Jahren
In den vergangenen Jahren ist unser Verbrauch an Kleidung stark gestiegen. Gleichzeitig sind die Preise für Billigmode kontinuierlich gesunken. Wie ist das möglich? Der Film legt den Fokus auf die wirtschaftlichen und psychologischen Mechanismen der Fast-Fashion-Industrie und die Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter/-innen in Bangladesch. Zudem portraitiert er Menschen, die das System in Frage stellen und Ideen haben, wie die Kleiderproduktion sozial gerechter und umweltfreundlicher gestaltet werden könnte.
Mittwoch, 31. Oktober 2018, 19:30 Uhr
Vazante
Regie: Daniela Thomas, Brasilien/Portugal 2017, OV/d/f, 114’
Brasilien 1821, kurz vor der Unabhängigkeit. Dem Minenbesitzer Antonio starben Frau und Kind bei der Geburt. Am historischen Übergang von Minenausbeutung zur Viehwirtschaft tut sich einer seiner Sklaven als Führer hervor. Antonio heiratet Beatriz, die zwölfjährige Nichte seiner verstorbenen Frau, wendet sich aber dem Viehtreiben zu und lässt sie mit den Sklaven allein. Selbstbestimmt sucht Beatriz nach einem Platz in dieser Gemeinschaft und bringt das von Gewalt, Schikanen, sexueller Nötigung und Verständigungsschwierigkeiten geprägte Machtgefüge ins Wanken.
In ihrem ersten eigenen Film ergründet Daniela Thomas den Wandel von Rassen- und Geschlechterverhältnissen 60 Jahre vor Ende der Sklaverei. In eindrucksvoll komponierten Schwarz-Weiss-Bildern grenzt sie sich von der Nostalgie exotischer, kolonialer Mythen ab und konzentriert sich auf die charismatischen Darsteller. In deren Spiel wird das Schicksal der Ahnen sichtbar: schwarze Sklaven, weisse Herren und Angehörige der indigenen Bevölkerung, die die Identität des Landes prägen.
Mittwoch, 31. Oktober 2018, 21:40 Uhr
The Seen and Unseen
Regie: Kamila Andini, Indonesien/NL/Australien 2017, OV/d/f, 87’
Tantra und Tantri sind unzertrennlich. Heimlich stehlen sie Eier aus der Opfergabe, von denen Tantri das Weisse bekommt und Tantra das Gelbe. Plötzlich fehlt das Gelbe im Ei, genauso wie Tantra. Während ihr Zwillingsbruder schwerkrank im Krankenhaus liegt, gleitet Tantri in magische Zwischenwelten ab. In Kostümen, Bemalungen und Tanz begegnet sie der nahenden Trennung von ihrem sterbenden Bruder. Als die Mutter der beiden Tantri einmal die Farbe aus dem Gesicht wäscht, ist es wie die zärtliche Austreibung einer Illusion, dass alles so bleiben kann, wie es war. Im balinesischen Weltverständnis von Sekala – dem Sichtbaren, und Niskala – dem Unsichtbaren erzählt Andini in langen Traumsequenzen vom Umgang mit Abschied und Trauer des zehnjährigen Mädchens.
Kamila Andini hat eine Art des nonverbalen Filmemachens entwickelt, die ihr am Tokyo FILMeX-Festival 2017 den grossen Preis eingebracht hat.
Donnerstag, 1. November 2018, 09:00 Uhr
Human Flow
Regie: Ai Weiwei, USA 2017, OV/d/f, 140’
«Human Flow» ist eine Dokumentation des chinesischen Künstlers und Aktivisten Ai Weiwei über die Flüchtlingskrise. Dafür drehte Ai mit einem Dutzend verschiedener Kameramänner und zahlreichen Filmcrews in 23 Ländern und zeigt das Elend der Flüchtlinge so in all seinen Formen und Ausmassen. Vom Irak, wo momentan etwa vier Millionen Menschen auf der Flucht sind, führt die Reise etwa auf die griechische Insel Lesbos, wo viele afrikanische Flüchtlinge untergebracht sind, oder nach Bangladesch, wohin hunderttausende Angehörige der muslimischen Minderheit Rohingya aus Myanmar geflüchtet sind. Dabei tritt Ai auch immer wieder selbst in Erscheinung, er hilft den Menschen, die er trifft, redet mit ihnen oder spielt mit Kindern. Doch auch auf die Ursachen der Flucht geht der Künstler ein, genauso wie auf die Folgen, zu denen neben Leid, Ausbeutung und Entwurzelung auch Radikalisierung gehört. Herausgekommen ist ein bewegendes Filmdokument und Plädoyer für Menschlichkeit, Menschenrechte, Verständnis und Solidarität.
Donnerstag, 1. November 2018, 11:30 Uhr
Rust
Regie: Aly Muritiba, Brasilien 2018, OV/d/f, 100’
Über Social Media lernen sich die beiden Schüler Tati und Renet kennen und nähern sich auf einer Schulreise weiter an. Die sich entwickelnde Beziehung wird jedoch abrupt gestört, als Tati am nächsten Tag feststellt, dass ein initimes Video von ihrem verlorenen Handy in der ganzen Schule die Runde macht. Tati versucht, sich trotz der Beschämung und der Fragen nach dem „wer“ und „warum“ nicht klein kriegen zu lassen, hadert aber mit ihrem Entschluss und der Herausforderung.
Renet ist ihr keine Hilfe, er zieht sich aus ihrer Beziehung zurück und leidet zudem unter seiner instabilen familiären Situation und seinen getrennten Eltern, die sich um das Sorgerecht streiten.
Donnerstag, 1. November 2018, 13:20 Uhr
Rafiki (Deutschschweizer Vorpremiere)
Regie: Wanuri Kahiu, Kenia 2018, OV/d/f, 82’
Kena und Ziki sind zwei Teenager aus dem kenianischen Nairobi und dicke Freundinnen, obwohl ihre Familien politisch entgegengesetzte Ansichten vertreten. Sie halten zusammen, wollen mehr und verlieben sich ineinander, was sie in ihrer konservativen Gesellschaft in Bedrängnis bringt.
Der Spielfilm «Rafiki» war mit seiner Buntheit und Frische ein Hit beim Publikum am Festival von Cannes, wo er in der Hauptsektion Un certain regard lief. «Rafiki» strahlt das aus, was auch die junge Filmemacherin Wanuri Kahiu auszeichnet: Ein gesundes Selbstbewusstsein afrikanischer Jugendlicher, die hier und jetzt für sich und für ein selbstbestimmtes und fröhliches Leben einstehen.
Deutschschweizer Vorpremiere
Dieser Film ist am 17. Oktober in Savognin, am 19. Oktober in Bivio und am 26. Oktober in Andeer unterwegs.
Donnerstag, 1. November 2018, 15:00 Uhr
Zama
Regie: Lucrecia Martel, Argentinien 2017, OV/d/f, 115’
Don Diego de Zama ist ein untergebener Beamter der spanischen Krone in einer fernen Kolonie in Lateinamerika. Jedes Jahr hofft er auf seine Versetzung, die ihn näher zu seiner Familie bringt. Doch der Befehl kommt nicht.
In der Erzählung von Lucrecia Martel gibt es keine wirkliche Linearität, vielmehr ist es eine Abfolge verschiedener Szenen, die den Helden Don Diego de Zama beschreiben. Der dient dem König von Spanien, und er tut dies ohne grosse Eile oder Kompetenz. Er verbringt seine Tage vor allem damit, die Frauen um ihn herum zu belauern, egal ob Sklavin oder Gräfin. Er beobachtet sie in der Hoffnung, ihren Blick einzufangen, was allerdings nie eintrifft, es sei denn ein ironischer Blick, wie derjenige der spanischen Gräfin, oder selbst ein verächtlicher Blick von den jungen Sklavinnen, die sich über ihn lustig machen. Die Gouverneure kommen und gehen, aber das so stark ersehnte königliche Schreiben, das seine Versetzung ankündigen soll, kommt nicht. Des Wartens überdrüssig meldet sich Zama freiwillig zur Jagd nach dem gefürchteten Banditen Vicuña Porto.
Donnerstag, 1. November 2018, 17:15 Uhr
Claro Apéro
Der traditionelle Apéro des Claro Laden Thusis sponsert die Aufführung des Films «Code of Survival».
Donnerstag, 1. November 2018, 17:45 Uhr
Code of Survival
Regie: Bertram Verhaag, D 2017, D, 95’
Betram Verhaag beschäftigt sich in seiner neuen Dokumentation «Code of Survival – Die Geschichte vom Ende der Gentechnik» mit dem umstrittenen Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat. Millionen Tonnen des Herbizids werden jährlich in der weltweiten Landwirtschaft eingesetzt mit unabsehbaren Folgen für die Umwelt. Eine Folge des massiven Glyphosat-Einsatzes ist jedoch jetzt schon spürbar: Es gibt immer mehr Unkraut, das gegen die chemische Verbindung immun ist und sich enorm schnell vermehrt. Gleichzeitig zeigt Verhaag aber auch drei Projekte, die beweisen, wie Landwirtschaft ohne chemische Mittel zur Unkrautbekämpfung funktionieren kann.
Im filmischen Ökoaktivismus ist eine Rhetorik des Kontrasts populär, die Beispiele umweltschädlicher Misswirtschaft gegen positive Alternativen montiert. Auch in Bertram Verhaags neuestem Film ist das so. Das Böse sitzt hier in den USA, wo Farmer mit nur einem Traktor riesige Monokulturen mit genmanipulierten Mais- oder Sojapflanzen bestellen.
Diese Filmvorstellung finanziert der Claro Laden Thusis – besten Dank!
Donnerstag, 1. November 2018, 19:30 Uhr
After My Death
Regie: Kim Ui-seok, Südkorea 2017, OV/d, 113’
Eine Jugendliche verschwindet. Keine Indizien, keine Leiche, wobei alles auf Selbstmord hinzudeuten scheint. Die Klassenkameradin Yeonghui sah sie als Letzte lebend und wird von allen verdächtigt, unter anderem auch von der Mutter des Opfers.
Dieses Spielfilmdebüt wurde an der Korean Academy of Film Arts entwickelt, wo sein Autor studiert hat. Seine Weltpremiere hatte «After my Death» im Oktober 2017 beim Busan International Film Festival.
Donnerstag, 1. November 2018, 21:40 Uhr
Rumble: The Indians Who Rocked The World
Regie: Catherine Bainbridge/Alfonso Maiorana, Kanada 2017, OV/d, 103’
Der zitternde, verzerrte Klang des Instrumentalstückes «Rumble» ist einer der berühmtesten Sounds der Popgeschichte. Doch sein Urheber erlangte nie die Berühmtheit, die er eigentlich verdient gehabt hätte: Link Wray war Native American und hatte deshalb ganz schlechte Karten im Musikgeschäft, das die amerikanischen Ureinwohner konsequent ignorierte. Die Dokumentation will dies korrigieren und diskutiert mit Musikgrössen wie Charly Patton, Mildred Bailey und Jimi Hendrix im Kontext ihrer indianischen Herkunft: «Rumble» ist eine faszinierende Tour d’Horizon durch ein unerforschtes musikalisches Territorium. Er bringt den tiefen und übersehenen Einfluss der indigenen Bevölkerung auf die populäre Musik in Nordamerika ans Licht.
«Say it loud, I’m red and proud.»
Canadian screen award 2017 best documentary
Freitag, 2. November 2018, 09:00 Uhr
Passion
Regie: Byamba Sakhya, Mongolei 2010, OV/d/f, 83’
«Passion» sagt alles über das Filmschaffen in der Mongolei. Byamba Sakhya zeigt das in diesem faszinierenden Dokumentarfilm über die Filmkunst, mit Blick auf Vergangenheit und Gegenwart. Als Erzähler folgt er seinem Kollegen Binder Jigjid, Sohn des bekannten lokalen Regisseurs Jigjid Dejid. Ein von der Geschichte des Landes und seinen zahlreichen sozialen, politischen und ökonomischen Veränderungen geprägtes Abenteuer.
Indem er die einzigartige Fähigkeit des Kinos benutzt, zwischen Zeiten und Charakteren umherzureisen, enthüllt die persönliche Erzählungsweise die gegensätzlichen Schicksale zweier Generationen mongolischer Filmemacher. Im Laufe ihrer Reisen durch eine Periode von schnellem sozialem Wandel, ziehen uns Vater und Sohn in das universelle Thema der menschlichen Leidenschaft für kreative Ausdrucksformen hinein.
Freitag, 2. November 2018, 10:40 Uhr
Liebe auf Sibirisch
Regie: Olga Delane, Russland/D 2016, OV/d, 80’
«Liebe auf Sibirisch» ist eine Dokumentation über die in Berlin lebende Regisseurin Olga Delane, die ihre Familie in Sibirien besucht und dort auf ein ganz eigenwilliges Verhältnis zur Liebe trifft.
Nach Schweizer Verhältnissen führt die Regisseurin Olga Delane ein vergleichsweise normales Liebesleben. Sie ist 35 Jahre alt, ledig und kinderlos. Vor 20 Jahren ist sie nach Deutschland gekommen. Aufgewachsen ist sie jedoch im dem 8.000 Kilometer entfernten sibirischen Dörfchen Onon-Borzya. Als Olga sich aufmacht, ihre Familie zu besuchen, wird sie mit gänzlich anderen Lebensentwürfen, Beziehungsmodellen und Auffassungen von Liebe konfrontiert.
Ohne Ehemann und Kinder hat man als Frau versagt – das glauben jedenfalls die Frauen im Ort. Die Dorfgemeinschaft ist verzahnt und traditionsbewusst. Geschlechterrollen werden hier noch sehr eng gefasst, Liebe spielt nur eine untergeordnete Rolle. „Ich verspreche, dich zu lieben. Ich verspreche, für dich zu kochen“, sagt eine Braut am Altar.
«Liebe auf Sibirisch» wirft einen einfühlsamen Blick auf die traditionellen Rollenbilder im sibirischen Onon-Borzya und auf die sibirische Romantik.
Freitag, 2. November 2018, 12:20 Uhr
Pop Aye
Regie: Kirsten Tan, Thailand/Singapur 2017, OV/d, 102’
Thana, ein gefeierter Architekt, trifft in den Strassen von Bangkok auf den Elefanten Pop Aye. Er erkennt in ihm den Freund aus seiner Kindheit. Der Elefant muss als Attraktion Geld für seinen Besitzer verdienen. Thana, der sich gerade in einer schwierigen Lebensphase befindet, ist von dieser Begegnung zutiefst berührt. Kurzerhand kauft er den Elefanten und nimmt ihn mit nach Hause. Dort erschreckt er seine Frau so sehr, dass sie ihn fluchtartig verlässt. Thana beschliesst den Elefanten ins Dorf zurückzubringen, wo sie zusammen aufgewachsen sind. So beginnt ein abenteuerlicher Roadtrip quer durch Thailand.
Die in Singapur aufgewachsene Regisseurin Kirsten Tan wurde für ihr Spielfilmdebüt mehrfach ausgezeichnet. Sie gewann unter anderem in Sundance und am Zürich Film Festival 2017, wo sie das Goldene Auge für den Besten internationalen Spielfilm erhielt.
Freitag, 2. November 2018, 14:10 Uhr
Highway
Regie: Deepak Rauniyar, Nepal 2012, 80’
Ein Mann aus Kathmandu, der erfolglos versucht, mit seiner Frau ein Kind zu bekommen, sucht einen Wunderheiler in den östlichen Bergen Nepals auf. Der hat tatsächlich einen Zaubertrank parat. Allerdings muss der Mann innerhalb von 36 Stunden zurück zu seiner Ehefrau, sonst wirkt die Medizin nicht mehr. Im Bus, der sich durch die engen Strassen, Hügel und Täler Nepals quält, sitzen noch mehr Menschen, die dringend woanders sein müssten: den Internetchat- Lover treffen, Geld für Medikamente überbringen, die Eltern sehen. Aber die Reisegruppe muss immer wieder pausieren, weil Generalstreiks, Staus, Pannen und aufgebrachte Dorfbewohner den Bus aufhalten. Ein paar der Hindernisse werden von den Passagieren überwunden, die sich während des Trips immer besser kennenlernen. Sie verkleiden sich gar als Hochzeitsgesellschaft, um weiterfahren zu dürfen. Zu Hause hat sich allerdings in der Zwischenzeit alles geändert …
Der Erstlingsfilm von Deepak Rauniyar, der mit einem Minibudget, einer Handvoll begeisterter Darsteller und improvisierten Dialogen in einem der ärmsten Länder der Welt gezaubert wurde, ist ein Roadmovie voller Überraschungen und Leidenschaft – und eine kompromisslose Darstellung der nepalesischen Realität.
Nach der Aufführung von «White Sun» des gleichen Regisseurs (So 4.11. 9.00) nimmt Deepak Rauniyar an einem Filmgespräch teil, Moderation: Hildegard Keller
Freitag, 2. November 2018, 15:40 Uhr
Out of Paradise
Regie: Batbayar Chogsom, Mongolei/CH 2017, OV/d, 100’
1974, Dorj und seine Frau Suren leben traditionell nomadisch in einer Jurte in der mongolischen Steppe. Die nächsten Nachbarn sind meist weit entfernt, und bei Bedarf ein Fahrzeug mit Fahrer zu finden, ist neben dem fehlenden Geld nur eine von vielen Schwierigkeiten. Doch die beiden müssen nach Ulaanbaatar fahren, weil die hochschwangere Suren keine Fehlgeburt riskieren darf, wie ihr der Arzt erklärt hat.
Es ist eine ebenso vertraute wie fremdartige Erzählung, welche Chogsom mit einer bestechenden Mischung aus Unschuld und Chuzpe in leuchtenden Bildern auf die Leinwand bringt. Da ist einerseits der Kontrast zwischen dem nomadisch ursprünglichen Leben in der Steppe und dem Überlebenskampf in der grossen Stadt, exemplarisch illustriert an den «Landeiern» Doj und Suren und ihren Gegenspielern in Ulaanbaatar.
«Out of Paradise» ist der Erstlingsfilm eines Autodidakten, der seine mongolische Heimat verliess, um in der Schweiz zu studieren. Er lebt heute im Kanton St. Gallen. «Out of Paradise», das sind 100 Minuten voller Menschlichkeit und Emotionen.
1. Preis am Filmfestival in Shanghai 2017
Filmgespräch mit Batbayar Chogsom,
Moderation: Hildegard Keller
Freitag, 2. November 2018, 18:20 Uhr
Focus mit Pio Corradi (abgesagt)
Leider müssen wir Ihnen mitteilen dass Kameramann Pio Corradi das Focus Gespräch krankheitshalber absagen musste.
Aus diesem Grund zeigen wir Ihnen den Film
Der Lauf der Dinge
Regie: Peter Fischli, David Weiss, Kamera: Pio Corradi, Schweiz 1987, 30’
Der Lauf der Dinge ist ein Kunstfilm der Schweizer Medienkünstler Peter Fischli und David Weiss. Für die Kamera war Pio Corradi zuständig. Dieser Film gilt als Kultwerk und fand zahlreiche Nachahmer in der Werbung und Musikindustrie. Die Tageswoche bezeichnete das Kunstwerk zum 25. Jubiläum als «die wohl berühmteste Kettenreaktion der Welt».
Freitag, 2. November 2018, 19:45 Uhr
Sweet Country
Regie: Warwick Thornton, Australien 2017, OV/d, 113’
Der australische Western des Aborigine-Regisseurs Warwick Thornton zeigt mit grossem Realismus die unerbittliche Ausbeutung der Aborigines durch die Siedler und zieht Linien in die Gegenwart.
Wo es kaum Fürsprecher gibt, da ist selten Hilfe zu erwarten und Gewalt bisweilen unausweichlich. Diese schmerzhafte Erkenntnis muss auch der Aborigine Sam Kelly erfahren. Er hat in Notwehr einen betrunkenen, tobenden Farmer erschossen und ist fortan gemeinsam mit seiner schwangeren Frau auf der Flucht durchs Outback.
«Sweet Country» ist aus mehreren Gründen ein besonderer Film. Zum einen zeigt er das Leid einer Bevölkerungsgruppe, die nicht allzu oft auf der grossen Leinwand zu sehen ist und so gut wie nie eine eigene Stimme erhält. Und er taucht die auf einer wahren Begebenheit beruhende Geschichte in meditative Szenen, die einen Kontrast zum Bewegtbild der rauchgeschwängerten Action vieler amerikanischer Produktionen bildet. Umso dramatischer wirkt es, wenn doch einmal scharf geschossen wird und das Blut aus Wunden quillt.
Asia Pacific screen award 2017– best film
Freitag, 2. November 2018, 21:50 Uhr
The Prince of Nothingwood
Regie: Sonia Kronlund, Afghanistan/F 2016, OV/d, 86’
Er führt Regie, steht vor der Kamera und treibt die Schauspieler zu – zugeben bescheidenen – Höchstleistungen an. Die Rede ist vom afghanischen Filmemacher und Exzentriker Salim Shaheen. Dabei geht es um die Leidenschaft fürs Filmemachen – und das in einem Land, in dem alles dagegen spricht. Der Film wartet nicht nur mit herrlich komischen Szenen auf, die zum Teil ans Absurde grenzen, sondern berichtet auch von einem Clash der Kulturen, in dem sich die Regisseurin selbst mittendrin wiederfindet.
«The Prince of Nothingwood» ist ein Dokumentarfilm der französischen Dokumentarfilmerin Sonia Kronlund, der das Leben und Schaffen von Salim Shaheen beleuchtet. Dieser ist Schauspieler, Regisseur und Produzent, der mit seinen Werken vor allem in Afghanistan zu den beliebtesten Medienmenschen gehört. Doch damit macht er sich nicht nur Freunde und ihm ist bewusst, dass in Afghanistan Unterhaltung zu machen, immer ein Drahtseilakt ist…
Freitag, 2. November 2018, 23:20 Uhr
Khook
Regie: Mani Haghighi, Iran 2018, OV/d/f, 108’
Hasan ist wütend. Er steht auf der schwarzen Liste und darf seit Jahren keinen Film mehr drehen. Sein Star wird ungeduldig, Frau und Tochter interessieren sich kaum mehr für ihn und nun auch noch dies: In Teheran hat es ein Mörder auf Filmschaffende abgesehen und köpft selbst weniger bedeutende Regisseure wie Mani Haghighi – nur Hasan nicht! Ist er nicht der Beste von allen?
Das hat man aus dem Iran kaum erwartet, jedenfalls dann nicht, wenn man sich nur auf westliche Politstories verlässt oder das beschauliche Kino des Altmeisters Abbas Kiarostami. Zwar ist der Drehbuchautor, Schauspieler und Regisseur Mani Haghighi bekannt dafür, die Dinge zuzuspitzen und in ausgesuchten Dekors seine Geschichten zu entfalten – zuletzt in «A Dragon Arrives!» (2016 an den Weltfilmtagen Thusis zu sehen) –, aber dass er eine derart böse und schräge Komödie inszeniert, erfreut. „Warum muss das iranische Kino ein Fremdenführer durch unser Land sein?“, fragte er an der Berlinale, wo «Khook» seine Weltpremiere feierte. Er finde es ermüdend, dass der Westen immer nur sehen wolle, „wie stark wir unterdrückt werden“.
Samstag, 3. November 2018, 09:00 Uhr
Eldorado
Regie: Markus Imhoof, CH 2018, OV/d, 100’
Markus Imhoof war noch ein kleiner Junge, als seine Eltern das italienische Flüchtlingskind Giovanna bei sich aufnahmen. Als sie Kinder waren, wurde ihre Freundschaft auch auseinandergerissen. Einzig ein lebhafter Briefkontakt blieb bis zum Tod des Mädchens bestehen. Die Erinnerungen an sie veranlassen ihn, sich auf eine Reise nach Italien zu begeben, um sich mit der europäischen Flüchtlingspolitik zu beschäftigen.
Ein italienisches Marineschiff vor der Küste Libyens ist sein erster Anlaufpunkt. Vom Schiff geht es weiter in ein Flüchtlingslager, wo die Menschen bis zu einem Jahr verbringen. Wer das Lager frühzeitig verlässt, für den gibt es keine Zukunft. Auch das zeigt Imhoof, indem er Arbeitsghettos besucht, in denen die Menschen unter unwürdigen Zuständen leben und von der italienischen Mafia ausgebeutet werden. Immer wieder wendet sich Markus Imhoof in Erinnerungen Giovanna zu und gibt dem Mädchen damit auch ein Gesicht.
Oscar Nomination 2019 – für besten nicht US Film
Filmgespräch mit Markus Imhoof.
Moderation: Daniel von Aarburg
Das Filmgespräch mit Markus Imhoof fällt leider aus. Der Regisseur musste wegen der Oscar-Kampagne für den Film „Eldorado“ seine Teilnahme kurzfristig absagen. Wir bitten um Entschuldigung.
Samstag, 3. November 2018, 11:40 Uhr
Green Days by the River
Regie: Michael Mooleedhar, Trinidad und Tobago 2017, OV/d/f, 102’
Dieses Langfilmdebüt von Michael Mooleedhar kommt als erster Film aus Trinidad an die Weltfilmtage Thusis. Er basiert auf dem gleichnamigen historischen Roman des lokalen Autors Michael Anthony. Die 1952 in Trinidad spielende Handlung schildert das Liebesleben eines jungen Mannes, dessen Herz hin- und herschwankt. Gegen den Rat seines Vaters beginnt er bei einem indischen Plantagenbesitzer zu arbeiten.
«Green Days by the River» spielt in einer Zeit des Umbruchs auf Trinidad. Die Ölindustrie bestimmte einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung, während der Wunsch nach Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Grossbritannien zunahm. Zur Zeit der Entstehung des Romans war Trinidad seit fünf Jahren unabhängig, und trinidadische Schriftsteller beschäftigten sich in ihrem Schaffen mit dem politischen Geschehen. Neben dem Verhältnis zur ehemaligen Kolonialmacht und der Situation der Arbeiter in der Öl- und Zuckerindustrie war die Situation der afrikanischstämmigen Trinidadier ein zentrales Thema, das 1970 im Black Power Uprising kumulierte.
Samstag, 3. November 2018, 13:40 Uhr
Numafung
Regie: Nabin Subba, Nepal 2001, OV/d/f, 110’
Die schöne Numafung lebt in einem entlegenen Limbu-Bergdorf mit dem majestätischen Himalaya als unwiderstehlicher Kulisse im Hintergrund. Ihre Heirat folgt traditionellen Gesetzen, doch bald einmal will sie ihren eigenen Weg gehen und sich den vorwiegend patriarchalischen Strukturen nicht einfach unterordnen. Ein liebevoll erzählter, stimmiger Film aus einer unbekannten, auch vom Tourismus noch nicht erschlossenen Region. «Numafung» war der erste nepalesische Spielfilm, der bei uns in die Kinos gelangte.
«Numafung» bedeutet soviel wie „schöne Blume“, der Film basiert auf der Erzählung „Karobar ki Gharbaar“ von Kajiman Kandangwa. Den Hintergrund bilden das Dorf Nagi im Panchthardistrikt und die spektakuläre Kulisse von Bergen wie dem Kumbakarna oder dem Mount Jannu, Himalaya eben.
«Numafung» legt Zeugnis von der erzählerischen Kraft ab und führt uns vor Augen, wie beeindruckend auch kleine Geschichten sein können, wenn sie an ihrem Entstehungsort verwurzelt sind.
Veasoul Publikumspreis 2003
Samstag, 3. November 2018, 15:40 Uhr
Ága (CH-Vorpremiere)
Regie: Milko Lazarov, Bulgarien 2018, OV/d/f, 96’
Nanook und Sedna sind die letzten Mitglieder ihrer ethnischen Gruppe und leben in einer Jurte auf den schneebedeckten Feldern im sibirischen Norden. Der Frühling zieht früher als gewohnt ein, das Eisangeln ist weniger ergiebig als üblich und am Himmel ziehen Flugzeuge ihre Bahnen. Sedna bemerkt zudem, dass Nanook beginnt, Dinge zu vergessen.
In wunderschönen Bildern erzählt Milko Lazarov diese ruhige Geschichte in sanfter Anlehnung an den grossen Pionier des Dokumentarfilms Robert J. Flaherty mit seinem Nanook of the North.
Bester Film am diesjährigen Sarajewo Filmfestival
Filmgespräch mit Milko Lazarov, Moderation Hildegard Keller
Samstag, 3. November 2018, 18:20 Uhr
Makala
Regie: Emmanuel Gras, F 2017, OV/d/f, 96’
Im Kongo hofft ein junger Dorfbewohner auf eine bessere Zukunft für seine Familie. Während er sich auf einer anstrengenden und gefährlichen Strasse befindet, um die Früchte seiner Arbeit zu verkaufen, wird ihm der Wert seiner Anstrengungen und der Preis seiner Träume bewusst.
Manchmal kann das Kino noch unbekannte Gefühle wecken. Ohne 3D oder andere Effekte. Das ist selten, aber «Makala» ist dieses Wunderwerk gelungen. Der Filmemacher Emmanuel Gras verwandelt die Odyssee des jungen Kohlenverkäufers in eine Reise der Sinne.
Prix semaine de la critique Cannes 2018
Samstag, 3. November 2018, 20:10 Uhr
A Man of Integrity
Regie: Mohammad Rasoulof, Iran 2017, OV/d/f, 117’
Rasoulof zögert nicht: Von den ersten Bildern an macht er spürbar, dass in der beschaulichen Region, in der er seinen Film angesiedelt hat, ein Drama schlummert. Hier führt Reza, der sich aus der Stadt zurückgezogen hat, mit Frau und Kind ein beschauliches Leben als Fischzüchter. Reza bekommt von einem Bankangestellten erklärt, wie er die Regeln umgehen kann und seine Schulden nicht zurückzahlen muss.
Man kann sich den Mut vorstellen, den es für die gesamte Filmequipe braucht, sich in ein Projekt zu stürzen, das so aktuelle und heisse Themen anspricht wie die Korruption im Land. Auch hier in der iranischen Provinz, die so friedlich ausschaut, während jeder seine Spiele treibt – zum schieren Überleben. Der Direktheit, in der Mohammad Rasoulof erzählt und Dinge anspricht, die anzusprechen tabu sind, gebührt Respekt. Der Filmemacher begnügt sich nicht mit der Beschreibung eines sozio-politischen Zustands. Seine Figuren wirken real, aus dem Leben gegriffen und im Leben kämpfend. Im Fall von Reza und seiner Frau: um die schiere Würde.
Samstag, 3. November 2018, 22:20 Uhr
Five Fingers for Marseilles
Regie: Michael Matthews, Südafrika 2017, OV/d, 119’
Ein Western aus Südafrika erzählt von der Kolonialgeschichte des Landes: Vor zwanzig Jahren kämpften die „Five Fingers“ für die Freiheit der ländlichen Kleinstadt Marseilles gegen Polizei-Unterdrückung. Tau hat dafür einen hohen Preis bezahlt, – wegen zweifachen Mordes musste er damals ins Gefängnis. In Ungnade gefallen und geflohen, kehrt Outlaw Tau nun zurück, um Frieden zu schliessen. Seine Heimatstadt ist jedoch bedroht von neuen Übeltätern. Widerwillig muss er den Kampf zur Befreiung erneut aufnehmen. Wird der Rest der „Five Fingers“ wieder an seiner Seite kämpfen?
Sonntag, 4. November 2018, 09:00 Uhr
White Sun
Regie: Deepak Rauniyar, Nepal u.a. 2016, Nepali/d/f, 89'
«White Sun» ist im Heute von Nepal angesiedelt, in der Zeit nach dem Bürgerkrieg und dem schweren Erdbeben. Chandra begibt sich nach Jahren der Abwesenheit auf den Weg nach Hause, und der ist, wie wir bald zu sehen bekommen, ein langer. Sein letztes Stück lässt sich nur zu Fuss bewältigen. Das kleine Dorf, aus dem Chandra stammt und das er einst verlassen hatte, um sich dem maoistischen Widerstand anzuschliessen, liegt an einem Hang hoch über einem der unzähligen Täler im Himalaya. Zurückgelassen hatte der junge Mann nicht einfach sein Dorf. Er verliess für den Kampf um eine vermeintlich bessere Sache auch seine Frau und ihr uneheliches Kind, verliess den Vater, der bis in den Tod ein getreuer Royalist geblieben war und mit dem Chandra sich genauso gestritten hatte wie mit dem eigenen Bruder. Die Rückkehr aus der Stadt ist nicht nur eine Heimkehr zur Familie, die ihn mit Zwiespalt empfängt. Es ist auch ein Wechsel von der Stadt mit ihren Aspekten der Moderne, aufs Land und in ein Dorf, in dem Traditonen gross
geschrieben werden.
«White Sun» war der Abschlussfilm der 27. Weltfilmtage Thusis 2017.
Best Asian Film 2016 international Film-Festival Singapore
Filmgespräch mit Deepak Rauniyar, Moderation: Hildegard Keller
Sonntag, 4. November 2018, 11:45 Uhr
La vida es silbar
Regie: Fernando Pérez, Kuba 1998, OV/d/f, 106’
Hommage an 30 Jahre trigon-film
Fernando Pérez erzählt in «La vida es silbar» von Havanna und von drei Menschen, die hier auf der Suche nach dem persönlichen Glück sind. Mariana, eine junge Ballett-Tänzerin, würde liebend gerne die Rolle der Giselle tanzen und begehrt genauso enthusiastisch die Körper junger Männer. Der Musiker Elpidio wurde als kleiner Junge von seiner Mutter Cuba verlassen, weil er nicht nach deren Wünschen geraten war. Jetzt lebt der Mischling von seinen Mutter-Mythen umrankt und lernt eine junge Umweltaktivistin kennen, die in Havanna per Heissluftballon gelandet ist. Julia schliesslich arbeitet als Pflegerin in einem Altersheim. Regelmässig überkommen sie Gähnanfälle, und sie schläft gar ein, als ihr besonderer Einsatz fürs Allgemeinwohl ausgezeichnet werden soll. Es gibt vieles, was Julia in ihrem Leben verdrängt. Allein beim Stichwort «Sex» fällt sie schon in Ohnmacht. Doch mit ihrem Hang zur Verdrängung, lernt Julia, ist sie nicht allein.
Der Film wir in neuer digitalisierten und restaurierten Fassung gezeigt.
Einführung durch Walter Ruggle, Direktor trigon-film
Grand coral am Havanna Filmfestival 1998, zahlreiche Auszeichnungen u.a. in Oslo, Berlin, Rotterdam Sundance Festival etc.
Sonntag, 4. November 2018, 14:15 Uhr
Goodbye, Grandpa!
Regie: Yukihiro Morigaki, Japan 2017, OV/d/f, 104’
Das Spielfilmdebüt «Goodbye, Grandpa!» des Japaners Yukihiro Morigaki ist eine zugleich zarte und pikante Komödie über Beerdigungen.
Während Yoshiko ihrer Leidenschaft an einem heissen Sommertag freien Lauf lässt, wird sie über den Tod ihres Grossvaters informiert. Die zerrüttete Familie versammelt sich auf Gedeih und Verderb rund um die Hinterlassenschaften des Verstorbenen. Nicht nur das Weinen wird vergessen, sondern auch die senile Witwe. Durch mehrere Begegnungen bemerkt Yoshiko dennoch Gefühle in der Familie, die sie zuvor nicht gesehen hat. Sie beginnt über Leben und Tod nachzudenken und beschliesst, zum Ganges nach Indien zu reisen.
Sonntag, 4. November 2018, 16:15 Uhr
Capharnaüm
Regie: Nadine Labaki, Libanon 2018, OV/d, 123’
Zain verklagt seine Eltern, weil sie ihn zur Welt gebracht haben, ohne es sich leisten zu können. Sie haben seine elfjährige Schwester an den Ladenbesitzer verkauft, bei dem Zain als Botenjunge arbeiten muss, und dem das Haus gehört, in dessen baufälligen Mauern in Beirut Zains Eltern mit einer ganzen Kinderschar hausen.
Zain ist von da abgehauen, nachdem er seine Schwester nicht hat schützen können. Er hat sich auf einen Rummelplatz durchgeschlagen, die junge Äthiopierin Rahil und deren einjährigen Sohn Yonas kennengelernt. Rahil lebt in einem Bretterverschlag im Slum und nimmt Zain auf, als Babysitter für ihren Sohn. Bis sie eines Tages einfach nicht mehr auftaucht.
Zain versucht verzweifelt, das Baby und sich durchzubringen, mit allen Mitteln, auch als Drogenhändler, wie er es von seiner Mutter gelernt hat. Aber schliesslich weiss er keinen Ausweg mehr und überlässt den kleinen Yonas dem dubiosen Markthändler Aspro, gegen das Versprechen von falschen Papieren und einer Schlepperpassage nach Schweden.
Preis der Jury Cannes 2018 – CH-Vorpremiere
Sonntag, 4. November 2018, 18:30 Uhr
Walking With The Wind
Regie: Praveen Morchhale, Indien 2017, OV/d/f, 79’
Tsering ist ein zehnjähriger Junge, der irgendwo im Himalaya lebt. Jeden Tag legt er bis zur Schule sieben Kilometer zurück. Das wird zur Herkulesaufgabe, als er den von ihm versehentlich zerbrochenen Stuhl eines Klassenkameraden in sein Dorf mitnehmen will, um ihn zu flicken, ohne dass es Lehrer oder Mitschüler merken sollen.
«Walking With The Wind» ist eine einfühlsam erzählte Geschichte über ein kleines Drama in einem Kinderleben.
Tertio Millenio Festival del film Roma 2017
Sonntag, 4. November 2018, 20:00 Uhr
Shoplifters – Manbiki kazoku (CH-Vorpremiere)
Regie: Hirokazu Kore-eda, Japan 2018, OV/d/f, 121’
Weil das Geld von seinem Bauarbeiterjob jeweils nicht reicht, um die Familie durchzubringen, stiehlt Osamu zusammen mit seinem Sohn Shota im lokalen Supermarkt jeweils regelmässig die verschiedensten Dinge. Als sie nach einem erfolgreichen Beutezug auf ihrem Heimweg sind, treffen sie auf einem Balkon auf Augenhöhe die kleine Yuri an, die schlotternd vor Kälte dort sitzt. Osamu hat Mitleid mit der Kleinen, hilft ihr vom Balkon und bringt sie zu sich nach Hause.
Die Familie, zu der auch Osamus Frau Aki, deren Schwester Nobuyo sowie Grossmutter Hatsue gehören, nehmen die Kleine mit viel Liebe auf – auch weil sie anhand von Narben sehen, dass das Mädchen von ihren Eltern misshandelt wurde. Nach gut zwei Wochen melden Yuris Eltern ihre Tochter als vermisst, doch denkt ihre neue Familie nicht daran, die Kleine zurückzubringen. Doch es kommt der Moment, in dem die gesamte Familie auseinandergerissen zu werden droht.
Goldene Palme Cannes 2018
Dienstag, 29. Oktober 2019, 14:00 Uhr
The Song of Mary Blane
Bruno Moll
Schweiz 2019
DOC-Film
Der Solothurner Kunstmaler Frank Buchser wird im Jahre 1866 in die USA geschickt, um ein grosses Gemälde der «Helden des Bürgerkriegs» für den künftigen Nationalratssaal in Bern zu malen. Anfänglich porträtiert Buchser fleissig die Politiker und Generäle im Sinne seiner Auftraggeber. Mehr und mehr interessiert er sich aber für die in die Reservate vertriebenen Indianer und die Lebensbedingungen der eben befreiten Sklaven. Jahre früher, fasziniert von der maurischen Kultur, reitet Frank Buchser als türkischer Scheich verkleidet in die für Christen bei Todesstrafe verbotene marokkanische Stadt Fez. Der Schweizer Filmemacher Bruno Moll erzählt die beiden abenteuerlichen Reisen des aufmüpfigen und streitbaren Künstlers und Gründers der heutigen → www.visarte. ch
Dienstag, 29. Oktober 2019, 15:40 Uhr
Blue Heart
Britton Cailouette
Bosnien und Herzegowina 2018
DOC-Film, ab 12 Jahren
Was würden Sie tun, um die letzten wilden Flüsse in Ihrem eigenen Land vor Zerstörung zu schützen? Der Film Blue Heart zeigt Menschen in Albanien, Bosnien und Kroatien, die um die Rettung ihrer Flüsse und Lebensräume kämpfen — die letzten unberührten, frei fliessenden Flusssysteme in Europa und Heimat des gefährdeten Balkanluchses. Ziel des Films und des Projekts Blue Heart ist es, die Öffentlichkeit weltweit für die massiven und langfristig negativen Auswirkungen eines nicht reflektierten Wasserkraftbooms auf dem Balkan zu sensibilisieren. Auf dem Balkan sind mehr als 3’000 Staudämme geplant oder im Bau, oft ohne dass die lokale Bevölkerung ein Mitspracherecht hat. 91% dieser geplanten Projekte werden wenig Energie erzeugen (weniger als 10 Megawatt), obwohl ihre Bau- und Wartungskosten sehr hoch sind.
→ www.blueheart.patagonia.com
Dienstag, 29. Oktober 2019, 16:40 Uhr
Amal
Mohamed Siam
Ägypten, Libanon 2017
DOC-Film
Amal ist 14 Jahre alt, als sie während der ägyptischen Revolution, nach dem Tod ihres Freundes im Port Said-Stadion, auf dem Tahrir-Platz landet. Während der Proteste wird sie von der Polizei geschlagen und an den Haaren über den Platz gezogen. Der Coming-of-Age-Film folgt ihr über die Jahre nach der Revolution. Er handelt von den sich entfaltenden aktuellen Ereignissen und Amals sich schnell verändernden Leben und Aussehen, und wir sehen sie auf der Suche nach ihrer eigenen Identität in einem Land im Wandel. Amal ist feurig und furchtlos, engagiert sich in Protesten und belehrt ständig ihre Mutter, die als Richterin arbeitet. Als Mädchen unter Männern muss sie auch für Respekt und das Recht auf Teilnahme kämpfen, sowohl auf der Strasse als auch im Rest ihres Lebens. In Ägypten sind sogar für eine junge Frau wie Amal – ihr Name bedeutet «Hoffnung» – die Möglichkeiten sehr begrenzt.
Bester Doc-Film Filmfestival Karthago
Dienstag, 29. Oktober 2019, 18:20 Uhr
Danke für den Regen
Julia Dahr, Kisilu Musya
Kenia, Norwegen, UK 2017
ab 14 Jahren
ÉDUCATION 21: KLIMAWANDEL
Dürre und Überschwemmungen: Der kenianische Kleinbauer Kisilu Musya bekommt die Auswirkungen des Klimawandels hautnah zu spüren. Mit neuen Anbaumethoden versucht er sich an die veränderten klimatischen Verhältnisse anzupassen. Mit Hilfe einer norwegischen Regisseurin dokumentiert er sein Engagement – und reist schliesslich bis an die UNO-Klimakonferenz in Paris, wo er den globalen EntscheidungsträgerInnen seine lokale Perspektive entgegenstellt.
Filme für eine Nachhaltige Welt → education21.ch
Dienstag, 29. Oktober 2019, 19:25 Uhr
Bugs – Insekten als Nahrungsmittel?
Andreas Johnsen
Dänemark 2016
ab 12 Jahren
ÉDUCATION 21: KLIMAWANDEL
Im Anschluss zum ersten éducation 21 Film Danke für den Regen von Julia Dahr und Kisilu Musya zeigen wir Bugs: Der Koch Ben Reade und der Ernährungswissenschaftler Josh Evans erforschen das Potential von Insekten als Nahrungsmittel. Sie reisen um die Welt und besuchen Menschen, bei denen Käfer, Heuschrecken und Maden traditionell auf dem Speisezettel stehen. Dabei machen sie sich auch Gedanken über die zukünftige Ernährungssituation auf unserem Planeten: Können Insekten als Proteinquelle in Zukunft die nachhaltige und gesunde Ernährung von bald 10 Milliarden Menschen sicherstellen?
Filme für eine Nachhaltige Welt → education21.ch
Dienstag, 29. Oktober 2019, 20:20 Uhr
So Long, My Son
Xiaoshuai Wang
China 2019
«Wir warten darauf, alt zu werden.» Ein bitterer Satz, der die Lebenswahrheit von Yaojun und seiner Frau Liyun in knappen Worten zusammenfasst. Einst waren sie eine glückliche Familie, bis ihr Sohn beim Spielen am Rückhaltebecken eines Staudamms ertrank. Yaojun und Liyun verlassen die Heimat, tauchen in die grosse Stadt ein, wo sie niemand kennt und sie nicht einmal den Dialekt der Einwohner verstehen. Auch Adoptivsohn Liu Xing bringt nicht den erhofften Trost. Trotzig verweigert er sich den fremden Eltern und verschwindet eines Tages ganz. Immer wieder werden die Eheleute von ihren Erinnerungen eingeholt und kehren schliesslich an den Ort der verlorenen Hoffnungen zurück. Das Familienepos umschliesst drei Jahrzehnte chinesischer Geschichte, wo Privates und Politisches verschmelzen…
Berlinale 2019: Silberner Bär für Beste Darstellerin & Bester Darsteller
Mittwoch, 30. Oktober 2019, 11:30 Uhr
Die Legende vom hässlichen König
Hüseyin Tabak
Deutschland, Österreich 2017
DOC-Film
Man nannte ihn den hässlichen König! Wer war Yılmaz Güney, der zu einer Gefängnisstrafe von mehr als 100 Jahren verurteilt wurde? Ein hochtalentierter Regisseur? Ein Revolutionär? Ein Mörder? Ein Genie oder ein Verrückter? Im Gefängnis schrieb Güney Drehbücher und leitete die Entstehung weiterer Filme. Sein bekanntester Film Yol gewann die Palme d’Or im Jahre 1982 (und wurde letztes Jahr als Eröffnungsfilm in Thusis gezeigt). Hüseyin Tabak besuchte Güneys Familie, seine Schauspieler, renommierte Filmemacher wie Michael Haneke und Costa Gavras, ehemalige Mitinsassen und Menschen auf der Strasse, die Güney immer noch als Helden sehen. Je tiefer Hüseyin in die Geschichte des legendären hässlichen Königs gräbt, desto menschlicher und verwundbarer wird er.
Film Festival Türkei Deutschland: Öngören Preis 2018
Mittwoch, 30. Oktober 2019, 13:45 Uhr
Supa Modo
Likarion Wainaina
Kenia 2018
ab 9 Jahren
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist dieser Film gratis
Die neunjährige Jo liebt Actionfilme und träumt davon, selbst eine Superheldin zu sein. Ihr grösster Wunsch wäre es, einen Film zu drehen, in dem sie selbst die Hauptrolle spielt. In ihrer Fantasie vergisst das Mädchen völlig, dass es unheilbar krank ist. Irgendwann kann Jos Schwester nicht mehr mit ansehen, wie das lebensfrohe Kind die kostbare Zeit, die ihm noch bleibt, einfach im Bett verbringt. Sie ermutigt Jo, an ihre magischen Kräfte zu glauben, und in der Folge animiert sie das ganze Dorf, Jos Traum wahr werden zu lassen.
Die berührende Geschichte des jungen kenianischen Filmemachers Likarion Wainaina ist im Rahmen des deutsch-kenianischen Produktionskollektiv One Fine Day Films von Regisseur Tom Tykwer entstanden. Dieser Film erzählt von der Kraft der Fantasie und von einem ungewöhnlichen Weg des Abschiednehmens.
Mittwoch, 30. Oktober 2019, 15:15 Uhr
Weil ich schöner bin
Frieder Schlaich
Deutschland 2012
ab 12 Jahren
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist dieser Film gratis
Charo ist 13, geht mit ihren Freunden in Berlin zur Schule und hat den coolsten aller Jungs im Visier. Ein ganz normales Teenie-Leben. Scheinbar. Denn was niemand weiss: Charo lebt seit Jahren ohne Papiere in Deutschland. Nicht einmal ihre beste Freundin Laura darf das wissen. Die Probleme spitzen sich zu, als ihre Mutter von der Polizei geschnappt wird und mit ihr nach Kolumbien zurück will. Charo muss sich Laura anvertrauen, denn allein schafft sie nicht, was sie unbedingt will: Um ihre Zukunft in Deutschland kämpfen. Pubertät, Vertrauen, prekäre Lebensverhältnisse und Betrügereien. Dieser Film verquickt eine lebendige Teenager-Story mit dem Ausnahmezustand Illegalität und basiert auf einer wahren Geschichte.
Im Anschluss: Filmgespräch mit Drehbuchautorin Claudia Schaefer, Moderation Maria Helena Nyberg.
Mittwoch, 30. Oktober 2019, 17:45 Uhr
Korenkombu
Barbara Miller
Schweiz 2019
GASTORGANISATION: HEKS
Im neusten HEKS Film Korenkombu, dokumentiert Barbara Miller den Kampf der Adivasi, der Ureinwohner Indiens, für ihr Land, ihren Lebensraum und ihre Kultur. HEKS ist seit 60 Jahren in Indien tätig und unterstützt benachteiligte und marginalisierte Bevölkerungsgruppen wie etwa die kastenlosen Dalit oder die Adivasi im Kampf um ihre Rechte. Ende 2020 wird sich HEKS aus Indien zurückziehen und die Projektverantwortung endgültig an seine Partner übergeben. Was wurde in all den Jahren erreicht? Wurden Veränderungen erzielt, die bleiben? Und wie wirken sich die Projekte von HEKS auf die Stärkung der Menschen vor Ort aus?
Im Anschluss: Filmgespräch mit Barbara Miller und Adrian Scherler, Moderation Barbara Hirsbrunner.
Nachfolgend: Apéro und Ausstellung im Kirchgemeindesaal, Feldstrasse 6.
Mittwoch, 30. Oktober 2019, 19:35 Uhr
Nur eine Frau
Sherry Hormann
Deutschland 2019
ab 12 Jahren
Mitten in Berlin wird Aynur von ihrem Bruder Nuri auf offener Straße erschossen. Wie ist es zu dieser Tat gekommen? In Nur eine Frau erzählt Aynur ihre Geschichte. Es ist die Geschichte einer selbstbewussten jungen Frau, die das Leben liebt und die genau weiss, wie sie es leben möchte, die der Gewalt in ihrer Ehe entflieht und sich auch von ihren Brüdern und Eltern nicht vorschreiben lässt, was sie zu tun hat. Sie sucht sich und ihrem Sohn Can eine eigene Wohnung, macht eine Lehre, geht aus und lernt neue Freundinnen und Männer kennen. Sie weiss, dass sie sich damit gegen die Traditionen ihrer Familie stellt und sich selbst in Gefahr bringt, doch ihr Drang nach Freiheit ist grösser. Bis die Beleidigungen und Drohungen ihrer Brüder immer ernster werden. Und es irgendwann zu spät ist.
Deutscher Filmpreis 2019
Mittwoch, 30. Oktober 2019, 21:30 Uhr
Les Hirondelles de Kaboul
Zabou Breitman, Eléa Gobbé-Mévellec
Frankreich, Schweiz 2019
Animationsfilm, ab 16 Jahren
SCHWEIZER VORPREMIERE
Die Kinos und Theater in ihrer von den Taliban besetzten Heimatstadt sind geschlossen, Musik ist aus der Öffentlichkeit verbannt, die Universität liegt in Trümmern. Also verbringt Zunaira und ihr Mann viel Zeit zu Hause. Die zwei lieben sich von ganzem Herzen – doch dann verändert ein dramatischer Zufall alles… Les Hirondelles de Kaboul hat das Publikum bereits an der Uraufführung am Festival de Cannes 2019 verzaubert. Der Animationsfilm basiert auf Yasmina Khadras Roman Die Schwalben von Kabul, den die Regisseurin Zabou Breitman und die Illustratorin Eléa Gobbé-Mévellec mit Bravour für die Leinwand adaptiert haben. Die 1998 angesiedelte Geschichte erzählt von Unterdrückung, vom Kampf um ein würdevolles Leben, von der Kraft der Frauen und ist damit auch heute von ungeminderter Aktualität.
Donnerstag, 31. Oktober 2019, 09:00 Uhr
Heimat am Rande
Wisam Zureik
Palästina, Deutschland 2018
DOC-Film
Ein Film über drei Palästinenser in Israel: Noman ist 18, er lebt in dem arabischen Dorf Wade el Neam in der israelischen Halbwüste. Der Staat Israel erkennt dieses, ebenso wie weitere 39 Dörfer, nicht an. Über 100’000 Menschen haben so keinen Zugang zu Wasser, Strom, Straßen oder auch Bildung. Gamileh hat ihren Sohn Asiel im Jahr 2000 verloren. Als Aktivist der Friedensorganisation «Seeds of Peace» wurde er während einer Demonstration im Jahr 2000 vor ihren Augen von israelischen Polizisten erschossen. Taisier aus Akka am Mittelmeer ist mit einer Palästinenserin aus dem Westjordanland verheiratet. Obwohl sie eine Aufenthaltserlaubnis für Israel erhalten hat, besitzt sie in Israel kaum Rechte. Dabei wollen sie nur eines: ein würdevolles Leben mit ihren gemeinsamen Kindern führen.
Donnerstag, 31. Oktober 2019, 10:00 Uhr
Compañeros — La noche de 12 años
Álvaro Brechner
Uruguay 2018
¡ Dieser Film enthält explizite Szenen, welche sensible ZuschauerInnen irritieren können.
Nach dem Roman «Memorias del calabozo» von Mauricio Rosencof und Eleuterio Fernández Huidobro erzählt Álvaro Brechner die schier unglaubliche Geschichte der ausserordentlichen Freundschaft, die die beiden Autoren mit José «Pepe» Mujica verband (siehe Film → S.15), dem späteren Präsidenten Uruguays. Mauricio Rosencof und Eleuterio Fernández Huidobro waren zusammen mit Mujica zwölf Jahre in Isolationsgefangenschaft. Diese Zeit hat die Person «Pepe» Mujica zu dem gemacht, was er heute ist. Doch über seine Weggefährten gab es bis anhin kein filmisches Portrait. Mit diesem packenden Spielfilm wird dem nun Rechnung getragen und eine Geschichte erzählt, für die es wenig Dokumente gibt, nur starke Erinnerungen.
Publikumspreis Film Festival Fribourg ‘19
Donnerstag, 31. Oktober 2019, 12:30 Uhr
Liyana
Aaron & Amanda Kopp
Swasiland 2017
DOC-/Animationsfilm
Liyana ist die Geschichte von fünf Waisenjungs aus Swaziland. Zweli, Sibusiso, Phumlani, Mkhuleko und Nomcebo haben viel durchgemacht in ihrem noch jungen Leben. Jetzt erfinden sie zusammen mit ihrer Betreuerin die Geschichte eines Mädchens namens Liyana, das in animierten Zeichnungen aus dem Realfilm heraus zu Leben erweckt wird und in das sie viel projizieren können. Das Dokument wird über die Animation in die Fantasie erweitert.
Best Documentary LA Film Festival 2017
Donnerstag, 31. Oktober 2019, 14:00 Uhr
Baghdad in my Shadow
Samir
Schweiz, Deutschland, UK 2019
SCHWEIZER VORPREMIERE
London, kurz vor Weihnachten. Im Café Abu Nawas treffen sich die Protagonisten des Films: Da ist Amal, eine Architekturabsolventin, die von ihrem gewalttätigen Ehemann aus dem Irak floh und unter falschem Namen in England Asyl beantragt hat. Muhanad, der Informatiker, hat Mühe, zu seiner Homosexualität zu stehen und nimmt seinen deutschen Liebhaber Sven nie ins Café mit. Taufiq, der Dichter, der als Nachtwächter arbeitet, kämpft mit seinem Gewissen. Unterdessen wendet sich sein Neffe, Nasseer, dem radikalen Islam zu. Als plötzlich Amals Ehemann im Café auftaucht, holen die Schatten der Erinnerung sie ein.
Im Anschluss: Filmgespräch mit Regisseur Samir, Moderation Thomas Krempke.
Donnerstag, 31. Oktober 2019, 17:00 Uhr
Claro Apéro
Am Donnerstag um 17.00 Uhr gibt es den traditionellen Apéro des Claro Ladens in Thusis. Die darauf folgende Aufführung wird vom Claro Laden gesponsert. Wir danken dem Claro Laden Thusis herzlich für seine Unterstützung.
Donnerstag, 31. Oktober 2019, 17:30 Uhr
Fair Traders
Nino Jacusso
Schweiz 2018
DOC-Film
Drei Akteure der freien Marktwirtschaft übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft und nachfolgende Generationen: Sie wirtschaften nachhaltig. Der Film blickt auf Karrieren von erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmern in unterschiedlichen Stadien, die lokal, national und international agieren und Markt und Moral vereinbaren.
Fair Traders geht der Frage nach, wie ein Wirtschaftsmodell nach dem Neoliberalismus aussehen kann, und zeigt hierzu die Haltung dreier Vorreiter, die tagaus, tagein zwischen fairer Bezahlung innerhalb der gesamten Lieferkette, biologischer Produktion und dem Kostendruck der freien Marktwirtschaft balancieren.
17.00 Uhr: Claro Apéro
Im Anschluss des Films: Filmgespräch mit Patrick Hohmann, Moderation Luca Maurizio.
Donnerstag, 31. Oktober 2019, 19:45 Uhr
Camille
Boris Lojkine
Frankreich 2019
Die junge Fotojournalistin Camille reist voller Idealismus nach Zentralafrika, um in Bildern über den Bürgerkrieg zu berichten, der kurz vor seinem Ausbruch steht. Was sie dort zu sehen bekommt, wird ihr Leben verändern.
Dass er den Vornamen seiner Heldin als Titel für den Film nahm, lässt bereits die zurückhaltende Vorgehensweise von Boris Lojkine erahnen. Mit derselben Würde, mit der er das tragische Schicksal eines Landes und seiner Bewohner beschreibt, erzählt er auch die wahre Geschichte von Camille, einer jungen Frau, die mit seltener Intensität lebt, die Welt wahrnimmt und verzweifelt die Konflikte und Dramen von Schwarzafrika ins Bewusstsein zu rücken versucht, die der Westen nur zu gerne ausblendet. Festival Locarno
Publikumspreis Locarno 2019
Donnerstag, 31. Oktober 2019, 21:30 Uhr
Pepe Mujica — Der Präsident
Heidi Specogna
Uruguay, Schweiz 2014
DOC-Film
Der ehemalige Guerrillero gilt als eine der charismatischsten politischen Persönlichkeiten Lateinamerikas. Seine politischen Visionen erregen weltweites Aufsehen, zuletzt die spektakuläre Regulierung des Marihuanamarktes im Kampf gegen die Drogenmafia. Die Filmemacherin Heidi Specogna und der Kameramann Rainer Hoffmann haben Pepe Mujica und Lucía Topolansky über viele Jahre immer wieder besucht und ihr bewegtes Leben mit der Kamera begleitet. Ihr Film ist das bewegende, Mut machende Porträt eines außergewöhnlichen Menschen, der sich mit seinen fast 80 Jahren seinen Lebensmut, seinen Witz, seine Menschlichkeit und die handfeste Hoffnung auf Veränderung bewahrt hat. Mit seinem ganzen Leben, seiner Haltung und seinen Visionen zeigt er vor allem eines: dass es auch anders geht. Siehe auch den Film Compañeros — La noche de 12 años um 10.00 Uhr.
Freitag, 1. November 2019, 09:00 Uhr
In the Name of Scheherazade or the First Beergarden in Tehran
Narges Kalhor
Deutschland, Iran 2019
DOC-Film
Ein Geflecht von Geschichten von vier Figuren, die nach Deutschland gezogen sind, um der düsteren und gefährlichen politischen Lage in ihren Heimatländern zu entkommen: Da ist ein syrischer Teenager, eine Künstlerin mit Burka, eine Bierbrauerin, die im Iran einen Biergarten eröffnen will, und nicht zuletzt die Regisseurin selber, die mit ihrem Filmprojekt oder eher mit ihrem Lehrer hadert, der ihr nutzlose Ratschläge gibt. Indem der Film die Ebenen der Realität mit Fiktion verbindet, setzt er sich über die Regeln des Dokumentarfilms hinweg, zeigt aber auch, auf welche Kraft in der Kreativität steckt.
Im Anschluss: Filmgespräch mit Regisseurin Narges Kalhor, Moderation Flurina Badel.
Freitag, 1. November 2019, 11:15 Uhr
The Day I Lost My Shadow
Soudade Kaadan
Syrien, Libanon, Frankreich, Katar 2018
Während die Situation im syrischen Winter immer brenzliger wird, möchte Sana nur eine warme Mahlzeit für ihren Sohn zubereiten. Die alleinstehende Mutter hat kein Gas mehr, um zu kochen und das Haus zu heizen. Drei Tage lang, weit entfernt von Damas und ihrem 8-jährigen Sohn, sucht sie eine wertvolle Gasflasche. Als die scheinbar einfache Suche nach Benzin schief geht, wird Sana immer tiefer in einen Konflikt hineingezogen — einen Konflikt wo die Menschen ihre Schatten verlieren.
Freitag, 1. November 2019, 13:00 Uhr
Another Day Of Life
Raul de la Fuente & Damian Neno
Polen, Spanien, Belgien, Deutschland 2018
ab 16 Jahren
Warschau, 1975. Ryszard Kapuściński ist ein brillanter Journalist und ein Idealist. In der polnischen Presseagentur überzeugt er seinen Chef, ihn nach Angola zu schicken, wo am Vorabend der Unabhängigkeit des Landes ein blutiger Bürgerkrieg tobt. Vor Ort erlebt er die schmutzige Realität des Krieges und entdeckt eine ihm bisher unbekannte Hilflosigkeit. Seine Reise führt ihn mitten hinein in einen Ort der Verlorenheit. Angola wird ihn für immer verändern: Als Reporter verliess er Polen, als Schriftsteller kehrt er zurück. Die Regisseure Raúl de la Fuente und Damian Nenow verweben geschickt Animation mit dokumentarischen Bildern.
Publikumspreis San Sebastian FF 2018
Um 19.30 Uhr: Lesung mit Ruedi Küng in der Buchhandlung Kunfermann, Neudorfstrasse 31, Thusis mit Texten von Ryszard Kapuściński
Freitag, 1. November 2019, 14:45 Uhr
Die Grube
Hristiana Raykova
Belgien, Russland, Deutschland 2019
DOC-Film
Es ist Winter, 5 Grad und das Wasser dampft. Die Leute sitzen im heissen Wasser, hinter ihnen das Meer. Was auf den ersten Blick wie ein wunderschönes Spa am Meer aussieht, nennen die Einwohner von Varna einfach «die Grube».
Ein filmisches Porträt der bulgarischen Gegenwart und die Untersuchung eines Mikrokosmos, der für eine ganze Gesellschaft steht. Die regelmäßigen Besucher des Beckens sind unsere Protagonisten: der Taxifahrer Dimtscho, der im Alter von 61 Jahren Liebe in der Grube findet. Der pensionierte Musiker Alexander, der seine Zimmer an Touristen vermieten will und uns von seiner Zeit als Frauenheld erzählt. Genadi, der sich wie ein liebevoller Hausmeister um die Grube kümmert und seinen Traum vom Streichelzoo lebt. Und Bobi, der obdachlos ist und nachts in der Grube auf den Strich geht.
Student Award DOK.fest München
Freitag, 1. November 2019, 16:15 Uhr
A Thousand Girls Like Me
Sahra Mani
Afghanistan, Frankreich 2018
DOC-Film
Als die 23-jährige afghanische Frau Khatera Gerechtigkeit für jahrelangen sexuellen Missbrauch von ihrem Vater sucht, muss sie sich sich dem Willen ihrer Familie und den Traditionen ihres Landes widersetzen.
Ihr Widerstand beleuchtet das fehlerhafte afghanische Justizsystem, welches die Frauen selten schützt.
Die junge afghanische Regisseurin Sahra Mani dokumentiert den hartnäckigen Kampf einer Frau, sich Gehör zu verschaffen und zeigt uns die Macht des Handelns gegenüber der Angst.
Human Rights Watch Film Festival NY
Freitag, 1. November 2019, 17:45 Uhr
Focus Weltfilmtage
mit Christa Suter Geschäftsführerin der bioRe® Stiftung, Expertin im Biolandbau.
Im Anschluss: «Apéro – aus aller Welt»
Die Schule St. Catharina in Cazis engagiert sich bei der Integration von fremdsprachigen Menschen in unserer Region. Daraus ist das Projekt «Apéro – aus aller Welt» entstanden. Kochbegeisterte, die an der Schule St. Catharina das Modul Kochen und/oder Deutsch als Zweitsprache belegt haben, bieten ihre Kochkünste im Rahmen des Projekts der Öffentlichkeit an.
→ www.stcatharina.ch/apero
Freitag, 1. November 2019, 19:15 Uhr
The Third Wife
Ash Mayfair
Vietnam 2018
Im ländlichen Vietnam des 19. Jahrhunderts wird die 14-jährige May die dritte Frau des reichen Landbesitzers Hung. Bald erkennt sie, dass sie sich als Frau nur behaupten kann, indem sie ein Jungen zur Welt bringt. Als sie schwanger wird, scheint die Hoffnung, ihren Status ändern zu können, zu einer echten und verlockenden Möglichkeit, zu werden. Doch angesichts der verbotenen Liebe und ihrer verheerenden Folgen lernt May die brutale Wahrheit kennen: Im Geflecht von Traditionen gibt es wenig Raum für Selbstbestimmung.
Gewinner Toronto Film Festival 2018
Freitag, 1. November 2019, 21:00 Uhr
For Sama
Waad Al-Khateab, Edward Watts
Syrien 2019
DOC-Film, ab 16 Jahren
¡ Dieser Film enthält explizite Szenen, welche sensible ZuschauerInnen irritieren können.
Der Film beginnt mit einem Chaos von Bildern, die unter Bomben auf-genommen wurden; es herrscht Hysterie, als die Kamera das Baby Sama sucht. «In welches Leben habe ich dich gebracht?», fragt die Filme-macherin Waad al-Khateab ihre kleine Tochter im Off. Dann blendet sie zurück zu den freudigeren Bildern aus der Zeit, in der es mit den Demonstrationen 2012 losging und Studierende gegen die Diktatur von El-Assad protestierten. Die Euphorie endet abrupt, als die Leichen von Folteropfern auf dem Fluss treiben. Viele sind in jenen Tagen aus Aleppo geflüchtet, aber Waad blieb bei Hamza, der ein provisorisches Krankenhaus in einem Keller einrichten konnte. Verwundete jeden Alters kommen ununterbrochen an, Waad al-Khateab hört nicht auf, das zu filmen und die Kamera auf den Schrecken wie den Mut der Ärzte und Pflegenden zu halten, die retten, wer gerettet werden kann.
Prix L’Œil d’Or Cannes Film Festival 2019
Freitag, 1. November 2019, 22:45 Uhr
Familia sumergida
María Alché
Argentinien 2018
Marcela, gut verheiratet, Mutter dreier halbwüchsiger Kinder, muss den Hausstand ihrer plötzlich verstorbenen Schwester Rina in Buenos Aires auflösen: Strickwaren, Zimmerpflanzen, Bücher, Pelzmäntel und Möbel, Fotografien und Briefe. Erinnerungen. Mit einem Mal sitzen die Geister alter Tanten und Onkel in Marcelas Wohnzimmer, streifen Schemen der Vergangenheit durch ihre Gegenwart und lösen sie auf: Vielerlei wäre nun möglich, eine Affäre vielleicht? In der Trauer entrückt sich dem Menschen die Wirklichkeit, ein Verlust verändert die Welt – mit sicherer Hand fängt die Schauspielerin, Fotografin und Filmemacherin Alché in ihrem Langfilmdebüt einen Schwebezustand ein. Viennale, Alexandra Seitz
Samstag, 2. November 2019, 09:00 Uhr
Naomis Reise
Frieder Schlaich
Deutschland, Peru 2017
Naomi lebt mit ihren Geschwistern in Peru ein einfaches Leben. Nur die große Schwester lebt das scheinbare Glück, verheiratet in Deutschland. Aber dann ist sie tot, ermordet von ihrem Ehemann. Naomi ist wie betäubt. Die Mutter nach Deutschland zu begleiten, ins Land der Tat, ist das Letzte, was sie sich vorstellen kann. Und dann tut sie es doch und nimmt als Nebenklägerin am Prozess teil. Mit unglaublicher dokumentarischer Präzision und der Einfühlungskraft des Kinos inszeniert der Film seine Darsteller, die zumeist tatsächlich am Gericht arbeiten. Der Prozess der nüchternen Entzauberung ermöglicht ein Prisma von Gefühlen: Wenn Naomi am Ende mit dem Fahrrad durch Berlin fährt, erscheint die Frage, ob auch sie in diesem Land leben wird, kann oder muss, in ganz neuem Licht.
Im Anschluss: Filmgespräch mit Drehbuchautorin Claudia Schaefer, Moderation Maria Helena Nyberg.
Samstag, 2. November 2019, 11:45 Uhr
Frontières
Apolline Traoré
Burkina Faso 2017
Vier Frauen sind auf der Reise von Senegal nach Nigeria. Die Regisseurin Apolline Traoré stellt die Beweggründe der Reise als auch die Gefahren und Herausforderungen dar, denen sie, insbesondere als Frauen, ausgesetzt sind. So werden sie an den Grenzübergängen mit Korruption und Erpressung, sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung und Raubüberfällen konfrontiert. Immer wiederkehrende Charaktere sind männliche Autoritäten, die willkürlich über die Körper der Frauen bestimmen. Durch ihre gemeinsame prekäre Lage schließen sich die Frauen zusammen, widersetzen sich und unterstützen einander, so gut es geht.
Frontières beleuchtet die Themen Grenzen, Mobilität und Migration nicht nur transkontinental, sondern regional aus der afrikanischen weiblichen Perspektive.
Samstag, 2. November 2019, 13:30 Uhr
Miriam Lies
Oriol Estrada, Natalia Cabral
Dominikanische Republik, Spanien 2018
ab 14 Jahren
Miriam will mit ihrer besten Freundin ihren 15. Geburtstag, die quinceañera, feiern — die Vorbereitungen laufen bereits gut. Sie möchte dazu einen Jungen einladen, den sie im Internet kennengelernt hat. Miriam wartet gespannt auf den Tag und ihre Familie kann es kaum erwarten, Jean-Louis zu treffen, der sie begleiten wird. Aber als Miriam Jean-Louis zum ersten Mal sieht und merkt, dass er schwarz ist, ahnt sie, dass die ruhige (Schein-) Welt der Mittelklasse, in der sie sich befindet, zusammenbrechen wird. Also lügt Miriam…
Ein bittersüsses Portrait einer Umgebung, in dem der Blick des Anderen und das Gewicht der Vorurteile schwer wiegen können.
Samstag, 2. November 2019, 15:15 Uhr
Le Miracle du Saint Inconnu
Alaa Eddine Aljem
Marokko 2019
Der Gauner Amine kehrt nach Jahren im Knast zurück in die Wüste, um die damals versteckte Beute zu holen. Er staunt nicht schlecht, als er dort ein ganzes Dorf vorfindet: Pilgernde, einen Friseur, der auch als Zahnarzt tätig ist, ein höchst eigenartiges Arzt-und-Gehilfe-Paar. Ganz zu schweigen vom Mausoleumswächter mit seinem goldzahnigen Hund, der ihm den Zugang zu seiner Beute verhindert. Wie eine Metapher unserer Zeit wirkt das Mausoleum, das auf Geld gebaut wurde, welches seinerseits Diebesgut ist. Da gibt es viel zu lachen, gleichzeitig ist man vom Schicksal der Menschen berührt. Das Absurde und die Burleske stehen im Dienst von Emotion, Humor und Reflexion.
Semaine de la critique, Cannes 2019
Im Anschluss: Filmgespräch mit Regisseur Alaa Eddine Aljem, Moderation Ruedi Küng.
Samstag, 2. November 2019, 18:00 Uhr
La Noire de…
Sembène Ousmane
Senegal 1966
Eine junge Senegalesin wird, nachdem sie bei einer französischen Familie in Dakar als Babysitterin gearbeitet hat, eingeladen, als Gouvernante nach Frankreich mitzukommen. Doch im Westen ist sie für alle bloss «das schwarze Mädchen». Ihrer Freiheit, ihrer Würde und ihrer Identität beraubt, bleibt ihr nur ein radikaler letzter Akt des Widerstands.
Ousmane Sembènes Langfilmdebüt war einer der ersten afrikanischen Spielfilme überhaupt und basiert auf einer Zeitungsmeldung über den Selbstmord eines afrikanischen Hausmädchens. Daraus formte Sembène eine Parabel über Neokolonialismus und den neuen Sklavenhandel.
Prix Jean-Vigo
Tanit d’or aux premières Journées cinématographiques de Carthage
Samstag, 2. November 2019, 19:20 Uhr
Atlantique
Mati Diop
Senegal 2019
Arbeiter auf einer Hochhausbaustelle fordern ihren Lohn, der seit Monaten nicht mehr gezahlt wurde. Sie halten es nicht mehr aus und beschliessen, übers Meer zu fahren und in Europa ihr Glück zu suchen. Unter ihnen der junge Souleiman, der Lover der schönen Ada, die allerdings einem Jungen aus besserem Haus versprochen wurde. Bald wissen alle, dass die Piroge mit den Männern gesunken ist. Eigenartige Vorkommnisse beschäftigen die Stadt. Die Polizei sucht nach Suleiman, der womöglich noch lebt und zurückgekehrt ist. Mati Diop zeigt uns ein Dakar, wo die Frauen das Stadtbild dominieren. Sie sind die starken Figuren, die sich widersetzen und Gerechtigkeit für ihre Freunde und Ehemänner fordern. Die junge Ada ist der Faden der Ariadne, der uns durch das Labyrinth dieser Stadt führt und uns an die weibliche Solidarität erinnert.
Grand Prix du Jury, Cannes 2019
Samstag, 2. November 2019, 21:20 Uhr
Volcano
Roman Bondarchuk
Ukraine, Deutschland 2018
Eine Reihe seltsamer Zufälle hält Lukas, einen Dolmetscher während einer OSZE-Militärkontrollpunkt Inspektionstour, in der Nähe einer kleinen südukrain-ischen Steppenstadt fest.
Er findet bei Vova, einem farbenfrohen Einheimischen, Unterschlupf. Mit Vova an seiner Seite kommt Lukas mit einer neuen Welt in Kontakt. Eine Welt, die seine Vorstellungskraft übersteigt und in der das Leben von jeder identifizierbaren Struktur völlig losgelöst zu sein scheint.
Fasziniert von seinem Gastgeber und dessen Tochter Marushka überwindet Lukas seine Verachtung für das Leben in der Provinz und er macht sich auf die Suche nach einem Glück, von dem er nie gewusst hatte, dass es existieren könnte.
Samstag, 2. November 2019, 23:20 Uhr
Tel Aviv On Fire
Sameh Zoabi
Palästina, 2018
Hummus spielt in der Komödie Tel Aviv on Fire eine Nebenrolle, aber eine bezeichnende. Die Speise ist in Palästina so beliebt wie in Israel, das sich politisch vom ersteren abgrenzt und ihm menschlich doch so verwandt ist. Genau darum geht es im Film von Sameh Zoabi. Der israelische Grenzer Assi liebt Hummus und meint, dass niemand ihn so gut zubereiten kann, wie die Palästinenser. Die müssen bei ihm durch die Schleuse, und Salem ist einer von ihnen, ein eher unbeholfen wirkender Mann, der in Jerusalem lebt und für die hüben wie drüben äusserst populäre arabische Serie «Tel Aviv on Fire» als Autor arbeitet. Es ist eine explosive Lappalie, die Salem mit Assi ins Gespräch bringt, aber weil dessen Frau die Serie, an der Salem arbeitet, so heiss liebt, beginnt ihm Assi Ideen für die Handlung zuzustecken, damit er zuhause bluffen kann.
Venice Film Festival 2018, Orizzonti, Best Actor (Kais Nashif)
Interfilm Award: Best film
Sonntag, 3. November 2019, 09:00 Uhr
Die Salzmänner von Tibet
Ulrike Koch
Schweiz, Deutschland 1997
Seit uralten Zeiten leben die Hirtennomaden Nordtibets auf den Hochplateaus des Himalaja und bewirtschaften mit ihren Yaks das höchstgelegene Weideland der Erde. Jedes Jahr im Frühling machen sich die Männer eines Nomadenstammes mit ihren robusten Packtieren auf die lange und beschwerliche Reise zu den Salzseen. Die Salzseen des Himalaja zählen zu den grössten Salzvorkommen der Welt. Das Salz wird heute zunehmend industriell genutzt und mit Lastwagen abtransportiert. Der Film dokumentiert eine dieser traditionellen, von religiösen Riten geprägten und vom technischen Fortschritt bedrohten Karawanen der Nomaden, die mit weit über hundert Yaks zu den Salzseen ziehen, um das «Weisse Gold» in ihre Täler zu holen.
Im Anschluss: Hommage an Pio Corradi mit Regisseurin Ulrike Koch und Daniel von Aarburg.
Sonntag, 3. November 2019, 11:45 Uhr
Vom Lokführer der die Liebe suchte
Veit Helmer
Aserbaidschan, Deutschland 2019
Ein Güterzug rollt durch eine weite Graslandschaft, die sich vor den kaukasischen Bergen entlangzieht. Am Steuer: Nurlan, der Lokführer. Tagein,
tagaus lenkt er seinen Zug durch einen dicht besiedelten Vorort Bakus, in dem die Schienen so dicht an die Häuser grenzen, dass Nurlan quasi durch die Vorzimmer und Gärten der Bewohner fährt. Auf seinem täglichen Weg passiert er teetrinkende Männer ebenso wie Frauen, die ihre Wäsche in den sanften Wind hängen. Sobald sich der Zug nähert, bläst der kleine Waisenjunge Aziz in eine Pfeife und die Bewohner des Vorortes bringen sich und ihre Habseligkeiten schnell in Sicherheit. Doch das gelingt nicht immer. Nurlan hat schon so einiges von seiner Lokomotive gepflückt: Hühnerfedern, Spielzeugbälle oder auch einen traumhaft schönen, blauen Spitzen-BH.
Sonntag, 3. November 2019, 13:30 Uhr
Chuskit
Priya Ramasubban
Indien 2018
ab 6 Jahren
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist dieser Film gratis
Chuskits grösster Traum? Endlich zur Schule zu gehen! Doch nach einem Sturz ist das Mädchen, das in einem abgelegenen Dorf im Himalaja lebt, querschnittgelähmt. Ans Bett gefesselt und von ihrem traditionsbewussten Grossvater gehütet, muss sie sich an ihr neues Leben gewöhnen. Ein Film voller Hoffnung, der sowohl die Spannungen zwischen den Generationen als auch die Kraft der Familie thematisiert.
Childrens’s Film Festival Seattle 2019: Winner Children’s Jury Award
Sonntag, 3. November 2019, 15:15 Uhr
God Exists, Her Name is Petrunya
Teona Strugar Mitevska
Nordmazedonien, 2019
Petrunya lebt mit 31 noch bei ihren Eltern und sucht Arbeit. Auf dem Rückweg nach einem Vorstellungsgespräch, das für die junge Frau nicht nur erfolglos, sondern auch demütigend war, trifft sie auf die Dreikönigsprozession und folgt ihr zum Fluss, wo der Pope ein Holzkreuz ins eiskalte Wasser wirft; die harten Jungs sollen es retten. Ohne viel zu überlegen, springt Petrunya ins Wasser und schnappt sich das Kreuz. Der Skandal ist perfekt: Eine Frau hat gefälligst Männerregeln zu folgen.Dabei ist Petrunya alles andere als eine Frauenrechtlerin. Sie lässt nur einfach ihren gesunden Menschenverstand walten und redet so, wie sie empfindet.
Berlinale ‘19: Preis der ökumenischen Jury
Im Anschluss: Filmgespräch mit Regisseurin Teona Strugar Mitevska, Moderation Maria Helena Nyberg.
Sonntag, 3. November 2019, 18:00 Uhr
Los silencios
Beatriz Seigner
Brasilien 2018
Los silencios ist zunächst eine naturalistische Betrachtung der Flüchtlingssituation in jener Region, in der Peru, Kolumbien und Brasilien aufeinandertreffen. Die Mutter Amparo trifft mit ihren Kindern Nuria und Fabio auf dem Amazonas-Eiland «Isla de la Fantasia» ein. Sie sind geflüchtet vor dem bewaffneten Konflikt in ihrer kolumbianischen Heimat, nachdem der Vater spurlos verschwunden war. Nuria stellt beim Kennenlernen ihres neuen Zuhauses fest, dass die BewohnerInnen nicht alleine sind. Es ist da noch eine andere Gemeinschaft, die ihrem Alltag nachgeht… Die Filmemacherin verbindet eine Mischung zwischen sozialem Realismus und fantastischem Traum, die Fernando Birri «magischen Realismus» genannt hat und schafft es auf sensible und bewegende Art, dem Übernatürlichen etwas selbstverständlich Natürliches einzuhauchen.
Gewinner Brazil Film Festival 2019
Sonntag, 3. November 2019, 19:45 Uhr
A Tale of Three Sisters
Emin Alper
Türkei 2019
Die drei Schwestern Reyhan, Nurhan und Havva leben mit ihrem Vater in einem abgelegenen Dorf in Zentralanatolien. Eine nach der anderen wurde als Dienstmagd in die Stadt geschickt, doch alle kehren wieder zurück. Reyhan war bei ihrer Rückkehr schwanger und wurde vom Vater eilig mit dem Schafhirten Veysel verheiratet. Dieser begehrt in volltrunkenem Zustand gegen die Dorfältesten auf, was dramatische Folgen hat.
In eindringlichen Bildern erzählt Emin Alper, der selbst in den anatolischen Bergen aufgewachsen ist, ein Märchen. Er thematisiert eine Gesellschaft, in der weder Frauen noch Männer eine Chance haben, den vorbestimmten Kreislauf zu durchbrechen, und lässt dennoch Raum für Hoffnung.
Golden Tulip, Istanbul Film Festival 2019
Mittwoch, 28. Oktober 2020, 14:00 Uhr
Horizon Beautiful
Stefan Jäger
Schweiz 2013, ab 8 Jahren
* Stimme von Admassu deutsch eingesprochen, Untertitel von Daniel von Aarburg deutsch eingesprochen.
Der erfolgreiche Schweizer CEO Franz Arnold kommt nach Addis Abeba für eine Kampagne, die Fussball als Inspiration für Hoffnung verkaufen soll. Für Admassu, den 12-jährigen Strassenjungen, scheint das ein Wink des Schicksals. Der Junge will dem «Big Boss» seine Ballkunst zeigen. Als Admassu mithört, wie ein paar Jugendliche die Entführung des Fussballbosses austüfteln, will er als Retter in der Not einspringen. Doch der Junge ist gezwungen, einen eigenen Plan zu machen: Er muss die Entführung nutzen und Franz befreien! Denn, wenn er ihm erstmal das Leben gerettet hat, wird der Boss ja gar nicht mehr anders können, als ihn aus Dankbarkeit mitzunehmen in den europäischen Fussballhimmel…
Dieser Film ist für Kinder und Jugendliche unter 18 GRATIS.
Bitte online ein Eintrittsbillett lösen — kein Verkauf vor Ort.
Mittwoch, 28. Oktober 2020, 16:30 Uhr
It Must Be Heaven
Elia Suleiman
Palästina 2019
Elia Suleiman lebt in Nazareth allein in einem grossen Haus. Sein Nachbar kümmert sich rührend um Suleimans Zitronenbaum, allerdings heimst er darüber hinaus auch die Zitronen ein. Aber der Regisseur will ohnehin verreisen, um sein neues Filmprojekt anzupreisen… übrigens jenen Film, den sich der Zuschauer gerade ansieht. Er bereist Paris und New York, beobachtet das dortige Treiben, und dennoch: Seine Herkunft folgt ihm wie ein Schatten. Zehn Jahre sind seit seinem letzten Film vergangen, doch mit seinem neusten Werk ist der Regisseur Elia Suleiman bereits wieder im Wettbewerb des Filmfestivals Cannes angetreten. Diesmal richtet er seinen politischen Blick über die Grenzen seiner Heimat hinaus — und erkennt, wie er in Interviews sagt, dass die Welt im Grunde ein «Mikrokosmos Palästinas» ist. Allerorts gewinnt das Absurde die Oberhand. So wird Suleiman zum stummen, staunenden Beobachter und gerade daher rührt auch die Komik des Films.
Mittwoch, 28. Oktober 2020, 19:30 Uhr
The Perfect Candidate
Haifaa Al Mansour
Saudi-Arabien 2019
Die junge saudi-arabische Ärztin Maryam hat genug. Ihre Reiseerlaubnis wurde wieder einmal nicht verlängert, und die Zufahrtsstrasse zu ihrer Klinik ist auch nach Jahren noch nicht asphaltiert. Maryam ist nicht mehr bereit, die miserablen Zustände rund um das Krankenhaus und ihre beschränkten Möglichkeiten als Frau zu akzeptieren. Wenn niemand für eine Veränderung sorgt, dann muss sie es eben selbst in die Hand nehmen. Empört und entschlossen zugleich, lässt sich Maryam als erste weibliche Kandidatin für den Stadtrat aufstellen. Eine Überraschung — nicht nur für den langjährigen männlichen Amtsinhaber, sondern auch für ihre eigene Familie.
Regisseurin Al Mansour schrieb bereits mit Wadjda Filmgeschichte, als erster komplett in Saudi-Arabien produzierter Langfilm und erste Oscar-Einreichung.
Donnerstag, 29. Oktober 2020, 09:30 Uhr
Contradict
Peter Guyer, Thomas Burkhalter
Schweiz 2020
DOC
Zwei Freunde sammeln in den Strassen Accras Geld für Amerika: Spass, politische Provokation oder Prophezeiung? Zwei Schweizer Filmemacher gehen diesen Fragen gemeinsam mit sechs Musikerinnen und Musikern aus Ghana auf den Grund: M3nsa, Wanlov The Kubolor, Adomaa, Worlasi, Akan, Mutombo Da Poet and Poetra Asantewa haben für Contradict eigens neue Songs geschrieben und Videoclips produziert. Contradict zeigt diese neue Generation von Musikerinnen und Musikern, die auch die postkolonialen Kämpfe ihrer Eltern und Grosseltern mit neuen Mitteln fortführt. In ihrer Musik fordert sie eine neue Rolle für Afrika in der heutigen Welt, stärkt das Selbstbewusstsein der Frauen, bekämpft den Plastikwahn und lehrt ihre Altersgenossen Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Thomas Burkhalter,
Moderation Daniel von Aarburg.
Donnerstag, 29. Oktober 2020, 13:00 Uhr
Al-Shafaq —
Wenn der Himmel sich spaltet
Esen Işik
Schweiz 2019
Die Familie Kara aus Zürich wird durch den strenggläubigen Vater Abdullah dominiert. Emine, die Mutter, versucht das Regime ihres Mannes auszugleichen. Während ihr ältester Sohn Kadir und ihre Tochter Elif ihren Platz in der türkischen Familie wie auch der westlichen Welt gefunden haben, kämpft ihr jüngster Sohn Burak mit der fehlenden Anerkennung seines Vaters und seiner Suche nach einer Identität zwischen den Welten. Als Burak den Koran in das Zentrum seiner Weltanschauung stellt merken Abdullah und Emine zu spät, dass Burak ihnen bereits entglitten und auf dem Weg in den heiligen Krieg ist. Der Vater macht sich auf im türkischsyrischen Grenzgebiet seinen Sohn zu suchen. Zwischen Orient und Okzident schenkt ihm die schicksalshafte Begegnung mit dem kurdischen Jungen Malik eine zweite Chance.
Donnerstag, 29. Oktober 2020, 15:50 Uhr
Los Lobos
Samuel Kishi Leopo
Mexico 2020
Sie träumen von Disneyland, aber nachdem die Brüder Max und Leo von Mexiko in die USA emigriert sind, müssen sie zunächst einmal in ihrer neuen Heimat ankommen. Und sie müssen sich an die sieben Regeln halten, die ihre Mutter ihnen auferlegt hat. Während die Mutter sich auf Jobsuche begibt, bleiben die beiden Brüder tagsüber alleine zuhause in der spärlich eingerichteten Wohnung und lassen ihrer Fantasie freien Lauf.
Sehr stimmungsvoll, aufrüttelnd und doch voller Hoffnung, basierend auf den Kindheitserinnerungen des Regisseurs.
Donnerstag, 29. Oktober 2020, 18:15 Uhr
Der Konzern-Report
Verein Konzernverantwortungsinitiative
Schweiz 2020
DOC
Der Film lässt Menschen auf zwei Kontinenten zu Wort kommen, die durch Schweizer Konzerne geschädigt werden. Dick Marty und weitere Stimmen aus dem In- und Ausland erklären, warum sie klare Regeln verlangen, damit Konzerne für Verfehlungen geradestehen müssen.
Der Dokumentarfilm wurde von der Konzernverantwortungsinitiative produziert. Diese fordert von Konzernen, die Trinkwasser verseuchen oder ganze Landstriche zerstören, dass sie dafür geradestehen müssen. Die Volksinitiative kommt am 29. November 2020 zur Abstimmung. → konzern-initiative.ch
→ Dieser Film wird vom Claro Laden Thusis gesponsort. Im Anschluss Filmgespräch mit Ursina Mayor von → Public Eye, Moderation Barbara Hirsbrunner.
Donnerstag, 29. Oktober 2020, 21:10 Uhr
Have a Nice Day
Liu Jian
China 2017
ANIMATIONSFILM
Xiao braucht dringend Geld für die Schönheitsoperation seiner Freundin, also klaut er eine Tasche voller Geld. Nur blöd, dass das Geld seinem Boss Onkel Lui gehört. Bekannt für seinen sarkastischen Humor hört da bei ihm der Spass auf. “Roh oder gekocht” will Mr Skinny bloss wissen und macht sich auf die Verfolgung des flüchtigen Kuriers, der rasch nicht nur dessen heissen Atem im Nacken spürt, sondern dunkle Gestalten der Unterwelt auf seinen Fersen weiss. In einer atemlosen Nacht wechselt die Tasche voller Hoffnung rasch seine Besitzer und lässt Träume aufgehen und wieder zerplatzen. Zensiert in China und Frankreich ist der Neo-Noir Film Have a Nice Day ein seltenes politisches Animationskunstwerk des Regisseurs Liu Jian. In Eigenregie geschrieben und gezeichnet, zeigt uns der grosse Malermeister sein China im Neonlicht des Kapitalismus, der das Reich der Mitte über Nacht auf den Kopf gestellt hat.
Freitag, 30. Oktober 2020, 09:30 Uhr
There Is No Evil
Mohammad Rasoulof
Iran 2020
Heschmat ist ein vorbildlicher Ehemann und Vater, der seinem Alltag nachgeht und doch Tabletten zum Einschlafen benötigt. Der junge Rekrut Pouya kann sich nicht vorstellen, einen anderen Menschen zu töten; er bekommt den Befehl, genau das zu tun. Javad ahnt nicht, dass sein Heiratsantrag nicht die einzige Überraschung für seine Geliebte an ihrem Geburtstag bleiben wird. Bahram ist Arzt, darf aber nicht praktizieren. Als seine Nichte ihn besucht, beschliesst er, ihr den Grund für sein Aussenseiterdasein zu offenbaren. Die vier unabhängig voneinander erzählten Episoden, mit denen There Is No Evil komponiert ist, sind Variationen über die moralische Kraft.
Der Filmemacher Mohammad Rasoulof (Men of Integrity) fragt danach, bis zu welchem Grad individuelle Freiheit unter einem despotischen Regime und scheinbar unentrinnbaren Bedrohungen möglich ist.
Freitag, 30. Oktober 2020, 13:10 Uhr
Balloon
Pema Tseden
China 2019
Weit weg vom städtischen Trubel auf dem tibetischen Hochland führen Darje und Drolkar mit ihren drei Söhnen und dem Grossvater ein friedliches und einfaches Leben. Ein Kondom löst eine Reihe von peinlichen Situationen aus, durchbricht das harmonische Alltagsleben und stellt schliesslich die Familie vor ein Dilemma. Was zählt mehr im Kreislauf von Leben und Tod — die Seele oder die Wirklichkeit?
Balloon erkundet das Verhältnis zwischen Realität und Seele. Das tibetische Volk glaubt an die Wiedergeburt, dass nur das Fleisch vergeht, während die Seele weiterlebt. So prallt der buddhistische Glaube mit der Realität der modernen Gesellschaft zusammen, und sie werden gezwungen, eine Wahl zu treffen.
Freitag, 30. Oktober 2020, 16:10 Uhr
The Wall of Shadows
Eliza Kubarska
Nepal 2020
Als eine Sherpa-Familie von einer Gruppe Bergsteiger angefragt wird, einen Treck über die bisher unbezwungene Ostwand des imposanten Kumbhakarna in Nepal anzuführen, steht sie vor einem Dilemma. Der Gipfel ist nicht nur anspruchsvoller als der Mount Everest, sondern er gilt in der lokalen Kirant-Religion als heiliger Berg, der nicht bestiegen werden darf. Der Vater möchte mit der Expedition das nötige Geld für die Ausbildung seines Sohnes verdienen. Doch die Mutter, eine kämpferische Frau, ist dagegen den Körper Gottes zu besteigen. Um ihrem Sohn den Traum, Arzt zu werden, zu ermöglichen, willigt sie schliesslich ein. Die Regisseurin Eliza Kubarska begleitet die Expedition und zeigt wie die Familie versucht, dem Druck, die Besteigung zu ermöglichen, den extremen Bedingungen und ihren religiösen Überzeugungen gerecht zu werden.
Freitag, 30. Oktober 2020, 18:50 Uhr
El robo del siglo
Ariel Winograd
Argentinien 2020
«Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?»
fragte einst Bertolt Brecht.
2006 hecken Ganoven den «perfekten» Plan für den Banküberfall auf die Banco Rio aus — er ist in die Geschichte eingegangen als einer der grössten Banküberfälle überhaupt. Nun wurde er verfilmt mit Diego Peretti (Un amor, Iniciales) und Guillermo Francella (El secreto de sus ojos). Der Film hat in Argentinien in wenigen Wochen über 2 Millionen ZuschauerInnen ins Kino gelockt. Vergnüglich inszeniert und spannend bis zum Schluss.
Freitag, 30. Oktober 2020, 21:50 Uhr
Ema y Gastón
Pablo Larraín
Chile 2019
Ema y Gastón ist ein Film, wie man ihn nicht alle Tage zu sehen bekommt, ein Körper-Trip aus dem chilenischen Valparaíso und ein Bewegungsspektakel. Ema ist die Frau von Gastón. Die beiden hatten Polo adoptiert, einen Knaben kolumbianischer Herkunft. Während 10 Monaten lebte er bei ihnen. Ema tanzt und Choreograf Gastón begleitet die experimentierfreudige Tanztruppe, die alle möglichen Orte der Stadt in Beschlag nimmt. Mit Polo waren Ema und Gastón überfordert. Am Ende auch mit einander. Sie haben den Buben der Adoptivbehörde zurückgegeben, und jetzt plagt Ema das Verlangen nach ihm.
Der jüngste Spielfilm von Pablo Larraín ist eine Wucht, er erzählt nicht einfach eine weitere Liebesgeschichte, nein: Er taucht ein in ein Bilder-, Klang- und Bewegungsmeer des Liebens und zieht uns mit in jenen Sog, der Liebe heisst und dem viel Unberechenbares und Unerklärliches innewohnt.
Samstag, 31. Oktober 2020, 09:30 Uhr
Mankiller
Valerie Red-Horse Mohl, Gale Anne Hurd
USA 2017
DOC
Dies ist die Geschichte einer US-amerikanischen Heldin. Eine, die sich neben den Grossen wie Robert F. Kennedy, Harriet Tubman und Martin Luther King Jr. stellen kann. Eine, die sich demütig den Widrigkeiten widersetzte und unüberwindbare Hindernisse überwand, um Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und den Stimmlosen eine Stimme gab. Und doch kennen nur wenige ihren Namen. Dies ist die Geschichte einer Legende, Wilma Mankiller, die den grassierenden Sexismus und die persönlichen Herausforderungen überwunden hat, um 1985 als erste Chefin der Cherokee Nation anzutreten.
Das Dokumentarfilmteam von Gale Anne Hurd und Valerie Red-Horse Mohl untersuchen für ihren dritten und wichtigsten Film das Erbe der beeindruckenden Wilma Mankiller.
Samstag, 31. Oktober 2020, 12:00 Uhr
Canción sin nombre
Melina León
Peru 2019
Es sind die 1980er Jahre, während des Guerillakrieges in Peru. Jeden Tag verlassen Georgina und Leo ihre kleine Hütte, um in Lima zu arbeiten. Er als Verladearbeiter, sie als Verkäuferin von Gemüse. In den letzten Monaten ihrer Schwangerschaft erfährt Georgina von einer Klinik, die schwangeren Frauen kostenlose Behandlung anbietet. Sie wird dort betreut, und die Entbindung findet statt, aber Georgina wird ihr Kind nie sehen. Pedro, ein junger Journalist, wird der Einzige sein, der ihr bei der Suche nach ihrem Kind hilft. Mehr als das Erzählen von Georginas Geschichte wollte die Filmemacherin Melina León, dass die Zuschauenden die Trauer der Heldin und das Elend des Quechua Volkes nachempfinden. Unter der Verwendung eines fast quadratischen 1.85er Cadres, in Schwarz/Weiss gehalten, hat sie mit ihrem Kameramann Inti Briones an Ästhetik und Bild gefeilt. Schlicht und grossartig.
Samstag, 31. Oktober 2020, 14:45 Uhr
Notre-Dame du Nil
Atiq Rahimi
Ruanda 2019
Notre-Dame du Nil ist ein typisches katholisches Internat. Hier werden Mädchen durch eisern christliche Disziplin auf häusliche Aufgaben getrimmt: Putzen, Wäsche waschen, die Umgebung pflegen – insbesondere die Statue der Jungfrau Maria, der Schutzherrin der Schule. Die Mehrheit sind Hutu, doch die Mutter Oberin lässt auch eine Quote junger Tutsi Mädchen wie Virginia und Veronica zu. Wenn die Mädchen aus den Ferien zurückkehren, bringen sie Geschenke mit, vor allem aber die Feindseligkeit gegenüber den Tutsi, die sich im Land bereits breitmacht. Eines Tages beschädigt Gloriosa die Marien-Statue beim Versuch, ihr eine «Hutu»-Nase zu geben. Um sich selber zu schützen, gibt sie den Tutsi die Schuld.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit der Buchautorin Scholastique Mukasonga, Moderation Ruedi Küng. Das Filmgespräch müssen wir leider absagen! Als Alternative wird eine Einführung von Scholastique Mukasonga eingespielt.
Samstag, 31. Oktober 2020, 18:30 Uhr
Lunana — A Yak in the Classroom
Pawo Choyning Dorji
Bhutan 2020
Ein Spielfilm aus Bhutan, mit LaiendarstellerInnen auf 3’400 m ü.M. gedreht, die dort die abgelegenste Schule der Welt besuchen. Ein junger Lehrer, der aus der Stadt in die Schule in Lunana geschickt wird, macht sich wenig motiviert auf den langen Weg durch die irre Bergwelt. Vor Ort trifft er auf eine Gemeinschaft, die ihn mit grösstem Respekt betrachtet — nur ein Lehrer könne «die Zukunft der Kinder» berühren, so die gängige Meinung dort. Nach und nach lernt Ugyen mehr über seinen Beruf, als es ihm seine Ausbildung zu vermitteln vermochte.
Samstag, 31. Oktober 2020, 21:30 Uhr
Norwegian Wood — Noruwei no mori
Tran Anh Hung
Japan 2010
Toru Watanabe ist ein ruhiger junger Mann in den späten 1960er Jahren der Studentenrevolten in Tokyo. Sein Leben gerät nach dem Verlust seines besten Freunds Kizuki, der sich aus unerklärlichen Gründen das Leben genommen hat, in Aufruhr. Toru tritt in eine Tokyoter Universität ein, um seinem bisherigen Leben zu entfliehen. Durch Zufall trifft erbei einem Spaziergang Kizukis Ex-Freundin Naoko, und sie kommen einander näher. Das Drehbuch basiert auf dem Roman Naokos Lächeln von Kultautor Haruki Murakami. Die Musik des Films stammt von dem Radiohead-Mitglied Jonny Greenwood sowie von der deutschen Band Can. Ausserdem spielt der Titel «Norwegian Wood» der Beatles eine wichtige Rolle. Diese Musik ist bereits im Roman der Anlass zur Erinnerung an die Ereignisse in den 60er Jahren und gab die Vorlage zum Originaltitel des Films.
Sonntag, 1. November 2020, 09:30 Uhr
You Will Die At 20
Amjad Abu Alala
Sudan 2019
Muzamil kommt zur Welt, seine Mutter Sakina holt den Segen des Imams. Es ist ein Festtag, aber als das Neugeborene gesegnet werden soll, bricht ein Derwisch zusammen und sagt: «Zwanzig.» Muzamil wird während seiner gesamten Kindheit und Jugend mit dieser Zahl leben müssen, die als Frist interpretiert wird, die ihm gewährt ist. Als ob das noch nicht genug wäre, muss er auch noch das Gehänsel der Kinder in seinem Alter ertragen, während seine Mutter zu Hause Striche aneinanderreiht, um die Tage zu zählen. You Will Die at 20 ist faszinierend in seinen Bildkompositionen, den warmen Farben, den Aufnahmen, in denen das Chiaroscuro in Muzamils Haus mit den traumhaften Sequenzen der kegelförmigen Heiligtümer kontrastiert.
Der erste Film aus dem Sudan seit 40 Jahren — und was für einer!
→ Mit einer Einführung über den Sudan von Ruedi Küng. Die Einführung von Ruedi Küng müssen wir leider absagen!
Sonntag, 1. November 2020, 12:30 Uhr
Einfach gut leben
Margaux Missika, Yuval Orr
Frankreich 2018
DOC
Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jeder von uns jeden Monat einen Geldbetrag erhält. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, über dessen Verwendung keine Rechenschaft abgelegt werden muss. Würden Sie Ihre Arbeit niederlegen? Würde das Ihr Leben verändern? Überall in der Welt lassen sich auf beiden Seiten des politischen Spektrums Befürworter und Kritiker des Grundeinkommens finden, obwohl dessen wirkliche Auswirkungen noch verkannt werden.
Einfach gut leben ist eine 6-teilige Doku-Reihe, die anhand des Grundeinkommens unsere Beziehung zu Arbeit und Geld hinterfragt.
Einfach gut leben kann auch online als Web-Doku besucht werden: → earn-a-living.com
Sonntag, 1. November 2020, 15:00 Uhr
The Letter
Maia Lekow
Kenia 2020
DOC
Karisas Stadtleben wird unterbrochen, als seine Oma als Hexe gebrandmarkt wird und eine Morddrohung erhält. So kehrt er in sein Heimatdorf zurück, um Nachforschungen zu machen. Während Karisa zwischen seinen umstrittenen Tanten und Onkeln navigiert, muss seine liebenswürdige und furchtlose Grossmutter die unmittelbare Gefahr der Anschuldigungen überwinden. Vergangene Traditionen verstricken sich mit dem neu auferlegten Einfluss westlicher Werte und Religion. Diese beeinflussen mit einer chaotischen Mischung im Dorf das universelle Thema, wie Land geteilt wird, wenn ein ältester stirbt. Doch die verkannte Macht der Frauen sowie die Widerstandsfähigkeit der Familie und Gemeinschaft übertrumpft die wachsende Bedrohung der Gier und Entfremdung zwischen den Generationen.
Sonntag, 1. November 2020, 17:30 Uhr
Nuestras madres
César Díaz
Guatemala 2019
Guatemala war während dreissig Jahren ein Land im Bürgerkrieg. Ernesto ist ein junger Forensiker, der heute hilft, Menschen zu identifizieren, die in jener Zeit verschwunden sind.
Eines Tages bittet ihn eine ältere Frau, in ihrem Dorf ein Grundstück zu durchsuchen, auf dem sie die Überreste ihres Mannes wähnt. Dieser war vor vielen Jahren nach einem Militärangriff verschwunden. Auf dem Foto, das sie ihm zeigt, glaubt Ernesto bei einer der Figuren die Züge seines Vaters zu erkennen, der ebenfalls verschwunden ist und über den seine Mutter nie spricht. Ernesto macht sich auf den Weg.
Nuestras Madres ist ein zurückhaltender Film. Unprätentiös gestaltet César Díaz seine Erzählung, und gerade daraus zieht der Film seine emotionale Kraft und seine stille und würdevolle Schönheit.
Sonntag, 1. November 2020, 20:00 Uhr
Die Adern der Welt
Byambasuren Davaa
Mongolei 2020
In der mongolischen Steppe lebt der 12-jährige Amra mit seiner Mutter Zaya, seinem Vater Erdene und seiner kleinen Schwester Altaa ein traditionelles Nomadenleben. Während sich Zaya um die Ziegenherde kümmert und Erdene als Mechaniker und durch den Verkauf von Käse auf dem lokalen Markt sein Geld verdient, träumt Amra einen ganz anderen Traum: Er will ins Fernsehen und bei der Show Mongolia’s Got Talent auftreten. Doch das friedliche und ursprüngliche Leben der Familie wird durch das Eindringen internationaler Bergbauunternehmen bedroht, die den Lebensraum der Nomaden rücksichtslos zerstören.
Regisseurin und Drehbuchautorin Byambasuren Davaa feiert mit Die Adern der Welt ihr Spielfilmdebüt, einer berührenden, generationenübergreifenden und bildgewaltigen Familiengeschichte.
Mittwoch, 28. Oktober 2020, 00:00 Uhr
Chinese Portrait
Xiaoshuai Wang
China 2018
DOC
Chinese Portrait untersucht den aktuellen Zustand Chinas und nimmt das Publikum mit auf eine Reise, um die Komplexität des Landes durch den Werdegang einer Familie zu entdecken. Wang spürt den Bewegungen seiner Vorfahren sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits nach und verfolgt die Geschichte einer gewöhnlichen chinesischen Familie im Laufe des turbulenten letzten Jahrhunderts. Er stellt uns Menschen aus allen Lebensbereichen vor: von Pekings Angestellten, die sich unermüdlich in der Stadt abrackern, bis hin zu ländlichen ethnischen Minderheiten, die seit Generationen nach den gleichen Bräuchen leben.
Dieser Film wird in einer Endlosprojektion im Schaufenster vis à vis des Kino Raetia Eingangs gezeigt.
Samstag, 6. November 2021, 10:50 Uhr
My Name is Baghdad
Caru Alves de Souza
Brasilien 2020
Ab 14+ Jahre
Baghdad, eine junge Skaterin aus São Paulo, sucht ihren Platz in der Gesellschaft. Einen Grossteil ihrer Freizeit verbringt sie mit den Freund*innen ihrer Mutter, eine zusammengeschweisste Bande vor allem Frauen mit starken, originellen und unangepassten Persönlichkeiten. Das Skateboarden ist eine grosse Leidenschaft von Baghdad, ein Sport, den sie vor allem mit ihren ausschliesslich männlichen Freunden teilt. Eine Begegnung mit einer Gruppe von Skaterinnen hilft ihr bei ihrer Suche.
Ein erstaunlicher und engagierter Film, der über Sexismus und Diskriminierung nachdenkt und gleichzeitig die Originalität und die Solidarität feiert.
Für Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Donnerstag, 4. November 2021, 21:00 Uhr
Flee
Vorpremiere
Jonas Poher Rasmussen
Dänemark/Frankreich/Schweden/ Norwegen 2021
DOC | Animationsfilm
Jonas Poher Rasmussen erzählt die außergewöhnliche wahre Geschichte eines Mannes namens Amin, der kurz davor ist, seinen Partner zu heiraten. Amin hütet seit über zwanzig Jahren ein Geheimnis, das das Leben, das er sich seit seiner Ankunft in Kopenhagen aufgebaut hat, zerstören könnte. Verfolgt von den Traumata seiner Vergangenheit beschliesst er, die dramatische Geschichte seiner Flucht von Afghanistan nach Dänemark zu erzählen.
Der Film, der zur Wahrung der Anonymität der Protagonist*innen hauptsächlich aus Animationen besteht, erzählt die tief berührende Geschichte eines jungen Mannes, der sich mit seiner traumatischen Vergangenheit auseinandersetzt, um sein wahres Selbst und die Bedeutung von Zuhause zu finden.
Freitag, 5. November 2021, 09:30 Uhr
Réveil sur Mars
Dea Gjinovci
Schweiz/Frankreich 2020
DOC
Eine kleine Stadt in Schweden: Furkan, ein 10-jähriger Roma-Junge und seine Familie versuchen, fernab ihrer Heimat Kosovo, wo sie Opfer der Verfolgung wurden, wieder ein normales Leben aufzubauen. Der Asylantrag der Familie wurde zweimal nacheinander abgelehnt. Die Konsequenzen sind vernichtend: Ausgelöst durch das «Resignationssyndrom» liegen die beiden ältesten Töchter seit über drei Jahren im Koma.
Während die gesamte Zukunft der Familie in der Schwebe ist, träumt der kleine Junge davon, ein Raumschiff zu bauen und auf den Mars zu fliegen, um alles hinter sich zu lassen.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit der Regisseurin Dea Gjinovci, Moderation Thomas Krempke.
Freitag, 5. November 2021, 12:15 Uhr
The Pink Cloud
Iuli Gerbase
Brasilien 2021
Eines Morgens ist sie da: Die mysteriöse rosa Wolke. Es heisst, sie sei tödlich, und so sind alle gezwungen, im Innern zu bleiben und nicht ins Freie zu treten. Auch Giovana und Yago, die sich auf einer Party getroffen und auf einen One Night Stand zusammengefunden hatten, müssen sich unerwartet aneinander gewöhnen. Gemeinsam warten sie darauf, dass die Wolke verschwindet, aber es scheint, als würde sie das nicht. Giovana und Yago kommunizieren mit ihren Freunden und Verwandten übers Internet und erhalten Nahrung am Fenster durch ein von der Regierung installiertes Liefersystem.
Als rein fiktives soziales Gedankenexperiment noch vor der Pandemie produziert, erscheint der Film aus heutiger Sicht gar nicht mehr so absurd. Ein faszinierendes Drama, das eindrücklich zeigt: Wie man mit einer Krise umgeht, entscheidet sich zu einem grossen Teil im Kopf.
Freitag, 5. November 2021, 14:25 Uhr
Luzzu
Vorpremiere
Alex Camilleri
Malta 2021
Jesmark, ein junger Fischer auf der Insel Malta, hat in seinem hölzernen Luzzu-Boot ein Leck entdeckt. Er kommt eh kaum durch und sieht seinen Lebensunterhalt und die von ihm fortgeführte Familientradition gefährdet, auch wegen des stetig sinkenden Fangs, einer rücksichtslosen Fischereiindustrie und einem kaputten Ökosystem. In seiner Verzweiflung steigt er in die illegale Schwarzmarktfischerei ein, um so für seine Frau und ihren neugeborenen Sohn zu sorgen, der krank ist.
Selten erlebt man die Situation eines traditionsreichen Berufs im Mittelmeer so hautnah und in allen Facetten. Der Film ist dem Realismus verpflichtet, authentisch und glaubwürdig. Er zeigt in realer Umgebung ein dringliches Thema und erzählt von Menschen, die nichts Anderes verkörpern als sich selbst.
Freitag, 5. November 2021, 16:25 Uhr
Gaza mon amour
Tarzan und Arab Nasser
Palästina 2020
Ab 12 Jahre
Der 60-jährige Junggeselle Issa führt ein ruhiges, einsames Leben als einfacher Fischer im Hafen von Gaza. Heimlich ist er in die Witwe Siham verliebt, die er täglich an ihrem Marktstand beobachtet, wo sie als Schneiderin arbeitet. Sein Liebeswerben verläuft allerdings so versteckt und langsam, dass sich kaum Fortschritt einstellt. Als ihm eines Tages ein ungewöhnlicher Fang ins Netz geht, ist es mit dem ruhigen Leben jedoch vorbei. Issa muss einen Gang zulegen, um sich aus den Fängen der Behörden zu befreien und gleichzeitig endlich sein Liebesleben in den Griff zu bekommen.
Ein berührender und sympathischer Film, der die gesellschaftspolitischen Themen des Gazastreifens zeigt: das wirtschaftliche Elend, Bombenangriffe, Angst und Unsicherheit.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Freitag, 5. November 2021, 18:20 Uhr
Focus mit Therese Frösch
Therese Frösch, Präsidentin der schweizerischen Entwicklungsorganisation Helvetas, führt dieses Jahr durch den Focus. Soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit unter weltweit wachsender Ungleichheit sind Kernanliegen der engagierten Netzwerkerin, die sich früh in sozialen, feministischen und ökologischen Bewegungen engagierte.
Freitag, 5. November 2021, 19:40 Uhr
Night of the kings
Philippe Lacôte
Frankreich/Elfenbeinküste 2020
Abidjan, die grösste Stadt der Elfenbeinküste. Der Strassenjunge Zama wird ins MACA (Maison d’arrêt et de Correction d’Abidjan) gesteckt, ein Gefängnis mitten im Wald, das von den Insassen regiert wird. Als Neuankömmling muss er, so will es die Tradition des «Roman», eine ganze Nacht lang Geschichten erzählen. Aber was soll er erzählen?
Zamas Figur ist der persischen Geschichte aus Tausendundeiner Nacht entlehnt. Wie Scheherazade muss er die ganze Nacht hindurch Erzählungen vortragen, um am nächsten Morgen nicht getötet zu werden. Das Geschichtenerzählen ist gleichzeitig als eine Hommage an die Tradition des Griots zu verstehen, der in Teilen Westafrikas als berufsmässiger Sänger, Dichter und Instrumentalist epische Texte vorträgt. Eine politische Fabel von shakespearescher Schönheit.
Freitag, 5. November 2021, 21:40 Uhr
Silêncio: Voces de Lisboa
Norient Film Festival präsentiert
Judith Kalmar, Celine Coste Carlice
Portugal/Ungarn 2020
DOC
Die Stadtbewohnerin Céline, die seit 20 Jahren in Portugal lebt, führt uns zu Ivone Días und Marta Miranda, zwei Musikerinnen aus unterschiedlichen Generationen. Beide kämpfen für das Überleben ihrer Kunst und ihrer Gemeinschaften. Die verbindende Sprache dabei ist Fado, ein traditioneller Musikstil, der vom alltäglichen Kampf des Lebens erzählt.
Der Film fängt mit der traditionellen Musik des Fado und den Auswirkungen der Gentrifizierung einen Moment der Transformation in Lissabon ein.
André Santos, der in der Stadt geboren und aufgewachsen ist, findet die Nuancen – Traurigkeit, Verlust, Nostalgie, Hoffnung und neue Energie – in allem.
Samstag, 6. November 2021, 09:00 Uhr
The Tower
Mats Grorud
Norwegen 2018
Animationsfilm, ab 16 Jahre
Beirut, Libanon – heute: Wardi ist ein 11-jähriges, palästinensisches Mädchen und lebt mit ihrer Familie hier in dem Flüchtlingslager, in dem sie auch geboren wurde. Ihr geliebter Urgroßvater Sidi war einer der ersten Menschen, die sich nach ihrer Vertreibung aus der Heimat 1948 in diesem Camp angesiedelt haben. An dem Tag, an dem Sidi Wardi den Schlüssel zu seinem alten Haus in Galilea übergibt, befürchtet sie, dass er jegliche Hoffnung, wieder nach Hause zurückzukehren, aufgegeben hat. Als sie sich im Camp auf die Suche nach Sidis verlorener Hoffnung macht, sammelt sie die Zeugnisse ihrer Familie über Generationen zusammen.
Für Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Samstag, 6. November 2021, 13:00 Uhr
Anima
Jinlin Cao
China 2020
Nachdem der junge Tutu einen Bären tötet, um das Leben seines kleinen Bruders zu retten, gilt er als Ausgestossener, da Bären dem Lonki-Stamm heilig sind. Jahre später kämpfen Tutu und Linzi ums Überleben und arbeiten als Holzfäller in der Nähe des Waldes, in dem sie aufgewachsen sind.
Als sie sich beide in dieselbe Frau verlieben, treibt das die Brüder auseinander. Während sich Linzi immer mehr mit Natur und Wald verbindet, wählt Tutu einen anderen Weg. Durch ihre Geschichte erleben wir die tiefe Verbindung aller Lebewesen und werden Zeuge der mysteriösen Vergeltung, die die Natur den Menschen zufügt, die sie verwundet haben.
Der Film gibt uns die Gelegenheit, über unsere Beziehung zu Mutter Erde nachzudenken.
Samstag, 6. November 2021, 15:30 Uhr
Piedra sola
Premiere
Alejandro T. Tarraf
Argentinien 2020
Seinen ersten Spielfilm siedelt Alejandro Telémaco Tarraf an der Schnittstelle zwischen Fiktion, Dokumentation und Ethnographie an. Piedra Sola porträtiert eine Familie von Lamazüchtenden tief im argentinischen Hochland in einer kleinen Gemeinde auf 4000 Metern über Meer. Der einheimische Lamahirte verfolgt die Spuren eines unsichtbaren Pumas, der sein Vieh tötet.
Durch seine Suche offenbart sich ein mystischer Austausch zwischen ihm, seinen Vorfahren und der sich ändernden Form des Pumas.
Ein Film, in dem die Beziehung von Mensch und Natur in einer fast mystischen Erfahrung gipfelt.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit dem Regisseur Alejandro T. Tarraf, Moderation Mari Serrano.
Samstag, 6. November 2021, 18:15 Uhr
Josée
Kim Jong-Kwan
Südkorea 2020
In der feinsinnigen Adaptation von «Josee, the Tiger and the Fish », einem in Korea äusserst populären japanischen Liebesfilm, erinnert sich ein junger Mann an seine Beziehung mit einer jungen Frau im Rollstuhl. Josée lebt in einer eigenen Welt, voller Fantasie, weit weg von den üblichen Routinen. Sie wohnt bei ihrer Grossmutter, ist meist zuhause und erlebt die Welt durch Bücher.
Young-seok dagegen führt ein normales Leben wie viele andere, besucht Kurse an seiner Universität, macht einen Teilzeitjob und bereitet sich auf eine Vollzeitbeschäftigung vor. Er verfällt dem ungewohnten, aber unverwechselbaren Charme von Josée, widmet sich ganz ihr und ihrer Liebe. Josée erlebt durch Young-seok zum ersten Mal Liebesgefühle, was sie tief berührt und verändert.
Bei dieser melodramatischen Geschichte bleibt kein Auge trocken!
Samstag, 6. November 2021, 20:45 Uhr
Dear Future Children
Vorpremiere
Franz Böhm
Deutschland/Österreich/UK 2021
DOC
Drei Länder, drei Konflikte, drei Frauen und ein ziemlich ähnliches Schicksal: Tränengas und Gummigeschosse, Wasserwerfer und tödliche Dürre, Regierungen, die nicht zuhören wollen und eine junge Generation, die zu Recht wütend ist. Doch sie haben nicht vor aufzugeben: weder Hilda, die in Uganda für die Zukunft unserer Umwelt kämpft, noch Rayen, die in Chile für soziale Gerechtigkeit protestiert oder Pepper, die sich in Hongkong für den Fortbestand der Demokratie einsetzt.
Der Film offenbart die tatsächlichen Hürden, Veränderung zu schaffen, selbst wenn Millionen Menschen
aufbegehren und eine gesamte Generation sich den Gegnern ihrer Zukunft entgegenstellt. Denn die drei Frauen kämpfen trotz aller Widrigkeiten weiter. Für ihre und unsere zukünftigen Kinder.
Samstag, 6. November 2021, 22:45 Uhr
Panoptic
Norient Film Festival präsentiert
Rana Eid
Libanon/UAE 2017
Panoptic ist der Brief einer Tochter an ihren verstorbenen Vater und der Versuch, sich mit der turbulenten Vergangenheit des Landes auszusöhnen.
Der Film gräbt sich in den Untergrund Beiruts, um die Schizophrenie des Libanon zu untersuchen: einer Nation, die nach Modernität strebt während sie ironischer Weise die Untugenden ignoriert, die die Modernität verhindern.
Während die libanesische Bevölkerung sich entschieden hat, vor diesen Untugenden die Augen zu verschließen, untersucht Rana Eid, eine einfache Staatsbürgerin, die Paradoxa ihrer Gesellschaft anhand von Tönen, ikonischen Monumenten und geheimen Verstecken.
Sonntag, 7. November 2021, 09:00 Uhr
This is not a Burial, it’s a Resurrection
Lemohang Jeremiah Mosese
Lesotho 2019
In Nazareth in der malerischen Berglandschaft Lesothos erfahren die Leute, dass ein Stausee entstehen soll und alle umsiedeln müssen. Die Einzige, die sich vehement dagegen wehrt, ist die alte Witwe Mantoa, die mit ihrem Leben abgeschlossen hat und sich eigentlich den Tod herbeisehnt. Aber: Sie will wie ihre Vorfahren in dieser Erde begraben werden und beschwört die althergebrachten Werte der Basotho. Sie gewinnt dadurch neue Lebenskraft und entfacht den kollektiven Geist des Widerstands in der Dorfgemeinde.
Der Titel des Filmes «This is not a burial, it’s a resurrection» beschreibt die Wiedergeburt der alten Mantoa und ihren Willen zur Selbstbestimmung.
Sonntag, 7. November 2021, 11:30 Uhr
True Mothers
Vorpremiere
Naomi Kawase
Japan 2020
Nachdem sie lange und erfolglos versucht hatte, schwanger zu werden, entschließen sich Satoko und ihr Mann dazu, einen kleinen Jungen zu adoptieren. Einige Jahre später wird ihr ruhiges Leben von einem Anruf erschüttert — am Telefon ist Hikari, die biologische Mutter des Jungen. Satoko entscheidet sich dazu, Hikari zu treffen.
Die Filmemacherin Naomi Kawase hat schon immer ein feines Gespür für Familiendramen bewiesen. Es stellt sich die Frage nach der Definition von Mutterschaft. Welche Frau kann für sich in Anspruch nehmen, mehr Mutter zu sein als die andere?
Sonntag, 7. November 2021, 14:20 Uhr
Nachbarn
Mano Khalil
Schweiz 2021
In einem syrischen Grenzdorf in den frühen 1980er-Jahren erlebt der kleine Sero sein erstes Schuljahr in einer arabischen Schule und muss zusehen, wie seine kleine heile Welt durch einen absurden Nationalismus radikal verändert wird und die Erwachsenen um ihn herum immer mehr von nationalistischer Willkür und Gewalt erdrückt werden. Ein neuer Lehrer ist angereist, um aus den kurdischen Kindern stramme panarabische Genossen zu machen.
Mit feinem Gespür für Humor und Satire zeichnet der Regisseur Mano Khalil das Bild einer Kindheit, die unter der Assad-Diktatur auch leichte Momente findet. Der Film ist inspiriert von seinen persönlichen Kindheitserlebnissen und spannt die berührende Erzählung bis in die syrische Tragödie der Gegenwart.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit dem Regisseur Mano Khalil, Moderation Daniel von Aarburg.
Sonntag, 7. November 2021, 18:00 Uhr
That Girl
VORPREMIERE
Cornelia Gantner
Schweiz 2020
Wer träumt nicht davon, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und nebenbei noch die Welt zu verändern? Die junge Sambierin Gladys lebt nach einem klaren Grundsatz: Stehe für das ein, was du für richtig hältst. Aus dieser Lebenseinstellung heraus ist das ambitionierte Projekt entstanden, mit ihrem Schweizer Ehemann eine Farm sowie eine Schule in Chewe, einem Dorf in Sambia, aufzubauen.
Doch ihre Vision landet bald auf dem harten Boden der Realität. Die Hürden scheinen unüberwindbar, das Paar riskiert, alles zu verlieren. Kann Gladys Familie und Arbeit unter einen Hut bringen? Und wie hoch ist der Preis für die Verwirklichung ihrer Träume?
Die Geschichte von Gladys ermutigt alle Frauen, ihre Träume zu leben und die Frauen zu sein, die sie immer sein wollten – sei dies in Sambia oder in Zürich.
Sonntag, 7. November 2021, 20:00 Uhr
Kuessipan
Myriam Verreault
Kanada 2019
Ab 14 Jahre
Eine Liebeserklärung an Québecs Innu-Community: In ihrer Adaption des gleichnamigen Romans von Naomi Fontaine erzählt Myriam Verreault auf humorvolle und berührende Weise vom Erwachsenwerden zwischen Tradition und Moderne. Mikuan und Shaniss wachsen zusammen in einer Innu-Gemeinde in Québec auf. Die beiden Frauen sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen und haben geschworen, immer füreinander da zu sein. Doch mit der Pubertät kommen die Probleme und eine erste Liebe. Mikuan möchte sich von den Fesseln ihrer Herkunft befreien und träumt von einem Leben ausserhalb des Reservats – von Bildung und ihrem Freund, während Shaniss streng an der Innu-Tradition festhält. Ein Riss geht durch die Freundschaft und durch die Beziehung Mikuans zu ihrer Familie.
Für Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Dienstag, 2. November 2021, 13:30 Uhr
Le collier perdu – Tawk al hamama al mafkoud
Nacer Khemir
Tunesien 1991, restaurierte Fassung
Mit traumhaft schönen Bildern und im Erzählstil von 1001 Nacht beschwört der orientalische Märchenerzähler Nacer Khemir die Blütezeit der andalusisch-arabischen Hochkultur. An das weltberühmte mittelalterliche Buch « Das Halsband der Taube – von der Liebe und den Liebenden» erinnernd, schildert der Tunesier die Geschichte des angehenden Kalligrafen über die kontrastreichen Facetten der Liebe, für die allein die arabische Sprache sechzig Begriffe kennt. Der Film nimmt uns mit in eine Zeit, in der Dschinns (Geister) und Visionen noch real waren. In seiner Welt entdecken wir das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen, Religionen und Lebensformen.
Dienstag, 2. November 2021, 15:30 Uhr
Sin señas particulares
Fernanda Valadez
Mexiko 2020
Der mexikanische Teenager Jesús bricht auf in Richtung US-amerikanischer Grenze, nach deren riskanter Überquerung er sich ein besseres Leben verspricht. Aber auch nach Wochen fehlt jegliches Lebenszeichen von Jesús. Seine Mutter Magdalena ist fest überzeugt, dass er noch lebt und macht sich alleine auf die gefährliche Suche nach ihm. Unterwegs begegnet sie vielen, die ihr Schicksal teilen. Denn was mit ihrem Teenager passiert ist, ist kein Einzelfall. Mit ihrem beeindruckenden Spielfilmdebüt beweist die Mexikanerin Fernanda Valadez ihr Gespür für ein visuell starkes, emotionales und spannendes Erzählen. Ein gesellschaftlich relevanter Film, der uns packt und bis zum Schluss nicht mehr loslässt.
! explizite Darstellung oder Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt.
Dienstag, 2. November 2021, 17:45 Uhr
Das einzige was wir haben, ist unsere Stimme
Heidi Schmid, Christian Labhart
Schweiz 2021
DOC
Eine dunkle Bühne – in der Mitte ein Lichtkegel. Dort sitzen zehn Tibeter*innen und fünf Schweizer*innen. Sie alle kämpfen gegen die unmenschliche Situation der tibetischen Sans Papiers in der Schweiz. Die einen als direkt Betroffene, die anderen als Pat*innen. Sie beginnen zu erzählen: von Heimweh, Verhaftung, Gefängnis, beschreiben Asylunterkünfte unter der Erde und Absurditäten eines Lebens ohne Papiere, schildern Schikanen, abgelehnte Gesuche und lassen uns teilhaben an ihren Ängsten, ihrer Wut und Ohnmacht und an ihren Träumen und Hoffnungen. Und dennoch – die Hoffnung stirbt zuletzt.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Dieter Gubler und einer anonym bleibenden Protagonistin des Films, Moderation Susanne Gross.
Dienstag, 2. November 2021, 19:15 Uhr
Let’s Talk about Mountains
Gian Suhner
Schweiz 2020
DOC
Was haben Nordkorea und die Schweiz gemeinsam? Die Berge. Der Bündner Regisseur Gian Suhner reiste mit einem Filmteam mehrmals nach Nordkorea, besuchte Schulklassen und Kunstateliers, das grösste Skiresort des Landes und begleitete Wandergruppen auf Nordkoreanische Gipfel. Vierzig Gespräche geben Menschen eine Stimme, die hinter dem politischen System und unseren Bildern davon zu verschwinden drohen. Es sind spontane, aber auch arrangierte Begegnungen – ebenso berührend wie herausfordernd in der Frage, was das Gezeigte bedeutet, wenn wir mehr verstehen wollen als das, was wir sehen.
Eine Zusammenarbeit mit dem Alpinen Museum der Schweiz, Bern.
→ Im Anschluss Gespräch mit Regisseur Gian Suhner, Moderation Chasper Pult.
Dienstag, 2. November 2021, 21:15 Uhr
Hive
Blerta Basholli
Kosovo 2021
Farhije hat keine Neuigkeiten von ihrem Mann, der wie so viele andere während des Kosovo-Krieg verschwunden ist. Sie kümmert sich alleine um ihre beiden Kinder und ihren kranken Schwiegervater. Um ihre Familie zu versorgen, gründet Farhije ein kleines Unternehmen und beginnt zusammen mit anderen Frauen aus dem Dorf die Gemüsepaste Ajvar zu produzieren. Doch ihr Ehrgeiz und ihr Wunsch nach Autonomie werden in ihrem traditionellen Umfeld nicht gern gesehen, ihre Arbeit wird sogar sabotiert. Hartnäckig, energisch und freiheitsliebend kämpft Farhije unerbittlich gegen die Vorurteile ihrer Gemeinschaft. Sie will ihren Kindern und den Frauen in ihrem Dorf eine Zukunft ermöglichen, während sie noch immer dem Mann nachtrauert, den sie geliebt hat. Der auf einer wahren Geschichte beruhende Film, prämiert mit drei Preisen am Sundance Film Festival 2021, markiert den internationalen Durchbruch der jungen kosovarischen Filmemacherin.
Mittwoch, 3. November 2021, 13:30 Uhr
Binti – es gibt mich
Frederice Migom
Belgien 2019
Ab 9 Jahre
Bunt, kreativ und pfiffig: So wie Binti sind auch ihre Videos, die sie auf ihrem Youtube-Channel postet. Die Zwölfjährige träumt davon, eine berühmte Vloggerin zu werden. Doch obwohl Binti jede Menge Follower hat – offiziell, auf dem Papier, existiert sie nicht. Denn Binti und ihr Vater Jovial stammen aus dem Kongo und leben zwar seit Jahren in Belgien, aber eben ohne Aufenthaltsgenehmigung. Auf der Flucht vor der Polizei bringt ein Zufall Binti mit dem schüchternen Elias zusammen, der mit seiner Mutter am Rande eines Waldstücks lebt. Während die Kinder die Rettung der vom Aussterben bedrohten Okapis zu ihrer Mission machen, entspinnen sich zwischen ihren Eltern zarte Bande.
Ein Film voller Farbe, Humor, Freundschaft und Liebe, der zeigt, dass alle Kinder Träume haben dürfen.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 3. November 2021, 15:30 Uhr
Captains of Zaatari
Vorpremiere
Ali El Arabi
Ägypten 2021
DOC
Ab 12 Jahre
Die syrischen Flüchtlinge Fawzi und Mahmoud leben im grössten jordanischen Flüchtlingslager Zaatari. Gefangen in dieser riesigen Zeltstadt, sehen sie den Fussball als Ausweg in eine bessere Zukunft. Manchmal kommt eine Delegation aus Katar in das Lager, um neue Talente zu scouten. Die beiden unzertrennlichen Freunde haben gute Chancen, es auf die Akademie Aspire für Nachwuchstalente zu schaffen.
Ein ebenso eindrücklicher wie hoffnungsvoller Film mit der wichtigen Botschaft: «Wir brauchen kein Mitleid, wir brauchen Chancen».
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 3. November 2021, 17:15 Uhr
Das Fieber
Katharina Weingartner
Österreich 2019
DOC
Malaria hat mehr Menschen getötet, als alle Krankheiten und Kriege dieser Erde zusammen. Covid-19 brachte die Welt zum Stillstand, aber der älteste Parasit der Menschheit wütet unbeachtet weiter: Als Folge des globalen Lockdowns wird er dieses Jahr eine Million Menschen in Afrika töten – doppelt so viele wie sonst. Was wäre aber, wenn eine lokale Heilpflanze täglich unzählige Menschenleben retten könnte? Der Widerstand ist bezeichnend: Pharmakonzerne fürchten um ihre Profite, nicht einmal die WHO setzt sich für lokale Lösungen ein.
Der Dokumentarfilm verweigert den immer gleichen Blick auf afrikanisches Leid und begleitet Protagonist*innen, die auf Selbstbestimmung insistieren und unermüdlich daran arbeiten, die Heilpflanze Artemisia annua anzubauen und zu verbreiten.
Dieser Film wird vom Claro Laden Thusis gesponsort.
Mittwoch, 3. November 2021, 19:30 Uhr
Ostrov – Lost Island
Vorpremiere
Svetlana Rodina, Laurent Stoop
Schweiz 2021
DOC
Auf der Insel Ostrov im Kaspischen Meer überleben die Bewohner*innen, seit dem Zerfall der Sowjetunion vom russischen Staat alleine gelassen, durch illegalen Fischfang. Früher lebten dreitausend Menschen auf der Insel. Heute sind es noch etwa fünfzig. Auf der Insel gibt es weder Gas noch Strom, keine legalen Arbeitsplätze, keine Ärzte oder Polizisten. Jedes Mal, wenn Iwan aufs Meer hinausfährt, riskiert er dabei sein Leben und seine Freiheit. Iwan glaubt an die Grossmacht Russland und daran, dass Putin eines Tages ihr Elend sehen und ihnen helfen wird. Seine Frau Anna hat in der Stadt studiert und gelebt, sich aber in Iwan verliebt und das harte Leben auf der Insel gewählt. Die Kinder Anton und Alina sollen irgendwo anders eine bessere Zukunft haben. Doch Anton fährt bereits mit seinem Cousin Roman aufs Meer hinaus.
Mittwoch, 3. November 2021, 21:30 Uhr
The Man Who Sold His Skin
Kaouther Ben Hania
Tunesien 2020
Sam ist ein ebenso sensibler wie impulsiver junger Mann, der aus Syrien in den Libanon geflohen ist und zu seiner Geliebten Abeer nach Brüssel reisen möchte. Nur wie? Der renommierte Künstler Jeffrey Godefroy will ihm helfen, indem er ein lebendes Kunstwerk aus Sam macht und ihm das begehrte Schengen-Visum auf den Rücken tätowiert. Diese Entscheidung verändert Sams Körper statusmässig vom Flüchtling zum Kunstobjekt. Nun steht Sam die Welt offen und die Kunstwelt liegt ihm zu Füssen. Doch Freiheit hat ihren Preis.
Kaouther Ben Hania brilliert einmal mehr mit ihrem scharfsinnigen und schonungslosen Blick auf unsere Gegenwart. Man könnte sagen: Zynischer lässt sich die Gegenwart nicht zuspitzen, aber die Tunesierin hat diese nicht erfunden. Es gibt den realen Fall, der dem Film vom Mann, der seine Haut verkauft, zugrunde liegt.
Donnerstag, 4. November 2021, 09:30 Uhr
Sapelo
Nick Brandestini
Schweiz 2020
DOC
Auf der Insel Sapelo an der Atlantikküste der USA wachsen die zwei Brüder JerMarkest und Johnathan in der letzten verbliebenen Enklave der Saltwater Geechee auf. Ihre größte Freude ist es, die Insel zu erkunden, wie es ihre Adoptivmutter Cornelia Walker Bailey als Kind getan hatte.
Als Geschichtenerzählerin und Matriarchin von Sapelo liegt ihr sehr viel daran, diese einzigartige Gemeinde, die ihre Vorfahren aufgebaut haben, so weit wie möglich zu erhalten.
Cornelia bemüht sich, ihre Söhne durch die Jugend zu führen, aber ihre Bindung wird auf die Probe gestellt, als die beiden beginnen, sich der weiten Welt zu stellen.
Regisseur Nick Brandestini vermittelt einen prägnanten Eindruck davon, wie schwierig es ist, in unruhigen Zeiten einen Hort des Friedens zu bewahren.
Donnerstag, 4. November 2021, 11:30 Uhr
Quo Vadis, Aida?
Jasmila Žbanić
Bosnien und Herzegowina 2020
Bosnien, 11. Juli 1995. Aida ist Übersetzerin für die Vereinten Nationen in Srebrenica. Als die serbische Armee die Stadt belagert, gehört ihre Familie zu den Tausenden von Zivilisten, die in einem UN-Lager Schutz suchen. Inmitten der Verhandlungen steht Aida, die übersetzt und somit Zugang zu entscheidenden Informationen erhält. Sie weiss viel. Zu viel um hinsichtlich der Situation gleichgültig zu bleiben.Nominiert für den Oscar als Bester Internationaler Film, zeigt «Quo Vadis, Aida?» auf erschütternde Weise den unglaublichen Mut einer Frau, ihre Familie zu retten.
Regisseurin Jasmila Žbanić schöpft eine grossartige Hommage an alle Konfliktüberlebenden, in der Liebe und Resilienz auf eine bessere Zukunft hoffen lassen.
! explizite Darstellung oder Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt.
Donnerstag, 4. November 2021, 13:45 Uhr
Yalda
Massoud Bakhshi
Frankreich/Deutschland/Schweiz/Luxemburg/Iran 2019
Yalda-Nacht im Iran, die Feier der Wintersonnenwende, die längste Nacht des Jahres: Maryam, 22, hat ihren Mann Nasser, 65, unter unklaren Umständen getötet und wird zum Tode verurteilt. In einer populären Reality-Show erhält Maryam die Möglichkeit, um die Vergebung von Nasars Tochter Mona zu kämpfen und der Todesstrafe zu entgehen. Aber die Vergebung erweist sich als schwierig. Zu schwer wiegen die Ereignisse, die hinter Maryam liegen.
Was wie blühende Fantasie klingt, ist von wahren Ereignissen inspiriert. Regisseur und Drehbuchautor Massoud Bakhshi macht daraus ein intensives Kammerspiel, das hinter die Kulissen der tief verwurzelten patriarchalischen Strukturen der iranischen Gesellschaft blickt, welche sich auch im indviduellen Schicksal der jungen Frauen spiegelt.
Donnerstag, 4. November 2021, 15:45 Uhr
Samos – The Faces of our Border
Shams Abou El Enein
Schweiz 2020
DOC | Animationsfilm
An der Grenze des Schengen-Raums werden Tausende von Flüchtlingen durch internationale Gesetze und Konventionen in unmenschliche Lager genötigt. Eines davon ist der «Hotspot» auf der griechischen Insel Samos: 6000 Menschen in einem Lager mit einer Infrastruktur für 600.
Die Geschichten der Menschen hier geben einen menschlichen Einblick in das Theater der europäischen Politik, das diese griechische Tragödie nach sich zieht. Ihre Stimmen werden zum Chor des Films, eine disharmonische Hymne und ein wenig schmeichelhaftes Porträt der europäischen Willkommenheissung der Welt.
! explizite Darstellung oder Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt
Donnerstag, 4. November 2021, 17:45 Uhr
Das neue Evangelium
Milo Rau
Schweiz/Deutschland/Italien 2020
DOC | FICTION
Was würde Jesus im 21. Jahrhundert predigen? Wer wären seine Apostel? Der Schweizer Regisseur Milo Rau kehrt in der süditalienischen Stadt Matera zu den Ursprüngen des Evangeliums zurück und inszeniert es als Passionsspiel einer Gesellschaft, die geprägt ist von Unrecht und Ungleichheit. Entstanden ist eine Verschmelzung von Dokumentarfilm, Spielfilm und politischer Aktionskunst.
Gemeinsam mit dem Politaktivisten Yvan Sagnet schafft er einen hochpolitischen Jesus-Film, in dem biblische Erzählung und verzweifelte Revolte ineinanderfliessen. Der Film ist ein Manifest der Solidarität der Ärmsten, ein filmischer Aufstand für eine gerechtere, menschlichere Welt.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit dem Regisseur Milo Rau, Moderation Ariela Sarbacher.
Freitag, 4. November 2022, 18:50 Uhr
Sisterhood
Regie: Dina Duma, Nord-Mazedonien 2021, ab 14 Jahre, OV/d/f, 90’
Die Teenagerinnen Maya und Jana sind unzertrennlich und machen alles zusammen. Die eigensinnige Jana übernimmt die Führung und Maya folgt. Eines Nachts auf einer Party erwischen sie Elena, das beliebteste Mädchen der Schule, beim Sex mit Mayas langjährigem Schwarm. Sie filmen alles und Jana überredet Maya, das Video zu posten. Das Video geht viral und Elenas Leben ist ruiniert.
Nach einer hitzigen Konfrontation der drei Mädchen wird Elena vermisst. Maya möchte zur Polizei, ganz im Gegensatz zu Jana. Maya wird zu Janas neuer Zielscheibe und sie muss den Mut finden, aus dieser toxischen Beziehung und dem Geheimnis, das ihr Leben zu ruinieren droht, herauszukommen.
Für Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Samstag, 5. November 2022, 10:50 Uhr
Broken Keys
Regie: Jimmy Keyrouz, Libanon 2021, OV/e/d, 110’
2013, in einem vom Krieg zerstörten und vom IS besetzten Dorf in Syrien: Karim ist Musiker und träumt von einer Musikerkarriere in Europa. Er will aus dieser Welt fliehen, in der Musik verboten ist. Zuerst muss er aber sein Klavier reparieren und verkaufen, das von der Terrormiliz zerstört wurde. Auf der Suche nach Ersatzteilen für die Reparatur hört Karim von einem Flügel in einer gefährlichen fernen Stadt namens Ramza. Es scheint einem Selbstmordkommando gleich, aber Karim muss diese Chance nutzen, um seinen Traum nicht aus den Augen zu verlieren.
Der Film verkörpert die Hoffnung, die in Syrien niemals stirbt, und ist eine Ode an die Freiheit für seine Bewohner:innen. Er wurde am Washington DC Intependent Film Festival 2021 zum besten Film prämiert.
! explizite Darstellung oder Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt.
Samstag, 5. November 2022, 13:10 Uhr
La Civil
Regie: Teodora Ana Mihai, Mexiko 2021, OV/d/f, 145’
Cielos jugendliche Tochter Laura wird im Norden Mexikos entführt. Trotz mehrfacher Zahlung von Lösegeld kommt Laura nicht zurück.
Von den Behörden im Stich gelassen, nimmt Cielo die Sache selbst in die Hand. Lamarque, ein Kommandant mit unkonventioneller Vorgehensweise, erklärt sich dazu bereit, sie bei ihrer Suche inoffiziell zu unterstützen – im Austausch gegen Informationen. Unaufhaltsam wird aus der Hausfrau eine Racheaktivistin. Doch je näher Cielo ihrer Tochter kommt, desto tiefer wird sie in die Spirale von Gewalt und Korruption gezogen.
Ein eindringlicher Film, der auf wahren Tatsachen beruht und am Cannes Film Festival 2021 mit dem “Un Certain Regard – Prize of Courage”-Preis ausgezeichnet wurde.
! explizite Darstellung oder Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt.
Samstag, 5. November 2022, 16:00 Uhr
Clara Sola
Regie: Nathalie Álvarez Mesén, Costa Rica 2021, Spanisch/d/f, 108’
Clara – durch eine Behinderung auf Hilfe angewiesen – lebt mit Mutter und Nichte abgelegen in paradiesischer Natur. Die erzkatholische Mutter betrachtet die Tochter als Geschenk des Himmels, ist aber unfähig, Clara als vollwertige Person wahrzunehmen, denn sie teilt mit der Dorfgemeinschaft den Glauben, dass die jungfräuliche Clara übernatürliche Kräfte habe.
Clara erduldet ihr Dasein, bis der Freund ihrer Nichte ungeahnte Regungen in ihr weckt, die sie auf unerforschtes Terrain führen und sie physische wie auch mystische Grenzen überschreiten lässt. Die vermeintliche Heilerin beginnt, sich selber zu heilen.
Das poetische Spielfilmdebüt wurde bei den Guldbagge Awards 2022 mit mehreren Awards ausgezeichnet, u. a. für «Besten Film» und «Beste Regie».
→ Im Anschluss Filmgespräch mit der Regisseurin Nathalie Álvarez Mesén, Moderation Mari Serrano.
Samstag, 5. November 2022, 19:15 Uhr
Return To Dust
Regie: Ruijn Li, China 2022, Chinesisch/d/f, 133’
Der schweigsame Bauer Ma ist das letzte unverheiratete Mitglied seiner Familie; Guiying ist behindert, unfruchtbar und über das im ländlichen China übliche Heiratsalter weit hinaus. Beide führen ein isoliertes und eher beschwerliches Leben.
In der zwischen ihnen arrangierten Ehe treffen sie als zwei Fremde aufeinander, die Einsamkeit und Demütigungen gewohnt sind. Die Heirat könnte alles nur noch verschlimmern, doch für Ma und Guiying wird sie zur Chance. Sie entdecken ihre gemeinsame Bestimmung. Sie lernen, Nähe zuzulassen, sich auszusprechen, füreinander zu sorgen und zu lächeln – trotz der harten Feldarbeit, mit der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, und der Herausforderungen, die sie gemeinsam bewältigen müssen.
Ein zutiefst menschlicher Film von unaufdringlicher Zärtlichkeit.
Samstag, 5. November 2022, 22:00 Uhr
Mi país imaginario
Regie: Patrizio Guzmann, Chile 2022, DOC, Spanisch/d/f, 83’
Im Oktober 2019 führt die Erhöhung der Metro-Preise in Santiago de Chile zu unerwarteten sozialen Protesten. Eineinhalb Millionen Menschen finden zusammen, um in den Strassen für Demokratie, ein gerechteres Bildungs- und Gesundheitssystem sowie eine neue Verfassung zu demonstrieren – kurz: für ein besseres Leben.
So vielfältig die Forderungen, so divers sind auch die Demonstrierenden. Im Orchester aus Kochtöpfen, Steinen und Sprechchören ist eine Gruppe besonders laut: die Frauen.
Der Aufstand zeigt Wirkung: Die Verfassung der Militärdiktatur wird gekippt – ein Moment, auf den auch der Filmemacher Patricio Guzmán lange gewartet hat. Er liefert mit seinem Film ein erfrischendes Zeitdokument, das fesselt, unter die Haut geht und für Aufbruch und Hoffnung steht.
Samstag, 5. November 2022, 23:50 Uhr
Neptune Frost
Regie: Anisia Uzeyman, Saul Williams, Rwanda 2021, Nocturne, OV/d/f, 105’
Matalusa ist von seiner Arbeit in den Coltan-Minen geflüchtet und so auch dem autoritären Regime in Burundi entkommen, das aus reiner Geldgier die Ressourcen des Landes und auch seine Bevölkerung ausbeutet. In einem Dorf, das aus recycelten Computerteilen besteht, trifft er auf die intersexuelle Hackerin Neptune, die Matalusa in eine Welt nie geahnter Möglichkeiten entführt.
Das visuelle und akustische Gesamterlebnis ist eine kosmische Explosion und das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der aus Ruanda stammenden Schauspielerin, Dramatikerin und Regisseurin Anisia Uzeyman und dem amerikanischen Poeten, Musiker und Schauspieler Saul Williams.
Sonntag, 6. November 2022, 09:00 Uhr
Marcher sur l’eau
Regie: Aissa Maiga, Frankreich 2021, DOC, OV/d/f, 90’
Zugang zu sauberem Trinkwasser ist für uns selbstverständlich. Für eine Milliarde Menschen rund um den Globus ist es das nicht, für manche bestimmt Wasserknappheit ihr Leben: Jeden Tag läuft die 12-jährige Houlaye aus Niger in Afrika kilometerweit auf der Suche nach Wasser. Diese tägliche Aufgabe macht einen regelmäßigen Schulbesuch unmöglich. Der Wassermangel treibt auch Erwachsene dazu, ihre Familien zu verlassen und sogar Grenzen zu überqueren auf der Suche nach Wasser. Dabei läge die Lösung so nahe: Sie und ihre Familie ahnen nicht, dass ihr Dorf direkt über einer Wasserquelle liegt.
Die Doku über einen Brunnenbau und das damit verbundene Versprechen eines neuen Lebens ist ein intimes Porträt der Geduld und des Wartens.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Sonntag, 6. November 2022, 11:00 Uhr
The Apple Day
Regie: Mahmoud Ghaffari, Iran 2022, OV/d, 80’
A wie Apfel, lernt Mahdi gleich am ersten Schultag und willigt sofort ein, der Klasse einen Korb der rot leuchtenden Früchte mitzubringen, sobald der Buchstabe an der Reihe ist. Schliesslich verkaufen sein Bruder Saeed und der Vater das Obst täglich in den Strassen ihres Teheraner Vororts.
Kurz darauf wird der Laster des Vaters geklaut, was die Familie in Bedrängnis bringt und den versprochenen Apfelkorb in weite Ferne rückt. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
Mit der scheinbar einfachen Geschichte vom Jungen, der losrennt, um Äpfel zu sammeln, liefert Mahmoud Ghaffari ein präzises Bild des korrupten, patriarchalen und heimtückischen Systems, das im Iran vorherrscht.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit dem Regisseur Mahmoud Ghaffari, Moderation Mehdi Sahebi.
Sonntag, 6. November 2022, 13:50 Uhr
Corazón de Mezquite
Regie: Ana Laura Calderon, Mexiko 2019, ab 6 Jahre, OV/d/f, 80’
Lucia ist ein Yoreme-Mädchen, ein indianisches Volk aus Mexiko, das davon träumt, Harfe zu spielen, genau wie ihr Vater. Aber es gibt ein Problem: Das Instrument symbolisiert Frauen, und nach den Traditionen seiner Bevölkerung können sich Frauen nicht berühren.
Ihr Vater legt Wert auf diese Tradition und verbietet ihr, das Instrument zu lernen. Kurzerhand wendet sich Lucia an ihrem Großvater, der sie heimlich unterrichtet.
Als der Vater des jungen Mädchens, Fidel, verletzt wird und nicht in der Lage ist, bei einer Feier zu spielen, muss Lucia entscheiden, ob sie es riskieren soll oder nicht.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Sonntag, 6. November 2022, 15:40 Uhr
Tattoo Your Dreams
Regie: Mehdi Ganji, Iran 2021, DOC, ab 7 Jahre, OV/d/f, 71’
Ein paar fußballbegeisterte Teenager aus verschiedenen Regionen des Iran treten gegeneinander an, damit sie nach Spanien ziehen können, um eine Fußballausbildung zu erhalten. Ihre Eltern erwarten, dass sie ihre Familien mit dem Geld retten, das sie mit dem Fußball verdienen, aber ihre Reise nach Spanien bringt ihre eigenen zermürbenden Herausforderungen mit sich.
Der Dokumentarfilm erzählt von den Träumen und Hoffnungen der aufstrebenden Talente, der Eltern und der gesamten Gemeinschaft.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Sonntag, 6. November 2022, 17:20 Uhr
Olga
Regie: Elie Grappe, Schweiz 2021, ab 12 Jahre, OV/d/f, 85’
2013. Olga ist 15 Jahre alt, die beste Athletin der ukrainischen Gymnastik-Nationalmannschaft und trainiert ununterbrochen. Ihre Mutter, eine regimekritische Journalistin, ermittelt unter Lebensgefahr gegen Präsident Janukowitsch. Nachdem sie nur knapp einem Anschlag entkommen ist, schickt sie Olga aus Sicherheitsgründen in die Schweiz, wo sie mit dem Schweizer Nationalkader trainiert, um an der bevorstehenden Europameisterschaft zu gewinnen. Doch dann bricht in Kiew der Euromaidan-Aufstand aus, in den plötzlich alle verwickelt sind, die ihr wichtig sind. Während Olga sich auf die Europameisterschaft vorbereitet, stellt die Revolution alles auf den Kopf.
Der eindringliche Film wurde an den Swiss Film Awards 2022 mehrfach ausgezeichnet.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Sonntag, 6. November 2022, 19:15 Uhr
La Conspiration du Caire
Regie: Tarik Sahli, Ägypten 2022, OV/d, 126’
Für Adam, Sohn eines einfachen Fischers, geht mit einem Stipendium für die renommierte al-Azhar-Universität in Kairo ein Traum in Erfüllung – sie ist das Epizentrum der religiösen Macht Ägyptens.
Als der Direktor der Uni, Sheikh Al-Azhar, vor den Augen seiner Studenten plötzlich stirbt, beginnt ein Machtkampf um dessen Nachfolge. Der bei der Staatssicherheit tätige Ermittler Ibrahim wird damit beauftragt, den Kandidaten zu unterstützen, der vom Präsidenten favorisiert wird. Der dubiose Regierungsbeamte engagiert Adam als Informanten, nachdem der erste Informant innerhalb der Al-Azhar-Universität brutal ermordet wird. Damit bringt er Adam nicht nur zwischen die Fronten der religiösen und politischen Eliten des Landes, sondern auch in Lebensgefahr.
Dienstag, 1. November 2022, 00:00 Uhr
Fotoausstellung 75 Jahre HEKS
Mittwoch, 2. bis Samstag, 5.11.2022, 11.00 - 16.00 Uhr
Im Saal der reformierten Kirchgemeinde Thusis
Eröffnungsapéro am Dienstag, 1.11.2022, 19.30 Uhr
Im Januar 1946 ist HEKS, das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, gegründet worden, als eine tatkräftige Antwort auf das unermessliche Elend im Nachkriegseuropa. Die kirchliche Hilfs- und Wiederaufbauarbeit wurde im Laufe der Jahrzehnte ergänzt mit weltweiter Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe. HEKS hat in den 75 Jahren seines Bestehens vielleicht nicht die Welt verändern können, aber es hat immer wieder Zeichen gesetzt, die zeigen: Eine andere Welt ist möglich.
In 24 eindrücklichen Bildern zeigt HEKS wichtige Wegstationen, entscheidende, bewegende und vielleicht auch wenig bekannte und überraschende Momente aus 75 Jahren des konsequenten Einstehens für ein Leben in Würde.
Eine Ausstellung der diesjährigen Gastorganisation HEKS
Freitag, 4. November 2022, 11:10 Uhr
Acasă, My Home
Regie: Radu Ciorniciuc, Rumänien, Finnland 2020, DOC, OV/d, 86’
Nur fünf Kilometer vom Stadtzentrum Bukarests entfernt lebt die 11-köpfige Familie Enache auf dem Areal eines stillgelegten Wasserreservoirs in der Wildnis des Bukarest-Deltas in perfekter Harmonie mit der Natur, dem Rhythmus der Jahreszeiten folgend.
Doch als die Regierung das urbane Delta zum Naturschutzreservat erklärt, wird die Familie in die Stadt zwangsumgesiedelt und mit einer ihr völlig fremden Realität konfrontiert. Die Familie kämpft darum, sich der modernen Zivilisation anzupassen und ihre Verbindung zueinander auch im Betondschungel aufrecht zuerhalten.
Über vier Jahre hat Regisseur Radu Ciorniciuc die Enaches hautnah begleitet. Sein herzzerreissendes Familienporträt wirft einen ambivalenten Blick auf das Leben in der modernen Gesellschaft und wurde am Dublin Filmfestival 2020 ausgezeichnet.
Freitag, 4. November 2022, 13:10 Uhr
Delhi Dreams
Regie: Christof Schaefer, Yamini Deen, Schweiz 2020, DOC, OV/d, 80’
Kathputli Colony in Delhi ist Indiens grösster Artisten-Slum. Puppenspieler, Musiker, Tänzer, aber auch Arbeiter leben hier. Doch dies wird sich bald ändern. Die Regierung will den Slum abreissen und die Bewohner in Hochhäuser umsiedeln. Vijay, Kusum und Rahul, drei junge Slum-Bewohner, befinden sich bald im Zentrum einer kreativen Protestbewegung gegen die geplante Umsiedlung. Vor dem Hintergrund des drohenden Abrisses verschmilzt das Politische und das Persönliche zunehmend, während die Protagonist:innen erwachsen werden und versuchen, ihren Platz in der Welt zu finden.
Der eindrückliche Dokumentarfilm wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. am Toronto International Women Film Festival mit dem «Best Human Rights Film Award» sowie am Basler Filmpreis.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit den Regisseuren Yamini Deen und Christof Schaefer, Moderation Flurina Badel.
Freitag, 4. November 2022, 16:00 Uhr
Focus
Eintritt frei
Wir lassen dieses Jahr Bilder sprechen und zeigen drei Kurzfilme über drei Jugendliche auf der Suche nach ihrer Identität und Selbstverwirklichung.
Le bleu blanc rouge de mes cheveux, OV/d, 21’:
Seyna ist ursprünglich aus Kamerun, wurde in Frankreich geboren und möchte endlich die französische Staatsbürgerschaft. Ihr Afro stellt sie vor eine schwierigen Entscheidung.
Ala Kachuu, Ov/d, 38’:
Kirgistan: Sezim (19) möchte studieren, als sie zwangsverheiratet werden soll. Sie ist zwischen sozialer Anerkennung und Selbstverwirklichung hin- und hergerissen.
Tente 113, Idomèni, OV/d, 18’:
Agìr, ein lächelnder und zurückhaltender 19-Jähriger, erzählt die Geschichte seiner Migration. Seine Reise von Syrien in die Schweiz erstreckt sich über mehrere Jahre.
Im Anschluss an die drei Kurzfilme findet der Apéro aus aller Welt statt.
Freitag, 4. November 2022, 20:45 Uhr
107 Mothers
Regie: Peter Kerekes, Ukraine 2021, OV/d/f, 93’
Leysa landet nach einem Eifersuchtsdrama im Gefängnis. Schwanger tritt sie die Haftstrafe
an, bringt den Sohn im Frauengefängnis von Odessa zur Welt, in dem Mutter und Kinder bis zum 3. Lebensjahr zusammen sein können. Nach dieser Gnadenfrist kommen die Kinder in ein Waisenhaus, sofern die Mütter nicht vorzeitig entlassen werden oder ihre Familien für die Kleinen sorgen können.
Leysa setzt alles ihr Mögliche in Bewegung, um ihren Sohn vor dem Waisenhaus zu bewahren: Fragt ihre Mutter, bittet die Schwester, bettelt schliesslich sogar die Schwiegermutter an, die ihrerseits harte Forderungen stellt.
Ein Wettlauf gegen die Zeit, der Wärterinnen, Gefangene und Kinder zusammenwachsen lässt und Leysa in ein Wechselbad der Gefühle taucht.
Freitag, 4. November 2022, 22:40 Uhr
10 Songs for Charity
Regie: Karin Junger, Niederlande, Nigeria, Belgien 2021, OV/d, 114’
In ihrem Musical-Drama befasst sich Filmemacherin Karin Junger mit Frauen, die illegal in Europa leben.
So auch die 25-jährige Charity und ihre jüngere Schwester Happy: die beiden kommen verzweifelt und abgekämpft aus einem nigerianischen Ghetto in den Niederlanden an. Die Schwestern träumen von Reichtum und einem Leben mit einem eigenen Geschäft, doch bis dahin müssen sie als illegale Prostituierte über die Runden kommen.
Zusammen mit anderen Frauen ohne Papiere ertragen sie Not, Ausbeutung und Demütigung mit grosser Widerstandskraft, Humor und Gesang, bis eines Tages alles zu viel wird: sie revoltieren und singen sich ihre Wut von der Seele.
! explizite Darstellung oder Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt.
Samstag, 5. November 2022, 09:00 Uhr
When Pomegranates Howl
Regie: Granaz Moussavi, Afghanistan 2020, OV/d/f, 80’
Hewad, ein neunjähriger Junge, unterstützt seine Familie, indem er nach dem Tod seines Vaters Waren von einem Karren auf den rauen Straßen von Kabul verkauft. Er träumt davon, seiner vom Krieg gezeichneten Armut zu entkommen, indem er ein reicher und berühmter Schauspieler wird, sich um seine Mutter kümmert und seiner Familie ein schickes neues Haus kauft.
Ein australischer Fotojournalist freundet sich mit Hewad an und beginnt, sein Leben zu dokumentieren, um ein einfühlsames Bild der Kinder dieser vom Krieg zerrissenen Gesellschaft zu zeichnen. Inspiriert davon macht sich Hewad daran, seine Freunde für einen imaginären Actionfilm im Hollywood-Stil zu gewinnen.
Dienstag, 1. November 2022, 13:30 Uhr
Lingui
Regie: Mahamat-Saleh Haroun, Tschad 2021, OV/d/f, 87’
Am Rande der Stadt N’Djamena im Tschad lebt Amina allein mit ihrer 15-jährigen Tochter Maria. Schon als junge Frau musste sie sich alleine durchschlagen: Weil sie schwanger war, wurde sie erst von der Schule verwiesen und schliesslich von ihrer Familie verstossen.
Jetzt droht sich das Szenario zu wiederholen, denn die 15-jährige Maria erwartet ein Kind. Gerüchte machen die Runde, bald folgt der Schulverweis. Als Maria ihrer Mutter eröffnet, dass sie abtreiben möchte, kommt das für die gläubige Amina zunächst nicht in Frage: Sie will den Vater des ungeborenen Kindes in der Verantwortung sehen. Für ihre Tochter ist das aber keine Option, wie auch Amina erkennen muss.
Sie beschliesst, die 15-Jährige in ihrer Entscheidung zu unterstützen – selbst wenn dies bedeutet, gegen das herrschende Gesetz und Religion zu verstossen.
Dienstag, 1. November 2022, 15:30 Uhr
White Building
Regie: Kavich Neang, Kambodscha 2021, DOC, OV/d, 90’
Mitten in Phnom Penh steht das White Building, ein bekannter Wohnblock und kulturelles Wahrzeichen der kambodschanischen Hauptstadt. Dort leben auch der 20-jährige Samnang und zwei seiner besten Freunde mit ihren Familien in einer eng verbundenen Hausgemeinschaft.
Doch nun will die Stadt das Weisse Haus abreissen und bietet den Bewohner:innen 900 Dollar pro Quadratmeter und Umzüge rund um die Uhr an – sie sollen das marode Gebäude möglichst schnell räumen.
Die geringe Abfindung dürfte den meisten jedoch kaum für ein neues Heim in der Stadt reichen, wo die Immobilienpreise in die Höhe schiessen. Der 20-Jährige erkennt, dass die stabile Umgebung, die er immer sein Zuhause genannt hat, auf wackligen Beinen steht.
Dienstag, 1. November 2022, 17:30 Uhr
Zwei Träume – Eine israelisch-palästinensische Dorfgeschichte
Regie: Barbara Miller, Palästina, Israel, Schweiz 2022, DOC, OV/d, 45’
Michael Kaminer lebt in einem Kibbuz, der 1948 auf den Trümmern eines palästinensischen Dorfes gebaut wurde. Die Spurensuche nach der Geschichte seines Heimatortes verarbeitete er in einem Film, mit dem er sich nun für mehr Verständigung zwischen Israelis und Palästinenser:innen einsetzt. Denn er ist überzeugt: Eine Begegnung auf Augenhöhe ist erst möglich, wenn beide Seiten das Leid wie auch die Träume der jeweils anderen Seite anerkennen. Ein berührendes Porträt der Regisseurin Barbara Miller.
Ein Film der diesjährigen Gastorganisation HEKS.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Barbara Miller und Corina Bosshard, Moderation Barbara Hirsbrunner.
Mittwoch, 2. November 2022, 13:30 Uhr
Vanille
Regie: Guillaume Lorin, Frankreich 2021, Animationsfilm, ab 5 Jahre, Deutsch synchronisiert, 50’
Die junge Vanille macht zum ersten Mal Ferien bei ihrer Tante auf Guadeloupe. Bei ihrer Abreise in Paris hat sie gar keine Lust auf diesen Ausflug. Doch einmal auf der Insel angekommen, wird sie vom Enthusiasmus ihrer fidelen Tante mitgerissen.
Als dann plötzlich Gefahr droht, macht sich Vanille zusammen mit einem Jungen, der magische Kräfte besitzt, auf, um dem unheimlichen Wesen Einhalt zu gebieten.
In diesem Kurzfilmprogramm gibt es ausserdem die vier weiteren Kurzfilme Ein komischer Fish, Wild, Egal, was passiert und Der Kiosk zu den Themen, Familie, Herkunft und Reisen zu entdecken.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 2. November 2022, 14:50 Uhr
La Traversée
Regie: Florence Mialhe, Tschechien 2020, Animationsfilm, ab 12 Jahre, OV/d, 84’
Die Geschwister Kyona und Adriel wachsen mit ihren Eltern und jüngeren Geschwister in einem kleinen beschaulichen Dorf auf. Eines Tages wird der kleine Ort überfallen und die Familie muss fliehen. Auf der Flucht werden die beiden Kinder von ihrer Familie getrennt und müssen sich fortan alleine durchschlagen – immer den Zielort vor Augen, den ihnen der Vater eingeschworen hat.
Auf ihrer Reise begegnen sie vielen Menschen. Manche helfen ihnen, andere legen ihnen Steine in den Weg, nutzen sie aus oder benutzen sie für ihre Zwecke. Den beiden wird klar, dass ihre Kindheit von der Flucht verschluckt wurde.
Ein grossartiger und berührender Film, getragen von ausdrucksstarken animierten Ölzeichnungen auf Glas, der an der DOK Leipzig 2021 prämiert wurde.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 2. November 2022, 16:40 Uhr
The Gravedigger’s Wife
Regie: Khadar A. Ahmed, Somalia 2021, OV/d/f, 82’
Der hart arbeitende 45-jährige Guled betet seine Frau Nasra an, die an einer chronischen Nierenkrankheit leidet und dringend eine lebensrettende, aber auch teure Operation benötigt. Mit den wenigen Ersparnissen des Paares aus Guleds Job als Totengräber musste er bereits die Antibiotika bezahlen, aber Nasras Zustand bessert sich nicht. Die bittere Ironie: Guled muss darauf hoffen, dass andere sterben, damit er den Tod seiner Frau verhindern kann. Das drohende Schicksal und sein Unwille, es zu akzeptieren, führen ihn zurück in seinen Heimatort, wo er sich der zebrochenen Beziehung zu seiner Familie stellen muss.
Ein Film voller Poesie und Zuneigung, der gekonnt die Spannung zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit hält.
Mittwoch, 2. November 2022, 18:30 Uhr
Semret
Regie: Caterina Mona, Schweiz 2022, Deutsch/Tigrinya/d/f, 85’
Semret lebt mit ihrer Tochter Joe in einer kleinen Wohnung in Zürich. Seit sie vor vielen Jahren aus Eritrea geflüchtet ist, versucht die junge Mutter ihrer vierzehnjährigen Tochter ein gutes Leben in der Schweiz zu ermöglichen. Dafür arbeitet sie im Spital und hofft, für die Hebammenausbildung zugelassen zu werden. Doch plötzlich droht das geschützte Leben, das sie aufgebaut haben, in sich zu zerfallen.
Caterina Mona gelingt es mit diesem Sozialdrama auf einfühlsame und doch unmittelbare Weise, die Themen Migration und Integration zu behandeln. Die Geschichte von Semret ist das oft verschwiegene Schicksal zahlreicher Frauen, die auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit eine bessere Zukunft für sich und ihre Familie suchen
→ Im Anschluss Filmgespräch mit der Regisseurin Caterina Mona, Moderation Daniel von Aarburg.
Mittwoch, 2. November 2022, 21:30 Uhr
Last Film Show – Das Licht aus dem die Träume sind
Regie: Pan Nalin, Indien 2021, ab 12 Jahre, OV/d/f, 110’
Als der neunjährige Samay erstmals ins Kino geht, eröffnet sich ihm eine Welt voller Faszination und Magie, die ihn nicht mehr loslässt.
Er ist fest entschlossen, selbst Filme zu machen. Er freundet sich mit dem Filmvorführer Fazal an, der ihn im Tausch gegen das Essen in seiner Lunchbox gratis Filme schauen lässt. Dabei lernt Samay rasch, wie Filme funktionieren und er baut sogar einen eigenen Filmprojektor. Doch die Zeit des 35-mm-Films sind zu Ende und Fazals Kino soll geschlossen werden.
Ein Film der uns etwas an Nuovo Cinema Paradiso von Giuseppe Tornatore erinnert.
Donnerstag, 3. November 2022, 09:00 Uhr
Carajita
Regie: Silvina Schnicer, Ulises Porra Guardiola, Dominikanische Republik 2021, OV/d, 86’
Der Zufall bringt die 15-jährige Yarisa als Hausangestellte in eine wohlhabende Familie in Santo Domingo, der Hauptstadt des Karibikstaats, der sich die Insel mit seinem Nachbarn Haiti teilt. Dort kümmert sie sich unter anderem um die kleine Sara, die Tochter des Hauses,
und wird im Lauf der Jahre zu deren engster Vertrauten, gewissermassen ihre zweite Mutter.
Als die Familie beschliesst, an Yasiras Heimatort zu ziehen, kommt es zu einem Wiedersehen zwischen Yasira und ihrer leiblichen Tochter Mallory, die sie kaum je besuchen konnte.
Zunächst scheint eine Vereinigung der beiden Lebenswelten möglich – doch dann zeigt ein Unfall die Grenzen
einer solchen Verbindung auf und offenbart die sozialen Strukturen Mittelamerikas.
Donnerstag, 3. November 2022, 11:00 Uhr
My Sunny Maad
Regie: Michaela Pavlatova, Afghanistan, Tschechien 2021, Animationsfilm, OV/d, 80’
Als sich Herra, eine junge Tschechin, in Nazir, einen Afghanen, verliebt, hat sie keine Ahnung, was für ein Leben sie im Post-Taliban-Afghanistan im Jahr 2011 erwartet. In der Familie, in die sie sich integriert, gibt es den liberalen Grossvater, den hochintelligenten Adoptivsohn Maad und die Schwägerin Freshta, die alles tun würde, um dem gewalttätigen Griff ihres Mannes zu entkommen.
My Sunny Maad trifft mitten ins Herz. Mit Feingefühl und Humor erleben wir, wie sich ein Familiengefüge neu sortiert. Es ist ein starker, menschlicher Film, der durch die aktuellen Ereignisse in Afghanistan leider täglich an Bedeutung gewinnt.
Donnerstag, 3. November 2022, 12:50 Uhr
Yuni
Regie: Kamila Andini, Indonesien 2021, OV/d/f, 95’
Yuni, selbstbewusst, schlau und schön, lebt mit der Grossmutter in der Provinz, während ihre Eltern in der Hauptstadt arbeiten.
Die Tradition möchte, dass die Familie die 16-Jährige an einen Mann nach Familienwunsch verheiratet, Yuni aber hat ihre eigenen Vorstellungen: sie will studieren, sich selber verlieben und ein eigenes Leben führen. Zwei Anträge hat sie schon abgelehnt, was Unglück bringen soll, so der Aberglaube. Als ein dritter Mann an Yunis Tür klopft, fällt sie aus allen Wolken – des Antragstellers ebenso wie seiner Motive wegen. Es drängt sich die Frage auf, was sie zu riskieren bereit ist, um ihr Leben selbst zu gestalten und ob die Welt, in der sie lebt, dies überhaupt zulässt.
Mit Yuni liefert die aufstrebende indonesische Regisseurin Kamila Andini das bewegende Porträt einer Jugend, die zwischen der Sehnsucht nach Freiheit und lokaler Tradition balanciert.
Donnerstag, 3. November 2022, 15:00 Uhr
The Exam
Regie: Shawkat Amin Korki, Irak 2021, OV/d, 89’
Rojin, eine junge kurdisch irakische Frau, steht kurz vor der Aufnahmeprüfung für die Universität Fällt sie durch, wird ihr Vater sie zur Heirat zwingen. Die ältere Schwester Shilan, unglücklich verheiratet, beschliesst, Rojin um jeden Preis zu helfen, in der Hoffnung, ihr ein emanzipierteres Leben zu ermöglichen.
Der Test ist jedoch nicht die einzige Hürde: Ein Studienplatz ist teuer und um einen zu ergattern, reicht blosses Können nicht – man muss schummeln, tricksen und das verbreitete Korruptionssystem zu nutzen wissen. So verstricken sich die Schwestern unweigerlich in ein riesiges Netz der Korruption, das sich durch alle Teile der Gesellschaft zieht und die beiden unter immensen Druck setzt.
Ein eindrücklicher Film, der am internationalen Filmfestival in Santa Barbara (USA) den Award für den besten internationalen Film erhielt.
Donnerstag, 3. November 2022, 17:00 Uhr
Pa Va Hêng – The Dust Of Modern Life
Regie: Franziska von Stenglin, Vietnam, Deutschland 2021, DOC, OV/d/f/e, 81’
Eine Gruppe junger Männer verlässt einmal im Jahr ihren Alltag als Bauern in einem kleinen vietnamesischen Bergdorf, zieht für mehrere Tage in die Berge und macht sich auf die Suche nach dem alten Leben ihrer Vorfahren. Eine Auszeit, um sich vom Staub des modernen Lebens reinigen.
Ein Film, der in betörenden Bildern von der universellen Bedeutung vom Rückzug in die Natur erzählt.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit der Regisseurin Franziska von Stenglin, Moderation Gian Suhner.
Vor dem Film findet ab 16.30 Uhr der Claro-Apéro im KinoBistro statt.
Dieser Film wird vom Claro Laden Thusis gesponsort.
Donnerstag, 3. November 2022, 19:40 Uhr
Utama
Regie: Alejandro Loayza Grisi, Bolivien 2022, OV/d/f, 87’
Im trockenen bolivianischen Hochland der Anden lebt ein älteres Quechua Ehepaar. Mitten in einer Dürre erkrankt Virginio und verbringt seine letzten Tage im Wissen um seinen bevorstehenden Tod damit, seinen Zustand vor Sisa zu verbergen. Alles verändert sich durch die Ankunft des Enkels Clever, der mit Neuigkeiten aus der Stadt kommt. Die drei stellen sich auf unterschiedliche Weise den Veränderungen, der Dürre und dem Sinn des Lebens.
Zusammen mit seiner hervorragenden argentinischen Kamerafrau Barbara Alvarez zaubert der Bolivianer Alejandro Loayza Grisi eine Erzählung auf die Leinwand, die vom Verlust eines Lebensraums handelt und von einem Leben, das auch so schon entbehrungsreich ist. Der Film liefert eine ebenso schlichte wie dringliche Botschaft: Es gibt nur eine Erde, und es gibt sie nur einmal
Donnerstag, 3. November 2022, 21:45 Uhr
Burning Days – Kurak Günler
Regie: Emin Alper, Türkei 2022, Türkisch/d/f, 129’
Emre, ein junger und engagierter Staatsanwalt, wird in eine anatolische Kleinstadt entsandt, wo ein Loch in der weiten Landschaft klafft. Die Ursache: Wassermangel, gründend auf einer Politik, die sich um Einzelinteressen kümmert, aber kaum um jene der Gemeinschaft. Und eben diese politischen Skandale sollen jetzt untersucht werden. Herzlich ist die Begrüssung von Verantwortlichen am Ort, unentwirrbar wirken die Netze, die da geflochten sind. Gerüchte und Lügen prägen den Alltag und werden schleichend zu Wahrheiten. Und nachdem bei einem Höflichkeitsbesuch ordentlich Alkohol geflossen ist, wacht Emre am nächsten Morgen mit Erinnerungslücken und mitten in einer Intrige auf.
Ein fesselnder Politthriller, in dem sich Abgründe einer Gesellschaft auftun.
Freitag, 4. November 2022, 09:00 Uhr
Klondike
Regie: Maryna Er Gorbach, Ukraine 2022, OV/d/f, 100’
Juli 2014. Die werdenden Eltern Irka und Tolik leben in der Region Donezk in der Ostukraine nahe der russischen Grenze. Das Gebiet ist umkämpft, die Situation ist angespannt. Ihre Vorfreude auf die Geburt ihres ersten Kindes wird gewaltsam gestört, als ein Flugzeug der Malaysian Airlines von der russischen Flugabwehr abgeschossen wird, die Maschine in unmittelbarer Nähe abstürzt und russische Truppen das Dorf einnehmen.
Tolik will seine Frau in unbesetztes ukrainisches Gebiet evakuieren, aber die schwangere Irka will unbedingt in ihrem Haus bleiben. Basierend auf einem realen Ereignis, zeichnet die Filmemacherin ein düsteres Porträt der Spannungen in der Ostukraine.
! explizite Darstellung oder Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt.
Dienstag, 1. November 2022, 20:00 Uhr
Hit the Road
Regie: Panah Panahi, Iran 2021, Farsi/d, 95’
Eine Familie fährt durch die magisch-schöne Landschaft des Irans. Hinten in ihrem Leihwagen sitzt der Vater mit eingegipstem Bein. Die Mutter versucht, ihren kleinen Jungen zu bändigen, der ständig rumklettert und allerlei Schabernack treibt. Nur der schon erwachsene Sohn des Ehepaares sagt kein Wort, sitzt am Steuer und blickt stoisch auf die Strasse. Dass die zunächst ziellos scheinende Reise mehr ist als ein harmloser Ausflug, wird immer klarer, je weiter die Familie in die Bergwelt im Norden des Landes vordringt…
Aus diesen Grundzutaten fertigt Panahi ein phänomenales Spielfilmdebüt, mal herrlich komisch, mal leise berührend, sprühend vor Energie, voller poetischer Kraft, tiefer Menschlichkeit und Zärtlichkeit, das am London Filmfestival 2021 zum besten Film gekürt wurde.
Mittwoch, 1. November 2023, 12:15 Uhr
The Land of Sasha
Regie: Julia Trofimova, Russland 2022, ab 14 Jahren, Russisch/d,f, 82’
Kaum ist die Schule vorbei, macht Saschas sonst so lockere und komplizenhafte Mutter Druck. Er soll sich an der Uni einschreiben. Aber Sascha lebt im Moment. Und im Moment will er mit seinem Freund Max an seinen Graffiti-Skills feilen. Und vielleicht seinen Vater kennenlernen. Da begegnet ihm die sanfte Zhenya. Getragen vom Licht und der Leichtigkeit des Sommers, ergründen die beiden zusammen ihre Gefühle, Talente und Ängste. Der Film fängt ihre sich leise anbahnende Beziehung und ihre verborgensten Gedanken über die Zukunft ein.
In ihrem Debüt, welches auf dem gleichnamigen Roman der Schriftstellerin Gala Uzryutova basiert, beschreibt die Filmemacherin Julia Trofimova die Träume und Sehnsüchte der Jugend, verspielt und mit viel Gespür für Sinnlichkeit.
→ Für Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 1. November 2023, 14:00 Uhr
Das Herbstfest
Regie: Marjolaine Perreten, Schweiz, Frankreich, Belgien 2022, Animationsfilm, ab 4 Jahren, Deutsch, 52’
Grossmutter, Mutter und ihre drei Kinder leben am Ufer eines Baches und bereiten sich auf das grosse Herbstfest vor. Doch das Hochwasser spült ihr Dorf weg und sie brechen in eine neue Zukunft auf. Werden sie eine neue Heimat finden und ihr geliebtes Herbstfest doch noch feiern können?
Geh weg Alfred!, (11’)
Alfred musste wegen des Krieges aus seinem Land fliehen. Ohne Unterkunft irrt er von einer Absage zur nächsten. Eines Tages trifft er Sonia, die ihm einen Café anbietet.
Kopf in den Wolken, 10’
Alphonse, ein kleines Eichhörnchen, liebt es, die Wolken zu betrachten, was manchmal einen gewissen Mut braucht, der den größten Entdeckern würdig ist.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 1. November 2023, 19:45 Uhr
Decision to Leave
Regie: Park Chan-Wook, Korea 2022, Koreanisch/d,f, 140’
Von einem Berggipfel in Südkorea stürzt ein Mann in den Tod. Ist er gesprungen oder wurde er gestossen? Bald beginnt der ambitionierte und dabei ausgesprochen höfliche Polizist Hae-joon die Frau des Toten, Seo-rae, zu verdächtigen. Doch während die Ermittlungen voranschreiten, fängt Hae-joon Gefühle für die verdächtige Frau zu entwickeln. Professionelle Grenzen werden überschritten und Hae-joon verstrickt sich in einem Netz aus Täuschung und Begehren.
Ein genialer Drahtseilakt zwischen mitreissendem Film Noir und melodramatischer Liebesgeschichte, von feinem Humor durchzogen, zutiefst bewegend erzählt und bis zum Schluss hochspannend: ein fulminanter Film, der am Festival in Cannes 2022 mit dem Regie-Preis ausgezeichnet wurde.
Donnerstag, 2. November 2023, 12:40 Uhr
Harka
Regie: Lotfy Nathan, Tunesien 2022, Arabisch/e,d, 90’
Ali, ein junger Tunesier in den Zwanzigern, verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Schmuggelgas in den Straßen. Er träumt von einem besseren Leben für sich, doch nach dem plötzlichen Tod seines Vaters ist er nicht mehr nur für sich, sondern auch für seine beiden kleinen Schwestern verantwortlich. Die drohende Zwangsräumung macht es umso dringender, eine feste Arbeit zu finden, aber in einer Gesellschaft voller Korruption bleibt fast nur der illegale Weg. Ali sieht sich plötzlich mit einer Entscheidung konfrontiert, von der es vielleicht kein Zurück mehr gibt.
Lotfy Nathans Spielfilmdebüt ist ein packendes und unvergessliches Porträt eines Kampfes um Würde und wurde 2022 in der Sektion Un Certain Regard in Cannes ausgezeichnet.
Donnerstag, 2. November 2023, 20:40 Uhr
The Happiest Man in the World
Regie: Teona Strugar Mitevska, Nordmazedonien 2022, Bosnisch/d,f, 95’
Sarajevo, heute. Asja, eine Frau in den Vierzigern, hat sich zu einem Speed-Dating-Tag angemeldet, wo sie hofft, die grosse Liebe zu finden. Man stellt ihr Zoran vor, einen Banker in ihrem Alter, und als erstes sollen sie zunächst Fragen zu Leben, Hobbys und Religion beantworten, um einander kennenzulernen. Nachdem Asja von sich erzählt hat, fasst Zoran seine Lebensgeschichte in nur wenigen Sätzen zusammen – doch die wiegen schwer. In Asja taucht plötzlich Verdrängtes auf und auch Zoran gerät ins Straucheln. Bald ist allen klar: Hier geht es um viel mehr, als eine Partnerin, einen Partner fürs Leben zu finden.
Mit trockenem Humor und heilsamer Wirkung betrachtet der Film nicht nur sensibel die Unwägbarkeiten der Liebe, sondern macht auch noch offene Wunden der jüngsten Geschichte Bosniens sichtbar.
Freitag, 3. November 2023, 09:30 Uhr
Al Murhaqoon – The Burdened
Regie: Amr Gamal, Jemen 2023, Arabisch/d,f, 91’
Isra’a lebt mit ihrem Mann Ahmed und drei Kindern in Aden im Süden Jemens. Der Bürgerkrieg prägt ihren Alltag: Militärkontrollen in den Strassen, häufige Stromausfälle, kein fliessendes Wasser im Haus. Ahmed hat bisher fürs Fernsehen gearbeitet, doch seit zwei Monaten wurde kein Gehalt mehr bezahlt und er schlägt sich als Fahrer durch. Als Isra’a unerwartet schwanger wird, gerät das Paar in eine Krise. Beide wissen, dass sie sich ein weiteres Kind nicht leisten können, denn die Miete wurde erhöht und das Schulgeld ist fällig. Gemeinsam entschließen sie sich zu einer illegalen Abtreibung, was nicht nur ihre Beziehung vor grosse Herausforderungen stellt.
Ein sensibles Familiendrama aus einer allzu oft vergessenen und selten portraitierten Krisenregion, das auf wahren Tatsachen beruht und mit dem Amnesty International Film Award 2023 ausgezeichnet wurde.
Samstag, 4. November 2023, 15:45 Uhr
Nezouh
Regie: Soudade Kaadan, Syrien 2022, Arabisch/d,f, 103’
Die 14-jährige Zeina lebt mitten im einst so lebensfrohen Damaskus in einem zerbombten Viertel, aus dem alle geflohen sind. Ihr Vater Motaz beharrt eisern darauf, zu bleiben. Er hat Angst, zum Flüchtling zu werden. Hala, Zeinas Mutter, möchte nichts lieber als gehen. Ihre raren Momente von Freude und Freiheit sind jene, in denen sie mit Zeina zu Popmusik tanzt. Dann reisst eine Bombe ein Loch in die Decke von Zeinas Zimmer, was mindestens zwei Vorteile hat: Sie kann unter freiem Himmel träumen und lernt den gleichaltrigen Amer kennen, der auf den Dächern des Quartiers ausharrt.
Der Spielfilm ist ein sanftes Juwel aus einem malträtierten und in Trümmern liegenden Syrien, das uns die Kraft des Träumens zeigt. Ein hoffnungsvolles Märchen und Publikumsliebling von Venedig.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Regisseurin Soudade Kaadan, Moderation Mari Serrano.
Samstag, 4. November 2023, 20:40 Uhr
About Kim Sohee
Regie: July Jung, Südkorea 2022, Koreanisch/d,f, 132’
Sohee ist Lernende an einer Berufsschule. Sie ist begeistert, als sie ein Praktikum im Callcenter eines grossen Internetanbieters bekommt, doch der begehrte Job entpuppt sich als albtraumhafter Arbeitsplatz. Das Unternehmen setzt sie unter immensen Druck, das beste Teamziel zu erreichen. So freudig sie eingestiegen ist: Sohee ist zwischen Wut, Enttäuschung und Druck hin- und hergerissen.
Im Kern dreht sich der Film um die Arbeit in Callcenters, aber man kann ihn weit über das hinaus sehen als Beschreibung unserer Arbeitswelten, die von Zeitdruck und Erwartungshaltungen geprägt sind. Die Umstände sind koreanisch, die Entwicklungen global.
Der an den Tokyo FILMeX mit dem Special Jury Prize 2022 ausgezeichnete Film basiert auf einer realen Begebenheit und pendelt behutsam zwischen Drama und Krimi.
Sonntag, 5. November 2023, 09:30 Uhr
Für Hunde und Italiener verboten
Regie: Alain Ughetto, Italien 2022, Animationsfilm, ab 12 Jahren, OV/d, 70’
Luigi Ughetto und seine Brüder lassen ihr Dorf Ughettera, das Land der Ughettos in ihrer Heimat Piemont, hinter sich, um «La Merica» zu entdecken, dieses fabelhafte Land, in dem die Dollars auf den Bäumen wachsen. Anstelle von Amerika wird Luigi sein Bündel in der Provence ablegen.
Seine Geschichte ist die von Hunderttausenden von Italiener:innen, die ihre Heimat verlassen haben, um sich in Frankreich, der Schweiz, Belgien und überall sonst niederzulassen.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Sonntag, 5. November 2023, 16:10 Uhr
Banel e Adama
Regie: Ramata-Toulaye Sy, Senegal 2023, OV/d,f, 87’
Vorpremiere
Banel und Adama lieben sich. Sie leben in einem abgelegenen Dorf im Norden Senegals und sehnen sich nach einem eigenen Zuhause, weg von Familie und sozialen Verpflichtungen. Dies bedeutet jedoch, dass Adama die für ihn vorgesehene Rolle als Dorfvorsteher nicht wahrnehmen kann. Als Adama den Dorfrat von seinem Vorhaben unterrichtet, gerät die gesamte Gemeinschaft in Aufruhr und der Regen, der eigentlich kommen sollte, bleibt aus. Banel und Adama lernen, dass dort, wo sie leben, kein Platz für Leidenschaft ist, geschweige denn für Chaos.
Gespickt mit einer Prise magischen Realismus und viel Poesie gestaltet Ramata-Toulaye Sy ein wahres Bijou und schaffte es mit ihrem Erstling prompt in den diesjährigen Wettbewerb von Cannes.
Sonntag, 5. November 2023, 17:55 Uhr
1976
Regie: Manuela Martelli, Chile 2022, Spanisch/d,f, 95’
Chile, 1976. Die 50-jährige Carmen führt mit ihrem Mann Miguel und den erwachsenen Kindern ein gutbürgerliches Leben in der Hauptstadt Santiago. Über Politik wird in der Familie und im Freundeskreis nicht gesprochen. Man hat sich relativ gut arrangiert unter General Pinochet. Als der Pfarrer sie bittet, sich um einen jungen Mann zu kümmern, den er heimlich beherbergt, betritt Carmen Neuland, weg von dem ruhigen Leben, das sie gewohnt ist.
Manuela Martelli hat in ihrem Spielfilmerstling ein ungemein dicht gestaltetes, sorgsam erzähltes und präzise gefilmtes Stimmungsbild aus einem Land in einer Zeit gedreht, in der Menschen nicht mehr wissen, wem sie trauen können und wem nicht.
Der Film ist geprägt von den Erfahrungen der Grossmutter der Regisseurin; der Blickwinkel auf die Gesellschaft ist weiblich und er ist hochaktuell: eine Entdeckung.
Sonntag, 5. November 2023, 19:45 Uhr
Le Bleu du Caftan
Regie: Maryam Touzani, Marokko 2022, ab 12 Jahren, Arabisch/Französisch/d, 123’
In einer Gasse der verwinkelten Altstadt des marokkanischen Ortes Salé betreiben Halim und Mina eine Schneiderei. Aus edelsten Stoffen stellen sie in aufwändiger Handarbeit Kaftane her. Das Geschäft floriert, das Ehepaar kann den Ansturm der anspruchsvollen Kundschaft kaum mehr bewältigen. So beschliessen die beiden, den talentierten Youssef als Lehrling einzustellen. Die Anwesenheit des attraktiven jungen Mannes im Nähatelier weckt bei Halim lange unterdrückte Gefühle – was auch Mina nicht verborgen bleibt…
Der Film erzählt von einer verbotenen Leidenschaft unter Männern und rührt damit an ein Tabu Marokkos. Eine feinfühlige, vielschichtige Kino-Perle, die an den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2022 den FIPRESCI-Preis – Bester Film sowie in der Sektion Un Certain Regard gewonnen hat.
Dienstag, 31. Oktober 2023, 00:00 Uhr
Ausstellung Verein Miteinander Valzeina
Mittwoch, 1. bis Freitag, 3. November 2023: 13.00 – 17.00 Uhr, Samstag, 4. bis Sonntag, 5. November 2023: 11.00 – 17.00 Uhr
Im Saal der reformierten Kirchgemeinde Thusis
Eröffnungsapéro am Dienstag, 31.10.2023, 21 Uhr
Der Verein Miteinander Valzeina wurde Jahr 2007 gegründet. Klar strukturiert und engagiert haben die Valzeiner sich zum Ziel gesetzt, sich uneigennützig für menschenwürdige Bedingungen von abgewiesenen Asylbewerber:innen, die sich am Rande unserer Gesellschaft bewegen, einzusetzen. Diesen Menschen im Ausreisezentrum Flüeli bietet der Verein humanitäre Nachbarschaftshilfe und Unterstützung an, um ihre widrigen, perspektivenlosen Lebensbedingungen etwas zu erleichtern, auch wenn die Arbeit teils auf Widerstand stösst und zu Anfeindungen führt.
Der Verein wurde 2020 mit dem Anna-Göldi-Menschenrechtspreis ausgezeichnet.
→ Eine Ausstellung der diesjährigen Gastorganisation Verein Miteinander Valzeina.
Samstag, 4. November 2023, 11:00 Uhr
Familienlos
Regie: Angela Spörri, Schweiz 2023, DOC, OV/d, 87’
Der Kambodschaner Thun Chay wurde auf der Flucht vor den Roten Khmer von seiner Mutter im Flüchtlingslager zurückgelassen. Als Waisenkind kam er in die Schweiz und wuchs im Pestalozzi-Kinderdorf in Trogen auf. Hier hat er ein neues Zuhause gefunden und seine eigene Familie gegründet.
Heute, 30 Jahre später, will er sein Schicksal aufarbeiten und begibt sich mit seiner Mutter auf eine Reise durch Kambodscha zu den Orten seiner Kindheit.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Regisseurin Angela Spörri und Protagonist Thun Chay, Moderation Daniel von Aarburg.
Samstag, 4. November 2023, 13:45 Uhr
Etilaat Roz
Abbas Rezaie, Afghanistan 2022, DOC, OV/d,e, 97’
15. August 2021. Die Taliban übernehmen die Kontrolle über Kabul. Das Redaktionsbüro der auflagestärksten Zeitung „Etilaat Roz“ wird zur Festung. Inmitten von Zensur, Verhaftungen, Angriffen, Folter und Drohungen gegen Journalisten versuchen Chefredakteur Zaki Daryabi und sein Team, ihre Arbeit fortzusetzen. Was als Schock über eine surreale Situation beginnt, verwandelt sich allmählich in die Erkenntnis einer unausweichlichen Realität.
In diesem Dokumentarfilm, der in den zwei Monaten nach der Machtübernahme der Taliban und innerhalb der Mauern des Zeitungsbüros gedreht wurde, zeigt uns Abbas Rezaie einen eindrucksvollen Bericht aus erster Hand über den Zusammenbruch der Pressefreiheit in Afghanistan. Ein prägnantes Porträt der Ohnmacht über eine Gruppe mutiger Journalisten in ihrem Kampf um Wahrheit, Freiheit und Leben.
Samstag, 4. November 2023, 18:50 Uhr
Harvest Moon
Amarsaikhan Baljinnyam, Mongolei 2022, ab 10 Jahren, OV/d,f,e, 90’
Als sein Vater schwer erkrankt, kehrt Tulgaa, der als Koch in der Stadt arbeitet, zurück in sein Dorf. Bald stirbt der Vater und er beschließt, dort zu bleiben und die Ernte einzufahren, wie er es seinem Vater versprochen hatte. Während er auf dem Feld arbeitet, trifft er Tuntuulei, einen zehnjährigen Jungen, der allein bei seinen Großeltern lebt, während seine alleinerziehende Mutter in der Stadt arbeitet. In der unendlichen Weite der mongolischen Steppe schliesst das Duo Freundschaft.
Ein einfühlsames Werk über die innere Welt eines Jungen und die eines Mannes und deren Beziehung zu ihren Vätern, das an drei Festivals den Publikumspreis und am Asian Summer Film Festival 2023 in den Kategorien Critics’ Award und Jury’s Special Mention gewann.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Samstag, 4. November 2023, 23:10 Uhr
Liebe, D-Mark und Tod
Regie: Cem Kaya, Deutschland 2022, DOC, OV/d, 96’
Anfang der 60er-Jahre brachten die Menschen aus der Türkei nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern auch ihre Sprache, Kultur und ihre Musik mit nach Deutschland. Es entstand eine Musikszene, die ihre Wurzeln in der Türkei, aber ihre Blütezeit in der Bundesrepublik hatte. Bis heute ist sie allgegenwärtig und dient als Sprachrohr der zweiten und dritten Generation von Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind.
Geschichten der Band Derdiyoklar, von Radio Yılmaz, des Protestrockers Cem Karaca und vielen anderen zeugen von der einzigartigen Lebendigkeit der türkischen Musik in Deutschland.
Cem Kayas mitreissender Dokumentarfilm zelebriert 60 Jahre Musikkultur türkeistämmiger Migrant:innen in der BRD und wurde mit dem Publikumspreis der Berlinale 2022 ausgezeichnet.
Sonntag, 5. November 2023, 10:55 Uhr
El Castigo – The Punishment
Regie: Mathias Bize, Chile, Argentinien 2022, OV/d,f, 86’
Ana fährt mit dem Familienauto durch den Wald. Sie ist wütend. Ihr Mann Mateo bittet sie, zum Ort zurückzufahren, wo sie ihren 7-jährigen Sohn zur Strafe zurückgelassen haben. Es sind nur zwei Minuten verstrichen, doch der Kleine ist verschwunden.
In 80 Minuten in Echtzeit muss sich das Paar mit Angst, Schuldgefühlen, der Zerbrechlichkeit ihrer Verbindung und den schlimmsten Enthüllungen auseinandersetzen: Ein Teil von Ana hofft, dass sie ihren Sohn nicht finden, weil sie seit seiner Geburt nicht mehr glücklich ist.
In einer einzigen virtuosen Einstellung lotet der Film die Grenzen elterlicher Autorität aus.
Sonntag, 5. November 2023, 12:40 Uhr
Stille über Fukushima
Regie: Aya Domenig, Japan, Schweiz 2021, DOC, OV,Deutsch/d, 52’
Zehn Jahre nach der Atomkatastrophe spricht in Japan fast niemand mehr über Fukushima. Für die Olympischen Sommerspiele in Tokyo 2020 will sich das Land von seiner besten Seite zeigen. Doch noch immer sind die Strahlenwerte an vielen Orten zu hoch, die Probleme rund um den Rückbau der zerstörten Reaktoren sind ungelöst, und viele Umgesiedelte wollen nicht ins verstrahlte Gebiet zurückkehren.
In dem Dokumentarfilm porträtiert die schweizerisch-japanische Regisseurin Aya Domenig fünf japanische Kunstschaffende, die trotz grosser Widerstände im eigenen Land die Verharmlosungstaktik der Regierung kritisieren und gegen das Vergessen ankämpfen. Der Film wirft Fragen auf zum Verhältnis zwischen Bürger und Staat, zwischen Kunst und Politik und zur Verantwortung, die wir gegenüber den kommenden Generationen tragen
Sonntag, 5. November 2023, 13:45 Uhr
Je Suis Noires
Regie: Rachel M’bon, Juliana Fanjul, Schweiz 2022, DOC, ab 10 Jahren, Französisch/d, 65’
In der Schweiz, einem Land der Neutralität, werden neue, ungewohnte Stimmen laut. Stimmen von Frauen, die für die Anerkennung des strukturellen Rassismus kämpfen, Stereotypen
dekonstruieren und sich zu ihrer doppelten Identität als Schweizerin und Schwarze bekennen.
In diesem Kontext beginnt Rachel M’Bon, eine schweizerisch kongolesische Journalistin, ihre eigene Identitätssuche. Auf ihrem Weg zur Befreiung hinterfragt sie ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart und hält ihrem Land und ihren Altersgenoss:innen einen Spiegel vor.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Tallulah Bär, Protagonistin des Films, Moderation Gianna Olinda Cadonau.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Dienstag, 31. Oktober 2023, 13:30 Uhr
Annas Sommer
Regie: Jeanine Meerapfel, Deutschland, Griechenland, Spanien 2021, Deutsch, 107'
Nach dem Tod ihres Mannes Max reist die 45-jährige Fotografin Anna auf die griechische Insel Symi, dem Ferienort ihrer Familie. Eigentlich ist sie nur zurückgekehrt, um ihre Erbschaft – das Haus ihrer griechischen Familie – zu übernehmen. Doch als formale Fragen sie zwingen, die alte Familientruhe zu öffnen, um wichtige Dokumente zu finden, entdeckt sie dort auch die Geister der Erinnerung, welche Anna mit ihrer eigenen Geschichte konfrontieren und sie die Gegenwart neu erfahren lassen…
Assoziativ führt der Film durch verschiedene Zeiten und an verschiedene Schauplätze, die Anna gedanklich bereist. In der Gegenwart beginnt sie eine Affäre mit dem jungen Nikóla, der von einem Leben in Berlin träumt. Eine sinnlich-mediterrane Geschichte über Liebe, Leben und Abschied.
Ausgezeichnet mit dem Spezialpreis der Jury des argentinischen Festivals Mar del Plata
Dienstag, 31. Oktober 2023, 15:30 Uhr
Fremont
Regie: Babak Jalali, Afghanistan, USA 2022, OV/d, 91’
Donya hat als Übersetzerin in ihrer afghanischen Heimat für die US-Regierung gearbeitet und konnte sich im letzten Moment absetzen. Jetzt lebt sie allein in Fremont, Kalifornien, in einem Gebäude mit anderen afghanischen Einwanderinnen und Einwanderern. Sie kann kaum schlafen, isst oft allein in einem örtlichen Restaurant und schaut regelmässig Soaps. Ihre eintönige Routine fernab der Heimat ändert sich, als sie in ihrem Job in einer Glückskeksfabrik in der Stadt zur Wahrsagerin befördert wird. Während ihre Prophezeihungen von wildfremden Menschen in der ganzen Bay Area gelesen werden, treibt Donyas schwelende Sehnsucht sie dazu, eine eigene Botschaft in die Welt hinauszusenden, ohne zu wissen, wohin sie führen wird. Sie träumt und wir träumen mit ihr.
Babak Jalali führt uns mit zärtlichem Humor und wohltuender Lakonik vor Augen, was Menschen einander näher bringen kann.
Dienstag, 31. Oktober 2023, 17:20 Uhr
Mother Land
Regie: Park Jae-boem, Südkorea 2022, Animationsfillm, 10 Jahre, OV/d, 68’
Krisha ist eine Tochter der Yates, dem Nomadenstamm der Tundra. Um ihre kranke Mutter zu retten, folgt sie den Worten des Schamanen und begibt sich auf ein Abenteuer bis ans Ende des nördlichen Landes, um den roten Bären zu finden, den sie in ihren Träumen gesehen hat. In der Zwischenzeit dringen Hauptmann Wladimir von der Bundesarmee und Bazak, der Jäger, in den Wald ein, um den Rotbären zu jagen.
Der Animationsfilm in Stop Motion zeichnet das Porträt eines von der Moderne bedrohten Volksstamms der Tundra und nimmt die Zuschauer:innen mit auf eine unbedingt sehenswerte spirituelle Reise.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Dienstag, 31. Oktober 2023, 18:45 Uhr
Amine – Held auf Bewährung
Regie: Dani Heusser, Schweiz 2022, DOC, Dialekt, 70’
Verein Miteinander Valzeina präsentiert
Amine Diare Conde flüchtet mit 15 Jahren aus Guinea nach Europa. Als Initiant von «Essen für alle», einer gratis Essensverteilung für alle, wird der 22-Jährige zum bekanntesten Asylbewerber der Schweiz. In der wenigen Zeit, die ihm neben dem Projekt bleibt, kämpft der Abgewiesene für sein Bleiberecht. Ein eindringlicher Film, der mit dem Prix du Public an den Solothurner Filmtagen 2023 ausgezeichnet wurde.
Danach läuft der animierte Kurzfilm (5’) Aber ich lebe hier von Leana Wirth über Sans Papiers in der Schweiz.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit dem Hauptdarsteller Amine Diare Conde und Wanja Gwerder von der Gastorganisation «Verein Miteinander Valzeina», Moderation Daniel von Aarburg.
Dienstag, 31. Oktober 2023, 21:10 Uhr
Joyland
Regie: Saim Sadique, Pakistan 2022, OV/d, 126’
Mitten in der umtriebigen Grossstadt Lahore lebt die Familie Rana, untere Mittelklasse, dem hier vorherrschenden patriarchalen System verpflichtet. Der alte Vater gibt den Ton an, der ältere Sohn hat drei Töchter, seine Frau ist schwanger und sollte wohl nun mal einen Sohn gebären. Der Jüngste im Clan heisst Haider: ein Tagträumer, schon eine Weile arbeitslos und mit der klugen Mumtaz verheiratet.
Als er eines Tages unverhofft als Backgroundtänzer in der Show der charismatischen Trans-Frau
Biba anheuert, nimmt sein Leben schlagartig eine Wendung, wenn auch nicht jene, die sich die traditionelle Familie vorstellt.
Ein intelligenter und frecher Film, der eine vielschichtige und letztlich explosive Liebesgeschichte erzählt und mit dem Jurypreis in der Reihe Un Certain Regard in Cannes ausgezeichnet wurde.
Mittwoch, 1. November 2023, 15:15 Uhr
Sweet As
Regie: Jub Clerc, Australien 2022, ab 14 Jahren, OV/d,f, 87’
Die 15-jährige Aborigine Murra ist nach einem Zwischenfall mit ihrer drogenabhängigen Mutter kurz davor, im Kinderschutzsystem verloren zu gehen. Doch das Blatt wendet sich zum Guten für sie: Auf einer Fotosafari
für gefährdete Jugendliche reist sie eine Woche durch die uralten Landschaften ihrer Ahnen, gewinnt Freund*innen fürs Leben, erlebt Herzschmerz und entdeckt ihre Liebe zur Fotografie. Denn durch den Sucher ihres Fotoapparats findet sie ihren eigenen Blick auf die Welt.
Die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten und ist ein Loblied auf kulturelle Resilienz und Entwicklung.
→ Für Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 1. November 2023, 17:30 Uhr
ZUT
Regie: François de Saint Georges, Belgien 2022, DOC, OV/d, 54’
In Hesbaye, einer fruchtbaren Agrarregion Belgiens, haben Marie-Thérèse und Christian ihre Gemeinde zu einer ZUT gemacht, einer „Zone urgently to be transformed“. Sie wollen keine Pestizide mehr, ab sofort und nie mehr. Ihr Ziel ist es, diese unsichtbare Verschmutzung sichtbar zu machen. Auch in anderen Teilen Belgiens kämpfen andere Akteur:innen, Landwirt:innen, Wissenschaftler:innen und Forscher:innen mit dem gleichen Problem. Wie können wir unserer Abhängigkeit von chemischer Einwirkung entkommen? Wie können wir alle Aspekte des Problems sichtbar machen?
→ Im Anschluss Filmgespräch mit dem Regisseur François de Saint Georges, Moderation Flurina Badel.
→ Vor dem Film findet ab 16.45 Uhr der Claro-Apéro im KinoBistro statt.
→ Diese Vorstellung wird vom Claro Laden Thusis gesponsert.
Donnerstag, 2. November 2023, 09:30 Uhr
Vandana Shiva – Ein Leben für die Erde
Regie: James und Camilla Becket, USA, Australien 2021, DOC, OV/d, 81’
Wie wurde Vandana Shiva, die eigensinnige Tochter eines Waldschützers aus dem Himalaya, eine ernstzunehmende Rivalin von Agrarkonzernen wie Monsanto? Der Dokumentarfilm erzählt die bemerkenswerte Lebensgeschichte der Öko-Aktivistin Dr. Vandana Shiva und konzentriert sich auf bahnbrechende Ereignisse, die ihr Denken formten, bevor sie den Kampf gegen ein mächtiges Agrarbusiness aufnahm, sich den Großkonzernen der industriellen Landwirtschaft entgegenstellte und in der Bewegung für Biodiversität und ökologische Landwirtschaft zur Ikone wurde.
Mit ihrer Entschlossenheit inspirierte sie zu einer Agrar- und Ernährungswende, wofür sie unter anderem den alternativen Nobelpreis erhielt.
Donnerstag, 2. November 2023, 11:10 Uhr
Si tu es un homme
Regie: Simon Panay, Burkina Faso 2022, OV/d,f, 76
Opio ist 13 Jahre alt und arbeitet seit mehreren Jahren in der Goldmine von Perkoa in Burkina Faso. Er ist zu jung, um in die Minen zu gehen und hat Angst vor der Untergrundwelt, also bleibt er oben, bricht Steine und zieht Männer und Taschen an die Oberfläche. Mit jeder Tasche voller Steine steigt die Aufregung und Hoffnung auf Reichtum, die jedoch immer enttäuscht wird.
Um Opio eine Zukunft zu sichern, möchte sein Vater, dass er eine Berufsausbildung absolviert, aber die Schulgebühren sind zu teuer. Also steigt Opio doch in die unterirdischen Gänge ab, um dort das Edelmetall zu schürfen.
Opios Geschichte ist ein echtes Lehrstück über Mut und die Verwirklichung von Träumen.
Donnerstag, 2. November 2023, 14:30 Uhr
Plan 75
Regie: Chie Hayakawa, Japan 2022, OV/d/f, 112’
In einer nahen Zukunft ermutigt das japanische Regierungsprogramm «Plan 75» ältere Menschen zum freiwilligen Sterben, um die Überalterung der Gesellschaft zu bekämpfen. Eine Seniorin, die nicht mehr unabhängig leben kann, ein pragmatischer «Plan 75»-Verkäufer und eine junge philippinische Pflegerin stehen vor der Entscheidung über Leben und Tod.
Der Film ist eine wunderbar humanistische Geschichte, die Japans Überalterungskrise auf einfallsreiche
Weise als Vorlage für eine dystopische Erzählung nutzt. Doch Plan 75 ist nicht nur düster. Indem sie Michiko, Maria und Hiromu auf ihrem Weg begleitet, feiert Regisseurin Chie Hayakawa das Leben und all seine alltäglichen kleinen Freuden. Eine eindringliche Erzählung, die mit dem Grand Prix des Festival International du Film de Fribourg, Critics’ Choice Award und dem Preis der Jugendjury ausgezeichnet wurde
Donnerstag, 2. November 2023, 16:40 Uhr
Globalisierung in der Krise 2
Regie: David Syz, Schweiz 2022, DOC, Deutsch,OV/d, 50’
Die Globalisierung scheint in der Krise. Die Regierungen finden für den steigenden Bedarf nach Arbeitskräften zu Gunsten von Handel und Wirtschaft nicht das richtige Rezept. Warum sonst propagiert der freie Welthandel die uneingeschränkte Mobilität von Gütern, aber der Migration von Arbeitskräften werden Grenzen gesetzt? Und das zum Leidwesen von Menschen, die arbeiten möchten, aber nicht dürfen. Dafür floriert die Schattenwirtschaft und zwingt Männer und Frauen unter prekären Umständen zu flüchten, wohnen und arbeiten. Auf der Spurensuche nach den Ursachen der Migration, die auch damit zu tun hat, dass reiche Länder arme Länder ausbeuten, erzählt der Dokumentarfilm von den Gewinner:innen und Verlierer:innen dieses Wettbewerbs.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit dem Regisseur David Syz, Moderation Daniel von Aarburg.
Donnerstag, 2. November 2023, 18:50 Uhr
The Breaking Ice
Regie: Anthony Chen, China 2023, OV/d,f, 97’
Im kalten winterlichen Yanji, einer Stadt an der Nordgrenze Chinas, fühlt sich der junge Städter Haofeng, der aus Shanghai angereist ist, verloren und hilflos. Er leidet unter schweren Depressionen, doch als er Nana, eine charmante lokale Reiseleiterin, sieht, kann er nicht anders, als ihr zu folgen. Sie stellt ihm Xiao vor, einen sympathischen, aber frustrierten Restaurantangestellten. Während eines betrunkenen Wochenendes freunden sich die drei schnell an. Während sie sich ihren individuellen Traumata stellen, tauen ihre eingefrorenen Wünsche langsam auf, während sie versuchen, sich aus einer eisigen Welt zu befreien, welche durch die makellose, eisige Schönheit der Landschaft kraftvoll untermalt wird.
Ein freigeistiger Film, der aus Impulsen und visuellen Vorschlägen entstanden zu sein scheint und ohne Drehbuch begonnen wurde.
Donnerstag, 2. November 2023, 22:30 Uhr
R.M.N.
Regie: Christian Mungiu, Rumänien, Frankreich, Belgien 2022, OV/d, f, 125’
Vor Weihnachten kehrt Matthias in sein multiethnisches Heimatdorf in Transsilvanien zurück, nachdem er seinen Job in Deutschland fluchtartig verlassen hat. Doch weder seine Exfrau Ana noch sein Sohn Rudi haben auf ihn gewartet. Auch seine ehemalige Geliebte Csilla, die Chefin einer Grossbäckerei, will nichts mehr von ihm wissen. Sie sucht händeringend Mitarbeitende, um weiterhin von EU- Fördermitteln profitieren zu können. Als sie drei Männer aus Sri Lanka einstellt, gerät das Gleichgewicht des Dorfes aus dem Lot. Der gesammelte Frust der Gemeinschaft entlädt sich gegenüber der Bäckerei und den Neuankömmlingen. Unterschwellige, mit Ritualen und Religiosität begründete Ausbrüche von Rassismus und Fremdenhass dringen an die Oberfläche, als hätten sie nur auf eine Gelegenheit gewartet.
Eine bissige Allegorie über eine Randregion, in der sich die Menschen von der Welt vergessen fühlen.
Freitag, 3. November 2023, 11:15 Uhr
Abang Adik
Jing Ong, Malaysia 2023, OV/d,f,e, 115’
Seit sie Waisen sind, leben die Brüder Abang und Adi im heutigen Malaysia in der Illegalität. Ihre Bindung ist untrennbar und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Der etwas ältere und gehörlose Abang ist ein altruistischer Weltverbesserer, während Adi ein hemmungsloser Schlingel ist. Während Abang versucht, auf dem richtigen Weg zu bleiben, damit ihr Sozialarbeiter die dringend benötigten Dokumente besorgen kann, gerät Adi immer mehr in den fatalen Strudel des Einwandererschmuggels. Ein brutaler Unfall erschüttert das zerbrechliche Gleichgewicht der Beziehung zwischen den beiden und ihr Schicksal scheint besiegelt.
Das bemerkenswerte Debüt zeigt einen seltenen Einblick in das Leben auf den Strassen Malaysias und wurde mit dem Hauptpreis beim New York Asian Film Festival 2023 sowie dem Hauptpreis beim Far East Film Festival in Udine ausgezeichnet.
Freitag, 3. November 2023, 13:30 Uhr
Una Mujer – Eine Frau
Regie: Jeanine Meerapfel, Argentinien 2021, DOC, OV/d, 104’
Dies ist die Geschichte von Marie-Louise Chatelaine, von der Kindheit über die Heirat bis hin zur Emigration: eine Saga des 20. Jahrhunderts, die uns von Frankreich nach Deutschland, Holland und schließlich nach Argentinien führt. Was bedeutet es für eine Frau, ihre Eltern zu verlieren und eine eigene Familie zu gründen, um dann am Ende der grossen Liebe allein in einem fremden Land zu sein? Was bedeutet es, von Land zu Land, von Sprache zu Sprache zu ziehen?
Ein intimes und eindringliches Porträt der eigenen Mutter der Regisseurin, ein filmischer Essay über Identität, eine Suche nach den Wunden des Exils und eine Reflexion über die Funktion von Erinnerung.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit der Regisseurin Jeanine Meerapfel, Moderation Mari Serrano.
Freitag, 3. November 2023, 16:30 Uhr
Focus «Wilhelm Tell in Manila»
Eintritt frei
Der Förderverein WFTT feiert 33 Jahre Weltfilmtage
Der philippinische Schriftsteller Ramon Guillermo spricht mit der Schweizer Autorin und Übersetzerin Annette Hug über deren Roman Wilhelm Tell in Manila, in welchem sie das Leben des philippinischen Nationalhelden José Rizal schildert. Rizal übersetzte Ende des 19. Jahrhunderts Schillers Drama Wilhelm Tell in seine Muttersprache Tagalog. Er hoffte, das philippinische Volk möge sich wie Tell gegen die Kolonialherren erheben. Im Gespräch geht es um die Bedeutung von Übersetzungen und die Übertragbarkeit kultureller Werte. So ist Schillers berühmter Satz “Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern” gar nicht ins Tagalog zu übersetzen. Dieses und andere Beispiele werden diskutiert. (Moderation Thomas Krempke, Förderverein WFTT).
→ Im Anschluss findet der Apéro aus aller Welt statt.
Freitag, 3. November 2023, 19:15 Uhr
Lola
Regie: Brillante Mendoza, Philippinen 2009, OV/d/f, 114’
Grossmutter Sepas Enkel wurde von einem Handy-Dieb getötet. Für Trauer und Wut bleibt ihr wenig Zeit, denn sie muss sich um das Begräbnis kümmern. Die alte Frau ist sogar bereit, ihre Rente zu verbürgen, um ihrem geliebten Grosskind ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen – und wenigstens ansatzweise Gerechtigkeit herzustellen.
Grossmutter Puring will ihren Enkel Mateo aus dem Gefängnis holen, auch wenn dieser eines sinnlosen Mordes angeklagt ist – des Mordes an Grossmutter Sepas Enkel. Die alte arme Frau kann aber das Geld für die Kaution nicht aufbringen, obwohl es ihr das Herz bricht, ihn hinter Gitter zu sehen. An der ersten Gerichtsanhörung stehen sich die beiden Grossmütter gegenüber. Beide sind sie alt, gebrechlich und arm. Jede ist entschlossen, alles für ihren Enkel zu tun. Der Ausgang des Falles hängt von der grossmütterlichen Liebe ab.
Freitag, 3. November 2023, 21:30 Uhr
Numb
Regie: Amir Toodehroosta, Iran 2022, farsi/e,d,f 90’
Nach iranischem Recht sind alle Schulen streng nach Geschlecht getrennt. Einzige Ausnahme: die Kindergärten. Hier können Jungen und Mädchen zum ersten und letzten Mal frei gemeinsam lernen.
Als der kleine Roham jedoch anfängt, neugierige Fragen über Männer und Frauen zu stellen, beginnen die Grenzen zwischen kindlicher Freiheit und staatlicher Kontrolle zu verschwimmen und die Lektionen werden mit Propaganda gespickt.
Roham freundet sich mit Rana, einem introvertierten Mädchen aus seiner Klasse, an und entdeckt ein dunkles Geheimnis in ihrem Leben, welches seine unschuldige Welt erschüttert.
Der eindrucksvolle Film wurde mit dem Muhr Award – Best Film bei den Dubai Film Festival 2022 ausgezeichnet.
Freitag, 3. November 2023, 23:15 Uhr
Un Varon
Regie: Fabian Hernandez, Kolumbien 2022, OV/e,d,f, 82’
Carlos lebt in einem Jugendheim im Zentrum von Bogotá, wo das Leben friedlicher ist als auf der Strasse.
Als er das Heim für die Feiertage verlässt, wird Carlos mit der Brutalität in seiner Nachbarschaft konfrontiert, in der das Gesetz des Stärkeren herrscht. Carlos bleibt nichts anderes übrig, als zu beweisen, dass er einer von ihnen sein kann, auch wenn ihm die Rolle des Alphamännchens zuwider ist. Denn die gesellschaftlichen Vorstellungen von Männlichkeit kollidieren mit seiner Sehnsucht nach Familie und einem Leben in Frieden.
Ein Dilemma auf Messers Schneide, das der Film anschaulich schildert.
! explizite Darstellung oder Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt.
Samstag, 4. November 2023, 09:20 Uhr
Smoke Sauna Sisterhood
Regie: Anna Hints, Estland, Finnland, Island 2023, OV/d, 89’
Inmitten der Wälder im südwestlichen Teil Estlands befindet sich eine Rauchsauna. Dort treffen sich regelmässig Frauen verschiedenen Alters und sozialen Schichten zum Saunieren. Nebst den Hüllen fallen auch Tabus. Körper und Seele werden entblösst. In der schützenden, dunklen Sauna öffnen sich die Frauen und berichten von ihrer ersten Liebe, ihren Freundschaften und ihrer Lust, aber auch von sexuellen Übergriffen und Geburtsschmerzen.
Anna Hints’ intimer, wunderschön fotografierter Dokumentarfilm ist ein starkes Plädoyer für die heilende Wirkung weiblicher Solidarität und wurde als bester Dokumentarfilm am San Fransicso International Film Festival 2023 ausgezeichnet.
Freitag, 1. November 2024, 15:30 Uhr
Within
Regie: Guo Dalu, China 2023, OV/d,f, 92’
Die alleinerziehende Mutter Li Qingcao ist fest entschlossen, in derselben Stadt eine Schule für ihre Tochter zu finden, in welcher sie auch arbeitet – etwas, was sie selbst nicht erleben durfte, da ihre Eltern sie in der Obhut anderer zurückgelassen hatten, um woanders Arbeit zu finden. Doch Vorschriften und Bürokratie lassen diesen Wunsch in weite Ferne rücken und das Schicksal scheint sich zu wiederholen.
Als in Li Qingcaos Heimatdorf in einer Mauer menschliche Überreste gefunden werden, fällt es Inspektor Han schwer, den Fall neutral zu betrachten. Das heruntergekommene Gebäude war seine Grundschule und der zehn Jahre alte Mord weckt unschöne Erinnerungen. Während den Ermittlungen entdeckt er einen Zusammenhang zwischen dem Fall und mehreren zurückgelassenen Kindern und kommt sowohl Li Qingcaos als auch seinen eigenen Geheimnissen auf die Spur.
Freitag, 1. November 2024, 17:20 Uhr
Focus «Babas Schweigen» mit Özlem Çimen
Eintritt frei
Der Förderverein WFTT präsentiert
Dieses Jahr kreisen Lesung und Gespräch um das Thema «Schweigen oder Aufarbeitung von Vergangenheit?». Özlem Çimen, geboren und aufgewachsen in Luzern, spricht mit Thomas Krempke vom Förderverein über ihre Arbeit und liest aus ihrem Roman Babas Schweigen, in welchem die erwachsene Özlem in das ostanatolische Dorf ihrer Grosseltern reist. Eine beiläufige Bemerkung ihres Onkels wirft bei ihr die Frage auf, wie ihre eigene Familiengeschichte mit dem Genozid an den Armenier:innen zusammenhängt. Wie aus einem tiefen Schlaf erwacht, beginnt sie zu forschen, bis sie endlich den Mut fasst, ihren Vater mit der Vergangenheit zu konfrontieren. Subtil und berührend verwebt die Autorin dabei Vergangenheit und Gegenwart zu einer einzigartigen Geschichte über Unschuld, Unterdrückung und Überleben.
→ Im Anschluss an die Lesung offerieren wir einen Apéro im KinoBistro.
Freitag, 1. November 2024, 20:00 Uhr
A Normal Family
Regie: Hur Jin-ho, Südkorea 2023, OV/d,f, 116’
Jae-wan, ein materialistischer Strafverteidiger, der kein Problem damit hat, geständige Mörder zu verteidigen, und sein jüngerer Bruder Jae-gyu, ein warmherziger und prinzipientreuer Kinderarzt, treffen sich einmal im Monat mit ihren Frauen zum Abendessen.
Eines Tages gehen Aufnahmen einer Überwachungskamera viral, die zeigen, wie ein Teenager und ein Mädchen einen Obdachlosen zu Tode prügeln. Die Polizei beginnt mit den Ermittlungen, aber da die Gesichter der Täter nicht gezeigt werden, führen diese zuerst ins Leere.
Doch als die zwei Ehefrauen der Brüder das Filmmaterial sehen, decken sie ein schockierendes Geheimnis auf, welches ihre moralischen Werte in Frage stellt und den Ton ihrer üblichen Abendessengespräche verändert.
Freitag, 1. November 2024, 22:15 Uhr
Reas
Regie: Lola Arias, Argentinien 2024, OV/d, 83’
Yoselis Rücken ziert ein Tattoo des Eiffelturms. Sie träumt davon, nach Paris zu reisen, doch am Flughafen wird sie wegen Drogenhandels verhaftet. Nacho ist ein trans Mann, der nach einem Betrug im Gefängnis landet, wo er eine Rockband gründet. Und Noelia will einfach nicht wieder auf der Strasse landen. Ob sanftmütig oder tough, blond oder rasiert, cis oder trans, seit kurzem oder langem inhaftiert: alle spielen sie in diesem knallbunten Musical ihre wahre Vergangenheit im Frauengefängnis von Buenos Aires nach. Sie lassen ihr Leben als Fiktion wieder aufleben und erträumen in ihrer Fantasie eine mögliche Zukunft für sich.
Das Musical wurde am 26th Thessaloniki Documentary Festival mit dem Mermaid Award (best LGBTQI+-themed film) und The Golden Alexander (Nachwuchspreis) ausgezeichnet.
Samstag, 2. November 2024, 09:30 Uhr
Day Tripper
Regie: Chen Yanqi, China 2023, OV/d,f, 91’
In einer Stadt im Norden Chinas gehen die Bewohnerinnen und Bewohner ihren alltäglichen Beschäftigungen nach. Doch an diesem Tag scheint nichts zu funktionieren.
Humor und Satire liegen in der Absurdität der individuellen Situationen manchmal nahe beieinander.
Ein Erstlingsfilm im Stile von Warten auf Godot über eine scheinbar ausweglose Gesellschaft, eine Chronik des heutigen China, die von einer köstlichen Form der Ironie und Humor geprägt ist und mit dem Grand Prix des diesjährigen Festival International du Film de Fribourg ausgezeichnet wurde.
Samstag, 2. November 2024, 11:15 Uhr
Prisoners of Fate
Regie: Mehdi Sahebi, Schweiz 2023, DOC, Farsi, Dialekt/d,f, 100’
Mahmad, ein Deserteur, Sanam, von ihrem kleinen Sohn getrennt, Ezat, der sich um seine zurückgelassene Mutter sorgt und der Jugendliche Omid, der mit überwältigendem Heimweh zu kämpfen hat. Sie alle sind aus dem Iran oder Afghanistan in die Schweiz geflohen und fühlen sich ohnmächtig angesichts ihres Schicksals. Nach den Strapazen der Flucht stehen sie nicht nur vor der Herausforderung, sich als Asylsuchende in einem fremden Land zurechtzufinden, sondern auch mit der schmerzhaften Vergangenheitsbewältigung. In ihren dunklen Momenten bezeichnen sie sich als «Gefangene des Schicksals», doch Freundschaft, Zusammenhalt und Humor lassen sie immer wieder Hoffnung schöpfen. Ein bewegender Dokumentarfilm mit einzigartiger Perspektive und emotionaler Nähe.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Regisseur Mehdi Sahebi, Moderation Thomas Krempke.
Samstag, 2. November 2024, 14:00 Uhr
Yellow Bus
Regie: Wendy Bednarz, Arabische Emirate 2023, OV/d,f, 112’
Für den Traum von einem besseren Leben für sich und ihre Kinder verlassen Ananda und ihr Mann Indien und ziehen in eine sandige Stadt in der schwülen Hitze des Arabischen Golfs. Doch eines Tages nimmt ihr Leben eine grausame Wendung: Ihre jüngste Tochter wird im Schulbus vergessen und stirbt im stehengelassenen Bus in der Hitze. Bewaffnet mit der Asche ihres toten Kindes, welche sie von nun an überallhin mit sich trägt, lehnt sich Ananda gegen die „unsichtbare“ Kaste der Gesellschaft auf, fordert Rechenschaft und verweigert das gängige “ Blutgeld”, das dem Tod ihrer Tochter einen Preis geben soll.
Das Spielfilmdebüt, Gewinner in der Kategorie “Bester Film” am Joburg Filmfestival 2024 in Johannesburg, begleitet eine Mutter auf der Suche nach der Wahrheit und nach Gerechtigkeit, trotz jeglicher Widrigkeiten.
Samstag, 2. November 2024, 16:10 Uhr
City Of Wind
Regie: Lkhagvadulam Purev-Ochir, Mongolei 2023, Mongolisch/d,f+i, 104’
Der Modernisierungsprozess der Mongolei hat viele Menschen in die Hauptstadt Ulaanbaatar geführt. Während Wolkenkratzer, Einkaufszentren und Nachtclubs zunehmend das Stadtbild prägen, lebt ein Teil der Bevölkerung weiterhin in Jurten und pflegt den traditionellen schamanistischen Tengrismus. So auch der 17-jährige Ze, ein Musterschüler und gleichzeitig respektierter Schamane. Als er Maralaa kennenlernt, die ihre Zweifel am Schamanismus hat, entdeckt er die Liebe und seine Kräfte schwinden.
Das Debüt wurde am Film Festival in Seattle als “Winner New Directors Competition” ausgezeichnet und erzählt eine feinfühlige Geschichte im Kontext der mongolischen Gesellschaft, die zwischen Moderne und Tradition schwebt.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Regisseurin Lkhagvadulam Purev-Ochir, Moderation Mari Serrano
Samstag, 2. November 2024, 19:00 Uhr
Shut Up Sona – Die indische Sängerin und ihr Kampf für die Frauen
Regie: Deepti Gupta, Indien 2019, DOC, OV/d, 60’
Die indische Sängerin Sona Mohapatras erhält täglich Morddrohungen und wird in den sozialen Medien beleidigt. Ihr werden lukrative Auftritte an Universitäten untersagt, weil sie in einem offenen Brief einem mächtigen Förderer vorgeworfen hat, Künstlerinnen auszuschließen. Sie wird von einer Religionsgemeinschaft verklagt, weil ihre musikalische Interpretation eines 800 Jahre alten Gedichts zu vulgär sei. Aber Sona hört nicht auf, auf Missbräuche aufmerksam zu machen, egal wie laut ihre Gegner ihr entgegenschreien, sie solle den Mund halten. Deepti Gupta verfolgte drei Jahre lang das rebellische Gesicht der indischen #MeToo-Bewegung und zeigt, wie hart der Kampf für gleiche Rechte in einem Land mit so starken patriarchalischen Traditionen und einer Geschichte gewaltsamer Unterdrückung von Frauen ist.
Samstag, 2. November 2024, 20:15 Uhr
Goodbye Julia
Regie: Mohamed Kordofani, Sudan 2023, Arabisch/d,f, 120’
Die gut situierte Mona aus dem Nordsudan hat unter unglücklichen Umständen den Tod eines Mannes aus dem Süden verursacht. Um ihre Schuld wiedergutzumachen, nimmt sie die ahnungslose Witwe Julia und deren Sohn bei sich auf. Die beiden Frauen von so unterschiedlicher Herkunft nähern sich einander sanft an, doch das moralische Dilemma und die Unruhen im Land finden ihren Weg in Mona’s Haus.
Der Regiesseur Mohamed Kordofani erzählt vor dem Hintergrund der Spaltung des Landes eine feinfühlige Geschichte über Schuld und Sühne und beleuchtet eine Gesellschaft, in der Diskriminierungen fortbestehen und Frauen von absurden sozialen, kulturellen und religiösen Zwängen erstickt werden. Der sensible Film, der das Intime mit dem Politischen verbindet und 2023 in Cannes mit dem Prix de la liberté ausgezeichnet wurde, ist ein starkes Plädoyer für die Grundwerte des Humanismus.
Samstag, 2. November 2024, 22:30 Uhr
Levante
Regie: Lillah Halla, Brasilien, Uruguay 2023, Portugiesisch/d,f, 92’
Sofia, eine aufgeweckte und ambitionierte 17-jährige Volleyballspielerin, lebt in einem ärmlichen Vorort in Brasilien. Ausgerechnet am Vorabend eines wichtigen Turniers, das über ihre Zukunft bestimmen könnte, erfährt sie von ihrer ungewollten Schwangerschaft. Doch diese zu beenden – in einem Land, das Abtreibungen kriminalisiert – ist beinahe unmöglich. Gemeinsam mit ihrer Freundin und ihren Teamkolleg:innen schmiedet Sofia einen Plan und gerät deswegen ins Visier religiöser Fundamentalist:innen.
Der kraftvolle und emanzipatorische Debutfilm der Brasilianerin Lillah Halla, der am 42.Bergamo Filmmeeting 2024 den Publikumspreis gewann, erzählt auf inspirierende Weise vom Alltag einer jungen Frau, die gegen den Konservativismus in der Bolsonaro-Ära kämpft.
Sonntag, 3. November 2024, 09:30 Uhr
White Flag
Regie: Batbayar Chogsom, Schweiz, Mongolei, Japan 2023, Mongolisch/d,f, 96’
Die idyllische Natur ist es nicht, die Zorig in die ländliche Gegend der Mongolei geführt hat. Vielmehr soll der aus der Stadt angereiste Polizist einen spurlos verschwundenen Mann finden. Dabei kreuzt sich sein Weg mit dem von den zwei jungen Frauen Saran und Naran, die versuchen, ein neues Leben als Nomaden in der Steppe zu beginnen. Trotz ihrer engen Bindung werden beide von Geistern der Vergangenheit geplagt.
Als Zorig die beiden über einen vermissten Mann ausfragt, verstrickt er sich in ein persönliches und emotionales Netz, was ihn zwischen Recht und Unrecht schwanken lässt, ohne zu ahnen, welche düsteren Geheimnisse auf ihn warten.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Regisseur Batbayar Chogsom, Moderation Thomas Krempke.
Sonntag, 3. November 2024, 12:30 Uhr
Agent of Happiness
Regie: Arun Bhattarai und Dorottya Zurbó, Bhutan 2024, DOC, OV/d,f, 94’
Amber Kumar Gurung und Guna Raj Kuikel sind zwei bhutanesische Glücksagenten. Sie arbeiten für das Zentrum für Bruttonationalglück, eine staatliche Einrichtung, deren Aufgabe es ist, Daten über das Glück der Bürger:innen zu sammeln. Zweimal im Jahr reisen sie für eineinhalb Monate durch das kleine Himalaya-Königreich und befragen die Menschen nach ihrem Glück.
Der Dokumentarfilm gewann am Make Dox Creative Documentary Film Festival 2024 in Skopje in der Kategorie Bester Film und bietet einen intimen und warmherzigen Einblick in das tägliche Leben der Menschen in Bhutan und stellt die profunde Frage, was es wirklich braucht, um glücklich zu sein.
Sonntag, 3. November 2024, 14:20 Uhr
Die Vision der Claudia Andujar
Regie: Heidi Specogna, Schweiz, Deutschland 2024, DOC, OV/d, 90’
Claudia Andujar, eine der bedeutendsten Fotografinnen weltweit, wird 1931 in Neuchâtel geboren und wächst nahe der ungarisch-rumänischen Grenze auf. Ihre Familie väterlicherseits verliert sie im Holocaust, sie flieht mit ihrer Mutter in die Schweiz. Schon früh entdeckt sie ihre Leidenschaft für das Fotografieren und arbeitet für nahmhafte Publikationen wie das amerikanische Magazin «Life». Ihr Weg führt sie in den Amazonas, wo sie enge Kontakte mit der indigenen Gemeinschaft der Yanomami knüpft und etliche ihrer berühmtesten Fotoreihen entstehen, die voller Schönheit, Poesie und gleichzeitig ein politisches Statement sind, denn sie bringen die Zerstörung des Regenwaldes ans Licht.
Ein eindringlicher Dokumentarfilm, der ein einzigartiges, facettenreiches Porträt der leidenschaftlichen Fotografin, Aktivistin und Humanistin zeigt.
Sonntag, 3. November 2024, 16:15 Uhr
Evil Does Not Exist
Regie: Ryusuke Hamaguchi, Japan 2023, Japanisch/d,f, 106’
Takumi und seine Tochter Hana leben im Dorf Mizubiki in der Nähe von Tokio. Sie führen ein bescheidenes Leben im Einklang mit der Natur und schätzen die Abgeschiedenheit. Der Frieden wird allerdings gestört, als ein Unternehmen aus Tokio Pläne zum Bau einer Glamping-Anlage in unmittelbarer Nähe vorstellt. Schnell wird klar, dass der Luxus-Campingplatz schwerwiegende Folgen für die Wasserversorgung und das Leben der Dorfbewohner mit sich bringen wird.
Nach seinem oscar-prämierten Film Drive My Car gelingt Ryusuke Hamaguchi mit seinem subtil und präzise erzählten Film eine poetische Parabel über die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Natur und gewinnt 2024 am Filmfestival Venedig den Silbernen Löwen.
Sonntag, 3. November 2024, 18:20 Uhr
Ellbogen
Regie: Asli Özarslan, Deutschland, Türkei 2024, OV/d, 86’
Hazals Welt ist eine, die nicht nur sie, sondern viele Migrant:innen in Deutschland und Europa kennen. Es ist ein Leben, das darin besteht, sich ständig behaupten oder beweisen zu müssen. Dabei hat Hazal nur einen Wunsch: Ein Leben. Trotz vieler Bewerbungen wird sie zu keinem einzigen Gespräch eingeladen. Stattdessen sitzt sie in einer Bildungsmaßnahme vom Job-Center fest, die sie immer wieder auf ihren Platz verweist. Aber an ihrem 18. Geburtstag fühlt sich Hazal stark – wie in alten Zeiten, als sie und ihre Freundinnen dachten, sie könnten alles erreichen, solange sie nur zusammenhalten. Erst als sie in der Schlange eines hippen Clubs stehen, wird Hazal klar, dass sie hier nicht hingehören. Und sie behält recht: Der Türsteher lässt sie abblitzen. Auf dem Heimweg werden sie von einem überheblichen Studenten belästigt, die Wut aus der nicht endenden Ablehnung eruptiert, die Situation eskaliert und Hazal muss fliehen.
Sonntag, 3. November 2024, 20:00 Uhr
Ein kleines Stück vom Kuchen
Regie: Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, Iran 2024, Farsi/d,f, 97’
Seit ihre Tochter nach Europa emigriert ist, lebt die 70-jährige Witwe Mahin alleine in Teheran. Nach einem geselligen Nachmittag mit Freundinnen beschliesst sie, der Liebe nochmals eine Chance zu geben. Unverhofft trifft sie bei der Suche auf den gleichaltrigen Taxifahrer Faramarz. Aus dieser zufälligen Begegnung wird eine ebenso überraschende wie unvergessliche Nacht.
Ein kleines Stück vom Kuchen ist die dritte Arbeit des Regie-Duos. Der Film gewann an der Berlinale 2024 den FIPRESCI-Preis der Ökumenischen Jury für den besten Wettbewerbsfilm und erzählt mit zartem Humor eine gefühlvolle Geschichte von Hoffnung und Liebe. Dabei gibt er einen authentischen Einblick ins alltägliche Leben im Iran und in die subtilen Möglichkeiten, sich gegen das autoritäre Regime zu emanzipieren.
Dienstag, 29. Oktober 2024, 16:50 Uhr
The Seed of the Sacred Fig
Regie: Mohammad Rasoulof, Iran 2024, OV/d,f, 168’
Teheran, zu Beginn der Bewegung „Frau, Leben und Freiheit“: Kaum ist Iman zum Untersuchungsrichter am Revolutionsgericht in Teheran aufgestiegen, kämpft er aufgrund der landesweiten Proteste zunehmend mit Misstrauen und Paranoia. Als seine Waffe auf mysteriöse Weise verschwindet, verdächtigt er seine Frau und die beiden Töchter und ergreift drastische Massnahmen. Diese beginnen hingegen, angesichts der Frauenproteste bisherige soziale Normen und Familienregeln zu hinterfragen.
Wie schon sein vorheriger Film There Is No Evil musste der Regisseur Mohammad Rasoulof seinen neuen Film heimlich drehen. Im Mai 2024 flüchtete er zu Fuss aus dem Iran nach Deutschland und konnte so an der Weltpremiere in Cannes teilnehmen, wo der Film eine 15-minütige Standing Ovation sowie zahlreiche Preise erhielt.
Dienstag, 29. Oktober 2024, 20:00 Uhr
Wenn ich nur Winterschlaf halten könnte
Regie: Zoljargal Purevdash, Mongolei 2023, ab 12 Jahren, OV/d,f, 98’
Ulzii, ein mittelloser aber hochbegabter und stolzer Teenager, lebt mit seiner Familie im Jurtenviertel von Ulaanbaatar. Sein aussergewöhnliches schulisches Talent kann er bei einem Physikwettbewerb unter Beweis stellen, was ein Stipendium und somit eine Zukunftsperspektive bedeutet. Er muss jedoch erst seine Geschwister durch den eisigen Winter bringen und dafür einen riskanten Job annehmen.
Mit ungeschöntem Blick und fern jeglicher Reiseromantik erzählt die mongolische Regisseurin Zoljargal Purevdash mit viel Humor und Hoffnung von einem Jugendlichen im Zwiespalt zwischen Talent, Träumen und Verantwortung.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 30. Oktober 2024, 11:30 Uhr
L’Histoire de Souleymane
Regie: Boris Lojkine, Frankreich 2024, OV/d,f, 93’
Nach seiner Flucht aus Guinea versucht der junge Souleymane, in Frankreich Asyl zu beantragen. Ohne Papiere und ohne Geld kommt er in Paris so gut es geht zurecht und arbeitet unter schrecklichen Bedingungen als Fahrradkurier für einen Essenslieferdienst. In zwei Tagen muss er sein Asylantragsgespräch bestehen, welches der Schlüssel zum Erhalt der Papiere ist. Aber Souleymane ist noch nicht bereit.
Boris Lojkine, Gewinner des Piazza Grande-Publikumspreises 2019 mit Camille, erzählt uns die Geschichte von Souleymane, ein bewegendes Drama über Migration, Uberisierung und Überleben in der Stadt.
In Cannes wurde der Schauspieler Abou Sangare in der Titelrolle mit dem “Un Certain Regard Acting Prize” ausgezeichnet und der Film mit dem Preis der Jury.
Freitag, 1. November 2024, 13:40 Uhr
Omen
Regie: Baloji, Kongo, Belgien, Niederlande 2023, OV/d, 90’
Koffi ist besessen. Das glaubt zumindest seine Familie, die ihn deshalb Zabolo, Zeichen des Teufels, nennt. Er kehrt nach 15 Jahren erstmals an seinen Geburtsort im Kongo zurück, nachdem er dort jahrelang geächtet wurde. Koffi will sich den Segen der Familie für seine Heirat mit Alice einholen, mit der er in Belgien lebt. Doch die alten Feindseligkeiten sind weiterhin spürbar, einzig seine Schwester Tshala steht dem kollektiven Aberglauben kritisch gegenüber. Koffi will die Gründe für seine Ächtung verstehen und stößt dabei auf ein Familiengeheimnis.
Das vielfach – u.a. mit dem African Movie Academy Awards 2023: bester Debütfilm und dem Festival du film francophone d’Angoulême 2023: beste Regie – ausgezeichnete Spielfilmdebütvon Filmemacher Baloji ist eine wilde Achterbahnfahrt zwischen Tradition und Zukunft, die uns ein überraschendes und sehr lebendiges Afrika zeigt.
Donnerstag, 31. Oktober 2024, 14:40 Uhr
Hijo de Sicario
Regie: Astrid Rondero und Fernanda Valadez, Mexiko 2024, Spanisch/d,f, 127’
Sujo ist vier Jahre alt, als sein Vater, Mitglied eines Drogenkartells, ermordet wird. Nur dank seiner Tante Nemesia entgeht Sujo dem lokalen Drogenbaron. Sie nimmt ihn mit in ihr bescheidenes Haus, wohl wissend, dass der Junge sich nie mehr in der Stadt blicken lassen darf. Unter dem wachsamen Auge Nemesias erlebt Sujo eine Kindheit in Verbundenheit mit den Büchern seiner Tante sowie der zauberhaften Natur des mexikanischen Hochlandes. Abgeschottet zwar, aber zunächst auch geschützt vor den langen Armen der Mafia. Doch der Weg von Sujo scheint vorgezeichnet. Kann der Teenager dem skrupellosen Milieu entkommen, in das er hineingeboren wurde?
Wie bereits in Sin señas particulares beweist das Regie-Duo in diesem berührenden Drama voller Poesie und Empathie ihr Talent, in symbolstarken Bildern zu erzählen, welches u. a. am Sundance Film Festival mit dem Grand Jury Prize gewürdigt wurde.
Donnerstag, 31. Oktober 2024, 17:00 Uhr
Die Unsichtbaren
Regie: Sven Rufer, Schweiz 2023, DOC, OV/d, 65’
In Huelva, Spanien ernten jedes Jahr 100’000 Menschen Beeren für unsere Regale, etwa die Hälfte davon sind Migrant:innen aus Osteuropa, Afrika und Lateinamerika. Ihr Alltag ist geprägt von menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, prekären Wohnsituationen, mangelnder Gesundheitsversorgung und Perspektivlosigkeit, wie im Film deutlich porträtiert wird. Parallel dazu untersucht die Schweizer Forscherin Nora Komposch die Arbeitsbedingungen und die gesundheitlichen Folgen dieser Lebenssituation.
→ Im Anschluss Filmgespräch mit Regisseur Sven Rufer und Nora Komposch, Moderation Flurina Badel.
→ Vor dem Film findet ab 16.00 Uhr der Claro-Apéro im KinoBistro statt.
→ Diese Vorstellung wird vom Claro Laden Thusis gesponsort.
Donnerstag, 31. Oktober 2024, 19:15 Uhr
All Shall Be Well
Regie: Ray Yeung, Hongkong 2024, OV/d,f, 93’
Angie und Pat sind ein gut situiertes Paar Mitte 60 und wohnen seit über 30 Jahren gemeinsam in Pats gemütlicher Eigentumswohnung in Hongkong. Als Pat eines Nachts überraschend stirbt, ist Angie der Gnade ihrer Familie ausgeliefert. Denn gleichgeschlechtliche Ehen sind in Hongkong nicht erlaubt und Pat hat kein Testament unterzeichnet, also ist Pats Bruder automatisch Erbe des Nachlasses und somit auch der Wohnung. Streitigkeiten um die Beerdigung und das Erbe führen zur Entfremdung zwischen Angie und der Familie ihrer Lebenspartnerin. Obschon sie bestens in die Familie integriert war, muss sie nun um ihre Würde und ihr Zuhause kämpfen. Für Angie beginnt ein später Emanzipationsprozess.
Ray Yeung liefert ein sensibles Drama, welches an der Berlinale 2024 den Teddy Award gewann, in dem er die Frage nach der Bedeutung des Begriffs «Familie» im modernen Kontext stellt.
Donnerstag, 31. Oktober 2024, 21:00 Uhr
Only The River Flows
Regie: Wei Shujun, China 2023, OV/d,f, 101’
China, 1990er Jahre, in der Kleinstadt Banpo. Ma Zhe, der Leiter der Kriminalpolizei, hat es nicht leicht: Seine Frau Bai Jie ist schwanger und nach einer Untersuchung ist klar, dass die Chance groß ist, dass das Kind mit einem Gendefekt zur Welt kommen wird. Bai Jie will nicht abtreiben, er schon. Da wird eine alte Frau ermordet.Der Täter scheint schnell gefunden – auch wenn es nur Indizien und keinen einzigen Beweis für seine Schuld gibt. Die kommunistische Partei drängt aber auf einen raschen Abschluss des Falls und da bietet sich der psychisch beeinträchtige Adoptivsohn der alten Frau gut als Täter an. Ma, mit den Abgründen der menschlichen Seele konfrontiert, zweifelt allerdings und verliert immer mehr den Boden unter den Füßen.
Ein ausgezeichneter Thriller, der unter die Haut geht.
Freitag, 1. November 2024, 09:30 Uhr
Casablanca Beats
Regie: Nabil Ayouch, Marokko 2021, ab 12 Jahren, OV/d,f, 101’
Der ehemalige Rapper Anas kommt in das Arbeiterviertel Sidi Moumen in Casablanca, um in einem Kulturzentrum einen Hip-Hop-Kurs zu unterrichten. Der junge Lehrer ermutigt seine Schüler, sich durch Rap auszudrücken und über ihr Leben in diesem Elendsviertel zu berichten. Während seine “Positive School of Hip Hop” bei der Schulleitung für Misstrauen sorgt, wird sie für eine Gruppe von Jugendlichen aus dem Zentrum zu einem Raum der Freiheit, der Kreativität und des Austauschs. Davon angespornt wollen sie sich mit einem Konzert auch außerhalb der Schule Gehör verschaffen. Ein grossartiger Film, der am Carthage Film Festival Tunis als bestes musikalisches Features ausgezeichnet wurde.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Freitag, 1. November 2024, 11:30 Uhr
Arillo de hombre muerto
Regie: Alejandro Gerber Bicecci, Mexiko 2024, OV/d,f, 107’
Dalia arbeitet als Metrofahrerin. Als sie vom spurlosen Verschwinden ihres Mannes erfährt, gerät ihr Leben aus den Fugen: Ihr Job, ihre Beziehung zu ihren beiden Kindern und ihre Bindung zu ihrem Geliebten geraten in einen Wirbelsturm aus Verfahren, Verdächtigungen und Ermittlungen.
Die Gleichgültigkeit ihres Umfelds und die daraus resultierende Gewalt treiben Dalia in einen dunklen Tunnel der Unsicherheit, ohne dass ein Ende in Sicht ist.
Der eindringliche und atmosphärische Film in Schwarz-Weiss gewann 2024 in der Kategorie “Bester mexikanischer Spielfilm” am Festival de Tlaxcala in Mexiko.
Dienstag, 29. Oktober 2024, 13:30 Uhr
The Monk and the Gun
Regie: Pawo Choyning Dorji, Bhutan 2023, OV/ d,f, 107’
Im Jahr 2006 hält die Modernisierung Einzug im Königreich Bhutan: Als letztes Land der Erde erhält Bhutan Zugang zu Fernsehen und Internet. Doch die grösste Veränderung steht noch bevor: Die Einführung der Demokratie. Regisseur Pawo Choyning Dorji schickt drei Figuren auf die Reise, deren Wege sich vor atemberaubender Kulisse kreuzen
werden: Wahlleiterin Tshering Yangden in den Bergdörfern Testwahlen durchführen, zur gleichen Zeit soll ein junger Mönch zwei Schusswaffen für die geheimnisvolle Zeremonie seines Meisters finden, während ein US-amerikanischer Waffensammler ein altes Gewehr sucht.
Nach seinem Oscar-nominierten Spielfilm Lunana liefert Pawo Choyning Dorji eine witzige und warmherzige Politsatire mit überraschenden Wendungen, welche mehrfach ausgezeichnet wurde.
Dienstag, 29. Oktober 2024, 15:40 Uhr
Don’t Close your Eyes – Gemeinsam Frieden finden
Regie: Rahel Grunder, Rumänien, Ukraine 2024, DOC, OV/d, 55’
HEKS präsentiert
Hiphop-Unterricht für geflüchtete Kinder in Rumänien, Podcasts zur Förderung mentaler Gesundheit oder eine Hilfslieferung für vertriebene Familien, die seit bald drei Jahren in einem Schulgebäude in der Westukraine leben: Der Film der Regisseurin Rahel Grunder führt zu sechs vom Hilfswerk HEKS unterstützten Selbsthilfe-Initiativen für vom Ukrainekrieg betroffene Menschen. Auf eindringliche und berührende Art und Weise porträtiert Grunder dabei die starken Menschen, die die Initiativen ins Leben gerufen haben und damit der Resignation ihre Fähigkeiten, Energie und Ideen entgegensetzen. Menschen, die in einer vom Krieg geprägten Welt Orte schaffen, wo sie und andere in der Gemeinschaft Halt und so etwas wie Frieden finden können.
Mittwoch, 30. Oktober 2024, 13:30 Uhr
Sieger sein
Regie: Soleen Yusef, Deutschland 2024, ab 10 Jahren, Deutsch, 123’
Die elfjährige Mona ist mit ihrer kurdischen Familie aus Syrien geflüchtet und kommt auf eine Schule im Berliner Wedding. Mona kann kein Wort Deutsch, aber Fussball spielen.
Der engagierte Lehrer Herr Chepovich, kurz Herr Che, erkennt ihr aussergewöhnliches Talent und nimmt sie in das Mädchenteam auf. Mona ist eine Kämpferin, merkt aber bald, nur wenn sie und die anderen Mädchen zusammenspielen, können sie auch Sieger sein.
Der Film wurde mit dem diesjährigen deutschen Filmpreis als bester Kinderfilm ausgezeichnet und gewann am Giffoni Filmfestival 2024 in der Kategorie bester Film.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 30. Oktober 2024, 16:00 Uhr
La Suprema
Regie: Felipe Holguin Caro, Kolumbien 2023, ab 12 Jahren, OV/d,f, 83’
In einer von der Landkarte verschwundenen Stadt, in der es nicht einmal Strom gibt, träumt die afro-kolumbianische Teenagerin Laureana davon, Boxerin zu werden wie ihr Onkel.
Als sie erfährt, dass ihr Onkel um den Weltmeistertitel im Boxen kämpft und die Veranstaltung live im Fernsehen übertragen wird, setzt sie sich mutig über alle Normen hinweg, damit ihre Gemeinde die Boxmeisterschaft am Fernsehen verfolgen kann.
Ein fesselndes Erstlingswerk über Mut und Tradition, in welchem eine Gemeinde gegen das Vergessen ankämpft und 2023 am Internationalen Filmfestival Warschau und Lateinamerikanischen Filmfestival in Huelva, Spanien, als bester Film ausgezeichnet wurde.
→ Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gratis.
Mittwoch, 30. Oktober 2024, 17:40 Uhr
Crowrã – The Buriti Flower
Regie: João Salaviza und Renée Nader Messora, Brasilien 2023, DOC FICTION, Krahô, Portugiesisch/d,f, 124’
Im brasilianischen Cerrado lebt das Volk der Krahô, das ständig in seiner Existenz bedroht ist. Zentraler Schauplatz des Films bilden die Dörfer der Krahô, wo Patpro ihre Reise nach Brasília plant, um an einer Grossdemonstration für die Rechte der Indigenen teilzunehmen. Ihr Onkel Hỳjnõ nimmt Wilderer an der Grenze ihres rechtmässigen Gebiets fest, während ihre Tochter Jotàt im Schlaf in historische Traumata eintaucht.
Das Drehbuch für diese fiktive Dokumentation schrieb das Regieduo gemeinsam mit der indigenen Gemeinschaft und eröffnet damit den dringenden Dialog über die Mittel des Widerstands in einer modernen Welt, den Kampf um Land und Überleben verschiedener Kulturen, das Ringen der Frauen um Selbstbestimmung und Mitspracherecht sowie das unverzichtbare Engagement für die Erhaltung der Lunge unseres Planeten.
Mittwoch, 30. Oktober 2024, 20:00 Uhr
Inshallah a Boy
Regie: Amjad Al Rasheed, Jordanien 2023, OV/d,f, 113’
Nawal und Adnan leben in einem einfachen Viertel Ammans in Jordanien und wünschen sich ein Geschwister für die kleine Tochter. Als Pflegerin bei einer wohlhabenden Familie trägt die junge Mutter wesentlich zum Unterhalt der Familie bei. Als ihr Mann unerwartet verstirbt, beginnt ihr Schwager Rifqi erst sanft, dann hartnäckig Anspruch auf ihre Wohnung zu erheben. Selbst wenn Nawal diese mitfinanziert hat, kann er laut jordanischem Erbrecht einen Teil der Hinterlassenschaft beanspruchen. Angesichts Nawals entschlossenem Widerstand will Rifqi den Richter davon überzeugen, dass sie ihren Mutterpflichten nicht nachkommen kann. Nur eine Sache kann sie noch retten: ein Sohn, der das Erbe seines Vaters antritt.
Inspiriert von wahren Begebenheiten, inszeniert der Regisseur Al Rasheed ein fesselndes, mehrfach ausgezeichnetes Sozialdrama über den Kampf einer mutigen Frau gegen verkrustete patriarchale Strukturen.
Donnerstag, 31. Oktober 2024, 09:30 Uhr
Sconosciuti Puri
Regie: Valentina Cicogna und Mattia Colombo, Italien, Schweiz, Schweden 2023, DOC, Italienisch, Englisch/d,f, 93’
Jede Nacht landen namenlose Leichen in der Autopsie von Dr. Cristina Cattaneo. Sie nennt sie “ Sconosciuti Puri “. Es sind Obdachlose, Prostituierte, durchgebrannte Teenager. In jüngster Zeit sind es vor allem Migranten, die im Mittelmeer Schiffbruch erlitten haben. Wenn alle Rechte den Lebenden gehören, bleibt den Toten nichts. Was geschieht mit den Toten, wenn sie ihre Identität verloren haben? Angesichts dieser ständig wachsenden Zahl von Verstorbenen scheint sich niemand um ihr Recht auf Würde zu kümmern.
Niemand ausser Cristina.
Der eindringliche Dokumentarfilm gewann im Jahr 2023 den Sonderpreis der Jury am International Documentary Film Festival in Südkorea.
Donnerstag, 31. Oktober 2024, 11:15 Uhr
Irdische Verse
Regie: Ali Asgari und Alireza Khatami, Iran 2023, Farsi/d,f, 78’
Wenn Lichter und Irrlichter über der geschäftigen Stadt Teheran in der Morgendämmerung zu leuchten beginnen, ist das der Auftakt für neuen Irrsinn, der sich in Form absurder Regeln ins Leben der Menschen drängt. In neun Episoden erzählt «Irdische Verse» von so profanen wie unfassbaren Begegnungen mit einer allgegenwärtigen Bürokratie. Denn nicht nur bei der Namenswahl für Neugeborene möchte Vater Staat ein Wörtchen mitreden, sondern auch bei Modefragen und politisch motivierte Hundeentführungen.
Angesiedelt im Iran, ist der Film, der am Luxembourg City Film Festival 2024 mit dem Grand Prix und FIPRESCI Award ausgezeichnet wurde, thematisch universell: Er dreht sich um den Wunsch, die Kontrolle über das eigene Leben wiederzuerlangen angesichts von Einmischung durch Bürokraten oder andere Autoritäten aller Art.
Donnerstag, 31. Oktober 2024, 12:45 Uhr
Tótem
Regie: Lila Avilés, Mexiko 2023, Spanisch/d,f, 95’
Sol verbringt den ganzen Tag im Haus des Grossvaters, während die Familie eine Überraschungsparty für den Geburtstag von Sols sterbenskrankem Vater Tona vorbereitet. Es wird gekocht, gebacken und geputzt, gelacht und gestritten, es werden Geister ausgetrieben, Verwandte und Freunde treffen ein. Unter dem schwirrenden Trubel liegt eine mit Händen zu greifende, alle und alles verbindende Spannung: Die Sorge um den todkranken Tona, der in seinem Zimmer versucht, seine schwindenden Kräfte für den Abend zu bündeln. Die Party wird Abschied und fulminante Feier des Lebens in einem.
Ein herzerwärmendes Familienporträt, an der Berlinale 2023 mit dem Preis der Jury ausgezeichnet, über Liebe, Schmerz, Loslassen und Weitermachen, tief, tragisch und komisch, das beeindruckend zeigt, wie die mexikanische Kultur mit dem Tod umgeht und gleichzeitig das Leben zelebriert.